Protocol of the Session on March 31, 2004

(Abg. Teßmer SPD: Sagen Sie es doch mal!)

Wir haben von Herrn Kollegen Stickelberger gehört, dass die Delegation staatlicher Aufgaben auf die Ebene der Großen Kreisstädte noch fortgeführt werden soll. Das, was wir dazu bisher im Gesetzentwurf stehen haben, ist nicht wenig.

(Abg. Drexler SPD: Ach was! Die Verwaltungsleu- te sagen selber, dass das ein Klacks ist!)

Inzwischen sind wir, Herr Kollege Drexler, auch mit den kommunalen Landesverbänden über das, was noch zusätzlich hineinkommen wird, handelseinig. Sie dürfen allerdings eines nicht vergessen – das werden Sie wissen, aber ich muss es noch einmal in Erinnerung rufen; Sie können mir ruhig in die Augen schauen –: Wir beginnen in BadenWürttemberg, bundesweit gesehen, mit der Ebene der Großen Kreisstädte am niedrigsten.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Es ist natürlich ein Unterschied, ob Sie die Reform bei einer Großen Kreisstadt mit 30 000, 40 000 oder 50 000 Einwohnern beginnen lassen oder schon bei 20 000 Einwohnern.

(Abg. Drexler SPD: Sie können auch schon bei 15 000 anfangen!)

Bitte?

(Abg. Drexler SPD: Sie können schon bei 15 000 anfangen, wie es manche im Städtetag wollen!)

Aber es ist natürlich ganz klar: Für die Frage der Aufgabendelegation spielt die Verwaltungskraft einer Stadt eine erhebliche Rolle. Das müssen Sie im Gesamtzusammenhang sehen. Ich darf Ihnen einfach auch eines sagen: Wenn demnächst, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP/DVP, die Baurechtszuständigkeit auf das Innenministerium übergehen wird, gerade auch was die Delegation von Bau- und Wasserrechtsentscheidungen angeht, dann kann ich schon heute sagen – und habe das auch schon mit dem Abteilungsleiter, der künftig bei mir sein wird, abgesprochen; er weiß, dass es so kommen wird –, dass auch das Innenministerium bei einer weiteren Aufgabendelegation auf die Ebene der Großen Kreisstädte mit gutem Beispiel vorangehen wird. Das kann sich, glaube ich, also auch insgesamt sehen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Dann zum Thema Effizienzrendite, und jetzt mit Blick auf die kommunale Ebene: Dazu ist einiges gesagt worden, was ich nur unterstreichen kann. Entscheidend ist für mich aber – das muss auch der Ansatz bleiben; denn sonst geraten wir auch bei der ganzen weiteren Überlegung in eine unlogische Sackgasse –: Es muss immer klar sein: Für die Effizienzrendite – ich rede jetzt von der kommunalen Ebene, nicht von der Ebene der Regierungspräsidien – sind „Parlamente“ auf der Kreisebene und der Gemeindeebene auch aufgrund ihrer kommunalen Selbstverwaltung in der Pflicht.

Ich will dem Kollegen Hofer gern zugestehen, dass man auf der kommunalen Ebene darüber diskutieren kann, ob man – Sie haben einen wichtigen Grund dafür genannt, dass man es nicht so macht – insoweit für die neuen Bereiche getrennte Haushaltsführung macht. Aber ob man es tut oder nicht tut, das werden nicht wir hier im Landtag entscheiden, sondern das ist die Entscheidung eines jeden Kreistags und eines jeden Gemeinderats in einem Stadtkreis.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Okay!)

Jetzt will ich einfach noch einmal festhalten: Wenn wir aus guten Gründen immer von der kommunalen Selbstverwaltung sprechen, dann muss auch klar sein, dass die Kontrolle, ob diese Vorgaben eingehalten werden, dann auch im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung liegt und nicht durch den Landtag von Baden-Württemberg erfolgen muss, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Der Ausgangspunkt wird sein – Kollege Rückert hat es ja in den Gesprächen zum Thema Finanzbeziehungen mit der kommunalen Seite und wir haben es jetzt auch im Gesetzentwurf klargestellt –, dass wir ja zu Beginn der Verwaltungsreform vollen Kostenersatz im Personal- und Sachmit

(Minister Dr. Schäuble)

telbereich leisten werden. Wir schicken die kommunale Seite also auf einen fairen Weg. Aber der Rest – gerade auch, ob das so kommt – muss dann im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung erfolgen.

Herr Kollege Stickelberger, ich darf Sie ganz besonders unter einem Blickwinkel ansprechen.

(Abg. Teßmer SPD: Machen Sie das!)

Mir scheint ein Widerspruch in Ihren Ausführungen zu liegen.

(Abg. Wieser CDU: Das ist ein guter Jurist, der Herr Stickelberger!)

Sie haben in Ihrer Rede auch beklagt, dass sich der Landtag durch diese Verwaltungsreform teilweise seiner Kompetenzen begebe.

(Abg. Wieser CDU: Das ist doch klar!)

Andererseits, und da liegt jetzt der Widerspruch, beklagen Sie, es finde nicht genügend Kommunalisierung statt. Da müssen Sie sich entscheiden. Beides geht nicht, Herr Kollege Stickelberger, sondern nur eines von beidem.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich darf Ihnen noch einmal ans Herz legen, was mir bei den Themen Bürokratie, Regelungswut und Aufgabenabbau – es sind immer die gleichen Hüte, aber der Kern ist immer derselbe – schon lange am Herzen liegt. Wenn wir insgesamt im Verhältnis zu den nachgeordneten Dienststellen, im Verhältnis zur kommunalen Seite, aber vor allem auch im Verhältnis zu unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern nicht stärker das Vertrauen entwickeln, dass auch andere als wir richtig entscheiden, dann werden wir nie im Leben zu einer Deregulierung kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich könnte Ihnen von den Sozialdemokraten, wenn ich an die Bundesebene denke, ein ganzes Sündenregister vorhalten.

(Zuruf von der CDU: Oje!)

Darauf will ich aber heute verzichten und nur auf eines hinweisen:

(Zuruf von der CDU: Ist zu viel, wird zu viel!)

Wenn Sie sich Sorgen über die zu erbringende Effizienzrendite auf der Ebene der Landkreise und Stadtkreise machen –

(Abg. Wieser CDU: Das machen wir am Karfrei- tag!)

hier haben wir einen Kollegen, der als Landrat etwas davon versteht, und einen früheren Oberbürgermeister haben wir auch;

(Abg. Teßmer SPD: Das halten wir für ein Ge- rücht!)

ich würde uns nicht gegenseitig die Qualifikation absprechen –, dann sage ich Ihnen: Nicht das Problem der Effizienzrendite wird das sein, was die Landkreise in erster Linie drückt, sondern das, was ihnen an Lasten etwa im sozialen Bereich von der Bundesregierung aufgedrückt wird. Das ist doch der Punkt!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Boris Palmer GRÜNE, Ursula Haußmann und Drexler SPD sowie Wieser CDU)

Deshalb sind Präfektur und Kommunalisierung ein unauflösbarer Widerspruch. Wir wollen keine Präfektur. Wir beweisen mit dieser Verwaltungsreform, dass wir Vertrauen in die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger setzen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut!)

Wir denken – so wie es gesagt worden ist – die Verwaltungsreform auch vom Bürger aus. Es ist doch ein Vorteil für Bürger und auch für den Mittelstand, dass künftig durch die Einräumigkeit und Einhäusigkeit der Verwaltung die Dienstleistungen in e i n e r Behörde aus e i n e r Hand erbracht werden. Deshalb ist es auch ein Vorteil, dass künftig die Versorgungsverwaltung in einem Landratsamt untergebracht ist. Es ist auch ein Vorteil für die Bürgernähe, für den Dienstleistungscharakter, dass auch die Aufgaben, die von den bisherigen Landeswohlfahrtsverbänden auf die Landratsämter und Bürgermeisterämter übergehen, künftig aus einer Hand erbracht werden können. Das ist ein Mehr an Bürgernähe. Deshalb: Diese Verwaltungsreform denkt in der Tat vom Bürger aus.

Was die Straßenbauverwaltung angeht, so ist das sicherlich ein Thema, das uns auf der Fachebene, vor allen Dingen auch mit dem betroffenen Umwelt- und Verkehrsministerium, sehr stark beschäftigt hat.

(Abg. Drexler SPD: Der hat es abgelehnt!)

Natürlich. Das ist bei den Fachressorts, bei dem aufgebauten Fachwissen auch kein Wunder. Das Umwelt- und Verkehrsministerium ist nicht das einzige, bei dem unheimlich Widerstand geleistet worden ist.

Deshalb brauchen Sie auch jemanden, der federführend die Verwaltungsreform macht. Das bin in diesem Fall ich. Eine herrliche Aufgabe, bei der man wieder einmal sieht, wie die Reformbereitschaft auf dem Papier besteht und in der Wirklichkeit nicht immer.

Zwar ist es richtig, dass die Straßenbauverwaltung sicherlich nicht diejenige ist, die der Bürger im Unterschied zur Versorgungsverwaltung sehr oft aufsuchen wird. Trotzdem ist es richtig, dass die Landratsämter, aber auch die Bürgermeisterämter für ihre Straßen, vor allem wegen des Unterhalts ihrer Straßen und wegen möglicher Synergieeffekte mit dem Bauhof, zuständig werden.

Im Übrigen sage ich Ihnen Folgendes und bitte dabei um allseitige Aufmerksamkeit: Das viel größere Problem beim Straßenbau ist nicht die Organisation, sondern das fehlende Geld.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aber Ihre Organisation kos- tet Geld! – Gegenruf des Abg. Hofer FDP/DVP: Nein, die kostet nichts!)

(Minister Dr. Schäuble)

Dazu kann ich nur sagen: Jetzt kommt zu der Finanznot beim Straßenbau – darüber haben wir gerade in den jüngsten Tagen sprechen müssen – noch das Thema „Maut, Toll Collect“ hinzu.