Protocol of the Session on May 28, 2003

Auch wenn Sie das jetzt etwas in den Hintergrund gerückt haben, möchte ich mich dennoch mit dem eigentlichen Anliegen Ihres Antrags beschäftigen.

Mit Ihrem Antrag, der heute Beratungs- und Abstimmungsgrundlage ist, geht es Ihnen im Kern um eine Fortschreibung des Sicherheitsplans II aus dem Jahr 1978.

(Abg. Gall SPD: Exakt!)

Sie begründen dies damit, der Sicherheitsplan II sei als Planungsinstrument nicht mehr geeignet, weil er über 25 Jahre alt sei. Das mag ja zutreffen. Aber daraus den Schluss abzuleiten, Baden-Württemberg handle ohne sicherheitspolitisches Konzept, das ist verkürzt, das verfälscht und ist damit verfehlt.

Um Ihnen dies sachlich zu belegen, möchte ich dazu gleich Ausführungen machen und zunächst einmal ein klein wenig in die Historie schauen.

1973 hat das Land den Sicherheitsplan I aufgelegt – damals angesichts der Terroranschläge nach den Olympischen Spielen in München. Schon fünf Jahre später war angesichts der terroristischen Bedrohung – allein acht terroristische Mordanschläge im Jahr 1977 durch Bader/Meinhof – eine Fortschreibung, eine Überarbeitung notwendig, und man hat damals den Sicherheitsplan II aufgestellt.

Jetzt sagen Sie, weil dieser Sicherheitsplan mittlerweile 25 Jahre alt sei und es keinen Sicherheitsplan III gebe, handle die Landesregierung konzeptlos. Das ist so schlicht und einfach falsch. Das Gegenteil ist richtig. Denn das Land und die Landesregierung verfolgen seit jeher erfolgreiche Sicherheitskonzepte.

(Abg. Teßmer SPD: Na ja!)

Die Frage ist: Wollen wir eine planwirtschaftliche Sicherheitspolitik, oder wollen wir eine nachhaltige und lageangepasste Sicherheitspolitik?

(Zurufe von der SPD)

Doch, das ist die Frage. Ich führe es Ihnen gleich aus.

Die CDU hat sich für den zweiten Weg entschieden, für eine lageangepasste, flexible Sicherheitspolitik.

(Abg. Göschel SPD: Was ist sicherheitspolitische Marktwirtschaft?)

Ich habe nicht von Marktwirtschaft gesprochen.

(Abg. Göschel SPD: Das ist der Gegensatz zu Plan- wirtschaft!)

Nein, nein. Aber Sie wollen allgemeine Sicherheitspläne haben, an denen dann sklavisch festgehalten wird.

(Zurufe von der SPD)

Ich versuche Ihnen gerade zu erläutern, was der richtige und bessere Weg ist.

(Beifall des Abg. Döpper CDU)

Diese Pläne werden seit den Siebzigerjahren ständig an Schwerpunktstrategien angepasst und an zielgerichteten Konzeptionen ausgerichtet und weiterentwickelt.

Übrigens sprachen Sie vorhin von einer mangelnden parlamentarischen Beratung. Alle Konzeptionen und Programme wurden hier parlamentarisch abgehandelt und beraten. Das Technikzukunftsprogramm gehört dazu, mit dem wir die Polizei zur bestausgerüsteten in Deutschland gemacht haben. Das läuft noch weiter: komplett neue Hubschrauber, komplett neue Boote. Mir persönlich ist die Ausrüstung eines jeden Beamten und einer jeden Beamtin mit einer Schutzweste das Allerwichtigste.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Der Fahrzeugpark ist komplett erneuert worden. Sie sagen: Das Leasingkonzept sieht optisch schön aus.

(Abg. Fischer SPD: Ich sage es positiv!)

Ja, Sie haben gesagt, es sei optisch schön.

Früher haben Sie genörgelt, es seien zu wenig Autos vorhanden und diese seien zu alt. Jetzt werfen Sie uns vor, dass wir einen komplett neuen Fahrzeugpark haben

(Abg. Fischer SPD: Nein, habe ich nicht!)

und dass es 500 Fahrzeuge zu viel seien. Nageln Sie uns nicht auf die Zahl fest.

(Abg. Junginger SPD: Eine Phantomdebatte!)

Wir wissen, dass es vielleicht zu viele Autos sind. Dann kann man eben darauf reagieren und entsprechend weniger Fahrzeuge beschaffen.

Weiter sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Polizei und die Sicherheitsbehörden verbessert worden. Ich nenne beispielsweise die Konzepte zur Bekämpfung organisierter Kriminalität, zur Abschöpfung von Verbrechensgewinnen, zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit oder die rechtliche Regelung, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist – die haben wir 1996 getroffen, gleich zu Beginn der Koalition mit der FDP/DVP –, nämlich dass man sich einem Polizisten gegenüber auf Verlangen ausweisen muss, auch wenn dieser keinen konkreten Verdacht hat. Das ist die so genannte verdachtsunabhängige Kontrolle, ein mittlerweile sehr, sehr bewährtes Instrument. Für Sie war seine Einführung damals eine Demontage des Rechtsstaats. Für mich ist diese Regelung eine Selbstverständlichkeit, die wir durchgesetzt haben und die sich als Instrument sehr bewährt hat.

Weiter sind die strukturellen Verbesserungen im Polizeidienst zu nennen. Der Sicherheitsplan II sah als Ziel bei der Schutzpolizei einen Anteil im gehobenen Dienst von 15 % vor. Wir liegen demnächst bei fast 40 % bei der Schutzpolizei. Wir bieten Perspektiven für den Aufstieg in den gehobenen Dienst, und im gehobenen Dienst schlüsseln wir die Stellen durch – anders, als das zum Beispiel andere Länder machen. In Nordrhein-Westfalen werden die Beamten in den gehobenen Dienst befördert und bleiben dann dort in der untersten Besoldungsgruppe hängen und sind auf etwas höherem Niveau auch bald frustriert.

Dann komme ich auf den mittleren Dienst zu sprechen. In diesem Bereich – das gestehe ich Ihnen zu – hätte ich auch gern bessere Beförderungsmöglichkeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Daran arbeiten wir.

(Abg. Junginger SPD: Wie lange schon?)

Aber wir müssen, wenn wir Forderungen erheben, auch immer die Frage nach der Finanzierung und der Finanzierbarkeit stellen.

Das Letzte ist: Ich könnte mir noch Änderungen und Verbesserungen beim Auswahlverfahren für die Zulassung zum gehobenen Dienst bei der Polizei vorstellen. Da gibt es durchaus noch Regelungen, die verbessert werden müssen.

(Abg. Teßmer SPD: Nachholbedarf!)

Personelle Verstärkung: Die Zeit der Verstärkung, des Aufbaus von Personal bei der Polizei war Anfang der Neunzigerjahre, natürlich auch unter Ihrer Beteiligung. Das kann in diesem Tempo nicht weitergehen. Hier sind auch die Stichworte „Finanzierung“ und „Notwendigkeit“ zu nennen. Wir bauen die Personalstellen der Polizei ja jetzt immer noch in bescheidenem, aber maßvollem Umfang weiter aus, zum Beispiel für Erziehungsurlaubsstellen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das reflexartige Fordern neuer Personalstellen als Reaktion auf neue sicherheitspolitische Herausforderungen, das allein sind Rezepte von gestern.

(Beifall bei der CDU – Abg. Fischer SPD: Nein, wir wollen zumindest einen Ausgleich für die Ab- gänge!)

Ich möchte an dieser Stelle noch ganz kurz – Frau Kipfer ist nicht mehr da, sie hat das Thema beim vorherigen Tagesordnungspunkt, der Großen Anfrage zur Lebensmittelkontrolle, die Sie eingebracht haben, angesprochen – auf den Wirtschaftskontrolldienst eingehen. Auch da ist noch gar nichts beschlossen; aber Tatsache ist doch, dass die unteren Verwaltungsbehörden, die Landratsämter, und der Wirtschaftskontrolldienst schon heute sehr, sehr eng zusammenarbeiten. Wie man diese Zusammenarbeit verbessern kann, darüber denken wir nach. Dass Sie dies bereits in Bausch und Bogen verurteilen, bevor wir überhaupt konkrete Beschlüsse gefasst haben, konkrete Maßnahmen vorschlagen, spricht eigentlich Bände.

(Zurufe der Abg. Teßmer und Zeller SPD)

Meine Damen und Herren, insgesamt: Ein Sicherheitsplan III als stures, abstraktes Gebilde ist nach unserer Ansicht nicht erforderlich. Wir reagieren schnell und der Lage angepasst. Ich denke da nur an das Antiterrorsofortprogramm, das wir nach den schrecklichen Anschlägen im September 2001 aufgelegt haben,

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

um Katastrophenschutz, Polizei, Feuerwehr und Verfassungsschutz auf die neue, für niemanden vorstellbare Lage einzustellen. Damals haben wir beispielsweise auch sofort wieder die Rasterfahndung, ein Instrument aus den Siebzigerjahren, eingesetzt.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Mit welchem Ergebnis?)

Im Ergebnis: Sie wollen mit der Forderung nach einer Fortschreibung des Sicherheitsplans II zu einem – ich nenne es einmal so – Sicherheitsplan III eine Fortsetzung von statischen Plänen. Das ist das Planwirtschaftliche, das ich meinte, Herr Kollege.

(Abg. Teßmer SPD: Durch Wiederholen wird es nicht besser!)

Dass dies nicht die richtige Lösung ist, zeigt doch schon folgendes Szenario: Stellen Sie sich vor, wir hätten am 10. September 2001 einen Sicherheitsplan III aufgestellt. Dieser wäre einen Tag später, als Anschläge verübt wurden, die wir uns überhaupt nicht vorstellen konnten, Makulatur gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)