Protocol of the Session on July 17, 2003

Aber eines muss man sagen: Auch wir sind sehr froh, dass kürzlich mit der Schweiz ein Kompromiss, eine Übergangslösung zustande gekommen ist. Das ist schon deshalb notwendig, weil wir, wie der Kollege Winkler schon gesagt hat, das gutnachbarschaftliche Verhältnis zur Schweiz nicht gerade durch dieses Problem zu Schaden kommen lassen sollten.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Es gibt keinen Kom- promiss!)

Daran müssen wir weiter arbeiten. Da ist vor allem die Bundesregierung gefordert, bald eine vernünftige Lösung zustande zu bringen. Jedes Mal, wenn ich in der Schweiz bin, versuche ich dafür zu werben, dass auch die Bürger dort ihre Politiker entsprechend motivieren, eben nicht nur pro loco zu argumentieren.

Eine bundeseinheitliche Regelung für ein Nachtflugverbot ist aber auch deshalb nicht sinnvoll, weil Sie bundeseinheitlich und auch einheitlich für Baden-Württemberg dann ja nur den kleinsten gemeinsamen Nenner vereinbaren könnten. Das heißt, Sie müssten dann auch an Standorten, an denen man das Nachtflugverbot ausdehnen kann, weil späte Starts und Landungen dort so nicht notwendig sind, dieses verkürzen. Ich weiß nicht, wie Sie das gegenüber diesen Standorten und der dortigen Bevölkerung vertreten wollen.

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion und die FDP-Bundestagsfraktion unterstützen das Vorhaben des Bundes, mit der geplanten Novellierung des Fluglärmgesetzes die Menschen im Umland von Flughäfen noch stärker zu entlasten und vor Fluglärm während der Nachtzeit zu schützen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Gut! Da nehmen wir Sie beim Wort!)

Das muss zum Beispiel durch bundeseinheitliche Grenzwerte erfolgen. Das ist weit effizienter, als wenn ich Zeiten festlege.

Aber es wurde schon angesprochen, dass der Vorschlag Ihres Bundesumweltministers in der Bundesregierung ja bisher keine Zustimmung findet. Ich muss sagen, die Ziffer 2 Ihres Antrags, den Sie uns hier beschließen lassen wollen, findet bei uns keine Zustimmung. Die Regelung in BadenWürttemberg hat sich bisher weitgehend bewährt. Wir sind dafür, das auch in Zukunft so zu regeln, wie es für die jeweiligen Standorte und für die dort gegebene Situation vernünftig ist, sodass wir unsere Bevölkerung nach besten Kräften schützen, aber auch nicht einfach als Verhinderer auftreten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Das Wort erhält Herr Minister Müller.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es kurz machen.

(Beifall des Abg. Behringer CDU – Abg. Behringer CDU: Sehr gut! – Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Es ist alles gesagt!)

Ich glaube, das Bild mit den Äpfeln und den Birnen, die da miteinander verglichen werden, trifft den Nagel auf den Kopf. Herr Kollege Palmer, wenn Sie so argumentieren, wie Sie das hier getan haben, dann mag das für jemanden, der von den Dingen überhaupt nichts versteht, irgendwie noch nachvollziehbar sein. Aber wer hier in diesem Haus ist und so tut, als könnte man dieses Problem und damit auch die Lösung, die am Hochrhein erforderlich ist, auf andere Regionen übertragen, der macht schon eine recht populistische und im Übrigen sachlich völlig falsche Politik. Die Fragestellungen sind andere, die Lösungen sind andere, und deswegen ist der Gedanke, das, was am Hochrhein zu geschehen hätte, müsste auch im Rest des Landes geschehen, natürlich völlig verfehlt.

Wir haben es mit dem Territorialitätsprinzip zu tun, dass jeder zunächst einmal vor der eigenen Tür kehrt und seine eigenen Lasten trägt. Wir haben es mit einer hochgradigen Ungerechtigkeit zu tun, die genau mit der Landesgrenze oder Bundesgrenze zusammenhängt, von der Sie gesprochen haben. Denn es ist schon bemerkenswert, dass aus allen Himmelsrichtungen ungefähr 95 % des Flugverkehrs über unser Gebiet geleitet werden. Wer da noch glaubt, das sei Zufall, dem ist wirklich nicht zu helfen.

In dieser Frage stimmen wir mit der Bundesregierung überein. Wir stimmen mit ihr auch überein, dass daraus nicht in irgendeiner Weise an anderen Stellen des Landes oder des Bundesgebiets eine Konsequenz zu ziehen wäre. Die Bundesregierung, die sich nun in Verhandlungen mit der Schweiz bemüht, zu einer gerechteren Lastenverteilung zu kommen, denkt nicht daran, dass daraus in irgendeiner Weise Konsequenzen in Frankfurt, Stuttgart, München oder wo auch immer zu ziehen wären. Es gibt nur ganz wenige, die diese Konsequenz ziehen wollen, und die sitzen offensichtlich im Landtag von Baden-Württemberg in Ihrer Fraktion.

Wir haben auch Lösungen ganz anderer Art an anderen Stellen. Wenn Sie beispielsweise an Lärmminderungskonzepte denken, an die 100 Millionen DM, die der Flughafen Stuttgart auf den Fildern für Lärmschutzmaßnahmen investiert hat, dann zeigt das: Die Probleme sind andere, und die Lösungen sind andere.

Ich möchte Ihnen vor Augen halten – und will es damit eigentlich auch schon bewenden lassen –: Wer so argumentiert, dass am Hochrhein nur das geschehen dürfe, was an anderen Flughäfen in Baden-Württemberg oder auch sonst in Deutschland zu geschehen hätte, der verhindert den möglichen und den gerechtfertigten Lärmschutz der Bürger am Hochrhein. Sie sollten sich doch einmal überlegen, ob Sie

sich mit einer solchen Argumentation bei den Bürgern am Hochrhein blicken lassen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Herr Abg. Palmer, bitte sehr.

(Minister Dr. Döring zu Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Benimm dich!)

Sie haben noch 1 Minute und 30 Sekunden Redezeit.

Frau Präsidentin, nur eine Replik auf den Minister: Nachdem Ihre Landesregierung mindestens 20 Jahre lang keine Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger am Hochrhein, was den Lärmschutz angeht, durchgesetzt hat, halte ich es für einen ziemlich billigen demagogischen Trick, jetzt hier die Fraktion GRÜNE dafür verantwortlich zu machen und ihr vorzuwerfen, dass sie die Schuld dafür tragen könnte, dass es am Hochrhein in Zukunft Lärm über den Häusern gibt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ihre Lösung würde das aber bringen!)

Sie wissen, dass diese Bundesregierung eine Regelung durchgesetzt hat, die viel strenger als all das ist, was Ihre Regierung je zustande gebracht hat. Deswegen denke ich, dass die Bürgerinnen und Bürger am Hochrhein wissen, bei wem sie sich dafür bedanken können und wen sie dafür zur Verantwortung ziehen müssen.

Im Übrigen stimme ich den Ausführungen des Herrn Kollegen Caroli insoweit zu, als das Problem tatsächlich differenziert ist und hier nur ein Aspekt herausgegriffen wurde. Deshalb beantrage ich Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Umwelt und Verkehr zur weiteren Beratung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Behringer CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Es ist Überweisung des Antrags Drucksache 13/1284 an den Ausschuss für Umwelt und Verkehr beantragt worden. – Sie stimmen der Überweisung zu. Es ist so beschlossen.

Punkt 8 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Zukunft der Wasserwirtschaft und die Ziele der Landesregierung – Drucksache 13/1314

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Haller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag wurde zwar vor geraumer Zeit eingebracht, das Thema hat aber einen aktuellen Bezug. Es geht um das Thema Wasser. Es gibt Länder, in denen es einen Wassernotstand gibt. Wenn wir es uns noch leisten können, mit einem höchstwertigen Lebensmittel Rasen zu sprengen und Wiesenflächen zu bewässern, können wir glücklich sein. Wir sollten diesen Zustand mit Argusaugen bewachen und bewahren.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Die Gefahr, die hier droht, geht zum einen von Europa und zum anderen von denjenigen aus, die Liberalisierung als Ideologie und Dogma betreiben. Das ist bei uns, wie ich der Stellungnahme zum Antrag entnehme, weniger das Ministerium für Umwelt und Verkehr als vielmehr die Wirtschaftsministerkonferenz und die FDP/DVP, die immer auf Liberalisierung drängt. Das wollen wir als SPD beim Wasser aber nicht. Wenn ich es richtig lese, will das auch die Landesregierung nicht, und das, was das Ministerium für Umwelt und Verkehr schreibt, begrüßen wir.

Ich erinnere auch an das, was der Ministerpräsident gestern – kurz bevor er von der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP „selig applaudiert“ wurde – gesagt hat. Er hat gesagt, dass es in Europa Nischen vor dem Wettbewerb gebe und dazu die Daseinsvorsorge zähle, für welche die Kommunen die Verantwortung tragen würden. Wir stehen dazu, dass das eine originäre kommunale Aufgabe ist, weil einem Bürgermeister sonst nichts mehr bleibt.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist eine hinreichen- de Begründung!)

Es ist keine vorrangig kommunale Aufgabe, Musentempel, Badetempel und Vergnügungsstätten zu bauen, sondern es ist kommunale Aufgabe, Daseinsvorsorge zu betreiben und Infrastruktur bereitzustellen. Deswegen ist uns die Wasserwirtschaft so wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Sauberes Wasser ist von unschätzbarem Wert. Es ist ein grundlegendes Lebensmittel. Als solches muss es auch im Bewusstsein der Bevölkerung verankert bleiben.

Deswegen ist es auch enorm wichtig, die lokalen Wasservorkommen zu nutzen und nicht ausschließlich auf Fernwasserversorgung zu setzen. Denn die Vorstellung, irgendwo gebe es einen Stausee, verletzt das Bewusstsein. Bei uns ist glücklicherweise der Bodensee das Reservoir, auf das wir zurückgreifen können.

(Abg. Hauk CDU: Und die Donau!)

Und das Donauried, ich weiß, und der Oberrhein. Nur ist es dort etwas schwieriger, weil der Grundwasserspiegel kräftig absinkt.

Es ist vor allem die Fernwasserversorgung, die die Stütze ist. Aber es kann nicht sein – ich sehe es eigentlich auch nirgends –, dass wir darauf als alleiniges Mittel setzen. Wir sehen ja, in welchem Dilemma die Mittelmeerländer sind, die andere klimatische Verhältnisse haben.

Noch etwas: In vielen Ländern der Welt wird zwischen Eau non potable, also Wasser, das ich abkochen muss, und Trinkwasser, das in Flaschen bereitsteht, unterschieden. Diesen Zustand gilt es in dieser Republik auf Teufel komm raus zu verhindern. Das bedeutet für uns aber auch, eine Liberalisierung zu verhindern.

Ich fasse zusammen. Die Stellungnahme, die das Umweltministerium zu unserem Antrag verfasst hat, stellt uns grundsätzlich zufrieden, weil die Verantwortung der Gemeinde für die Wasserversorgung klar ausgesprochen ist und der Liberalisierung der Wasserwirtschaft eine Absage erteilt worden ist.

(Beifall bei der SPD)

Das begrüßen wir. Wir wollen all jenen Einhalt gebieten, die bereit sind, alle Quellen – beste Quellen, ertragreiche Quellen, Quellen von Lourdes bis Fatima und Wigratzbad – der Liberalisierung anheim zu stellen.