Protocol of the Session on June 30, 2005

Sie warten jetzt eineinhalb Jahre zu. Es ist eben nicht nur ein Problem der Waldorfkindergärten und der Waldkindergärten, sondern auch ein Problem zum Beispiel von Betriebskindergärten. Ich erinnere die Kolleginnen und Kollegen, die mit uns in der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ sind, an die Aussage des von der CDU benannten sachverständigen Unternehmers Dr. Schwiezer, der gesagt hat, gerade auch für betriebliche Einrichtungen, von denen wir noch viel mehr in diesem Land brauchen – Sie wissen, dass wir da nicht gerade glänzen –, sei ein solcher Ausgleich, und zwar ein gesetzlich verbindlich geregelter Ausgleich, zwischen Standortgemeinde und Wohnsitzgemeinde dringend notwendig.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Zeller SPD: So ist es!)

Genau das Gleiche hat man uns bei einem Vor-Ort-Termin an der Universität Hohenheim gesagt, weil das Gleiche natürlich auch für die Angebote der Kinderbetreuung an den Hochschulen gilt. Wenn jetzt Herr Oettinger nach eineinviertel Jahren, nachdem wirklich glasklar ist, dass es Probleme gibt, sagt:

(Abg. Zeller SPD: Sie ignorieren alles, Herr Noll!)

„Wenn sich jetzt auf freiwilliger Ebene immer noch nichts tut, müssen wir uns der Gesamtverantwortung im Landtag bewusst werden“,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Beim Wort nehmen! – Gegenruf des Abg. Zeller SPD: In 20 Jahren!)

dann muss ich Ihnen wirklich sagen, dass Sie die Zeichen der Zeit verpennt haben. Sie haben bisher nicht die richtige Weichenstellung für die Kinder und die überdurchschnittlich ehrenamtlich Engagierten gerade in den Waldkindergärten und den Waldorfkindergärten vorgenommen, und Sie haben bisher auch betriebliche Initiativen und den dringend notwendigen Ausbau der Betreuung an den Hochschulen verhindert. Wir geben Ihnen heute eine Chance, diesen längst überfälligen Schritt zu tun.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der SPD: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, zu dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/4449, rufe ich noch den Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/4458, auf.

Das Wort erteile ich nun Herrn Abg. Klenk.

(Abg. Reichardt CDU: Hervorragend!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst mit dem zweiten Antrag – Haltung der Landesregierung zu einem Rechtsgutachten über das neue Kindergartengesetz – beginnen. Dabei geht es um angebliche Verstöße gegen Bundesrecht und um das Konnexitätsprinzip nach der Landesverfassung.

Hierzu, meine Damen und Herren, gibt es nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs nur dann eine Verpflichtung, wenn Aufgaben übertragen werden, für die zuvor ein anderer Verwaltungsträger zuständig war. Dies liegt nicht vor. Unabhängig davon wurde im Rahmen der Novellierung auch eine Ausgleichsregelung im Finanzausgleichsgesetz vorgenommen. Ebenso sieht das Bundesverfassungsgericht, was die Verpflichtung kreisangehöriger Gemeinden, Kindergartenplätze im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen, angeht, den Landesgesetzgeber nach dem SGB VIII als ermächtigt an, Gemeinden zur Bereitstellung der erforderlichen Kindergartenplätze zu verpflichten. Dies hat übrigens der Bundesgesetzgeber durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz jetzt nochmals eindeutig klargestellt.

Unabhängig davon wurde die Finanzierungsregelung zwischen dem Land, den kommunalen Landesverbänden, den Kirchen, Verbänden und sonstigen Trägern der Jugendhilfe einvernehmlich vereinbart.

Lassen Sie mich nun aber zu Ihrem Antrag bezüglich der Existenzgefährdung für Waldkindergärten durch das neue Kindergartengesetz kommen. Wir, meine Damen und Herren, sehen in diesem Zusammenhang nicht nur die Waldkindergärten – Sie haben das am Schluss auch richtigerweise und vollständigkeitshalber angeführt, Kollegin Wonnay –, sondern alle Kindergärten mit besonderer pädagogischer Prägung und überörtlichem Einzugsgebiet. Dazu zählen, wie gesagt, auch Betriebskindergärten und Einrichtungen an Hochschulen, wie Sie das auch in der Begründung Ihres Änderungsantrags dargestellt haben.

Hier, meine Damen und Herren, waren es insbesondere unsere Kolleginnen und Kollegen, an der Spitze unser Arbeitskreisvorsitzender Alfred Haas, die sich in zahlreichen Gesprächen und Veranstaltungen für die praxisnahe und verbindliche Umsetzung des neuen Kindergartengesetzes,

(Abg. Fleischer CDU: Genau so war es! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

übrigens schon im Vorfeld, nämlich bereits seit März 2003, eingesetzt haben. Zugegeben, es war stellenweise schon ein Kraftakt, der mit der seit wenigen Wochen vorliegenden gemeinsamen Empfehlung des Landes, des Städte- und des Gemeindetags, des Landkreistags und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands einen hoffentlich gelungenen Abschluss gefunden hat. Nicht nur einmal ist dabei die Lösung auf Messers Schneide gestanden.

Der Erfolg, meine sehr verehrten Damen und Herren, hängt nun von der Bereitschaft der kommunalen Ebene ab, diesen Empfehlungen zu folgen. Wir werden dies in den nächsten Wochen – ich sage absichtlich „Wochen“ – in gewohnter Weise weiter beobachten. Nur wenn alle an einem Strang in die gleiche Richtung ziehen, kann Baden-Württemberg

auch den wichtigsten Faktor für Familienfreundlichkeit, die höchste Geburtenrate in Deutschland, auch in Zukunft halten und weiter ausbauen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Klenk, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Wonnay?

Ja, bitte.

Herr Kollege Klenk, könnten Sie die Frage beantworten, was Sie in Ihrem Änderungsantrag unter einer „relevanten Anzahl“ verstehen? Denn bisher haben Sie immer gesagt, die Zahl sei an einer Hand abzulesen. Wir wissen, dass es deutlich mehr sind. Da müssten Sie schon ein bisschen präziser werden, was Sie unter einer „relevanten Anzahl“ verstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Liebe Kollegin Wonnay, das sage ich Ihnen ganz präzise: Wir verstehen alle darunter, also 100 %. Das kann ich Ihnen hier so sagen.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Abg. Schmiedel SPD: Da steht aber nicht „100 %“!)

In unserem Änderungsantrag steht: „eine relevante Anzahl“. Und ich sage Ihnen jetzt hier auf Ihre Frage: Wir wollen, dass alle das regeln, alle!

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Also 100 %!)

100 %. Genau.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Dann schreiben Sie es doch hinein! – Abg. Schmiedel SPD: Dann re- gelt es doch gleich!)

Es reicht doch, wenn ich es gesagt habe. Wir sagen aber auch schon heute klar und deutlich, dass wir überhaupt keine Lust haben, uns weiter von den Eltern, den Trägern, aber auch von Ihnen ständig vorhalten zu lassen, dass das Gesetz grundsätzlich mangelhaft sei.

(Abg. Ursula Haußmann und Abg. Capezzuto SPD: Das ist es auch!)

Sie haben von Strickfehlern gesprochen.

(Abg. Schmiedel SPD: Wenn es alle sagen! – Abg. Capezzuto SPD: Wenn alle das sagen, dann muss ja was dran sein!)

Moment! Wir alle reden hier dauernd über Überregulierung. Jetzt geben wir nach dem Subsidiaritätsprinzip eine Aufgabe nach unten und versprechen uns alle davon, dass das in unserem Sinne geregelt wird.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Aber es ist nicht ge- regelt worden!)

Jetzt müssen wir deswegen hier doch nicht aufeinander einschlagen, sondern wir müssen die tatsächlichen schwarzen

Schafe ansprechen. Diese sprechen wir mit dem heutigen Tag hier auch an.

(Beifall bei der CDU)

Auch unsere Geduld hat irgendwann ein Ende.

(Lachen bei der SPD – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, diese Kommunen erweisen uns, insbesondere aber auch ihren eigenen Verbänden, die mit uns gemeinsam an einer einvernehmlichen, unbürokratischen Regelung interessiert sind, einen Bärendienst.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Beschönigungsversuche, wie Sie es von der SPD in Ihrem Änderungsantrag formulieren, haben wir vonseiten der CDU-Fraktion bei diesem Thema noch nie gemacht. Wir haben noch nie Beschönigungsversuche unternommen. Wir haben nur stets an die Vernunft der kommunalen Seite appelliert, meine Damen und Herren.

(Abg. Döpper CDU: So ist es!)

Die beiden Petitionen zu diesem Thema, die bislang eingebracht wurden, betrafen, nebenbei bemerkt, zwei SPD-Bürgermeister.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Es sind acht Petitio- nen, die eingingen, und keine zwei!)

Aber zwei waren von SPD-Bürgermeistern.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Dann waren sechs nicht von der SPD!)

Ich will nur sagen: Es gibt auch andere Fälle.