Protocol of the Session on October 29, 2003

Dr. Witzel.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 13/2524. – Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. Es ist so beschlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Regelung des Rechts der Sonderzahlungen in Baden-Württemberg – Drucksache 13/2396

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 13/2488

Berichterstatter: Abg. Junginger

Dazu rufe ich den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/2545-1, und den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2545-2, auf.

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Verlauf des heutigen Tages haben wir ja schon häufiger darüber gesprochen, wie schwierig die Finanzlage bei Bund, Ländern und Gemeinden ist. Daher gilt für alle Gebietskörperschaften, dass Einsparungen notwendig sind. Insbesondere gilt dies selbstverständlich für die Länder, denn bei uns sind die Personalkosten, wie wir alle wissen, besonders hoch.

Während man beim Bund und bei den Kommunen vielleicht von einer Personalausgabenquote von 20 % ausgehen kann, liegt sie bei uns bei mehr als 40 %. Wenn man die indirekten Kosten dazunimmt, sind es sogar über 50 %.

Nicht weil wir die Beamtinnen und Beamten verärgern oder belasten wollten, sondern aus der Notwendigkeit heraus, unsere finanziellen Engpässe und Schwierigkeiten zu überwinden – für die wir nicht verantwortlich sind; auch das ist am heutigen Tag schon mehrfach angesprochen worden –, müssen und werden wir als CDU-Fraktion diesen Gesetzentwurf der Landesregierung unterstützen.

Dass es sich dabei nicht um einen Schnellschuss gehandelt hat, sondern um ein sehr abgewogenes Vorgehen, beweist die Entstehungsgeschichte des Gesetzentwurfs. Wir haben nämlich zunächst versucht, die Haushaltsausfälle dadurch auszugleichen, dass wir versucht haben, unseren Einfluss geltend zu machen, um bei den Tarifverhandlungen einen besseren Abschluss herbeizuführen. Dadurch hätte sich auch die Schieflage, die jetzt zwischen den Beamtinnen und Beamten auf der einen Seite und den Angestellten auf der anderen Seite entsteht, nicht ergeben. Wie Sie wissen, ist dem kein Erfolg beschieden gewesen.

Dann gab es den Vorstoß des Landes Berlin, eine Öffnungsklausel herbeizuführen. In diesem Zusammenhang hat der Beamtenbund den Vorschlag gemacht – der vom Ministerpräsidenten auch ausdrücklich unterstützt wurde –, auf der einen Seite eine Streichung des Urlaubsgelds und eine Kürzung des Weihnachtsgelds vorzunehmen, auf der anderen Seite aber eine Dynamisierung und eine Einbeziehung in das Grundgehalt vorzusehen. Das ist ein Geben und Nehmen in gleicher Weise. Der Ministerpräsident hat damals ausdrücklich an die Ministerpräsidenten der anderen BLänder geschrieben:

Ich selbst setze mich daher für die Umsetzung des Vorschlags des Deutschen Beamtenbunds ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie wissen, hat es im Bundesrat keine Mehrheit für unseren Vorschlag gegeben. Dennoch haben wir uns ganz eng an diesem Beamtenbundvorschlag orientiert, als es darum ging, die Öffnungsklausel auszufüllen. Es ist dann zwar zu keiner bundeseinheitlichen Regelung gekommen, wie wir jetzt alle wissen, aber es war jedenfalls nicht das Land Baden-Württemberg, das diese Situation herbeigeführt hat. Vielmehr hat das Land Baden-Württemberg versucht, sich eng an dem Vorschlag der Beamtinnen und Beamten zu orientieren und ihn umzusetzen.

Die neue Regelung, die wir heute beschließen, sieht für das Jahr 2003 eine einmalige Absenkung des Weihnachtsgelds auf 57,5 % vor, aber sie beinhaltet gerade keine Kürzung des familienbezogenen Anteils der Sonderzuwendungen. Das möchte ich besonders hervorheben. Ich habe das auch schon in der ersten Lesung getan. Unser Vorschlag beinhaltet damit auch für das Jahr 2004 und die folgenden Jahre eine ausgesprochen familienbezogene Komponente. Für das Jahr 2004 ist im Gesetzentwurf die Streichung des Urlaubsgelds und beim Weihnachtsgeld eine Zwölftelung der Auszahlungsbeträge, die Teilnahme an der Dynamisierung und vor allem auch die Ruhegehaltsfähigkeit vorgesehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um die familienbezogene Komponente nochmals hervorzuheben: Wenn man sie mit dem Grundgehalt verknüpft, dann führt das bei einem Beamten der Besoldungsgruppe A 9 mit zwei Kindern nicht zu einer Kürzung auf den vorhin genannten Betrag, sondern auf 66,26 %. Bei einem Beamten in der Besoldungsgruppe A 13 führt das zu einer Kürzung auf 65,51 % und bei einem Beamten in der Besoldungsgruppe A 15 auf 65,25 %.

Sie sehen daraus: Gerade bei Beamten in niedrigen Gehaltsgruppen mit Kindern ergeben sich ganz erhebliche positive

Auswirkungen, und sie sind durch diese Regelung stark begünstigt. Ich habe auch einmal die absoluten Zahlen herausgearbeitet: Die Regelung führt bei einem Beamten in der Besoldungsgruppe A 9 für den Ehegatten zu einer Mehrzahlung von 22 €. Wenn er ein Kind hat, sind es 41 € mehr, bei zwei Kindern 60 € und bei drei Kindern 85,20 €. Das ist also eine ganz wesentliche familienpolitische Komponente, die wir hier eingebracht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will mich gerne auch mit dem beschäftigen, was uns die Fraktion GRÜNE und die Fraktion der SPD heute vorschlagen.

Das ist nicht ganz ausgegoren, Herr Kollege Oelmayer, was Sie uns da anbieten. Da Sie nachher für die Fraktion GRÜNE sprechen werden, will ich das ausdrücklich so sagen. Sie schlagen zunächst einmal vor, dass die Beamten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 nicht belastet werden sollen, weder bei der Sonderzahlung noch beim Urlaubsgeld. Damit haben Sie natürlich Mehrausgaben und wollen diese über die gestrichene Ruhegehaltsfähigkeit der Sonderzahlungen decken. Sie sagen, dass dies im Prinzip alle Beamtinnen und Beamten, alle Pensionsanwärter treffen soll. Damit führen Sie natürlich eine Deckungsfähigkeit herbei. Aber Sie tun dies ja nur vor dem Hintergrund, dass Sie sich in den Tarifverhandlungen nicht durchsetzen konnten. Jetzt überraschen Sie mehr oder weniger sämtliche Pensionäre mit diesem freudigen Ereignis.

Dann frage ich Sie weiter, Herr Kollege Oelmayer – das ist der zweite Punkt –, wenn Sie sagen, es sei sozial ungerecht, dass wir bei Beamten in den Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 Kürzungen vornähmen – abgesehen davon, dass die Beamten in der Besoldungsgruppe A 9 von dieser Maßnahme natürlich auch nicht profitieren –, warum Sie bei den Pensionären Kürzungen als gerecht ansehen; denn auch unter ihnen sind ehemalige Beamte, die in den Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 gewesen sind. Das passt hinten und vorn nicht zusammen.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Jetzt aber!)

Eine andere Regelung, Herr Kollege Oelmayer, ist auch nicht ganz stimmig. Sie wollen ja § 3 ändern und die Sonderzahlungen einmal jährlich zusammen mit den Bezügen für den Monat Dezember zahlen. Ich nehme an, dass Sie dadurch die Dynamisierung ausschließen wollten. – Sie nicken mit dem Kopf.

Herr Kollege Oelmayer, das ist aber in § 3 gar nicht geregelt. Das wäre in § 5 geregelt gewesen. Ich bitte Sie also, Ihren Gesetzentwurf wenigstens entsprechend zu überarbeiten.

(Abg. Zimmermann CDU: Zurückziehen!)

Die SPD will mit ihrem Antrag bei den Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 Ausnahmen von den Kürzungen der Sonderzahlung herbeiführen, möchte also bei 86 % bleiben. Bei A 9 bis A 11 will sie auf 75 % heruntergehen.

Jetzt haben Sie natürlich das Problem, dass wir in A 2 bis A 8 16 000 Beamte und in A 9 bis A 11 37 000 Beamte haben. Sie können sich ausrechnen, dass da ein zweistelliger Millionenbetrag herauskommt. Diesen müssen Sie erst einmal decken. Sie tun dies schon für das Weihnachtsgeld

2003 nicht – da haben Sie gar keine Deckung –, und in den Folgejahren werden Sie den Betrag bei der Sonderzuwendung niemals durch die Begrenzung in der B-, der C-, der R- und der W-Besoldung aufbringen. Da kommen Sie nicht hin, Herr Kollege.

(Abg. Schmiedel SPD: Schlichte Behauptung! – Abg. Fischer SPD: Herr Stickelberger sagt dazu et- was!)

Ihre Maßnahme ist also von vornherein nicht gedeckt. Sie stimmt auch mit dem Haushaltsentwurf nicht überein.

(Abg. Schmiedel SPD: Sie kennen den Entwurf gar nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie unseren Entwurf mit den Entwürfen der anderen Länder vergleichen, müssen Sie feststellen, dass unser Entwurf verantwortungsbewusst ist und dass er die Beamtinnen und Beamten zumindest im Vergleich mit denen in den anderen Bundesländern noch relativ wenig belastet. Deswegen wird die CDU-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Guter Beitrag! – Abg. Capezzuto SPD zur CDU: Hallo, klatschen! – Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Stickelberger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst habe ich die Pflicht oder die Ehre, die beiden Fraktionsvorsitzenden Oettinger und Drexler zu entschuldigen. Beide wären bei dieser hochkarätigen Diskussion gerne anwesend; aber eine Podiumsdiskussion beim Metallarbeitgeberverband, die schon lange angesetzt ist und für die beide ihre Teilnahme zugesagt haben, führt leider dazu, dass sie jetzt verhindert sind. Ich glaube, dass sich dadurch die Mehrheitsverhältnisse hier im Hause nicht gravierend verändern werden, sodass wir die Diskussion gleichwohl weiterführen können.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, über das Sonderzahlungsgesetz haben wir vor einigen Wochen in erster Lesung diskutiert. Herr Minister Stratthaus, wir haben damals signalisiert, dass wir einen Teil Ihres Sparkurses durchaus mittragen. Lassen Sie mich allerdings, bevor ich zu unserem Antrag komme, doch einige Bemerkungen vor die Klammer ziehen.

Herr Dr. Scheffold, Sie haben die soziale Abstufung angesprochen, die wir vorsehen. Diesbezüglich ist in den letzten Wochen nach meinem Empfinden der Eindruck erweckt worden: Ach, das sind doch nur ein paar Euro. Nicht von Ihnen persönlich, aber in der öffentlichen Diskussion ist das so vermittelt worden.

Ich glaube, die Einbußen in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen, von denen wir hier sprechen, haben für die Betroffenen ganz gravierende Konsequenzen.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau!)

Wenn ein lediger Polizeiobermeister in der zweiten Stufe ein Grundgehalt von 1763 € hat, können Sie sich ausrechnen, was die Kürzung für den Betroffenen bedeutet.

(Zuruf des Abg. Zimmermann CDU)

Doch, Herr Zimmermann! Sie sind besoldungsmäßig halt ein bisschen höher angesiedelt. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! Ich glaube, das spielt in der öffentlichen Diskussion schon eine Rolle.

(Beifall bei der SPD)

Ich ziehe noch einen zweiten Satz vor die Klammer.

(Zurufe von der SPD)

Heute Vormittag hat der Herr Ministerpräsident sehr viel zum öffentlichen Dienst und zum Personalabbau gesagt und unter anderem festgestellt, dass wir zu viele Bedienstete und zu viele Beamte hätten. Er hat von der Bürokratie als einer „Schlingpflanze“ gesprochen. Ich glaube, wir sollten eine solche Bewertung für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nicht verwenden.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)