Protocol of the Session on January 30, 2004

So will die Regierung im Jahr 2005 neue Schulden in Höhe von 1,8 Milliarden € machen. Hierfür will sie zusätzliche Einsparungen von 1,264 Milliarden € erbringen.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Deswegen brauchen wir Steuerwachstum, Herr Kollege! Bei diesen bundes- politischen Steuerausfällen!)

Im Jahr 2007 will sie laut Plan noch 800 Millionen € Schulden machen und dafür zusätzliche Einsparungen in Höhe von 2,4 Milliarden € erbringen.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Deswegen brauchen wir Steuerwachstum, Herr Kollege!)

Das bedeutet im Klartext: Die reale Deckungslücke in den nächsten Jahren beträgt jährlich rund 3,2 Milliarden €. Sie bleiben jegliche Antwort darauf schuldig, wie Sie diese Herausforderung der Nettonullverschuldung erreichen wollen.

Der Verweis auf das Steuerwachstum geht natürlich fehl, weil schon ein sehr hohes Steuerwachstum in Ihre Planungsdaten eingearbeitet ist.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Wir brauchen mehr, nicht weniger!)

Das heißt, Sie haben die bundespolitischen Weichenstellungen schon eingearbeitet.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Es liegt an Ihnen, diese 3,2 Milliarden € Deckungslücke herauszuarbeiten. Das liegt nicht an der Bundesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE – Abg. Dr. Scheffold CDU: Das meinen Sie doch nicht im Ernst?)

Mehr als 5 % Einnahmewachstum bei den Steuern können Sie nicht ernsthaft erwarten. Trotzdem ist in der mittelfristigen Finanzplanung noch eine Deckungslücke von 3,2 Milliarden €. Sie müssen zunächst Ihre Hausaufgaben im Land machen.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: An den Einnahmen liegt es nicht!)

Wir von der SPD haben den Mut zu strukturellen Veränderungen im Landeshaushalt. Wir wollen die Landesstiftung auflösen und Anteile des Landes an der LBBW veräußern. Mit den Erlösen wollen wir Landesschulden tilgen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Damit würden wir strukturell finanzpolitischen Handlungsspielraum gewinnen, da die Einsparungen bei den Zinsen nachhaltig wären und künftig Jahr für Jahr anfielen.

Außerdem schlagen wir vor, die Rothaus AG an die L-Bank zu verkaufen

(Abg. Pfister FDP/DVP: Niemals! – Zuruf des Abg. Dr. Scheffold CDU)

und die Verkaufserlöse zur Stärkung der Investitionen und zur Verringerung der Neuverschuldung einzusetzen. Damit würde der solide haushaltspolitische Grundsatz gewährleistet, Vermögen für Vermögen einzustellen,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Hauk CDU: Rosstäuschertricks!)

während die Landesregierung Verkaufserlöse zur Stopfung von Haushaltslöchern einsetzen will. Das habe ich bereits dargestellt. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, dass das Land eine Brauerei besitzen soll und gleichzeitig die Gerichtsvollzieher privatisieren will, meine Damen und Herren.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Doch, die Dividen- de!)

Als Argumente gegen einen Verkauf werden strukturpolitische Gründe angeführt. Diese sind nachvollziehbar. Deshalb wollen wir die Rothaus AG an die Strukturbank des Landes, die L-Bank, veräußern.

Außerdem schlagen wir vor, zur Verstärkung der Investitionen im Wohnungsbau zweckgebunden Forderungen aus den

Wohnungsbaudarlehen zu verkaufen. Wiederholt haben Sie, Herr Stratthaus, dies als nicht seriös bezeichnet.

(Minister Stratthaus: Ja!)

Umso größer war unser Erstaunen, als am letzten Tag der Beratungen im Finanzausschuss die Regierungsfraktionen und die Landesregierung zur Deckung von Haushaltslöchern einen Verkauf von 40 Millionen € aus Forderungen des Landes aus dem Bereich des MLR als Tischvorlage aus dem Hut gezaubert haben.

(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Man merke: Bei der CDU und der FDP/DVP gelten Vorschläge so lange als nicht machbar, bis sie diese Vorschläge selbst machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Allerdings gibt es einen finanzpolitisch äußerst bedeutsamen Unterschied: Wir wollen zweckgebunden im Sinne der Förderung des sozialen Wohnungsbaus reinvestieren. Sie stopfen nur Haushaltslöcher.

(Abg. Birzele SPD: Sehr richtig! – Abg. Hofer FDP/DVP: Wie wird denn Rothaus zweckgebun- den?)

Sie kürzen im Haushaltsentwurf zulasten der Kommunen. Einerseits lehnen Sie einen Kompromiss zur Gewerbesteuer ab, der die Kommunen im Land 50 Millionen € bei steigender Tendenz kostet. Andererseits nehmen Sie den Kommunen im Landeshaushalt noch einmal 80 Millionen € durch Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich weg. Das ist unglaubwürdig.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Diese Kürzungen betreffen dringend benötigte Investitionen auf kommunaler Seite. Diese Kürzungen sind auch völlig ungerechtfertigt, da die Kommunen bereits durch ihre Beteiligung am Steuerverbund des Landes an den sinkenden Steuereinnahmen des Landes proportional beteiligt sind. Die eigenen Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden sind in den letzten Jahren noch stärker gefallen als die des Landes. Wir wollen diese ungerechtfertigten Kürzungen mit unserem Haushaltskonzept zurücknehmen.

Dagegen ist die Verminderung der Leistungen im kommunalen Finanzausgleich durch die so genannte Spitzabrechnung für den Länderfinanzausgleich in Höhe von 125 Millionen € gerechtfertigt, weil sie vertraglich geregelt ist und einen fairen Interessenausgleich zwischen Land und Kommunen darstellt – im Unterschied zu den einseitig vorgenommenen zusätzlichen Kürzungen in Höhe von 80 Millionen € im Kommunalen Investitionsfonds und im Kfz-Steuerverbund; diese wollen wir rückgängig machen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Caroli SPD: Sehr richtig!)

Wir fordern Sie des Weiteren dazu auf, sich endlich von dem völlig verkorksten und nach der Verwaltungsreform vollends in der Luft hängenden NSI-Projekt in der jetzigen Form zu verabschieden

(Beifall bei der SPD)

und die noch vorhandenen Haushaltsmittel zu sichern. Ein Fass ohne Boden darf nicht weiter aus Steuermitteln aufgefüllt werden. Der bemerkenswerte Vorschlag des CDUFraktionsvorsitzenden Oettinger, bei den 200 ControllerStellen zu sparen, hat sich im Verlauf der Haushaltsberatungen als bloße Luftnummer entpuppt. Trotz starker Vorbehalte in Ihren eigenen Reihen schaufeln Sie unverdrossen weiter am Millionengrab NSI.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Caroli SPD: Das darf doch nicht wahr sein! – Zuruf des Abg. Ca- pezzuto SPD)

Schließlich spart die Landesregierung an der falschen Stelle. Ausgerechnet die Steuerverwaltung soll den neuen Stellenabbauplänen unterworfen werden, obwohl der Landesrechnungshof festgestellt hat, dass uns durch mangelhafte Personalausstattung in unseren Finanzämtern jährlich 360 Millionen € verloren gehen.

(Zurufe der Abg. Dr. Scheffold CDU und Heike Dederer GRÜNE)

Wir beantragen daher erneut die Stärkung unserer Einnahmeverwaltung: Personalstellen, die nachgewiesenermaßen mehr einbringen, als sie kosten.

(Beifall bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Ei- gentlich ganz logisch!)

Sie sehen, meine Damen und Herren: Die SPD-Fraktion hat das bessere Haushaltskonzept.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

Wir ordnen Landesvermögen neu, stärken Investitionen und setzen Schwerpunkte bei Bildung und Forschung sowie bei der Kinderbetreuung im schulischen und vorschulischen Bereich, wie Sie bei den Einzelplanberatungen gesehen haben.

Durch die von uns vorgeschlagene intelligente Neuordnung von Landesvermögen gelingt es uns außerdem, gegenüber dem jetzt in Zweiter Beratung vorgelegten Haushaltsplanentwurf die Nettokreditaufnahme um 200 Millionen € abzusenken. Damit zeigen wir als SPD einen Weg auf, die ausufernde Neuverschuldung nicht nur einzudämmen, sondern deutlich zu verringern.

(Beifall bei der SPD)

Unser Haushaltskonzept ist dem der Landesregierung überlegen. Ich bitte Sie deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Geben Sie Ihrem Herzen einen Ruck, und stimmen Sie unseren Änderungsanträgen zu.