Deshalb stellen wir hier in aller Klarheit fest: Baden-Württemberg kann ein wichtiger und guter Energiestandort bleiben. Dazu bedarf es der notwendigen Entscheidungen der Landesregierung, dazu bedarf es einer aktiven Rolle, und zu deren Übernahme fordern wir Sie heute auf.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal danke ich Ihnen, dass Sie hier mit den energiepolitischen Sprechern der Fraktionen so tapfer ausharren.
In einer Pressemitteilung vom April 2005 heißt es, die Grünen hätten eingeräumt, dass der Atomausstieg mit einer Zunahme an Treibhausgasen verbunden ist. Das finde ich Klasse: Hier steigen wir aus, und dort jammern wir über CO2 und Feinstaub.
Der Chefökonom der Internationalen Energieagentur hat gesagt, Deutschland fehle es an einer durchdachten Strategie, wie die Kernkraft ersetzt werden könne. Er warnt auch davor, zu sehr auf Gaskraftwerke zu setzen, weil dadurch Deutschlands Abhängigkeit von Russland immer größer werde.
Nirgendwo in der Welt wird die Debatte um die künftige Stromversorgung so ideologisch geführt wie bei uns in Deutschland.
Deutschland ist Vorreiter beim Ausstieg aus der Kernenergie und ist führend beim Bau von Windrädern. Der Strommarkt wurde zwar geöffnet, aber Deutschland hat wie kein anderes Land in der EU die Strompreise für politische Ziele genutzt.
Die Berliner Energiepolitik hat die Stromwirtschaft ziemlich verunsichert, sodass die Kraftwerksbetreiber die Erneuerung alter Kraftwerke nun seit Jahren vor sich herschieben. Wer ein Kraftwerk plant, muss zweierlei wissen: ob der dafür benötigte Brennstoff während der Nutzungszeit zu einem akzeptablen Preis vorhanden ist und ob die Politik zwischendurch nicht wieder einen Brennstoff als unerwünschten Primärenergieträger einstuft. Man braucht mittel- und langfristige Rahmenbedingungen, aber kein Hü und Hott.
Ihr Vorwurf, die Landesregierung ignoriere die Ausstiegsvereinbarung, ist natürlich Unsinn. Das Atomgesetz wird dort, wo es von den Ländern zu beachten ist, gesetzeskonform umgesetzt. Wenn Obrigheim demnächst vom Netz geht, dann können Sie bei Rot-Grün ja noch eine Riesenparty feiern. Trotzdem muss man das nicht für richtig halten.
Genauso, wie man den Ausstieg zu beachten hat, ist auch die Liberalisierung im Strommarkt zu beachten. Das heißt,
dass staatliche Stromversorger und damit auch der Einfluss des Landes passé sind. Ein Ersatz der Kernkraft durch fossile Energieträger bringt mehr CO2 und damit mehr Probleme beim Klimaschutz. Stromimporte wären, wenn überhaupt, nur bei französischem Atomstrom möglich. Damit folgten Sie dem klassischen Sankt-Florians-Prinzip.
Übrigens spricht hier kein Mensch von neuen Atomkraftwerken, sehr wohl aber von einer Laufzeitverlängerung der bestehenden Kernkraftwerke.
(Abg. Schmiedel SPD: Sie haben sogar darüber ge- schrieben, nicht nur davon gesprochen! – Abg. Drexler SPD: Genau! – Weitere Zurufe von der SPD)
Wir wollen eine Laufzeitverlängerung, bis andere effiziente Möglichkeiten vorhanden sind, auch bei grundlastfähigen erneuerbaren Energien. Dass dies einige Jahre lang dauern wird, müssten angesichts der notwendigen Investitionsmittel eigentlich alle einsehen.
Bei der Forschung klinken Sie sich bei Rot-Grün leider ganz aus. Alles, was mit Atom zu tun hat, wollen Sie nicht. Sie haben, glaube ich, noch nicht begriffen, dass Kernfusion etwas anderes als Kernspaltung ist, sonst wären Sie nämlich beim Forschungsprojekt ITER dabei. Dabei werden Wasserstoffe – Deuterium und Tritium – zu Helium verschmolzen. Dabei entsteht kein Treibhausgas, und Helium könnte die Industrie brauchen. Ein Kilogramm Wasserstoff würde etwa so viel Energie wie 11 000 Tonnen Steinkohle liefern.
Nein. – Die EU macht mit; die USA, Russland, China, Japan und Südkorea – alle machen mit. Wir jedoch nicht, weil Rot-Grün wieder einmal gescheiter ist als der Rest der Welt.
(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Aber alle werden das nicht erleben, weil die Forschung noch längst nicht so weit ist!)
Sie wollen aussteigen, haben aber bis heute noch nicht gesagt, wie Sie die Kernkraft ersetzen wollen. Sie verschweigen, dass bei Ihrem Lieblingskind Windenergie Reservekraftwerke nötig sind, die unterhalb der Effizienzgrenze laufen.
Das heißt, es werden doppelte Investitionen nötig, die der Stromkunde über seine Rechnung mitbezahlt.
Der erste Windparkentwickler ist schon auf die Nase gefallen. Die Aktien von Plambeck Neue Energien waren 2001 etwa 30 € wert; heute sind sie 1 € wert. Die Windausbeute war wohl nicht so, wie es in den Hochglanzprospekten versprochen wurde.
Auf den ersten großen, dauerhaft funktionierenden Offshore-Windpark warten wir noch heute, weil Ihnen zwischendurch immer wieder einmal die Buckelwale, die Heringe oder was weiß ich wer wichtiger sind.
Einerseits wollen Sie Obrigheim abschalten, andererseits sagen Sie, das sei ein wunderbarer Energiestandort – aber wohl nicht bei der Kohle wegen des teuren Transports und beim Gas noch nicht wegen der Leitungskapazität. Dort bräuchte man erst zusätzliche Gasleitungen. Die baut ja nicht die Landesregierung.
Eine Investorengruppe plant jetzt ein Holzkraftwerk. Der Bürgermeister von Obrigheim hat auch schon gerechnet: 290 Arbeitsplätze im KWO fallen mittelfristig weg, weitere 400 Arbeitsplätze bei Zulieferern, Handwerkern und Gastronomen, also 700 Arbeitsplätze. Das Holzkraftwerk bringt genau zehn: eine feine Rechnung und nur bei den Grünen ein Grund für eine Party!
Ein großes Steinkohlekraftwerk kostet im Übrigen 800 Millionen €, Braunkohlekraftwerke sind noch teurer. Ein Gaskraftwerk kostet etwa die Hälfte. Wir wissen alle, welch lange Vorlaufzeit solche Investitionen brauchen.
Wenn wir unabhängiger vom Öl werden können, dann bin ich gleich dabei. Aber dass man dann in eine andere Abhängigkeit, vor allem beim Gas, gehen will, das ist schon ein heißer Ritt.
Gerade erst ist der russische Yukos-Konzern zerschlagen und wieder renationalisiert worden. Anfang Februar war aus dem Kreml zu erfahren, dass weitere ausländische Investitionen in die russische Öl- und Gaswirtschaft verboten sind.
(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Wollen Sie mal zum Thema „Stromver- sorgung in Baden-Württemberg“ reden?)
Erst kürzlich hat ein hoher russischer Diplomat deutschen Unternehmern gegenüber geäußert, dass Russland nicht auf sie angewiesen sei.
Der Diplomat hat gesagt: Wenn Deutschland nicht mit den russischen Rohstoffversorgern Geschäfte zu deren Konditionen machen wolle, dann würden es die Chinesen und die Inder tun.
Ich frage mich, weshalb eigentlich die russischen Föderationsstaaten zuverlässiger sein sollen als die Ölscheichs. Haben Sie noch nicht gemerkt, dass gerade der Kampf um die Rohstoffe beim Öl und beim Gas sehr viel härter wird?