Protocol of the Session on December 15, 2004

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Teßmer SPD: Die haben halt nur noch Leichtmatrosen!)

Der zukünftige Kapitän geht unter Deck,

(Abg. Drexler SPD und Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Unter Wasser!)

geht unter Deck spazieren und lässt hier seinen Maat reden.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Leichtmatrose! – Abg. Drexler SPD: Hilfsmaat!)

Der Obermaat Noll redet sehr sachlich, an der Sache orientiert.

(Abg. Drexler SPD: Aber vorbei!)

Das muss ich einräumen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Aber bei Ihren Ausführungen denkt man eigentlich, Sie seien in der Opposition.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Man muss Mehrheiten organisieren!)

Anstatt dass Sie den Haushalt, den Sie gemeinsam mit der Union einbringen, erläutern und verteidigen,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Habe ich doch!)

kritisieren Sie diesen Haushalt.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Nein!)

Warum bringen Sie ihn dann überhaupt ein?

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Drexler SPD: Um ihn zu verändern! – Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Herr Scheffold, Sie haben hier noch einmal erläutert, warum die Karre im Sumpf steckt. Was Sie gemacht haben, ist Haushaltskonsolidierung im Konditional:

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Was machen denn Sie?)

Was wäre, wenn jemand anderes regieren würde? Was wäre, wenn wir keinen Länderfinanzausgleich hätten? Was wäre, wenn wir mehr Wachstum hätten? Genau dieser Konditional und der Glaube an dieses „Was wäre, wenn“ sind der Grund, warum wir in dieser Situation sind, nämlich weil Sie sich nicht den Realitäten stellen, wie sie sind, sondern sie sich so hindrehen, wie Sie sie sich wünschen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Der erste Teil Ihrer Rede war ein reines Wolkenkuckucksheim. Es gibt nun einmal einen Länderfinanzausgleich. Wir sind nun einmal an der Regierung, und wir haben das Wachstum, das wir haben, und das wird sich in Bälde auch nicht groß verändern. Das sind die Tatsachen. Die erste Grundlage der Haushaltspolitik heißt, die Wahrheit in den Tatsachen zu suchen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Kretschmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Scheffold?

Nein. Jetzt fange ich erst einmal zu reden an.

(Abg. Drexler SPD: Er hat ja noch gar nicht ge- sprochen! – Gegenruf des Abg. Dr. Scheffold CDU: Aber er hat schon so viel gesagt! – Abg. Drexler SPD: Das ist die Qualität! – Heiterkeit – Lebhafte Unruhe – Abg. Carla Bregenzer SPD: Herr Scheffold hat viel geredet und nichts gesagt!)

Dass es so nicht weitergehen kann, ist klar. Teufel hinterlässt einen noch nie da gewesenen Schuldenstand von 40 Milliarden € – das ist mehr als das Volumen des Haushalts – und einen noch nie da gewesenen Berg von Pensionsverpflichtungen mit einem Barwert von 80 Milliarden €, für die Sie in 30 Jahren keine Vorsorge getroffen haben. Sie haben steigende und erschreckende Personalkosten, allein mit einer Steigerung von 6 % bis September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Der Finanzminister kann nur noch durch Substanzverkäufe und Schattenhaushalte formal die Verfassungsmäßigkeit des

Haushalts herstellen. Sie ist tatsächlich nur formal gegeben, weil man natürlich die verdeckten Schulden, etwa durch die Verkäufe der Zinserwartung der LBBW, nicht dazuzählt. In Wirklichkeit sind das natürlich Schulden, die nur woanders liegen. Deswegen ist der Haushalt in Wirklichkeit eigentlich nicht mehr verfassungsgemäß, sondern nur noch formal verfassungsgemäß. Bemerkt hat dies eine Ratingagentur, die gerade Ihr Kreditrating heruntergestuft hat, was uns die Verpflichtung zu höheren Zinszahlungen bringen wird. Das haben Sie übrigens mit keinem Wort in Ihrer ganzen Rede erwähnt. Das sind nun objektive Maßstäbe von außen, und denen müssen Sie sich stellen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das heißt, das alles sind Anzeichen einer Abwärtsspirale, und das bedeutet eine reduzierte Bonität, höhere Schuldzinsen, eine noch größere Schuldenlast, ja noch mehr Schulden. Sie haben so schön gesagt: Der Hauptgrund für die Schulden sind die Schulden.

(Abg. Drexler SPD: Das ist eine schöne Formulie- rung!)

Die Kreditaufnahme reicht ja nicht mehr aus, um die Schuldzinsen des Landes zu bezahlen. Wehe, wenn die Zinsen steigen. Dann kracht das Kartenhaus vollends zusammen. Und wo ist Oettinger in einer solchen Situation? Unter Deck. Das muss man sich einmal vorstellen!

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist peinlich!)

Derjenige, von dem jetzt alle im Land und im Haus darauf warten, welche Akzente er im Haushalt nach seiner Kandidatenkür, bei der er ja Versprechungen ohne Ende gemacht hat, setzt, fehlt einfach.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist echt un- glaublich!)

Aus der Haushaltsstrukturkommission, in der er Mitglied ist, kommt kein einziger substanzieller Vorschlag zur Änderung der Strukturen, die uns in diese Situation geführt haben. Man spricht ja vom Königsrecht des Parlaments. Wir hätten das. Jetzt ist der Fraktionschef der stärksten Fraktion zugleich designierter Ministerpräsident. Jetzt besteht also nicht mehr die Situation, in der er sagen muss: Ja, wir müssen unserer Regierung den Rücken freihalten. Jetzt könnte er wirklich einmal zeigen, was das Parlament kann, und die Akzente setzen.

(Abg. Hauk CDU: Das ist sehr durchsichtig!)

Wo ist er? Gar nicht da.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Drex- ler SPD: Er muss nachdenken!)

Dabei dürfte er nicht in die Fußstapfen seines Vorgängers Teufel treten, nicht weil ihm die zu groß oder zu klein sind, sondern weil sie in eine falsche Richtung gehen. Die Verschuldung des Landes betrug beim Amtsantritt von Teufel 40 Milliarden, und sie beträgt bei seinem Abgang wieder 40 Milliarden, nur damals in D-Mark und jetzt in Euro.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Drexler SPD: Sehr gut!)

Das hinterlassen Sie dem Land, Herr Ministerpräsident Teufel.

(Abg. Hauk CDU: Das ist das, was Rot-Grün in zwei Jahren hinterlassen hat! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Keine Ahnung! Sie haben keine Ah- nung! – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Die Landesschulden sind über viele Jahre schneller gestiegen als das Bruttoinlandsprodukt.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhart CDU)

Deswegen sind wir in dieser Situation. Sie haben offensichtlich resigniert, nachdem Sie in den letzten Haushaltsberatungen noch vollmundig die Nullverschuldung angekündigt haben.

Was brauchen wir? Wir brauchen ein strategisches Konzept, das den Trend der letzten Jahre bricht. Das bedeutet ganz konkret: Das Ausgabenwachstum darf lediglich 0,7 % im Jahr betragen. Das muss die Peilung sein. Das bedeutet gegenüber den letzten Jahren: Wir bekommen die strukturelle Haushaltslücke von 3 bis 4 Milliarden € nur dann in den Griff, wenn wir jedes Jahr 300 bis 400 Millionen € strukturell einsparen, also Einsparungen vornehmen, die dauerhaft sind.

(Beifall bei den Grünen)

Da die Hälfte des Haushalts Personalkosten sind, wie wir alle wissen, haben wir gesagt: Das entspräche 20 000 Stellen, die wir streichen müssen oder durch andere Maßnahmen ersetzen müssen, nämlich eine Umstrukturierung des ganzen öffentlichen Dienstes. Das ist also nur eine Maßzahl. Das müssen wir machen und zugleich strategiefähig bleiben – das ist die Herausforderung –, indem wir Prioritäten setzen für Bildung und Forschung, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für die ökologische Modernisierung dieses Landes.

Herr Oettinger meinte nun, er müsste das toppen, und sprach von 30 000 bis 40 000 Stellen. Wo sind die Vorschläge, wie man zu diesen Einsparungen kommt? Sie sind nicht vorhanden,