Protocol of the Session on February 23, 2005

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Die Spitze!)

Wenn man sich schließlich und endlich fragt, wo Sie eigentlich Personalausgaben einsparen wollen, dann kann man Ihrer Pressemitteilung entnehmen – ich zitiere wörtlich –:

Diese Personaleinsparung, so Drexler, sei realistisch und politisch verantwortbar, da Hochschulen, Polizei, Justiz und Steuerverwaltung von der Stellenreduzierung ausgenommen werden.

(Abg. Capezzuto SPD: Das ist doch richtig!)

Da fragt man sich doch wirklich: Wo soll denn die Personaleinsparung überhaupt herkommen, meine sehr verehrten Damen und Herren? Nein, das ist alles unrealistisch.

Unrealistisch ist aber auch das, was Sie vorschlagen, Herr Kollege Kretschmann. 20 000 Stellen wollten Sie ursprünglich einsparen; das war Ihr ursprünglicher Vorschlag in einer Pressekonferenz. Jetzt räumen Sie selbst ja ein, dass es nicht mehr realistisch ist; denn in Ihren neuesten Vorschlägen sehen Sie nur einen Prüfauftrag an die Landesregierung dazu vor, wie man Stellen einsparen kann. Das ist das Eingeständnis, dass die eigenen Vorschläge unrealistisch waren.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Da ging es um zehn Jahre, bitte schön!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sparen 350 Millionen € über den kommunalen Finanzausgleich ein. Es ist uns auch bewusst, dass es ein schweres Opfer ist, das wir da den Kommunen auferlegen. Es ist ein wesentlicher und schmerzhafter Einschnitt. Aber die Kommunen müssen ih

ren Teil zu diesen Einsparanstrengungen beitragen, weil das Land selbst noch wesentlich stärker verschuldet ist. Wir haben eine ungefähr dreimal so hohe Verschuldung wie die Kommunen, und die Einnahmesituation der Gemeinden wird in den kommenden Haushaltsjahren, jedenfalls der letzten Mai-Steuerschätzung zufolge, besser sein, weil die Einnahmen der Kommunen stärker ansteigen werden als die des Landes.

Deswegen haben wir im Einvernehmen mit den Kommunen Kürzungen beim kommunalen Finanzausgleich beschlossen. Wir haben sie auf den Doppelhaushalt beschränkt, und wir haben den Kommunen auch die Zusage gegeben, dass wir Einschränkungen von Standards und Aufgaben prüfen und, so dies möglich ist, auch durchführen wollen.

(Lachen des Abg. Schmiedel SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Sprechblasen!)

Der letzte Punkt unserer Haushaltskonsolidierung besteht darin, dass wir Einnahmeverbesserungen erzielen wollen. Wir werden Grundstücksverkäufe tätigen, wir werden die Sonderausschüttungen der L-Bank mit aufnehmen, und wir haben – bedauerlicherweise – den Verkauf der Forderungen aus der stillen Beteiligung des Landes an der LBBW.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das sind Schatten- schulden!)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir tun dies erst in einer Phase größter Not, und das ist der Unterschied zu Ihren Vorschlägen und Vorstellungen.

Zum Ehrenamt und zu einzelnen Korrekturen, die die Koalitionsfraktionen hierbei beschlossen haben, wird nachher Kollege Wacker sprechen. Ich möchte noch einige Ausführungen zu dem machen, was Sie an Gegenfinanzierungsvorschlägen und Vorschlägen überhaupt vorgelegt haben.

Die SPD spricht beispielsweise in einer Pressemitteilung davon, sie wolle die Hälfte der bestehenden Haushaltslücke mithilfe von Mehreinnahmen durch Stärkung der Wachstumskräfte und Verbesserungen am Arbeitsmarkt schließen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da frage ich mich doch: Wer ist denn in Berlin in der Regierung? Wer hat denn die Möglichkeiten, Einfluss auf die Wachstumskräfte und auf den Arbeitsmarkt zu nehmen?

(Lachen bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Es ist doch eine katastrophale Bilanz, die Sie in Berlin vorlegen, und es ist doch völliger Humbug, das hier im Land zu versprechen und zu sagen: „Wir als Landesregierung werden dann diese Kräfte wecken und werden hier im Land zu Mehreinnahmen kommen“, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU: Voo- doo!)

Wir liegen doch beim Wirtschaftswachstum ganz hinten. Schauen Sie es sich doch einmal an: Deutschland bleibt Schlusslicht beim Wachstum.

(Unruhe – Zurufe von der SPD – Abg. Drexler SPD: Baden-Württemberg! Ja! Baden-Württem- berg an sechster Stelle!)

Die neuen EU-Mitglieder haben eine Wachstumsrate von 5 %, und Deutschland liegt mit 1,4 % am Ende.

(Zurufe von der SPD)

Jede Schätzung, die Sie oder die Bundesregierung vorgelegt haben, ist von den Sachverständigen und von der Wirklichkeit, von den Tatsachen über den Haufen geworfen worden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir bräuchten dringend Reformen in Berlin. Wir bräuchten eine Rentenreform.

(Abg. Drexler SPD: Machen Sie mal einen Vor- schlag! Was wollen Sie denn? – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir bräuchten Arbeitsmarktreformen. Wir bräuchten eine Gesundheitsreform. Wir bräuchten eine Senkung der Lohnnebenkosten. Aber nirgends ist etwas davon zu sehen, meine Damen und Herren. Wir sind das Schlusslicht in Europa!

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Sie machen die Kopfpauschale! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das sind Ihre tollen Vorschläge!)

Im Jahr 2001 gab es in Deutschland 3,9 Millionen Menschen ohne Arbeit. Damals haben Sie in einer Pressemitteilung erklärt, es bestehe keine Rezessionsgefahr in Deutschland. Ein Jahr später, im Jahr 2002, waren es über 4 Millionen Arbeitslose.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Damals hat dann auf dem SPD-Parteitag Bundeskanzler Schröder gesagt: „Die Talsohle ist durchschritten.“ Im Jahr 2003 waren 4,3 Millionen ohne Stelle.

(Abg. Drexler SPD: Beraten wir hier den Landes- haushalt, oder? Märchenstunde Baden-Württem- berg! – Gegenruf des Abg. Döpper CDU: Zuhö- ren!)

Die Pressemitteilung der Bundesregierung lautete: „Der Tiefpunkt ist durchschritten.“ 2004 sind es 4,4 Millionen Arbeitslose. Herr Clement versichert: „Ich bin überzeugt, dass wir die Arbeitslosigkeit in geraumer Zeit halbieren können.“ Das war am 1. September 2004. Im Januar 2005 waren es über 5 Millionen Arbeitslose. Das ist Ihre Bilanz, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Abg. Seimetz CDU: Daran wollte sich Schröder noch messen lassen!)

Das ist Ihr Beitrag zum Einstein-Jahr: viel versprechen, relativ wenig halten.

(Abg. Fischer SPD: Das ist billig, was Sie hier ab- liefern! – Abg. Drexler SPD: Was hat denn der Einstein damit zu tun? Das ist ja unmöglich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wollen Steuermehreinnahmen in Höhe von 10 Millionen € durch die

zusätzliche Einstellung von Steuerbeamten erreichen, Herr Kollege Drexler. Ich habe Ihnen schon vor einem Jahr vorgerechnet, dass das eine Fehlrechnung ist.

(Abg. Stickelberger SPD: Da war es schon falsch!)

Zur Deckung der Personalkosten für 100 Stellen brauchen Sie ungefähr 4 Millionen €. Da sind noch nicht einmal die Pensionslasten inbegriffen. Insgesamt bräuchten Sie 14 Millionen €, um 10 Millionen € Mehreinnahmen zu erreichen. Wenn Sie dann noch berücksichtigen, dass von Mehreinnahmen nur ungefähr 5 % in Baden-Württemberg bleiben – der Rest muss über den Länderfinanzausgleich und über die Ausgleichssysteme abgegeben werden –, dann können Sie ausrechnen, was Sie für eine einzige Personalstelle an Mehreinnahmen bräuchten, nämlich 280 Millionen €.

(Abg. Schmiedel SPD: Was? – Abg. Drexler SPD: Für eine einzelne Personalstelle?)

2,8 Millionen. Von 280 Millionen € ergeben 5 % die 10 Millionen €, die Sie zusätzlich erzielen wollen. Das gibt nach Adam Riese die 10 Millionen, die Sie zusätzlich zu 4 Millionen € Personalkosten erwirtschaften müssten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Jeder Prüfer müsste 2,8 Millionen € Steuermehrertrag erzielen, um das zu erreichen. Tatsächlich erreicht er allenfalls 0,8 Millionen € Mehrertrag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihre Rechnungen sind Nullsummenspiele. Sie decken diesen Haushalt nie im Leben.

(Abg. Drexler SPD: Soll der Bund die Steuerbeam- ten dann übernehmen?)

Sie werden mit Ihren Vorschlägen auch nie im Leben diesen Haushalt in Ordnung bringen.

Ein weiterer Vorschlag von Ihnen: Auflösung der Landesstiftung. Wir haben Ihnen das schon so oft vorgerechnet, aber ich rechne es Ihnen gerne noch einmal vor.

(Abg. Döpper CDU zur SPD: Jetzt aber zuhören!)

Bei einer Nachversteuerung der steuerpflichtigen Erträge entstünde eine Steuerpflicht von ca. 1,5 Milliarden €. Von diesen Steuereinnahmen würden, unter anderem wegen des Länderfinanzausgleichs, aber höchstens ca. 150 Millionen € beim Land verbleiben. Daneben müssten bei einer Rückabwicklung Verpflichtungen für die begünstigten Projekte beglichen werden. Rechnet man beim Land verbleibende Steuereinnahmen und den verbleibenden Rest aus den Erträgen zusammen, verblieben dem Land damit nach Rückabwicklung am Schluss insgesamt noch ca. 400 Millionen €. Wenn Sie die Neuverschuldung damit absenken und von einer Verzinsung von 5 % ausgehen, dann kommen Sie gerade auf 21 Millionen € jährlichen Ertrag. Das sind Ihre Nullsummenspiele. Wir erzielen mit der Landesstiftung jährlich Erträge von 80 bis 90 Millionen €. Sie kämen dagegen nur auf ca. 21 Millionen €. Das ist die Offenbarung, die Sie mit diesen Vorschlägen vorlegen.