Protocol of the Session on June 25, 2003

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 46. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Wonnay erteilt.

Krank gemeldet sind Frau Abg. Ursula Haußmann und Herr Abg. Gustav-Adolf Haas.

(Abg. Fischer SPD: Und Herr Staiger! – Abg. Bir- zele SPD: Herr Wolfgang Staiger, krank!)

Ebenfalls krank gemeldet ist Herr Abg. Staiger.

Dienstlich verhindert ist heute Vormittag Herr Minister Dr. Frankenberg und ganztags Herr Minister Köberle.

Meine Damen und Herren, im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung des Finanzministeriums vom 28. Mai 2003 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Drucksache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziffer II Nr. 6); Haushaltsjahr 2003 (Ja- nuar bis März). Die Mitteilung des Finanzministeriums ist Ihnen als Drucksache 13/2113 zugegangen. – Sie nehmen davon Kenntnis.

Meine Damen und Herren, in der vergangenen Woche hat sich zum 50. Mal ein herausragendes Datum der deutschen und der europäischen Freiheitsgeschichte gejährt. Am 17. Juni 1953 erhoben sich eine Million Menschen an 700 Orten in der DDR gegen Willkür und Unterdrückung. Der Protest wurde zwar durch Panzer niedergewalzt – der spontane Aufstand aus der Mitte des Volkes blieb jedoch ein Fanal für Menschlichkeit, Freiheitswillen und Zivilcourage.

Auch der Landtag von Baden-Württemberg bekundet darum Hochachtung vor dem Mut, der Entschlossenheit und der Opferbereitschaft jener Frauen und Männer, die vor 50 Jahren – ohne Rücksicht auf ihr persönliches Schicksal – Gerechtigkeit, Demokratie und Wiedervereinigung erzwingen wollten.

Wir verneigen uns vor jenen, die ihre Beteiligung an dieser Volkserhebung mit dem Tod bezahlen mussten. Wir wissen, dass wir jenen, die Folter und langjährige Haft erlitten haben oder denen persönliche Lebenschancen genommen wurden, mehr schulden als verbalen Respekt. Und wir vergessen nicht, dass nach der blutigen Niederschlagung des Widerstands der Alltag in der DDR noch schwerer wurde, weil die SED-Machthaber die Überwachung, Unterjochung und Gefangennahme des eigenen Volkes massiv ausbauten.

Der 17. Juni 1953 war der erste Aufstand im sowjetischen Machtbereich, und mit ihm begann eine Linie, die über Ungarn 1956, die Tschechoslowakei 1968, Polen 1981 bis zum Kollaps des Ostblocks Anfang der Neunzigerjahre führte. Vor allem aber: Am 17. Juni 1953 wurde gesät, was 36 Jahre später in einem veränderten weltpolitischen Klima zu der unerschrockenen Kraft aufwachsen konnte, die am 9. November 1989 die Berliner Mauer zum Einstürzen brachte.

Beide Aspekte des Datums führen auch vor Augen, wie viel Glück es bedeutete, in den Zonen der westlichen Alliierten zu leben. Dies gilt insbesondere für uns im deutschen Südwesten. Wir konnten im Frühsommer 1953 die Gründungsphase des neuen Bundeslandes verfassungsrechtlich und administrativ vollenden. Dabei mussten wir gewiss viele politische Qualitäten und menschliche Tugenden beweisen, wir mussten jedoch nicht den Mut aufbringen, zu dem unsere ostdeutschen Landsleute damals und dann 1989 fähig waren.

Gerade wir sind daher aufgefordert, konkret zu zeigen, dass wir den 17. Juni 1953 als gemeinsamen positiven Identifikationspunkt zu würdigen wissen und dass wir ihn dauerhaft im kollektiven Gedächtnis verankern wollen. Acht Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erfuhr die Welt, dass Deutsche eben doch in der Lage sind, gegen eine allmächtige Diktatur für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Selbstbestimmung zu kämpfen.

Wie die verlorene Revolution von 1848 und wie die verspielte Revolution von 1918, so wollte auch der Aufstand am 17. Juni 1953 erreichen, was am 3. Oktober 1990 hoffentlich für immer besiegelt werden konnte, nämlich Freiheit in einer geeinten Nation. Die Erinnerung daran weiterzugeben macht unser Gemeinwesen stärker; denn die Zukunft gewinnt nur, wer zu den positiven Seiten seiner Geschichte ebenso steht wie zu deren düsteren Kapiteln.

Meine Damen und Herren, wir treten dann in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Klimaschutz in Baden-Württemberg – Drucksache 13/1923

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hauk.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im April und im Juli vergangenen Jahres haben wir nach eingehenden Beratungen zwei Klimaschutzprogramme aufgelegt, die ich in ihrem Wesen als ideologiefrei bezeichnen will, die nicht einseitig orientiert sind und die vor allem neue Wege beschreiten, indem wir eben nicht nur Maßnahmen bezuschussen, sondern die Bezuschussung davon abhängig machen, wie viel CO2 tatsächlich eingespart wird. Insofern war das ein neuer und auch ein innovativer Weg. Mit unserem Antrag wollten wir ein Jahr danach einfach einmal wissen, wie sich diese Programme bewährt haben und wo man gegebenenfalls die Stellschrauben ein Stück weit verändern oder neu justieren muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insgesamt umfasst dieses Programm 13 Millionen €, durch Umschichtungen im Landeshaushalt, nämlich im Bereich des Ministeriums für Umwelt und Verkehr, erreicht. 9 Millionen € stammen aus dem kommunalen Umweltfonds, 4 Millionen € aus Landesmitteln. Obwohl das Programm spät gestartet ist – erst Mitte vergangenen Jahres –, wurden immerhin bereits nahezu 8 Millionen € an Fördermitteln abgerufen. In dem so genannten allgemeinen Teil, der sich an alle Bürger Baden-Württembergs richtet, waren es Fördermittel in Höhe von 4 Millionen € bei Investitionen von 20 Millionen €. Im kommunalen Teil wurden 3,7 Millionen € bei Investitionen von immerhin 27 Millionen € abgerufen. Insgesamt wurden dadurch 350 000 Tonnen CO2 eingespart.

Wo lagen die Schwerpunkte in der Förderung? Es waren vor allem Blockheizkraftwerke, die gefördert wurden. Es waren Schulen und Hallen. Im kommunalen Bereich wurde vor allem bei der umfassenden Wärme- und Energieeinsparsanierung gefördert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum sind wir diesen Weg gegangen? Das höchste CO2-Minderungspotenzial besteht im Verkehr. Wir als Landesgesetzgeber haben darauf nur einen sehr bedingten Einfluss und können da auch nur schlecht justieren.

(Abg. Walter GRÜNE: Na ja!)

Das zweithöchste Einsparpotenzial ist im Bereich der Gebäude zu sehen: bei der Gebäudesanierung des Altbaubestands sowohl bei öffentlichen Gebäuden wie auch bei privaten Wohngebäuden. Genau an diesem Bereich setzt dieses CO2-Minderungsprogramm auch an. Es ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern neu und ideologiefrei, weil wir nicht bestimmte Energiearten fördern wollen, sondern weil wir ganz bewusst den Effekt erzielen wollen, CO2 einzusparen. Das ist das Ziel, und es wurde mit diesem Programm auch erreicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich darf, um die Effizienz zu belegen, einfach einmal einige Beispiele nebeneinander stellen. Es gibt das 1000-DächerProgramm des Bundes.

(Abg. Walter GRÜNE: 100 000! 1 000 waren es bei Kohl! Wir sind schon ein bisschen weiter!)

100 000, so ist es. Umso schlimmer ist es, Herr Kollege Walter. Ich will es auch gleich sagen: Beim 100 000-Dä

cher-Programm des Bundes werden, um eine Tonne CO2 einzusparen, 106 € ausgegeben.

(Abg. Walter GRÜNE: Haben Sie eigentlich eine Ahnung, was das Programm überhaupt bedeutet?)

106 €! Im kommunalen Teil des Klimaschutzprogramms des Landes geben wir 30 € pro eingesparte Tonne CO2 aus, im so genannten allgemeinen Teil sind es rund 20 €.

(Abg. Walter GRÜNE: So ein Quark!)

Das ist also nur ein Drittel bzw. ein Fünftel der Summe für den gleichen Effekt, meine Damen und Herren. So geht man mit Geld verantwortungsvoll um.

(Beifall bei der CDU – Abg. Walter GRÜNE: Wer jetzt klatscht, hat keine Ahnung! Ich würde nicht klatschen! – Abg. Herrmann CDU: Typisch rot- grün! – Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Ich glaube, in diesen angespannten Zeiten ist das auch notwendig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darin, dass die Effizienz dieses Programms hoch ist, dass sie weitaus höher ist als die, die andere Programme, insbesondere solche auf Bundesebene, bieten, liegt auch der Reiz dieses Programms.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Es gibt auch andere Bundesprogramme!)

Man könnte auch ein anderes Beispiel erwähnen, Herr Kollege Walter:

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Zählen Sie das mal auf!)

den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Auch sie kostet bei kleinen Anlagen 105 € pro eingesparte Tonne CO2 und bei großen Anlagen immerhin auch noch 55 € pro eingesparte Tonne.

Daran wird deutlich, dass unser Programm effizient ist. Vor allem wird es auch akzeptiert: Eine Masse von Anträgen ging bereits in der Anlaufphase ein. Wir sind damit auf dem richtigen Weg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben – und ich kann mich noch gut an die Debatte im vergangenen Jahr bei der Einführung erinnern – einen guten und richtigen Weg für den Klimaschutz in Baden-Württemberg beschritten, der bundesweit seinesgleichen sucht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Walter GRÜNE: Ja sag mal!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Caroli.

(Abg. Walter GRÜNE: Jetzt wollen wir mal hören, was der Caroli sagt!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die negativen Folgen der globalen Erwärmung haben wir im Juli 2002 in Bebenhausen ausführlich diskutiert. Handeln ist gefragt, kann doch jeder

die Veränderungen des Klimas beobachten: Der Schneefall wird geringer. Die Schneegrenzen verlaufen höher. Die Winter- und Nachttemperaturen steigen an. Die Häufigkeit und die Intensität von Unwettern nehmen zu, ebenso die Hochwassergefahren.

Wer etwas dagegen tun will, muss in erster Linie die Reduktion der CO2-Emissionen anpacken, da diese einen Anteil von über 85 % an den Treibgasemissionen in Deutschland ausmachen.

Will die Landespolitik im Interesse eines vorsorgenden Klimaschutzes die CO2-Emissionen reduzieren, dann muss sie die Hauptbereiche Energieverbrauch und Energieerzeugung sowie den Verkehr ins Auge fassen, weil hier die größten Möglichkeiten bestehen, den Ausstoß von CO2 zu vermeiden. Wenn dies versucht wird, muss auf eine vorsorgende, auf nachhaltige Entwicklung ausgerichtete Umweltpolitik gesetzt werden. Ernsthaft betriebener Klimaschutz ist wie der Umweltschutz insgesamt eine Querschnittaufgabe, die nahezu alle Politikbereiche erfasst.

Es genügt nicht, meine Damen und Herren, unkoordiniert einige wenige Förderprogramme aufzulegen.