Protocol of the Session on December 15, 2004

Die Stärkung der Eigenständigkeit der Schulen, die Herausbildung eigener Profile, der Wettbewerb der Schulen untereinander, die Reduzierung der in den Lehrplänen verbindlich vorgegebenen Inhalte sind Leitziele baden-württembergischer Bildungspolitik.

Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit lebenslangen Lernens sind wir dabei, die Erstausbildungszeiten zu verkürzen, den jungen Menschen einen früheren Eintritt in Beruf oder Studium zu ermöglichen. Die Flexibilisierung des Schuleingangs gehört ebenso dazu wie die Einführung des achtjährigen Gymnasiums.

Wir fördern die Schulen in freier Trägerschaft. Alle Schulen profitieren vom Wettbewerb, gerade auch vom Wettbewerb zwischen öffentlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wir sind da zugegebenermaßen noch nicht am Ziel. Aber wir wollen und werden dahin kommen, die Förderung der Schulen in freier Trägerschaft schrittweise auf den Kostendeckungsgrad von 80 % der echten Kosten eines Schülers an einer staatlichen Schule anzuheben.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wann?)

Basis wird dabei das so genannte Bruttokostenmodell sein, das übrigens im Konsens mit den privaten freien Trägern entwickelt wurde. Das leider immer wieder gehörte Argument, dies würde zunächst einmal zu Mehrausgaben des Landes führen, halten wir für sehr kurzsichtig. Denn mittelfristig wird es natürlich zu einer Entlastung kommen.

Adam Riese sagt uns: 80 % sind immerhin weniger als 100 %. Wenn wir Schüler zu 80 % fördern, dann ist das auch unter finanziellen Gesichtspunkten – unabhängig von der Qualität – ein Gewinn für uns.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So einfach ist das! – Abg. Drexler SPD: Dann hätten Sie aber unserem Gesetzentwurf vor drei Monaten zustimmen kön- nen! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wann machen Sie das? Wo ist das im Haushalt? Wann beginnen Sie damit?)

Wir sind in einer krisenhaften Situation. Wir werden – das habe ich Ihnen gerade noch einmal deutlich gemacht – dieses Ziel schrittweise umsetzen. Auch das ist übrigens mit den Verbänden so abgesprochen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Und wann beginnen Sie? – Gegenruf des Abg. Hofer FDP/DVP: Sobald es möglich ist!)

Lassen Sie mich an dieser Stelle – weil Sie das auch angeführt haben – den Bereich des zweiten Bildungswegs bzw. der Erwachsenenbildung ansprechen. Dieser Bereich unterscheidet sich tatsächlich insofern von den Schulen in freier Trägerschaft – zum Beispiel den Waldorfschulen –, als es da im Wesentlichen gar keine staatlichen Alternativen gibt. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen.

(Abg. Drexler SPD: Zum Beispiel!)

Dieses bieten also nur die freigemeinnützigen privaten Träger an. Wenn wir diese Argumente aufnehmen, müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um vorhandene Strukturen nicht zu gefährden. Das bedeutet auch – wir haben Gespräche dazu geführt –, dass man sich die unterschiedlichen Formen – Kollegs, Abendrealschule, Abendgymnasium – noch einmal genau ansieht. Man kann nicht von vornherein bestimmte Kürzungen für tabu erklären. Man muss aber andererseits natürlich darauf achten, dass keine Strukturen wirklich massiv gefährdet werden und damit das passiert, was Sie an die Wand gemalt haben:

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Re- gina Schmidt-Kühner SPD: Die sind doch schon durch das Haushaltsstrukturgesetz massiv gefähr- det!)

dass diese Menschen sozusagen nur noch außer Landes die Chance haben, dem Motto nachzukommen: Kein Abschluss ohne Anschluss! Das müssen wir gerade in diesem Bereich noch einmal genau unter die Lupe nehmen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Regina Schmidt- Kühner SPD: Die sind doch schon gefährdet!)

In besonderer Weise muss Schule heute auch veränderten gesellschaftlichen und vor allem veränderten familiären Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Im Rahmen des Programms „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“ haben wir die Förderung von Betreuungsangeboten rund um die verlässliche Grundschule weiter ausgebaut und ergänzende Betreuungsangebote an Hauptschulen in die Landesförderung aufgenommen.

Die Ganztagsschule muss kontinuierlich ausgebaut werden. Allerdings, Herr Drexler – –

(Abg. Drexler SPD: Ohne Personal!)

Nein, nicht ohne Personal. Aber völlig unter Ausschluss, so wie Sie das darstellen, zum Beispiel des Engagements von Vereinen, Musikschulen usw.

(Abg. Drexler SPD: Das habe ich nicht gesagt! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das sagt niemand!)

wird es nicht laufen. Aber in dieser Form, in der sich Schule auch ein Stück weit öffnet für die Gesellschaft, wollen wir massiv vorankommen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Gerade an Schulen mit besonderen pädagogischen Problemstellungen ist Schulsozialarbeit eine unverzichtbare

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

und, wie man weiß, erfolgreiche Ergänzung der Arbeit der Schule. Wir wollen die Förderung der Schulsozialarbeit durch das Land auch über das laufende Schuljahr hinaus erhalten.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut! – Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Im Übrigen wäre es den Kommunen auch nicht vermittelbar, sie mit einer vom Land initiierten und angestoßenen

Aufgabe drei oder vier Jahre später plötzlich alleine zu lassen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut! – Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Genau das führt doch zum Verdruss bei den Kommunen,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

wenn sich das Land immer wieder einmal Dinge überlegt – Jugendenquete, Schulsozialarbeit – und nachher die Kommunen das alles alleine schultern sollen. So kann es natürlich nicht gehen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Wir arbeiten daran, die Bildungschancen von Kindern, und zwar unabhängig von sozialem Status und Herkunft, zu verbessern. Entsprechende Maßnahmen müssen so früh wie möglich ansetzen. Der Kindergarten ist keine Verwahranstalt, sondern ein Ort der Erziehung und Bildung.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut! – Abg. Drexler SPD: Also!)

Dabei gilt dem Spracherwerb oberste Priorität; da sind wir uns völlig einig.

(Abg. Drexler SPD: Also! – Abg. Marianne Won- nay SPD: Wo ist das im Haushalt?)

Ein erster Schritt, Herr Drexler, ist ja getan. Es gibt ein flächendeckendes Angebot von Sprachstandsdiagnosen ein bis eineinhalb Jahre vor Schuleintritt

(Abg. Drexler SPD: Landesstiftung! Freiwillig! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Landesstiftung!)

über die Landesstiftung – und ein entsprechendes Förderangebot für Kinder mit Problemen in der Entwicklung der Sprachkompetenz.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ab drei Jahren! – Abg. Drexler SPD: Freiwillig! Das muss verpflich- tend geschehen!)

Ja. Warten Sie ab, liebe Kollegin Lösch. Genau da sind wir wieder an dem Punkt, dass ich sage: Wir können die Kommunen bei der Erfüllung des Bildungsauftrags im Kindergarten und schon vor dem Kindergarten nicht alleine lassen.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Es wird Ihnen hoffentlich nicht entgangen sein, dass wir im Gegensatz zu Ihnen nicht einfach mehr Geld fordern, sondern das unter anderem durch die Umschichtung eines Programms, das ein großes Volumen in diesem Sozialetat ausmacht, nämlich des Landeserziehungsgelds, mit den Kommunen zusammen finanzieren.

(Abg. Drexler SPD: Da müssen Sie aber noch lange warten! Dann warten Sie bis 2010! – Gegenruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Mit dem Programm „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“ hat das Land auch den Einstieg in die Förderung von Kleinkindgruppen vollzogen. Gleichzeitig wird die Infrastruktur des Angebots der Vermittlung und Qualifizierung von Tagesmüttern weiter ausgebaut. Auch da gilt bitte schön: Auch da, wo Ehrenamtliche dieses Angebot erst möglich machen, müssen wir doch sehr genau hinschauen, ob wir mit Kürzungen vergleichsweise geringer Mittel Strukturen kaputtmachen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Deshalb kürzen Sie bei den Tageseltern! – Abg. Drexler SPD: Deswe- gen kürzen Sie!)

Ich sage Ihnen zu: Auch dies wird Thema unserer Fraktionsklausur sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)