Denn eine generelle Kinder- und Familienunfreundlichkeit der Gesellschaft ist nicht von der Hand zu weisen.
Eine vorherrschende materiell-wirtschaftliche Orientierung lässt immer weniger Raum für Kinder. Um dem entgegenzutreten, bedarf es eigentlich einer Offensive.
Nicht nur die Politik, auch zentrale gesellschaftliche Gruppen wie Kirchen, Verbände, Gewerkschaften, Unternehmer, Medien und Wissenschaft sind aufgefordert, sich für eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft einzusetzen. Weil wir gerade den Einzelplan 09 behandeln, sage ich: Familienpolitik ist auch nicht nur eine Aufgabe der Sozialpolitik. Nein, Familienpolitik ist über die reine Steuer- und Sozialpolitik hinaus Gesellschaftspolitik mit Querbezügen zu allen Politikbereichen.
Dabei spielt aber die Neuordnung unserer sozialen Sicherungssysteme auch eine entscheidende Rolle. Die Systeme sind zwischenzeitlich mit Leistungen belastet, welche früher die Familien erbracht haben. Deshalb wehre ich mich dagegen, Familienpolitik nur noch unter dem Stichwort „Betreuung“ zu sehen. Familie ist nicht nur dort, wo Kinder und Jugendliche sind, sondern auch dort, wo Mütter, Väter und Senioren sind.
Ich sage nicht, dass Betreuung kein Thema ist. So unterstützen wir – dieses Beispiel wurde auch schon erwähnt – Tagesmütter und Kinderkrippen erneut mit rund 7 Millionen €. Kollegin Lösch hat zwar gesagt, dies sei ein Klacks, aber ich denke, in der heutigen Zeit – wir sind ja bei den Haushaltsberatungen – ist das ein ganz erklecklicher Betrag, und das ist nicht der einzige Beitrag zur Familienpolitik.
Es gibt aber noch mehr zu tun: Fragen der verbesserten Alterssicherung für Mütter und Väter. Das Modell „Vater, Mutter, Kind gleich Familie“ ist meist nur eine Variante. Unverheiratete Paare, Patchworkfamilien und Pflegefamilien erfordern differenziertere Maßnahmen. Der Trend zur Ein-Elter-Familie ist leider weiter ungebrochen. Alleinerziehende haben spezifische Probleme zu bewältigen. Und immer noch gibt es Schlupflöcher in der Gesetzgebung, die der unterhaltspflichtige Elternteil nutzen kann, um sich der Verantwortung zu entziehen.
Familien brauchen auch einen familiengerechten Wohnraum. Auf dem Wohnungsmarkt bleiben viele junge und kinderreiche Familien leider oft die Verlierer.
(Abg. Marianne Wonnay SPD: Das ist aber schwie- rig, wenn Sie sich die Haushaltslage anschauen, Herr Kollege Klenk!)
Ja, ja. Deshalb sage ich das. Das geht über mehrere Bereiche hinweg und ist nicht nur auf einen Bereich konzentriert.
Wenn die SPD die Ergebnisse der PISA-Studie – von den neuesten IGLU-Ergebnissen wollen Sie ja noch nichts wissen – in einer Pressemitteilung mit dem Vorwurf „Schlusslicht bei der Kinderbetreuung“ in Verbindung bringt, dann zeigt das leider, dass Sie damit eigentlich doch nur Ihre Ideologie verfolgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Familienpolitik darf nicht zur Funktion von Bildungspolitik werden, sondern die Bildungspolitik hat Familienpolitik zu stützen und zu fördern.
Wir finden es deshalb zu kurz gedacht, wenn Sie Ihre Forderungen in der Familienpolitik fast ausschließlich auf Betreuungskonzepte und Ganztagsschulen projizieren. Für meine Begriffe sollte die Ganztagsschule übrigens den Interessen der Kinder und nicht denen der Erwachsenen dienen.
Vor allem müssen Betreuung und Erziehung – das ist auch wichtig – in erster Linie immer noch in der Familie bleiben.
Nur dort, meine Damen und Herren, wo Betreuung außerhalb notwendig ist, sollte sie eine sinnvolle Ergänzung sein.
Gerade dort müssen wir die Möglichkeiten vor Ort ausloten. In diesem Bereich müssen wir also von unten nach
(Abg. Fischer SPD: Jetzt erst? Waren Sie bis jetzt nicht ehrlich? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ab jetzt ehrlicher! – Zuruf von der SPD: Jetzt sind wir aber gespannt! – Weitere Zurufe von der SPD – Zurufe von der CDU)
Jetzt aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, einmal ganz ehrlich: So arg viel Neues ist Ihnen zum vorliegenden Einzelplan 09 eigentlich nicht eingefallen. Erwarten Sie bitte nicht von uns, dass wir auf Ihre Bundesprogramme so mir nichts, dir nichts einfach aufspringen.
und uns speziell im Familienbereich noch eine Freiwilligkeitsleistung wie das Landeserziehungsgeld mit einem Volumen von immerhin 85 Millionen € leisten können.
Eine pauschale Umstrukturierung, liebe Kollegin Lösch, zugunsten der Kleinkinderbetreuung flächendeckend über das ganze Land halten wir keinesfalls für sinnvoll. Wir bejahen einen bedarfsgerechten Ausbau. Denn Baden-Württemberg ist nun einmal ein Flächenland, in dem der Bedarf in der Kinderbetreuung regional sehr unterschiedlich sein kann.
Gerade deshalb haben wir auch die Grundlage dafür geschaffen, örtlich maßgeschneiderte Betreuungsangebote zu entwickeln.
Vor Ort, an der Basis muss im Dialog mit den Betroffenen der Bedarf beurteilt und dann entschieden werden. Eigenverantwortung zu übernehmen und zu stärken und davon abzukommen, alles zu reglementieren, sollte unser gemeinsames Ziel sein.
Auf das Beispiel „Novellierung des Kindergartengesetzes“ möchte ich nicht mehr eingehen; darüber haben die Kollegen schon genügend gesagt.
Ich als Sozialpolitiker der CDU-Fraktion sage Ihnen aber noch eines: Ich empfinde es als völlig unangemessen, wenn Sie heute behaupten, wir hätten insbesondere im Sozialbereich in unverantwortlicher Weise nach dem Rasenmäherprinzip gekürzt.
Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wir haben – und das nicht nur einmal – den Einzelplan von vorn bis hinten durchgearbeitet.