Vergessen Sie nicht: Alleine der Anstieg um zehn Basispunkte – nur für die Neuverschuldung – kostet uns 2 Millionen €; 25 Basispunkte kosten über 5 Millionen €. Wenn Sie die Umschuldungen hinzunehmen, die ja im Laufe eines Finanzjahres vorgenommen werden müssen, sind wir bei einem Anstieg der Zinskosten schnell bei zweistelligen Millionenbeträgen, die wir zusätzlich aufwenden müssen. Das Geld wird einfach weggesogen, kann nicht mehr politisch verwendet werden.
Ich halte Ihr Ziel, Herr Ministerpräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Nullverschuldung erreichen zu wollen, für ein ehrenwertes Ziel, das man unterstützen muss.
(Beifall der Abg. Wieser und Hauk CDU – Abg. Wieser CDU: Guter Mann! – Abg. Drexler SPD: Deswegen bringen wir doch den Entschließungsan- trag ein!)
Ich glaube, dass der Zeitpunkt, den Sie angegeben haben, nicht einzuhalten sein wird. Ich halte es für einen schönen Traum, bis zum Jahr 2006 eine Nullverschuldung erreichen zu wollen. Wenn Sie die Finanzmassen sehen, die in dieser Zeit abgebremst werden müssen, müssen Sie selber zugeben, dass Sie das nicht schaffen können. Kollege Kleinmann glaubt es auch nicht.
(Abg. Drexler SPD: Herr Kleinmann glaubt ja viel! – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Also einem Pfarrer zu sagen, er glaube nicht, das ist schon eine Unter- stellung!)
Das ist ein schöner Traum. Ich bin auch für schöne Träume, aber passen Sie auf, dass Sie beim Träumen nicht aus dem Bett fallen.
Im Übrigen fehlen entscheidende Strukturveränderungen in diesem Haushalt. Die globalen Minderausgaben steigen. Das ist immer ein Zeichen dafür, dass man keine strukturellen Mittel in der Hand hat.
Uns wird übrigens Gestaltung entzogen. Die Verpflichtungsermäßigungen steigen, wir sind bei 6,5 Milliarden € Verpflichtungsermäßigung auf die Zukunft.
Verpflichtungsermächtigungen, Entschuldigung. Ja, es wäre gut, wenn es „Verpflichtungsermäßigungen“ wären. – Das heißt, Sie binden die Landtage der Zukunft, und Sie ziehen die Korsage enger.
Auch die Einnahmeseite spielt leider keine Rolle. Und jetzt lassen wir einmal das Spiel mit „mehr Personal“. Es gibt übrigens ein von der Landesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten, dem wir diese Idee entnommen haben. Ich weiß nicht, wofür Sie Gelder ausgeben.
Der Bundesregierung werfen Sie immer vor, sie würde Gutachten in Auftrag geben, die zu nichts führten, aber offensichtlich ist das bei Ihnen auch nicht viel anders.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Drexler SPD: Genau! Sie geben auch Gut- achten in Auftrag und lesen sie nicht einmal!)
Der Umsatzsteuerbetrug geht also weiter, weil das System derart kompliziert ist, dass selbst die Spezialisten große Schwierigkeiten haben, es zu verstehen. Wir wären uns in dem Ziel einig, ein vereinfachtes System zu schaffen. Ich wäre für die Endbesteuerung und würde die ganzen Kaskaden wegnehmen. Aber wir brauchen dafür eine EU-einheitliche Regelung, und das schaffen wir nicht.
Wenn es uns gelänge, nur einen Teil davon – und da geht es um insgesamt über 100 Milliarden € für den Bund und für die Länder – abzuschöpfen, und zwar nicht bei den Putzhilfen und bei dem „Kleinkruscht“,
sondern bei den einschlägigeren Sachen – da gibt es ja genügend –, wäre das auch gut. Im Übrigen wundere ich mich, wieso bei uns niemand ernsthaft die Frage angeht, warum nicht jeder deutsche Staatsbürger – ähnlich wie in den Vereinigten Staaten von Amerika – grundsätzlich in Deutschland sein Einkommen versteuern muss.
Die Schweiz ist inzwischen so weit, dass selbst deutsche Grenzgänger, die dort arbeiten, dort auch ihre Steuern zahlen müssen.
Die Schweiz hat mit der Bundesrepublik ein Steuerabkommen, wonach jemand, der in der Schweiz arbeitet und in Deutschland wohnt, 10 % seines Einkommens in der Schweiz versteuern muss. Die kriegen das hin.
In der Schweiz wohnen die großen Stars, die Beckenbauers, die Schumachers und wie sie alle heißen. Ich meine jetzt nicht den Kollegen Schuhmacher aus Spaichingen, der seine Steuern in Deutschland zahlt.
Warum verlegen die denn alle ihren Wohnsitz ins Ausland? Weil wir offensichtlich nicht, wie andere zivilisierte Staaten, in der Lage sind, zu sagen: Wenn man diesem Staat angehört, hat man in erster Linie diesem Staat zu dienen und auch in diesem Staat seine Steuern zu bezahlen.
Ich sage Ihnen, da geht es nicht nur um „kleine Brötchen“, sondern wenn man alles zusammennimmt – nicht nur die Idole, die bei uns das Geld verdienen und dann wieder verschwinden –, dann geht es um Milliardenbeträge, die aus Deutschland abfließen. Da muss man ran.
Im Übrigen haben Sie die Investitionen angesprochen. Diese Position ist wirklich nicht gut: 8,5 % sind Minusrekord, das hatten wir seit Ende des Zweiten Weltkriegs noch nie. Das ist die schlechteste Position, die wir je hatten. Nun gibt es natürlich immer die Rechner, die sagen, indirekt werde dann wieder investiert, wenn die Professoren, die Lehrer, die Angestellten, die Bediensteten, die Polizeibeamten Geld erhalten und dieses dann wieder investieren. Volkswirtschaftlich stimmt es also. Aber das Land als Investor steigt aus dem Geschäft aus. 8,5 % sind zu wenig. Sie haben keine Anstrengungen unternommen, um mehr Investitionen zu tätigen.
Wir müssen bei der Verkehrsinfrastruktur, bei Krankenhäusern, Schulen, Hochschulen, Städten und Gemeinden etwas tun. Das Problem der Alterung unserer Gesellschaft haben wir überhaupt noch nicht gelöst, zum Beispiel was Pflegeeinrichtungen usw. anbelangt. Vielmehr befürchten die Kommunen, dass das Land aussteigen wird.
Ich möchte mich in diesem Zusammenhang in erster Linie mit den großen Fragen auseinander setzen, obwohl es natürlich auch interessant wäre, zu erfahren – vielleicht bekommen wir irgendwann eine Antwort darauf –, warum eigentlich die ursprünglich geplanten Kosten bei der Landesvertretung in Brüssel allein deswegen um 800 000 € gestiegen sind, weil wir uns da auf einem fremden Rechtsgebiet befinden.
Das habe ich bis heute noch nicht kapiert. Vielleicht haben Sie da etwas verschlafen. Irgendwie müssen Sie mir das noch erklären.
Wir haben gesagt: Wir müssen mehr Gelder in den Kommunalen Investitionsfonds geben, wir müssen bei der Altbaumodernisierung mehr tun, beim Wohnungsbau usw. usf. Wenn Sie dort nur 300 Millionen € hineinstecken – das sind unsere Vorstellungen – und dies mit dem Faktor 8 multiplizieren – das ist ein anerkannter Faktor in Bezug auf die Bautätigkeit –, dann kommen Sie auf einen Schub von Gesamtinvestitionen von mindestens 1,5 bis 2 Milliarden € zusätzlich pro Jahr. Den brauchen wir.
Sie sind uns da nicht gefolgt. Deswegen sind Sie von der Regierungsseite für mich – ich muss das so sagen – Wachstumsbremser. Das ist halt so.
Das Leitmotiv für die kommenden Finanzjahre für das Land Baden-Württemberg muss lauten, nicht immer nur die Fehler, den Balken im Auge des anderen zu suchen, sondern selbst zu konsolidieren, zu straffen und zu investieren. Wir werden – ich sage das ausdrücklich – nicht mehr all das machen können, was wir machen wollen. Alle zusammen – von Rot bis Schwarz über Grün und Gelb – müssen den Mut haben
ich wollte denen noch eine Chance geben, Herr Kollege Haller –, gelegentlich auch Nein zu sagen und sich auf wesentliche Punkte zu konzentrieren.
Wir haben Vorschläge zum Haushalt vorgelegt, die Sie kritisieren. Wir wollen weniger Schulden, Sie machen mehr.
Wir wollen mehr Investitionen, Sie machen weniger. Wir wollen das freiwillige und ehrenamtliche Sozialengagement stärken,