Protocol of the Session on February 23, 2005

Somit wird jeder überhöhte Tarifaufbau zu einem Stellenabbau beim Staat insgesamt führen. Das läuft in den Kommunen doch schon, und es wird auch bei uns weitergehen. Das heißt, auch dort brauchen wir eine neue Philosophie.

Wir alle wollen die bestmögliche Bildung an Schulen und Universitäten. Wir wollen mehr Forschung – wobei ich der Meinung bin, wir müssten das Augenmerk mehr auf die angewandte Forschung richten.

(Abg. Schmiedel SPD: Sehr richtig!)

Wir alle wollen genügend Polizisten für die innere Sicherheit. Wir wollen mehr Kinderbetreuung, damit Frauen vermehrt Beruf und Familie regeln können,

(Abg. Döpper CDU: Ohne Personal! – Abg. Wa- cker CDU: Das kostet alles nichts! Das ist alles kostenlos!)

ganz zu schweigen von der Finanzkraft der Gemeinden. Was die Finanzkraft der Gemeinden angeht, haben sich die CDU und die FDP/DVP auch nicht mit Ruhm bekleckert. Das muss ich einmal dazusagen. Alles dies wollen wir, aber – ich sage das ganz offen –: Es wird zu den Preisen der vergangenen Jahre nicht mehr gehen.

(Abg. Wacker CDU: Also!)

Darauf müssen sich alle vorbereiten.

(Abg. Alfred Haas CDU: Sagen Sie das mal der SPD-Fraktion!)

Viele in unserem Land haben leider noch nicht begriffen, dass sich um uns herum die Welt in einem rasanten Tempo geändert hat und ändern wird. Was als so genannte Globalisierung – sprich Mobilität von Investition und Produktion – bezeichnet wird, führt zu einem verschärften Wettbewerbsdruck. Trotz begonnener Reformen – die auch wieder andere loben, nicht diejenigen, die nicht an der Regierung sind – werden weiterhin Arbeitsplätze aus Deutschland hinausverlagert: ca. 50 000 pro Jahr – das ist die Einwohnerzahl einer größeren Mittelstadt –,

(Abg. Döpper CDU: Weil die Rahmenbedingungen wahrscheinlich nicht stimmen! – Abg. Drautz FDP/ DVP: Warum machen die das?)

vor allem im Industriebereich. Dies geschieht nicht nur, weil die Unternehmer alle böse Kapitalisten sind. Nein, sie müssen dies teilweise tun, um in den Märkten zu bleiben und um Arbeitsplätze zu sichern.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP)

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass in dieser Welt nicht nur die Deutschen oder die Europäer oder die Nordamerikaner ein Anrecht auf Arbeit, Wohlstand und soziale Si

cherheit haben. Die restliche Welt ist voller arbeitshungriger und wissbegieriger junger Menschen, die ähnlich gut leben wollen wie wir.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP – Unruhe bei der CDU)

Da lachen Sie!

(Widerspruch bei der CDU – Abg. Kiefl CDU: Da lacht niemand! – Weitere Zurufe von der CDU und der SPD)

Gehen Sie doch einmal hinaus und schauen Sie, was sich dort abspielt. Das heißt, wir werden auch aufgrund dieser Entwicklung und aufgrund der demografischen Entwicklungen Lebensarbeitszeiten, Abgabenquoten und eine radikale Beseitigung der Steuerausnahmetatbestände durchsetzen müssen, ob uns dies gefällt oder nicht.

Beim Stichwort Steuern fällt mir aber trotzdem ein, dass es ein mühsames Unterfangen ist, die Steuerehrlichkeit in unserem Land einzuhalten. Selbst wenn das Steuerrecht nicht gerecht ist –

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das wird nie gerecht sein!)

es ist nicht gerecht, ich weiß das –, gilt trotzdem der Rechtsgrundsatz der Steuerehrlichkeit. Wenn es stimmt, dass 15 % des Bruttoinlandsprodukts am Fiskus vorbeigeschleust werden, müssen wir etwas dagegen tun. Deswegen ist es richtig, wenn wir die Steuerverwaltung stärken wollen. Wir müssen das tun.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch ein ganz anderes Kapitel ansprechen, das mir am Herzen liegt und das ich für wichtig halte. Ich möchte weiterhin dafür plädieren, dass wir ein ganz besonderes Augenmerk auf die Strukturen und Vorschriften in unseren Banken richten. Zwar sind die internationalen Kapitalmärkte bestimmend, aber wenn wir es zulassen, dass die Kreditvergabe bei uns – also für unsere Wirtschaft und unseren Mittelstand – zu einem weiteren bürokratischen Hindernislauf wird, sind wir selbst schuld.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Bundesinstitut für Finanzwirtschaft oder Finanzwesen – die ändern ja immer wieder ihren Namen – überzieht und dass sich ursprünglich gut gemeinte Vorschriften in ihr Gegenteil verkehren. Ich will keine Bankenlandschaft, in der nur noch die Checkliste regiert und die Vorstände kein Risiko mehr eingehen wollen, weil Kreditvergabevorschriften eine Erfahrungsbeurteilung nicht mehr zulassen.

(Abg. Döpper CDU: Sehr gut!)

Dies ist übrigens auch gegenüber der Wirtschaft unfair. Von der Wirtschaft fordern wir Risikobereitschaft, und die, die in den Banken sitzen, waschen dann nachher ihre Hände in Unschuld. Das geht nicht.

In diesem Zusammenhang danke ich ausdrücklich allen Fraktionen, die mich im Finanzausschuss bei der Anhörung und auch bei den Maßnahmen, die anschließend ergriffen

worden sind, unterstützt haben. Die Maßnahmen haben offensichtlich etwas Wirkung gezeigt. Ich hoffe, dass wir bei diesem Thema gemeinsam weitermachen können; denn auch davon hängt unsere Zukunft ab. Das ist auch eine Rahmenbedingung. Ich bin auch bereit, über viele andere Rahmenbedingungen zu diskutieren.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das hört man gern!)

Ich möchte es heute bei diesen Punkten belassen. Ich hoffe, dass ich Sie wenigstens etwas zum Nachdenken gebracht habe, und fordere Sie auf, nicht nur zu streiten, was den Menschen draußen meist sowieso auf die Nerven geht, sondern den Mut zu haben, über den Tagestellerrand hinauszuschauen und miteinander zu sprechen. Ich wünsche Ihnen allen das, was für einen Finanzpolitiker das Wichtigste ist – das wünsche ich übrigens auch Ihnen, Herr Finanzminister Stratthaus –, nämlich die andauernde Zahlungsfähigkeit.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kleinmann.

(Abg. Schmiedel SPD: Oje!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dieser staatstragenden Rede des Herrn Vorsitzenden des Finanzausschusses, Moser,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Die war gut, die Re- de!)

darf ich noch ein paar Dinge dazu sagen. Zweifelsohne brauchen wir, Herr Kollege Moser, ein einfacheres Steuersystem. Wir brauchen niedrige Steuersätze. Da sind wir uns einig, und ich meine, es gibt genügend Modelle dafür von der CDU, von der FDP, auch von der SPD.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Und von den Grü- nen!)

Es ist also nicht notwendig, weitere Modelle zu entwickeln. Was geboten ist, ist Handeln, und daran fehlt es in Berlin gravierend.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Wir haben bei uns im Staatsministerium, Herr Ministerpräsident, eine Stabsstelle für Bürokratieabbau eingerichtet. Sie, Herr Moser, haben zu Recht angemahnt, dass es noch viel zu viele Regulierungen gibt, die man gar nicht braucht. Bloß, uns vorzuwerfen, wir handelten nicht, während Sie in Berlin nicht handeln, das kann ich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ein Letztes noch zu diesem Punkt – aber da sind Sie wahrscheinlich mit mir auch einig, Herr Kollege Moser –: Das Antidiskriminierungsgesetz, das die SPD und die Grünen jetzt auf den Weg bringen wollen, ist gewiss alles andere als eine Hilfe, um die Wirtschaft nach vorne zu bringen, und im Vergleich mit anderen Ländern eher ein Hemmnis.

Deshalb sollte es so schnell wie möglich wieder in der Schublade verschwinden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die USA haben es sogar schon!)

Meine Damen und Herren, der Entwurf des Staatshaushalts für die Jahre 2005 und 2006 dokumentiert zum einen eine gewaltige Anstrengung, trotz schwieriger Voraussetzungen einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen.

(Abg. Schmid SPD: Aber nur auf dem Papier!)

Gleichzeitig aber ist festzustellen, dass all diese Anstrengungen, Herr Schmid, immer noch unzureichend sind, misst man sie daran, was notwendig wäre, um den Haushalt durchgreifend zu konsolidieren, abzukehren von einer Politik immer weiterer Verschuldung und damit zugleich eine Politik zu betreiben, die für sich in Anspruch nehmen kann, dem Motiv der Generationengerechtigkeit Rechnung zu tragen. Ich erinnere an die eingesetzte Enquetekommission „Demografischer Wandel“ und nenne nur das Stichwort Generationenbilanzen. Wir haben nur einen Teil dessen, was erforderlich ist, erreichen können. Dass wir aber einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen konnten, ist eine Leistung, meine Damen und Herren, die wir uns nicht kleinreden lassen. Herr Kollege Scheffold war ja so freundlich, vorhin darauf hinzuweisen, dass das Defizit beim Bund 2003 und 2004 mit 3,9 und 3,8 % um 0,9 bzw. 0,8 Prozentpunkte über der Höchstgrenze von 3,0 % liegt.

Dieser Haushalt stellt insofern eine Zwischenetappe dar, allerdings eine Etappe, bei der es uns als einem der ganz wenigen Länder in äußerst schwieriger Lage gelungen ist, die Grenzen der Neuverschuldung klar einzuhalten, die uns die Verfassung vorgibt. Im Haushalt für 2005 und 2006 war dazu eine Deckungslücke von mehr als 3,3 Milliarden € zu schließen, und wir haben dies geschafft, wenn auch nicht immer mit äußerster Eleganz, Herr Schmid, wie ich durchaus einräume. Knapp 1 Milliarde € an Kürzungen in den Ressorts und zusätzlich etwa 550 Millionen € an Einsparungen bei den Personalausgaben sind nicht nichts, sondern stellen eine ganz erhebliche Leistung zur Konsolidierung des Haushalts dar.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Da kann man nur empfehlen: Machen Sie es im Bund in gleicher Weise.