Protocol of the Session on November 26, 2003

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 54. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Rüeck erteilt.

Krank gemeldet sind Frau Abg. Rudolf und Herr Abg. Zeller.

Dienstlich verhindert ist Herr Minister Köberle und heute Nachmittag Herr Minister Stratthaus.

Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen dem Überweisungsvorschlag zu. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist es so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Finanzministeriums vom 12. November 2003 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Druck- sache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziffer II Nr. 6); Haushaltsjahr 2003 (Januar bis September) – Drucksache 13/2587

Kenntnisnahme, keine Ausschussüberweisung

2. Mitteilung der Landesregierung vom 25. November 2003 – Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK); hier: Anmeldung des Landes zum Rahmenplan 2004 bis 2007 – Drucksache 13/2660

Überweisung an den Ausschuss für Ländlichen Raum und Landwirtschaft und federführend an den Finanzausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Zwei Jahre Umweltplan BadenWürttemberg – eine erste Zwischenbilanz – Drucksache 13/1853

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Aussprache zehn Minuten je Fraktion, gestaffelt, und für das Schlusswort fünf Minuten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schebesta.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es kommt nicht oft vor, dass wir umweltpolitische Themen an so herausgehobener Stelle der Tagesordnung wie heute diskutieren.

(Abg. Walter GRÜNE: Bis jetzt war es richtig!)

Ich bin froh, dass meine Fraktion unsere Große Anfrage zur ersten Zwischenbilanz des Umweltplans an diese Stelle gesetzt hat. Auch daran erkennen Sie, dass der CDU-Landtagsfraktion die Umweltpolitik ein wichtiges Anliegen ist.

(Beifall bei der CDU)

Es war eine CDU-geführte Landesregierung mit einem CDU-Umweltminister, die im Jahr 2000 in Baden-Württemberg als erstem Bundesland eine Bilanz zum Stand des Umwelt- und Naturschutzes erstellt hat. Verbunden damit war ein Maßnahmenprogramm für die Fortentwicklung des Umwelt- und Naturschutzes mit langfristigen Zielvorgaben bis ins Jahr 2010. Ich sage dazu: Daran lassen wir uns auch messen.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Ausgezeichnet!)

Ausgangspunkt der ganzen Entwicklung war die Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen im Jahr 1992 in Rio de Janeiro. Seither hat das Wort vom Leitbild einer nachhaltigen, das heißt dauerhaft umweltgerechten und damit zukunftsfähigen Entwicklung Konjunktur. Wer diesen Begriff verwendet, bringt damit zum Ausdruck, dass ökonomische, soziale und ökologische Aspekte als innere Einheit zu betrachten sind. Ökonomische Entwicklung steht damit unter dem Vorbehalt ökologischer Verträglichkeit. Ökologische Maßnahmen müssen ebenso die ökonomische Wirkung berücksichtigen.

Die CDU-Landtagsfraktion wollte im Februar 2003, rund zwei Jahre nach Verabschiedung des Umweltplans, den Stand seiner Umsetzung und Zielerreichung abfragen. Wir stellen fest, dass wir auf dem Weg zur Erreichung der Zielvorgaben in den einzelnen Feldern unterschiedlich weit sind. Uns ist bewusst, dass das Erreichen der Ziele von vielen Faktoren abhängt.

Der Umweltplan spricht Problemfelder an und beschreibt Reaktionsmöglichkeiten unabhängig von der Entscheidungsebene. Heute wollen wir die Ziele als Richtschnur vieler konkreter Entscheidungen in Erinnerung rufen.

Lassen Sie mich mit einer Gesamtschau auf den Verbrauch natürlicher Ressourcen beginnen. Als Ziel ist im Umweltplan formuliert, den Verbrauch natürlicher Ressourcen wei

ter vom wirtschaftlichen Wachstum zu entkoppeln. Das heißt, Wirtschaftswachstum – davon haben wir im Moment leider viel zu wenig –

(Abg. Alfred Haas CDU: Wer regiert denn in Ber- lin?)

soll nicht bedeuten, dass die Umweltbelastung in gleichem Umfang wächst.

In der Antwort auf unsere Große Anfrage hat die Landesregierung angekündigt, dass Baden-Württemberg als erstes Land eine umweltökonomische Gesamtrechnung vorlegen werde. Das Statistische Landesamt hat in diesen Tagen diese umweltökonomische Gesamtrechnung herausgegeben. Darin wird festgestellt, dass wir für den Bereich der Emissionen von Luftschadstoffen und Treibhausgasen, beim Rohstoffverbrauch sowie bei der Wasserentnahme und -abgabe einen Rückgang des Ressourcenverbrauchs für wirtschaftliche Zwecke haben und dass wir beim Primärenergieverbrauch, bei den CO2-Emissionen, bei der Flächeninanspruchnahme und bei der Abgabe von Abfällen an die Natur zwar eine absolute Zunahme haben, aber in keinem Fall in gleichem Umfang wie beim Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Beim Ziel der Entkopplung des Ressourcenverbrauchs vom wirtschaftlichen Wachstum sind wir somit auf einem guten Weg.

Die Konferenz von Rio de Janeiro und ihre Folgekonferenzen werden in der Öffentlichkeit vor allem mit dem Thema „Kohlendioxidausstoß und Klimaschutz“ verbunden. Im Umweltplan ist festgelegt, dass Baden-Württemberg bis zum Jahr 2005 auf unter 70 Millionen Tonnen pro Jahr und bis zum Jahr 2010 auf unter 65 Millionen Tonnen CO2Emissionen kommen soll. Das Statistische Landesamt hat am vergangenen Freitag die Zahl für 2002 veröffentlicht. Sie betrug 78 Millionen Tonnen. Das heißt, gegenüber dem Vorjahr wurde ein Rückgang um 2 Millionen Tonnen erreicht. Eine Tendenz – das Statistische Landesamt weist auf die konjunkturelle Entwicklung und auf die milde Witterung hin – ist daraus aber leider noch nicht ableitbar.

Der Klimaschutz und die CO2-Emissionen sind zwar ein weltweites Problem, aber jeder soll dort handeln, wo er Verantwortung trägt. Deshalb will ich die Maßnahmen der Landesregierung ansprechen.

Das Programm „Klimaschutz-Plus“ wurde vom Land Baden-Württemberg auf den Weg gebracht und gestartet. Die Förderung nach diesem Programm orientiert sich an der eingesparten Menge Kohlendioxid. Das Programm ist ein Erfolg, nicht allein wegen der starken Nachfrage, sondern in Zeiten begrenzter Mittel auch wegen der Effektivität. Ein Vergleich dazu: Je Tonne eingesparten Ausstoßes von CO2 müssen wir im Rahmen des Programms „Klimaschutz-Plus“ eine Förderrate von 20 € aufwenden. Dem gegenüber steht im 100 000-Dächer-Programm der Bundesregierung, das viel gelobt worden ist, eine Förderrate von 106 €. Das ist ein deutlicher Beleg dafür, dass es sich beim Förderprogramm des Landes um ein erfolgreiches und effektives Instrument handelt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Wegen der Zunahme des Verkehrs spielen in diesem Bereich die Emissionen von Kohlendioxid eine wichtige Rolle. Das Land fördert energiesparendes Fahren. Die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs seit der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs ist im Land Baden-Württemberg ein Erfolg.

Ich will beim Punkt „Verkehrsverlagerung auf die Schiene“ aber auch – erlauben Sie mir dies – über die Grenzen des Landes Baden-Württemberg hinausblicken. Das Trauerspiel um die Lkw-Maut hat viele Aspekte, aber einer ist auch: Die Lkw-Vignette ist weg, die neue, streckenbezogene Lkw-Maut greift noch nicht, und im Wettbewerb zwischen Schiene und Straße hat die Straße einen größeren Vorteil, als wir das vor einem halben Jahr oder einem Jahr feststellen konnten.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Diese Entwicklung ist kontraproduktiv. Auch das gehört zur Diskussion über die Lkw-Maut.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Wir wollen im Land den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion und am Primärenergieverbrauch verdoppeln. 1998 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion 5,6 %, und bis zum Jahr 2001 ist eine Steigerung auf 8 % festzustellen. Beim Primärenergieverbrauch stieg der Anteil von 2,4 % auf 3,3 %. Dies liegt vor allem an der Wasserkraft in unserem Land, und deshalb setzen wir auf Große-Wasserkraft-Maßnahmen, insbesondere am Rhein.

Beim Flächenverbrauch, den ich als nächsten Punkt ansprechen will, sage ich offen, dass wir es genau so halten, wie es die Landesregierung in ihrer Antwort sagt: Beim Thema Flächenverbrauch sind verstärkte Anstrengungen erforderlich. Nach wie vor nimmt die Siedlungs- und Verkehrsfläche um rund 11 Hektar pro Tag zu.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Im Jahr 2003, Herr Dr. Caroli. In der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage werden die 12 Hektar für die Jahre 2001 und 2002 angegeben.

Das ist nach wie vor zu viel. Wir sind am Ausgangspunkt angekommen, der dem Umweltplan zugrunde gelegt worden ist.

Die Stichworte sind bekannt: Innenentwicklung vor Außenentwicklung, Wiedernutzung von Brachflächen, flächensparende Bau- und Erschließungsformen und Schließen von Baulücken. Es kommt in diesem Bereich entscheidend darauf an, dass dies alle – Private, Gewerbe, Industrie, Kommunen – bei ihren Entscheidungen im Blick haben.

Ich will nur die Landesmaßnahmen ansprechen. Wir haben im Landeswohnraumförderprogramm einen Sonderprogrammteil „Attraktive Innenstadt“. Damit können Bauprojekte auf innerörtlichen Brachflächen gefördert werden. Wir haben starke Anreize für Sanierungsmaßnahmen in der Städtebauförderung. Ein Kompliment an die Kommunen: Mit der Städtebauförderung ist die große Herausforderung der Umnutzung frei gewordener militärischer Liegenschaf

ten in Städten und Gemeinden in weiten Teilen hervorragend gelungen.

Im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum wurde ein Modellvorhaben zur Eindämmung des Landschaftsverbrauchs durch Aktivierung des innerörtlichen Potenzials – ein etwas sperriger Begriff und nach den Anfangsbuchstaben der Substantive mit MELAP abgekürzt – verankert, mit dem in Ortskernen die Nutzung innerörtlicher Brachen als Pilotprojekt gefördert werden kann. Insgesamt 200 Anträge belegen, dass schon durch das modellhafte Betreiben dieses Anliegens eine Bewusstseinsbildung erfolgt ist und dass wir damit einen Anreiz zu Überlegungen in diesem Bereich geschaffen haben.

Die CDU-Landtagsfraktion schließt sich trotz dieser positiven Beispiele der Aussage der Landesregierung an, dass die Einsicht in das Problem des Flächenverbrauchs gestiegen ist, dass dieser Belang aber nach wie vor oft hintanstehen muss. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, Bewusstsein zu bilden und konkrete Entscheidungen einzufordern.

Um bei den Feldern zu bleiben, auf denen wir intensiv arbeiten müssen, will ich direkt das Thema Luftreinhaltung anschließen. Es sind Erfolge bei Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid zu verzeichnen, jetzt sind noch die Stickoxide in den Blickpunkt gerückt. Wir reden nicht mehr nur über die Vorgaben im Umweltplan, sondern inzwischen sind rechtliche Vorschriften verabschiedet worden, die den Handlungsbedarf auch in rechtlicher Form beschreiben. Mit der 22. Bundes-Immissionsschutzverordnung sind 2001 flächendeckende Luftqualitätsbeurteilungen notwendig geworden, und in einigen Gebieten in Baden-Württemberg sind nach diesen Beurteilungen Luftreinhaltepläne erforderlich. Das wird an den einzelnen Messpunkten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Ich will als letzten Aspekt den Naturschutz ansprechen. Im Umweltplan ist als Ziel der Erhalt aller in Baden-Württemberg vorkommenden Lebensraumtypen in ausreichender Größe formuliert. Das Land Baden-Württemberg wird weitere Gebiete in den Kategorien des Naturschutzrechts ausweisen.

Ein wichtiger Schritt im Bereich des Naturschutzes war es, im Landesentwicklungsplan 2002 die überregional bedeutsamen naturnahen Landschaftsräume als rechtsverbindliches Ziel zu verankern. Für mich ist in diesem Zusammenhang in der aktuellen Diskussion im Land Baden-Württemberg der Truppenübungsplatz Münsingen das interessanteste Gebiet.