Protocol of the Session on July 29, 2004

Das Wort hat Herr Abg. Schmid.

(Zuruf des Abg. Theurer FDP/DVP)

Sie wurden, wie wir auch, verschreckt durch eine Konzeption von NSI, die nicht auf die Bedürfnisse der einzelnen Verwaltungszweige eingegangen ist, sondern eine Einheitslösung für die gesamte Landesverwaltung vorgesehen hat und trotz unserer Mahnungen keine maßgeschneiderten Lösungen gefunden hat. Sie wurden verschreckt durch die Perspektive von Datenbergen, die mit viel Aufwand gesammelt werden müssen und deren Nutzen für das tatsächliche Arbeiten in den Verwaltungen völlig ungewiss bleibt. Sie wurden verschreckt durch nicht eingelöste Versprechen verbesserter Personalführung, die in der Realität dazu geführt haben, dass moderne Führungsinstrumente wie die so genannte Balanced Scorecard im Verlauf des Projekts in ihrer Bedeutung immer weiter zurückgestuft worden sind. Sie wurden schließlich verschreckt – wie wir auch – durch eine Verwaltungsreform,

(Abg. Dr. Birk CDU: Sagen Sie doch einmal etwas zum Unterausschuss!)

die wie ein Hagelsturm im Sommer über dieses NSI-Projekt hereingebrochen ist und keinerlei Abstimmung zwischen beiden Vorhaben ermöglicht hat.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Birk CDU: Herr Kollege, Sie sprechen zum falschen Tagesord- nungspunkt! – Abg. Theurer FDP/DVP: Der Ausei- nandersetzung in der Sache würde es auch gut tun, Herr Kollege!)

Man hat es versäumt, innere und äußere Verwaltungsreform in Gleichlauf zu bringen. Zum Zeitpunkt der Einführung von NSI war klar, dass auch ein Verwaltungsumbau auf der Tagesordnung steht. Verschiedene Fraktionen, auch meine Fraktion, hatten dies schon angemahnt. Aber dieses Projekt NSI war weder von der Sache her noch rechtlich genügend darauf eingestellt, eine Verwaltungsreform wie die von Herrn Teufel zu bewältigen.

Darüber hinaus hat diese Verwaltungsreform die Refinanzierung von NSI beeinträchtigt, denn mit der Verwaltungsreform wurde der Unterbau der Landesverwaltung weggeschlagen und an die Landratsämter übertragen. Damit wurde auch ein wesentlicher Teil des Verwaltungskorpus, aus dem sich die Refinanzierung dieses großen Vorhabens speisen sollte, weggenommen mit der Folge, dass die verbleibende Landesverwaltung jetzt noch stärker unter dem Druck steht, die ominösen Gewinne zu erbringen, um überhaupt die Schulden von NSI zu tilgen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb halten wir daran fest: Wir brauchen eine Neuausrichtung von NSI. Deshalb stellen wir den Antrag, differen

zierte Herangehensweisen für die Landesverwaltung zu suchen.

Wir sagen – angesichts des Abrückens auch in Ihren Reihen von dem Projekt NSI – auch eines ganz deutlich: Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten wie verrückt Daten sammeln, mit denen dann nichts geschieht, aber die politische Spitze eigentlich der Auffassung ist, dass das alles eh nichts tauge, und deshalb die Datenberge verstauben lässt. Nein, Sie sind jetzt schon gefordert, uns zu belegen, was Sie mit diesem Projekt erreicht haben. Wir sind gespannt auf die Haushaltsberatungen, aber auch allgemein auf die Beratungen im Finanzausschuss. Vor allem die Fachausschüsse sind sicher gespannt, die Erträge von NSI in ihrer Arbeit begutachten zu können.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wohl wahr!)

Was den Schlussbericht selbst anbelangt, ist es selbstverständlich, dass wir Anregungen für das parlamentarische Verfahren unter NSI aufgreifen und akzeptieren. Wir hätten uns gewünscht, dass das Parlament selbstbewusster die NSI-Fragen anginge. Der Zugriff auf Informationen aus dem Haushaltsvollzug muss sich in der Praxis noch bewähren. Dreiwochenfristen für die Beantwortung von parlamentarischen Anträgen sind in einem solchen System nicht mehr tragbar.

Auch nicht mehr tragbar ist, dass der Haushalt des Landes erst im Februar verabschiedet wird, wo doch in der Verfassung vorgeschrieben ist, dass das Haushaltsjahr zum 1. Januar beginnt. Es ist eine politische Entscheidung der Landesregierung, frühzeitiger mit dem Verfahren zur Haushaltsplanaufstellung zu beginnen, damit auch wir – wie andere Bundesländer und auch der Bund – den Haushalt zeitig und in den von der Verfassung vorgegebenen Fristen hier im Landtag verabschieden können.

Es bleibt ein sehr großes Fragezeichen, ob dieses Geld gut angelegt ist. Wir befürchten, dass das ein Milliardengrab ist, dass unter dem Strich Kosten von einer halben Milliarde Euro angefallen sind für ein Projekt, das die Beschäftigten verschreckt hat, das große Datenberge gesammelt hat, das vom Nutzen her völlig fraglich ist. Wir werden uns gerne eines Besseren belehren lassen. Es ist Ihre Aufgabe, uns diesen Beweis zu erbringen. Wir sind gespannt darauf. Wir können dem Abschlussbericht aber leider deshalb nicht zustimmen, weil Sie sich einer politischen Bewertung dieses NSI-Vorhabens verweigern. Deshalb werden wir unseren Änderungsantrag zur Abstimmung stellen. Wenn dieser abgelehnt wird, werden wir auch den Bericht des Unterausschusses NSI ablehnen müssen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Das Wort erhält Herr Abg. Theurer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Theorie von Projekten hat jedes Projekt verschiedene Phasen. Es gibt am Anfang meistens eine Euphoriephase, dann kommt eine Phase der

Ernüchterung, dann kommt eine Phase der neuen Orientierung,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Fast wie in der Ehe!)

und dann gibt es eine Phase des neuen Aufbruchs. Ich möchte hier jetzt nicht beurteilen, an welchem Punkt wir uns bei den Neuen Steuerungsinstrumenten befinden. Es gab in jedem Fall nach einer großen Euphorie auch eine gewisse Ernüchterung. Ich denke, dass wir als diejenigen, die den Auftrag an die Regierung, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien gegeben haben, ein neues Rechnungswesen einzuführen, uns ein Stück weit an die eigene Nase fassen müssen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut!)

Denn die Hoffnung, die man damit verbunden hatte, war ja von Anfang an nicht zu erfüllen: dass sich praktisch durch die Einführung von neuen Rechnungssystemen, von betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten in der öffentlichen Verwaltung automatisch im Sinne eines Zaubermechanismus der Haushaltsausgleich einstellen würde.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Dass das nicht funktionieren konnte, haben alle Fachleute vorhergesagt. Bei vernünftigem Nachdenken hätten wir das selbst wissen können. Deshalb die Frage: Wo stehen wir heute mit der Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente?

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir haben, wie aus dem Bericht des Unterausschusses Neue Steuerungsinstrumente an den Finanzausschuss und jetzt an das Parlament hervorgeht, zum einen die flächendeckende Einführung des Haushaltmanagementsystems. Der Haushaltsvollzug wird bereits heute darüber in einem medienbruchfreien Vorgehen gesteuert. Für den Doppelhaushalt 2005/2006 ist die produktorientierte Haushaltsaufstellung angekündigt. Diese Produkte sind dem Unterausschuss auch in Teilen vorgestellt worden. Damit beginnen wir zum ersten Mal, von einer Inputsteuerung auf eine Outputsteuerung umzustellen.

Da muss man natürlich sehen, dass die eigentliche Arbeit noch vor uns liegt. Die eigentliche Arbeit, die nun kommt, ist, auf der Grundlage der definierten Produkte in Zukunft als Abgeordnete, als Regierungsmitglieder über die Frage zu diskutieren, ob das, was zu den zuzurechnenden Kosten produziert wird, vernünftig ist, ob das wirtschaftlich ist,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

ob das überhaupt gewünscht ist. Es geht also um die Frage der Effektivität und der Effizienz, ob das Richtige gemacht wird und ob das, was gemacht wird, zu den geringstmöglichen Kosten erreicht wird. Diese Kosten- und Leistungsrechnung ist ja nur Mittel zum Zweck. Das heißt, wir müssen jetzt von den Neuen Steuerungsinstrumenten zur neuen Steuerung kommen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut! – Beifall bei der FDP/DVP)

Diese Aufgabe liegt ja noch vor uns.

Daher kann man natürlich auch viele Punkte der Kritik anbringen. Die richten sich zum einen gegen die Methode. Man könnte auch andere Rechnungssysteme einführen. Hier gibt es ja in der betriebswirtschaftlichen Theorie eine ganze Reihe von Lehrbüchern und kritischen Aufsätzen. Ich glaube aber, dass uns das nicht weiterführt.

Die zweite Frage ist selbstverständlich, ob man die etwas mehr als 200 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landesverwaltung genügend informiert hat. Hier muss man natürlich auch selbstkritisch feststellen, dass es in den öffentlichen Verwaltungen – ich weiß, wovon ich spreche, weil ja in den Kommunen, was der Kollege Dr. Birk hier auch angesprochen hat, diese neuen Steuerungsmodelle weitgehend umgesetzt sind und wir dort Erfahrungen haben – selbstverständlich Menschen gibt, die sagen, dieses neue System bringe gar nichts, die nach wie vor der Kameralistik anhängen und diese viel besser finden und die innerlich der Einführung dieser Neuen Steuerungsinstrumente auch ablehnend gegenübergestanden sind. Diejenigen intonieren natürlich auch die Kritik, die aber eigentlich eher eine grundsätzliche Verweigerung gegenüber der Veränderung ist. Es gibt andere, die den Nutzen dieser Neuen Steuerungsinstrumente sehen, die sehen, dass wir vor allem, was die politischen Entscheidungen angeht, Fehlsteuerungen haben wie auch Übersteuerungen, und die dafür plädieren, diese Neuen Steuerungsinstrumente, die betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumente der Verwaltung zur Verfügung zu stellen.

Diese beiden Kräfte haben in den Ministerien auch miteinander gerungen. Ich stelle fest, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit dem Projekt der Neuen Steuerungsinstrumente befasst waren, mit großem Engagement und großem Einsatz diese Steuerungsinstrumente in die Landesverwaltung eingeführt haben. Deshalb möchte ich auch im Namen der FDP/DVP-Fraktion den Beauftragten für NSI und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das Projekt neben allem Tagesgeschäft vorangetrieben haben – man muss ja auch sagen, dass das Geschäft in der Landesverwaltung weitergegangen ist – und NSI eingeführt haben, unseren herzlichen Dank aussprechen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Aus Gesprächen mit den Personalräten weiß ich, dass man sich an dem einen oder anderen Punkt noch mehr Beteiligung gewünscht hat. Das muss man hier vielleicht einfach so stehen lassen. Bei einem so großen Projekt kann man das sicherlich so oder auch anders sehen. Ich glaube, man muss einen Blick nach vorne wagen und herausfiltrieren, wo die Vorteile liegen, die jetzt bei den Neuen Steuerungsinstrumenten genützt werden können.

Ich glaube, dass uns dieses Rechnungswesensystem Informationen liefert, die die Arbeit dieses Landtags grundlegend verändern werden, wenn wir die Informationen aufnehmen. Die Bedeutung und die Verantwortung der Fachausschüsse werden deutlich zunehmen. Für mich ist der entscheidende Punkt – das würden wir uns, glaube ich, als Mitglieder dieses Unterausschusses wünschen –, dass sich jetzt

auch die Fachausschüsse des Landtags verstärkt mit den finanziellen Folgen ihres Tuns befassen, weil wir nämlich merken, dass nicht der Finanzausschuss den Haushaltsausgleich erreichen kann, sondern dass ein Haushaltsausgleich nur dann erreicht werden kann, wenn in den jeweiligen Fachausschüssen, im Schulausschuss genauso wie im Innenausschuss,

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sehr gut! – Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

im Ausschuss Ländlicher Raum genauso wie im Wirtschaftsausschuss, überlegt wird, wie man mit den vorhandenen Mitteln auskommt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Budgetierung!)

Genau dazu sollen die Neuen Steuerungsinstrumente ja die entsprechenden Informationen liefern, meine Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Dann kommen wir auch schnell zu solchen Fragen wie etwa der, ob unsere Produkte richtig definiert sind.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Ist denn beispielsweise im Bereich der Finanzverwaltung die Erstellung eines Steuerbescheids ein vernünftiges Produkt,

(Heiterkeit des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

oder erwartet der Kunde, der Bürger nicht vielmehr etwas anderes, nämlich Steuergerechtigkeit? Ist denn im Bereich des Sozialen die Unterbringung von Obdachlosen ein vernünftiges Produkt, oder müsste nicht eher die Vermeidung von Obdachlosigkeit das richtige Produkt sein? Damit kommt man auch zu solchen Punkten, dass Ressortegoismen überwunden werden können und müssen, dass zum Beispiel präventive Maßnahmen