Protocol of the Session on June 29, 2005

(Lachen des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Im Gegensatz zur SPD-Fraktion vertritt die FDP/DVPFraktion aber die Auffassung, dass nicht nur Finanzierung und Ausgestaltung der SchALVO fortgeschrieben werden müssen. Ebenso wie die neue SchALVO im Kontext mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie stehen muss, sind die gesamten Agrarumweltprogramme des Landes durch Neuorientierung der EU-Agrarpolitik fortzuschreiben.

Vieles, was von EU-Seite neu eingeführt wurde, ist im Land bereits gängige Praxis. Anderes – wie die von der FDP/

DVP seit langem geforderte Abkehr von der Produktionsprämie durch Übergang zur Flächenprämie – wurde jetzt auch in der EU neu eingeführt.

Hinzugekommen ist die Meldung der FFH-Gebiete, nachfolgend die Aufstellung der Pflegepläne und die Berechnung der notwendigen Pflegekosten. Dies bedeutet nicht nur eine inhaltliche Fortschreibung der SchALVO, sondern auch der Programme MEKA und Ausgleichszulage Wald. Nach Meinung der FDP/DVP-Fraktion ist eine Neukonzeption aller Umweltprogramme des Landes erforderlich.

(Abg. Dr. Caroli SPD: In welche Richtung? – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Und mit welchem Geld? – Abg. Dr. Caroli SPD: Kürzen, oder was? – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ja, genau! In welche Richtung und mit welchem Geld?)

Hören Sie zu! – Ganz entscheidend ist hier die Finanzierung der Programme. Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat dies in ihrem Antrag „Umsetzung der EU-Agrarreform in Baden-Württemberg“ angesprochen und hat ein solches Gesamtkonzept angemahnt und angekündigt. Eine solide Finanzierung der gesamten Umwelt- und speziell der Agrarumweltprogramme des Landes ist uns wichtig.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Bevor wir deshalb über Details der SchALVO sprechen, ist es uns wichtig, einen neuen Gesamtrahmen festzulegen. Uns ist wichtig, dass die Landwirtschaft nicht durch zusätzliche Verbote oder gar enteignungsgleiche Eingriffe belastet wird. Wir setzen auf Freiwilligkeit und auf Anreize. Die Erfahrungen mit der letzten Novelle der SchALVO und mit der Herausnahme von großen Gebieten aus den Auflagen der SchALVO – der so genannten OGL-Gebiete – haben bestätigt: Der Nitratgehalt der Grundflächen ist weiter gesunken.

Meine Damen und Herren, wir wollen eine Kooperation zwischen Landwirtschaft, Wasserwerken und Naturschutz bzw. Grundwasserschutz. Wir wollen aber auch eine gerechte Ausgestaltung der Abgabenlast für Bürger und Gewerbe. Ich denke, diese politische Forderung der FDP/DVP sollte in diesem Haus normalerweise allgemeine Zustimmung finden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Fleischer CDU: Nein!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Boris Palmer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, dass das Haus in seiner Gesamtheit – ganz im Gegensatz zu der Annahme des Kollegen Drautz – der Auffassung der FDP/DVP widerspricht.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD sowie der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Die übrigen drei Fraktionen halten grundsätzlich am Wasserpfennig fest und halten dieses Instrument für richtig. Die einzige Fraktion, die dieses Instrument in der üblichen

Überhöhung von Wirtschaftsinteressen diskreditiert und abschaffen will, ist die FDP/DVP.

(Zurufe der Abg. Hofer und Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Drautz FDP/DVP: Sie haben nicht zugehört!)

Das sind falsch verstandene Wirtschaftsinteressen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Drautz FDP/DVP: Ich habe gesagt: Die Hö- he des Wasserpfennigs! – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Sie haben von Ungerechtigkeit, von Standortnachteilen gesprochen. Das spricht doch wohl gegen dieses Instrument, wenn Sie es so bezeichnen. Wir sind hierzu grundsätzlich anderer Auffassung.

Meine Damen und Herren, der Wasserpfennig muss erhalten bleiben. Er muss erstens deshalb erhalten bleiben, weil wir auf die 80 bis 90 Millionen € Einnahmen im Landeshaushalt nicht verzichten können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist ehrlich!)

Das ist nicht nur ehrlich, Herr Kollege Noll, sondern das ist eine Tatsache. Wir können auf diese Einnahmen nicht verzichten. Wenn Sie unseren Landeshaushalt betrachten, dann sehen Sie, dass alles andere illusorisch wäre. Der Industrie zu versprechen, sie müsse keinen Wasserpfennig mehr bezahlen, und zugleich in den Schulen herumzulaufen und zu verkünden, es würden mehr Lehrer eingestellt, das passt einfach nicht zusammen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP – Abg. Schebesta CDU: Wie immer kriegen wir das hin! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Zweitens, meine Damen und Herren, ist der Wasserpfennig sinnvoll, weil er eine Ressourcenbesteuerung darstellt. Herr Kollege Scheuermann hat gesagt: „Wer für die Ökosteuer ist, kann nicht gegen den Wasserpfennig sein.“ Ich glaube, hier gilt sogar die Umkehrung: Wer für den Wasserpfennig ist, sollte auch nicht gegen die Ökosteuer sein.

(Abg. Schebesta CDU: Mittelverwendung! – Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Lassen Sie mich über Mittelverwendung an anderer Stelle noch einmal reden.

(Abg. Schebesta CDU: Ja, ja, ja!)

Wer zahlt denn dann die Rente? Sie haben meines Wissens 1998 kurz einmal die Mehrwertsteuer erhöht, um die Renten zu erhöhen.

(Abg. Schebesta CDU: Machen wir jetzt eine Öko- steuer wegen Öko oder wegen der Rente?)

Was ist denn substanziell besser daran, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um die Renten zu finanzieren, als die Mineralölsteuer zu erhöhen?

(Abg. Schebesta CDU: Ökosteuer nennt ihr es! Weil ihr nicht die Mineralölsteuer erhöhen wolltet, habt ihr es Ökosteuer genannt! – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Irgendwie müssen Sie die Renten finanzieren – besser über Steuern als gar nicht.

Noch einmal: Im Grundsatz ist es richtig, Ressourcen zu besteuern, weil diese benötigt werden. Wenn dann, Herr Kollege Hofer, ein Unternehmen sagt: „Ich weiche aus, indem ich an dieser Ressource spare“, haben wir alle dabei gewonnen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Dann darf er sich nicht ständig beklagen!)

Das ist der große Unterschied zur Besteuerung des Faktors Arbeit. Denn wenn an Arbeit gespart wird, dann verlieren wir Arbeitsplätze. Deswegen ist eine Ressourcenbesteuerung grundsätzlich richtig.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das ist dann wenigstens ehrlich!)

Auch deswegen halten wir am Wasserpfennig fest.

Der dritte Grund, warum wir den Wasserpfennig für unverzichtbar halten, ist, dass die Verknüpfung – auch wenn es keine formelle Verknüpfung im Haushalt gibt, aber sachlich gibt es sie doch – mit den Ausgaben an dieser Stelle positiv ist. Ich möchte sehen, wie Sie von der FDP/DVP reagieren, wenn wir wegen mangelnder Mittel den Hochwasserschutz am Oberrhein nicht voranbringen und dann irgendwann in Karlsruhe 5 Milliarden € Schaden durch Hochwasser entstehen.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Sechs!)

6 Milliarden €. – Da möchte ich sehen, wie Sie reagieren, wenn deswegen solche Unglücke geschehen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Aber man kann das Wasser nicht auf alle Schultern verteilen!)

Das heißt, Sie konzedieren, dass wir auf die Ausgaben gar nicht verzichten können. Wir brauchen den Hochwasserschutz, wir brauchen den Grundwasserschutz. Dann können wir aber auch auf die Einnahmen nicht verzichten. Das ist eine einfache Tatsache, die auch die FDP/DVP begreifen muss.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Fleischer CDU – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Nachdem außer der FDP/DVP alle dieser Ansicht sind, kommen wir nun zum Problem. Das Problem ist, dass uns gut verdienende Energiekonzerne die Pistole auf die Brust setzen und sagen: Wir bauen dann einfach auf der anderen Seite des Rheins, wo die Entnahme des Wassers nichts kostet, unser Kraftwerk.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Und das wollen Sie!)

Jetzt lassen Sie mich die Antwort formulieren. Zunächst einmal ist das die Problembeschreibung.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Nein, Sie widersprechen sich!)

Nein, nein. Ich beschreibe den zweiten Teil des Problems. Solange ich noch keine Lösung präsentiert habe, kann das kein Widerspruch sein, Herr Kollege.

Das Problem ist, dass ein Energieversorger uns die Pistole auf die Brust setzt und sagt: „Dann machen wir es in Hessen oder in Rheinland-Pfalz, denn dort gibt es keinen Wasserpfennig.“ Jetzt ist die Frage, wie wir mit diesem Problem umgehen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Jetzet!)