Dann darf ich ein Beispiel aus der Gesundheitspolitik bringen, das mich nach wie vor ärgert: Wie haben Sie uns beim Thema Zahnersatz geprügelt! Da haben Sie grundsätzlich gesagt, das könne man nie ausgliedern. Sie machen das jetzt.
So haben wir viele Beispiele. Ich warne einfach vor jeglichem Diskussions- und Denkverbot, über eine Neuorientierung der Strukturen in unserem Gesundheitswesen zu diskutieren.
Zweiter Punkt: Gerade die Veränderungen im Gesundheitswesen – auch das wieder durch Ihre Ministerin Schmidt initiiert – haben im Moment die gravierendsten Auswirkungen. Das betrifft alle Krankenhäuser.
Natürlich sind die psychiatrischen Krankenhäuser eine spezielle Art, aber fragen Sie sich einmal, ob es unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit – krank ist krank, ob somatisch oder psychisch – sinnvoll ist, immer Ausnahmesituationen zu konstruieren. Ist damit den Betroffenen tatsächlich geholfen, oder ist es nicht sinnvoll, genau wie in allen anderen Bereichen die Strukturen zu überdenken, insbesondere wenn die wirtschaftliche Basis – auch durch das, was durch das von Ihnen geführte Gesundheitsministerium festgelegt wird – massiv unter Druck gerät?
Ich glaube, alle, die im Gesundheitswesen arbeiten, auch in den Kliniken, und die Patienten wissen doch, dass die strikte Budgetierung im Moment das größte Problem ist. Die Budgetschere geht immer weiter auf,
Ja, wer schadet denn der Versorgung dieser Menschen, und wer schadet denn den Beschäftigten in diesen Kliniken?
Die Beschäftigten haben dadurch eine enorme Arbeitsverdichtung. Sie beklagen sich, weil sie mit Bürokratie überzogen werden usw.
Frau Wonnay, Sie verbinden die Verärgerung und die Erregung schon ein bisschen mit dem Versuch, ständig jegliche Reformdiskussion zunächst zu emotionalisieren
(Abg. Drexler SPD: Ein Schauspieler par excellen- ce! – Abg. Schmiedel SPD: Der Einzige, der hier herumschreit, sind Sie!)
und uns zu unterstellen, es gehe uns nicht um eine gute Versorgung der psychisch kranken Menschen. Genau damit schaden Sie natürlich dem Ziel, hier gemeinsam die besten Lösungen zu suchen.
Es gab unterschiedliche Vorschläge. Es gab den ursprünglichen Vorschlag, eine zentralistische Holding zu bilden. Das habe ich, wie Sie wissen, mit Ihnen kritisiert. Ich würde mich nur sehr freuen, Frau Wonnay, wenn Sie auch an anderer Stelle im Gesundheitsmodernisierungsgesetz Tendenzen zum Zentralismus so vehement entgegentreten würden. Ich erinnere nur an den Zentralismus mit diesem Institut in Berlin usw.
Dann war die Frage: Könnte man nicht auch in privaten Strukturen manches betriebswirtschaftlich besser erbringen? Ich glaube, es gibt Kreistage, in denen auch SPDKreisräte angesichts der betriebswirtschaftlichen Situation, die natürlich auch durch das GMG vorhersehbar ist, genau in diese Richtung denken und in denen man das nicht von vornherein als teuflisch ansieht.
Wir erledigen einen Großteil unseres medizinischen Betriebs in der Bundesrepublik Deutschland privatwirtschaftlich organisiert. Ich höre relativ wenig Klagen darüber, dass es dort den Patienten und den Beschäftigten schlechter ginge als dort, wo der Betrieb staatlich organisiert ist.
(Abg. Marianne Wonnay SPD: Sind Sie denn jetzt fertig mit dem Nachdenken? – Gegenruf des Abg. Alfred Haas CDU: Ja, schon lange!)
Dann frage ich einmal: Sind Sie fertig mit dem Nachdenken über die Gesundheitsreform, wenn Sie eine verabschieden, bei der Sie sagen, in zwei Jahren werden wir sowieso alles noch einmal ändern müssen?
(Abg. Drexler SPD: Wer hat die denn verabschie- det? Doch nicht der Landtag von Baden-Württem- berg! Reden Sie doch keinen Stuss! Eine Katastro- phe!)
Wenn wir wissen, dass Änderungen vor uns liegen, dann müssen wir, ohne die Beschäftigten und ohne die psychisch kranken Menschen zu verunsichern, noch einmal in eine konkrete Diskussion eintreten: Was sind die besseren Lösungen? Was ist das bessere Modell?
(Abg. Drexler SPD: Gehen Sie doch in den Bun- destag! Aber dorthin werden Sie im Landkreis Ess- lingen nicht gewählt!)
Abschließend noch einmal: Lassen Sie uns nicht ständig die Arbeit, die dort geleistet wird und die sehr gut ist, schlecht machen.
(Abg. Drexler SPD: Sie wollen die staatliche Ge- walt privatisieren! Es ist ungeheuerlich, was Sie machen! Fast verbrecherisch!)
Es ist ein ganz normales Vorgehen, dass man über Weiterentwicklungen, die notwendig werden, diskutiert. Dies erkennen Sie alle ja auch selbst an. Wir wissen alle, dass in zwei Jahren möglicherweise in einem umfassenden Gesundheitsreformgesetz auch wieder über die Finanzierung der Krankenhäuser diskutiert werden wird.
Auf diesem Weg lassen Sie uns völlig ohne Aufgeregtheiten und ohne Beunruhigung der Menschen hier im Land ganz ruhig weiterdiskutieren. Wir sind auf einem guten Weg.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Niemand redet die Zentren für Psychiatrie schlecht, niemand hat das heute gemacht.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Doch! – Abg. Hauk CDU: Allein durch die Tatsache, dass man über überholte Dinge redet, hat man sie schon schlechtgeredet! – Weitere Zuru- fe)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass die Patienten und die Beschäftigten der Zentren für Psychiatrie nach drei Jahren Diskussion ein Anrecht darauf haben, zu erfahren, wie es weitergeht. Genau darüber reden wir heute.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Drex- ler SPD: So ist es! – Abg. Hauk CDU: Entschuldi- gung, sie wissen das doch!)
(Abg. Hauk CDU: Nur die Frau Wonnay bringt das Thema nach einem Jahr wieder neu! – Weitere Zu- rufe – Unruhe – Glocke der Präsidentin)