Protocol of the Session on January 28, 2004

... die Familien stärkt und die wieder Lust auf Kinder macht.

(Abg. Wieser CDU: Sehr richtig!)

Denn eine generelle Kinder- und Familienunfreundlichkeit der Gesellschaft ist nicht von der Hand zu weisen.

(Zurufe der Abg. Ursula Haußmann SPD und Ho- fer FDP/DVP)

Eine vorherrschende materiell-wirtschaftliche Orientierung lässt immer weniger Raum für Kinder. Um dem entgegenzutreten, bedarf es eigentlich einer Offensive.

(Zuruf von der SPD: Was für eine?)

Nicht nur die Politik, auch zentrale gesellschaftliche Gruppen wie Kirchen, Verbände, Gewerkschaften, Unternehmer, Medien und Wissenschaft sind aufgefordert, sich für eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft einzusetzen. Weil wir gerade den Einzelplan 09 behandeln, sage ich: Familienpolitik ist auch nicht nur eine Aufgabe der Sozialpolitik. Nein, Familienpolitik ist über die reine Steuer- und Sozialpolitik hinaus Gesellschaftspolitik mit Querbezügen zu allen Politikbereichen.

(Beifall bei der CDU)

Dabei spielt aber die Neuordnung unserer sozialen Sicherungssysteme auch eine entscheidende Rolle. Die Systeme sind zwischenzeitlich mit Leistungen belastet, welche früher die Familien erbracht haben. Deshalb wehre ich mich dagegen, Familienpolitik nur noch unter dem Stichwort „Betreuung“ zu sehen. Familie ist nicht nur dort, wo Kinder und Jugendliche sind, sondern auch dort, wo Mütter, Väter und Senioren sind.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich sage nicht, dass Betreuung kein Thema ist. So unterstützen wir – dieses Beispiel wurde auch schon erwähnt – Tagesmütter und Kinderkrippen erneut mit rund 7 Millionen €. Kollegin Lösch hat zwar gesagt, dies sei ein Klacks, aber ich denke, in der heutigen Zeit – wir sind ja bei den Haushaltsberatungen – ist das ein ganz erklecklicher Betrag, und das ist nicht der einzige Beitrag zur Familienpolitik.

Es gibt aber noch mehr zu tun: Fragen der verbesserten Alterssicherung für Mütter und Väter. Das Modell „Vater, Mutter, Kind gleich Familie“ ist meist nur eine Variante. Unverheiratete Paare, Patchworkfamilien und Pflegefamilien erfordern differenziertere Maßnahmen. Der Trend zur Ein-Elter-Familie ist leider weiter ungebrochen. Alleinerziehende haben spezifische Probleme zu bewältigen. Und immer noch gibt es Schlupflöcher in der Gesetzgebung, die der unterhaltspflichtige Elternteil nutzen kann, um sich der Verantwortung zu entziehen.

Familien brauchen auch einen familiengerechten Wohnraum. Auf dem Wohnungsmarkt bleiben viele junge und kinderreiche Familien leider oft die Verlierer.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Das ist aber schwie- rig, wenn Sie sich die Haushaltslage anschauen, Herr Kollege Klenk!)

Ja, ja. Deshalb sage ich das. Das geht über mehrere Bereiche hinweg und ist nicht nur auf einen Bereich konzentriert.

Wenn die SPD die Ergebnisse der PISA-Studie – von den neuesten IGLU-Ergebnissen wollen Sie ja noch nichts wissen – in einer Pressemitteilung mit dem Vorwurf „Schlusslicht bei der Kinderbetreuung“ in Verbindung bringt, dann zeigt das leider, dass Sie damit eigentlich doch nur Ihre Ideologie verfolgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Familienpolitik darf nicht zur Funktion von Bildungspolitik werden, sondern die Bildungspolitik hat Familienpolitik zu stützen und zu fördern.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Wir finden es deshalb zu kurz gedacht, wenn Sie Ihre Forderungen in der Familienpolitik fast ausschließlich auf Betreuungskonzepte und Ganztagsschulen projizieren. Für meine Begriffe sollte die Ganztagsschule übrigens den Interessen der Kinder und nicht denen der Erwachsenen dienen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Lasotta CDU: Sehr gut!)

Vor allem müssen Betreuung und Erziehung – das ist auch wichtig – in erster Linie immer noch in der Familie bleiben.

(Zurufe von der CDU: Sehr richtig!)

Nur dort, meine Damen und Herren, wo Betreuung außerhalb notwendig ist, sollte sie eine sinnvolle Ergänzung sein.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Jetzt sagen Sie doch mal, was Sie wollen!)

Gerade dort müssen wir die Möglichkeiten vor Ort ausloten. In diesem Bereich müssen wir also von unten nach

oben strukturieren und dürfen nicht von oben herab delegieren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU: Sehr gut!)

Jetzt aber ganz ehrlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.

(Abg. Fischer SPD: Jetzt erst? Waren Sie bis jetzt nicht ehrlich? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ab jetzt ehrlicher! – Zuruf von der SPD: Jetzt sind wir aber gespannt! – Weitere Zurufe von der SPD – Zurufe von der CDU)

Jetzt aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, einmal ganz ehrlich: So arg viel Neues ist Ihnen zum vorliegenden Einzelplan 09 eigentlich nicht eingefallen. Erwarten Sie bitte nicht von uns, dass wir auf Ihre Bundesprogramme so mir nichts, dir nichts einfach aufspringen.

Trotz leerer Kassen haben wir von der CDU-Fraktion immer noch Schwerpunkte setzen können

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

und uns speziell im Familienbereich noch eine Freiwilligkeitsleistung wie das Landeserziehungsgeld mit einem Volumen von immerhin 85 Millionen € leisten können.

Überlassen Sie es also bitte getrost uns, zu entscheiden, wann die Zeit gekommen ist,

(Heiterkeit des Abg. Döpper CDU)

hier notwendige Umschichtungen und andere Prioritätensetzungen vorzunehmen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Seimetz: Sehr gut! Ausgezeichnet!)

Eine pauschale Umstrukturierung, liebe Kollegin Lösch, zugunsten der Kleinkinderbetreuung flächendeckend über das ganze Land halten wir keinesfalls für sinnvoll. Wir bejahen einen bedarfsgerechten Ausbau. Denn Baden-Württemberg ist nun einmal ein Flächenland, in dem der Bedarf in der Kinderbetreuung regional sehr unterschiedlich sein kann.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Genau!)

Gerade deshalb haben wir auch die Grundlage dafür geschaffen, örtlich maßgeschneiderte Betreuungsangebote zu entwickeln.

(Abg. Seimetz CDU: So ist es!)

Vor Ort, an der Basis muss im Dialog mit den Betroffenen der Bedarf beurteilt und dann entschieden werden. Eigenverantwortung zu übernehmen und zu stärken und davon abzukommen, alles zu reglementieren, sollte unser gemeinsames Ziel sein.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Auf das Beispiel „Novellierung des Kindergartengesetzes“ möchte ich nicht mehr eingehen; darüber haben die Kollegen schon genügend gesagt.

Ich als Sozialpolitiker der CDU-Fraktion sage Ihnen aber noch eines: Ich empfinde es als völlig unangemessen, wenn Sie heute behaupten, wir hätten insbesondere im Sozialbereich in unverantwortlicher Weise nach dem Rasenmäherprinzip gekürzt.

(Unruhe bei der SPD)

Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wir haben – und das nicht nur einmal – den Einzelplan von vorn bis hinten durchgearbeitet.

(Lachen bei der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das ist nicht wahr!)

Statt, wie Sie behaupten, mit dem Rasenmäher haben wir mit dem Kopf gearbeitet

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)