Es ist wirklich erschreckend, wenn jedes vierte Kind bei seinem Schuleintritt der deutschen Sprache nicht vollkommen mächtig ist. Das kann uns natürlich nicht kalt lassen, sondern wir müssen den eingeschlagenen Weg in der Tat fortsetzen. Ob es Ihnen nun passt oder nicht: Wir haben nun einmal – Gott sei Dank – mit Mitteln der Landesstiftung erste Maßnahmen ergreifen können. Von flächendeckenden Maßnahmen kann man in der Tat nicht reden – das ist überhaupt keine Frage –, sondern es handelte sich quasi um Modellversuche, die sich langsam entwickelt haben und die sich übrigens nur auf einen Teil des Themas Sprachförderung beziehen. Sprachförderung ist nämlich insgesamt eine in die Kindergartenarbeit zu integrierende Aufgabe. Das setzt natürlich auch die entsprechende Qualifikation der Erzieherinnen und Erzieher voraus, damit sie diese Aufgabe leisten können.
Dann kommt die zweite Stufe: Neben dieser integrierten Arbeit, mit der für die Mehrzahl der Kinder das Ziel erreicht werden kann, dass sie sprach-, lese- und lernfähig eingeschult werden, besteht der zweite Teil der Arbeit darin, diejenigen Kinder zu identifizieren, die einer zusätzlichen Förderung bedürfen. Genau das geschieht im Moment über Mittel der Landesstiftung. Dieses Programm muss allerdings verstetigt werden.
Der dritte Bereich bezieht sich auf Kinder, die von Behinderung bedroht sind. Dieser medizinische Bereich hat damit im Grunde genommen nichts zu tun.
Noch einmal: Meiner Meinung nach ist es ganz klar, dass der Kindergarten – so haben wir es im Kindergartengesetz formuliert – auch einen Bildungsauftrag hat.
Das heißt nicht, dass sich die Eltern darum überhaupt nicht zu kümmern brauchten. Wir sollten das überhaupt nicht gegeneinander ausspielen: Bildung und Erziehung innerhalb der Familie und zusätzlich die Erziehung und Bildung außerhalb der Familie, in betreuten Einrichtungen. Beides besitzt einen Wert an sich.
Manchmal hört man – ich habe da einen im Blick, der das letzthin wieder einmal gesagt hat –, es sei doch naturgegeben, dass Kinder bis zum Alter von drei Jahren praktisch bei der Mutter sein müssten.
Wenn Kinder tagsüber im Kindergarten sind, heißt das ja nicht, dass sie nicht abends wieder bei der Mutter sein könnten. Ich bitte, diese ideologische Diskussion wegzulassen.
Jetzt komme ich zum springenden Punkt: Wie wollen wir das finanzieren? Sie werden nicht überrascht sein, wenn ich nachher die Hand für Ihren Finanzierungsvorschlag leider nicht heben kann. Denn wir müssen schauen, was Kinder, was Familien in unserem Land wirklich dauerhaft brauchen. Ich finde es nicht unsozial, wenn wir einen Haushaltstitel mit 83 Millionen € haben und wir hier über 6 Millionen € für einen Einstieg in die Sprachförderung reden. Wir reden darüber, ob wir möglicherweise im letzten Kindergartenjahr die Eltern von den Gebühren befreien können. Wenn wir ein Pflichtjahr wollen, müssten wir das meiner Meinung nach tun. Das kann dann erst am Ende stehen. Wenn wir solche Dimensionen ins Auge fassen, dann müssen wir auch bereit sein, zum Beispiel über das 83-Millionen-€-Programm Landeserziehungsgeld zu reden. Wir tun dies, und Sie haben, wenn Sie die Zwischentöne beim Kollegen Haas gehört haben, ganz klare Signale, dass man da gesprächsbereit ist. Manchmal geht etwas in der Politik ein bisschen langsamer, aber so, liebe Kollegin Lösch, wie Sie es sich vorstellen, dass man auf einen Schlag die Hälfte der 83 Millionen € praktisch wegnimmt, geht es nun einmal nicht, weil es gesetzliche Vorgaben gibt, die das Land auf zwei Jahre binden.
Deswegen sage ich: Wir müssen jetzt darangehen, wenn wir es denn ernst meinen, dass wir im Jahr 2006 vielleicht eine vernünftige Steuerreform auf Bundesebene hinkriegen. Das können ja dann Sie machen, wenn Sie wiedergewählt werden sollten. Wir würden es am liebsten nach dem SolmsModell machen, wo wir eine klare familienpolitische Komponente drin hätten.
Wenn jedes Kind genau wie jeder Erwachsene einen Grundfreibetrag von 7 500 € bekäme, dann wäre das schon ein Riesenfortschritt gegenüber dem, was jetzt an Kindergeld und Landeserziehungsgeld bezahlt wird.
Im Hinblick darauf sollten wir uns Gedanken machen, wie wir darauf reagieren, wie wir den Umbau hinkriegen. Es wird noch ein bisschen Zeit brauchen, bis wir an diesem Punkt sind, aber wir arbeiten gemeinsam daran.
Ich denke, wir werden über 2006 hinaus Zeit haben, um diese Konzepte gemeinsam mit dem Partner CDU durchzusetzen.
(Abg. Drexler SPD: Bei Ihrem personellen Ange- bot glaube ich nicht, dass Sie noch einmal in den Landtag kommen!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, ich habe hinreichend klar gemacht, in welcher Richtung wir nicht nur an konzeptionellen Neuentwicklungen arbeiten wollen,
sondern wie wir auch eine realistische Finanzierung hinbekommen wollen, ohne zusätzliche Schulden zu machen.
Denn nach dem Metzgersfraumotto „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ können wir Haushaltspolitik leider nicht machen, auch wenn es die Opposition so betreibt.
Letzte Bemerkung: Ich werde die letzten fünf Minuten meiner Redezeit der Kollegin Götting zu ihrer ersten Rede – sie ist ja, wie Sie wissen, ins Parlament nachgerückt – zur Verfügung stellen. Sie wird zum Bereich Frauenpolitik noch etwas sagen. Deshalb darf ich schließen mit dem Dank an alle, die in guter Zusammenarbeit das Ergebnis, das wir Ihnen jetzt für den Sozialetat vorlegen, erreicht haben, insbesondere auch mit Dank an all die Menschen in unserem Land, die sich, egal, ob bürgerschaftlich-ehrenamtlich oder professionell, in sozialen Einrichtungen, überhaupt in unserer Gesellschaft engagieren.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Jetzt sind es bloß noch vier Minuten! – Abg. Capezzuto SPD: Des- wegen kürzen Sie, vor lauter Dankbarkeit!)
Mit diesem Dank an alle Menschen in unserem Land, die zum sozialen Klima beitragen, möchte ich schließen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es fing alles so gut an: Diese Landesregierung will die Familien unterstützen und für mehr Rückenwind für die Familien sorgen. Dies verkündete die neue baden-württembergische Sozialministerin Gönner in einem Interview. Sie versprach Planungssicherheit und ein Miteinander und unterstrich die Wichtigkeit des bürgerschaftlichen Engagements, vor allem im Blick auf die demografische Entwicklung.
Ein paar Monate später scheint das alles überhaupt nicht mehr zu gelten. Sie legt einen Haushaltsplanentwurf vor, der unter anderem zehnprozentige Kürzungen bei der Förderung der Vereinigungen auf dem Gebiet der Familien
pflege, bei der Frauenförderung, bei der Förderung der Selbsthilfegruppen, des bürgerschaftlichen Engagements und der Behindertenverbände ausweist. Es handelt sich um zehnprozentige Kürzungen von Kleinstbeträgen, durch die Strukturen zerstört werden, an denen viel ehrenamtliches Engagement hängt.
Frau Sozialministerin Gönner sah dies anders. In einem Interview am 23. Dezember riet sie den betroffenen Verbänden dazu, selbst einmal in die Aufgabenkritik einzusteigen und eigene Strukturen zu hinterfragen. Frau Gönner, da frage ich mich, ob Sie überhaupt wissen, unter welchen Bedingungen Selbsthilfegruppen arbeiten – keine hauptamtliche Stelle, nicht einmal eine halbe Stelle für eine Sekretariatskraft.
Viele dieser Selbsthilfegruppen leisten ausgesprochen viel Beratungs- und Vernetzungsarbeit. Vielleicht wäre es gut gewesen, sich einmal vor Ort die Arbeit anzusehen.
Kollege Haas, das sahen übrigens nicht nur wir und die Sozialverbände so, sondern wohl auch die Regierungsfraktionen, sonst hätten sie diese zehnprozentigen Kürzungen nach der Rasenmähermethode nicht wieder zurückgenommen –
(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Jetzt glauben wir das auch noch! – Zuruf des Abg. Al- fred Haas CDU)