Protocol of the Session on July 18, 2001

Herr Minister Stratthaus, bei Ihren Ausführungen zur Ökosteuer. Bei der Ökosteuer handelt es sich um einen durchlaufenden Posten.

(Abg. Kurz CDU: Sie kommt beim Verbraucher an!)

Die Einnahmen fließen in die Rentenversicherung – das wissen Sie sehr gut – und dienen dazu, die Lohnnebenkosten für Arbeitnehmer und für Arbeitgeber zu senken. Ich habe den Eindruck, dass Sie sich schon einmal für den Bundestagswahlkampf warm laufen. Ich selbst werde mich heute auf den Nachtragshaushalt konzentrieren; denn wir sind hier schließlich im Land, und der Nachtrag ist heute das Thema.

Wo Geld ist, da ist der Teufel.

(Lachen bei den Grünen und der SPD)

Wo keines ist,

(Abg. Heinz CDU: Ist Schröder!)

da ist er zweimal.

(Abg. Heinz CDU: Ich dachte, da ist der Schrö- der!)

Nein, da ist er zweimal. Dieser Satz stammt aus der Sprichwörtersammlung des Schriftstellers Simrock, und ich würde am liebsten gerne ergänzen: Wo der Teufel viermal regiert, da spricht die Schuldenlast für sich.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Unruhe bei der CDU – Abg. Hofer FDP/DVP: Stimmt zwar nicht, aber ist nett! – Abg. Dr. Birk CDU: Das sind aber harte Vorwürfe!)

Unser Ministerpräsident hat ja angekündigt, er wolle das Gegenteil beweisen und Konsequenzen ziehen. Er hat in seiner Regierungserklärung die Nullneuverschuldung bis zum Jahr 2006 angekündigt. Auch Sie, Herr Minister Stratthaus, unterstreichen ja bei jeder Gelegenheit den Konsolidierungswillen der Landesregierung. Dazu können wir nur sagen: Richtig so! Sie wissen, dass die Grünen seit Jahren gegen eine weitere Verschuldung zu Felde ziehen, und wir werden natürlich als logische Konsequenz auch aus unserer eigenen Forderung diese Sparbemühungen unterstützen.

Ihren Sparankündigungen müssen aber in Anbetracht der erdrückenden Schuldenlast natürlich mutige und einschneidende Schritte folgen.

(Abg. Drautz FDP/DVP: So ist es!)

Sie können sich sicher sein, dass wir Grünen Sie in dieser Legislaturperiode nicht nur an Ihren vollmundigen Sparankündigungen messen werden, sondern vor allem auch an Ihrem tatsächlichen Handeln. Da kommen uns doch die einen oder anderen Zweifel an der Ernsthaftigkeit Ihrer Sparbemühungen.

Offensichtlich sind Sie, Herr Minister Stratthaus, der Einzige, der die selbst gesteckten Ziele der Koalition ernst nimmt, sozusagen als einsamer Rufer in der Wüste. Es ist ja kein Geheimnis, dass Sie 300 Millionen DM einsparen wollten, während am Schluss nur 200 herausgekommen sind. Die anderen 100 Millionen DM sind irgendwo zwischen Minister – „Na ja, bei mir kann man eh nicht sparen“ – und Minister – „Was mir gehört, geht dich gar nichts an“

untergegangen. Und so kann es natürlich nicht funktionieren, wenn das Kabinett seinen Finanzminister hier so quasi als „lonesome rider“ auf dem Schaukelpferd auf der Stelle galoppieren lässt.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Pfister FDP/DVP: Armer Gerhard Stratthaus!)

Meine Damen und Herren, erwarten Sie nun nach diesem Anfang nicht, dass ich bei der Bewertung des Nachtrags auf alles einhauen werde; das ist schließlich nicht unsere Art. Wir werden, wie Sie es auch von uns gewohnt sind, hier sehr sachorientiert argumentieren.

Nehmen wir die Übernahme einer weiteren stillen Beteiligung an der Landesbank in Höhe von 2 Milliarden DM. Da haben Sie einen richtigen Schritt getan, auch wenn dazu eine zweckgebundene Kreditaufnahme in gleicher Höhe nötig war. Den Schulden steht ja in diesem Fall ein entsprechender Vermögenswert gegenüber. Zudem sprechen auch die jährlichen 24 Millionen DM Überschuss für sich.

Selbstverständlich stehen wir auch zu den Leistungsprämien für Beamte, die im Grundsatz als Mittel zur Motivation okay sind. Über die Art der Vergabe streiten wir an anderer Stelle.

Auch wäre uns eine stärkere Schwerpunktsetzung auf die Verkürzung der Stellenbesetzungs- und Beförderungssperre lieber gewesen. Denn was nützt es, auf Dauer eine Prämie zu haben, wenn ich in meiner Laufbahn nicht vorwärts komme, sondern auf der Stelle trete?

Bleiben wir bei den Personalkosten. In diesem Zusammenhang muss schon die Frage erlaubt sein, ob die Geschäftsvermehrung im Staatsministerium belegbar ist und, wenn ja, nicht auch durch Umschichtungen bewältigt werden könnte statt wie jetzt durch die Schaffung neuer Stellen.

Im Übrigen: Dass sich das Staatsministerium an der aktuellen Untersuchung des Rechnungshofs nicht beteiligt, halten wir für ein bedauerliches und falsches Signal, nicht nur nach innen, sondern auch nach außen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir sind in diesem Zusammenhang gespannt, welche Möglichkeiten sich aus der letzte Woche ja bekannt gewordenen Untersuchung des Rechnungshofs in den Ministerien ergeben. Laut Presse könnten insgesamt 158 Stellen gestrichen werden, allein im Kultusministerium – heißt es, Frau Ministerin Schavan – 51 Stellen. Wir können diese Zahlen ohne eine entsprechende Vorlage nicht beurteilen – das gebe ich zu –, ich denke aber, dass in diesem Haus Konsens ist, dass vor allem unsere Ministerien eine Vorbildfunktion einnehmen sollten, was den effizienten Personaleinsatz anbelangt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Mehr als bedauerlich ist für uns die Kostenexplosion bei der Entwicklung des elektronischen Grundbuchs. Laut Rechnungshof wird die Erstdatenerfassung 48 Millionen DM mehr kosten als ursprünglich veranschlagt. In Zu

kunft sollte bei solchen Großprojekten ein regelmäßiges Controlling der Versuchung entgegenstehen, etwas billig rechnen zu wollen. Was für jede Bilanz gilt, sollte auch für die Finanzkonzepte unseres Landes gelten, nämlich Klarheit und Wahrheit.

Meine Damen und Herren, auch die Wahrheit zum Hockenheimring darf man sagen, nämlich dass hier ein äußerst florierendes Wirtschaftsunternehmen mit 15 Millionen DM bezuschusst wird, und bis zu 30 Millionen DM – Herr Minister Stratthaus hat es erwähnt – hat die Landesregierung zugesagt. Ich kann mich da des Eindrucks nicht erwehren – und ich sage das jetzt einfach auf gut Schwäbisch –, dass hier auf den größten Haufen noch mal geschissen wird.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Birk CDU: Oi!)

Man kann ja zum Motorsport stehen, wie man will, aber es gibt darüber hinaus in diesem Land einfach Prioritäten, die deutlich über denen der Formel 1 liegen:

(Abg. Hofer FDP/DVP: Radsport!)

Erstens die Schaffung von weiteren Lehrerstellen. Wir fordern die Landesregierung auf, die Krankheitsreserve von 660 auf 1 320 Stellen zu verdoppeln. Allein 370 der derzeit 660 Stellen sind ja zurzeit im Rahmen der verlässlichen Grundschule im Einsatz, und das ist nicht ausreichend: Es kommt immer wieder zu Klassenzusammenlegungen und damit natürlich auch zu Qualitätseinbußen beim Unterricht. Also kurz: Hier klemmts hinten und vorne!

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Salomon GRÜ- NE: So ist es!)

Zweitens wollen wir darüber hinaus in diesem Schuljahr 1 000 neue Lehrerstellen schaffen. Das würde für diesen Nachtrag 500 Stellen statt der veranschlagten 150 bedeuten.

Drittens: Kümmern Sie sich endlich um die Verbraucherinnen und Verbraucher, nicht nur wegen BSE, sondern auch deshalb, weil der ganze Markt immer komplexer und komplizierter wird. Da ist gerade die Politik gefordert, den Bürgerinnen und Bürgern auch entsprechende Orientierungshilfen zu geben. Herr Minister Döring hat vor der Wahl 2 Millionen DM für den Verbraucherschutz angekündigt. Das heißt also, dass hier in diesem Nachtrag mindestens 500 000 DM veranschlagt werden müssten, beispielsweise für die Verbraucherzentralen.

(Zuruf von der CDU: Ernährungszentren!)

Wo sind denn die angekündigten Gelder?

Viertens: Die Menschen im Land wollen die Agrarwende. Das bedeutet, dass wir vor allem die Bauern bei der Umstellung beraten und betreuen müssen. Wir schlagen vor, noch in diesem Jahr 250 000 DM für Beratungsstellen bei den Ökoverbänden bereitzustellen.

(Beifall bei den Grünen)

Fünftens: In diesem Zusammenhang noch ein Vorschlag, der das Land nichts kostet, für Herrn Minister Stächele. Er könnte veranlassen, dass die Marketinggesellschaft Baden

Württemberg 30 bis 40 % ihres Budgets für die Werbung für Ökoprodukte verwendet.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Sechstens: Wo bleiben schließlich die Investitionen in den Natur- und Umweltschutz? Die Schaffung eines weiteren PLENUM-Projekts beispielsweise würde 300 000 DM kosten. Eine Förderung der Altbausanierung, wie sie die Bundesregierung schon in diesem Jahr durchführt, mit 2 Millionen DM würde zusätzliche Arbeitsplätze im Mittelstand sichern. Mit einer Förderung der Energiegewinnung aus Biomasse mit 1 Million DM könnten Sie für die Bauern etwas Gutes tun.

Sie dagegen lassen sich die sechswöchige Technikausstellung im nächsten Jahr in Stuttgart 4,2 Millionen DM kosten. Das ist mehr als die Hälfte der Summe, die Sie pro Jahr für regenerative Energien ausgeben.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Unglaublich!)

Das ist keine Schwerpunktsetzung für morgen, sondern das ist eine Schwerpunktsetzung von gestern.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, zum Schluss komme ich zur Zukunftsoffensive III, die im Nachtragshaushalt breiten Raum einnimmt. Gegen viele Projekte gibt es nichts einzuwenden, beispielsweise gegen die Ausgaben für überbetriebliche Ausbildungsstätten oder für den Ausbau der Berufsakademien usw.