Frau Lichy, deshalb appelliere ich in erster Linie an Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ich erinnere Sie an Ihr Versprechen, auch den kommunalen Frauenbeauftragten gegenüber, hier wirklich tätig zu werden. Leider hat es ja der Innenausschuss abgelehnt, eine Anhörung der Frauenorganisationen durchzuführen. Jetzt veranstaltet der Landesfrauenrat eine eigene Anhörung. Ich bin wirklich sehr gespannt, was Sie dabei den Frauen alles erzählen wollen.
Frau Abgeordnete, darf ich Sie nochmals bitten, zum Ende zu kommen. Sie haben jetzt zwei Minuten überzogen.
Einen Satz noch. – Ich appelliere aber auch an Sie, meine Damen und Herren von der CDU: Lassen Sie doch bitte Ihre eigene Frauenbeauftragte nicht im Regen stehen. Und Ihnen, Frau Gräßle und Frau Berroth, sage ich: Die Frauen im Land werden sich das merken und werden das auch bis zur Kommunalwahl nicht vergessen haben.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 13/1803 an den Innenausschuss zu überweisen. – Sie stimmen der Überweisung zu.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung der Amtszeit der Gemeinderäte, der Kreisräte und der Mitglieder der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart – Drucksache 13/1894
Die Fraktionen sind übereingekommen, den Gesetzentwurf ohne Aussprache an den Innenausschuss zu überweisen. –
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Filmakademiegesetzes – Drucksache 13/1893
Die Fraktionen sind übereingekommen, die Reden zu Protokoll zu geben. (Siehe Erklärungen zu Protokoll am Schluss des Tagesordnungspunkts.)
Damit ist auch dieser Tagesordnungspunkt erledigt. – Ja. Der Gesetzentwurf wird an den Ständigen Ausschuss überwiesen.
bringung des Änderungsgesetzes zum Filmakademiegesetz, durch das die Popakademie Baden-Württemberg errichtet werden soll, gingen längere Planungen voraus.
Eine vom Staatsministerium eingesetzte Arbeitsgruppe Popularmusik hat zusammen mit einer großen Zahl von Sachverständigen ein Konzept entwickelt, dessen Kernstück die Errichtung der Popakademie Baden-Württemberg ist, einer Einrichtung, wie es sie bisher in keinem anderen Bundesland gibt. Zwar plant auch Niedersachsen im Verbund mit der Musikhochschule Hannover ein Fortbildungsstudium im Bereich der Popmusik, jedoch ist man dort noch mittendrin in der Suche nach einer Finanzierung auf verschiedenen Schultern.
Die Argumentation der Arbeitsgruppe für eine Popakademie nennt zunächst wirtschaftspolitische Gründe: Die Musikwirtschaft ist arbeitsplatzintensiv. Der deutsche Tonträgermarkt mit 2,37 Milliarden € Umsatz im Jahr 2001 beschäftigt rund 12 000 Personen in der Tonträgerindustrie, rund 22 000 im Groß- und Einzelhandel, rund 10 000 bei Musikverlagen und rund 100 000 als Musiker, Komponisten und Texter. Nach den USA mit 40 %, Japan mit 15,6 % und Großbritannien mit 8,3 % hat Deutschland mit 6,3 % den viertgrößten Umsatzanteil am Weltmarkt.
Warum fühlt sich gerade Baden-Württemberg berufen, als erstes Bundesland eine umfassende Konzeption auf dem Feld der Popmusik zu beschließen und umzusetzen?
Die Zahl der Rock- und Popbands in Baden-Württemberg wird auf rund 5 000 geschätzt. Popmusiker aus BadenWürttemberg gehören zu den Tops in Deutschland. Ich verweise unter anderem auf Xavier Naidoo, die Phantastischen Vier, Pur, die Söhne Mannheims, Fools Garden. Schließlich ist unser Bundesland mit einem hohen Anteil an Aktivitäten im Bereich der neuen Medien – ich verweise auch auf die Filmakademie und ihre Zentralkompetenz in den Visual Effects – geradezu dazu prädestiniert, die stark medientechnologisch orientierte Popmusik zu einem Politikfeld zu machen. Mit Mannheim und Stuttgart hat das Land zwei wichtige Popmusikstandorte.
Die Bedeutung der Popmusik als gesellschaftlicher und kultureller Faktor ist eminent. Kennzeichen einer modernen Landespolitik ist es, die Aufgeschlossenheit für eine neue gesellschaftliche Öffentlichkeit zu fördern und dabei Brücken zwischen Tradition und Moderne zu schlagen. Die Popmusik schlägt Brücken der Jugend zu Kirchen, Laienmusik und Musikschulen. Die integrative Wirkung der Popakademie zwischen Deutschen und Zuwanderern wird nur durch den Sport übertroffen.
Dies hat auch die Laienmusik erkannt, die eine programmatische Verbindung der traditionellen Volksmusik mit Elementen des Pop sucht und hierdurch die Laienmusikbewegung attraktiv für moderne Menschen gestaltet. BadenWürttemberg ist das Mutterland der Musikvereine mit 57 000 Vereinen, in denen 11 000 Ensembles und 63 000 aktive Ensemblemitglieder wirken. Die gleiche Entwicklung ist an den Musikschulen zu beobachten. Die 237 Musikschulen des Landes werden von 200 000 Schülern besucht. In 3 800 Musikschulensembles musizieren 63 700 Ensemblemitglieder.
Meine Damen und Herren, es war eine Riesenaufgabe, die Planung der Popakademie und vor allem ihre Finanzierung bis hierher zu bringen, und ich danke noch einmal ausdrücklich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die intensive, über alle Fraktionen hinweggehende Unterstützung der Landesregierung bei dieser Arbeit. Den Grund für diese allgemeine politische Zustimmung sehe ich darin, dass wir alle erkannt haben, dass das Land in einer wichtigen Umbruchsituation unseres auf Globalisierung gründenden Medienzeitalters an der Spitze der Entwicklung stehen muss. Es geht um Alleinstellungsmerkmale in der Medienpolitik wie Popakademie, Visual Effects im Film, Deutsch-Französische Filmakademie, neue Privatsender mit neuen Werbekonzepten und Stärkung des Dienstleistungssektors neben dem industriellen Sektor. Wir beanspruchen, an der Spitze der jetzigen Phase moderner Entwicklungen zu stehen, wir beanspruchen Phasendominanz.
Phasendominanz und Up-to-date-Sein in der jetzigen Situation heißt aber auch Partnerschaft mit der Wirtschaft und allen gesellschaftlichen Kräften. In der jetzigen Situation der öffentlichen Haushalte war eine Popakademie nur finanzierbar, weil sich alle – Stadt, Land, Sender, die Landesanstalt für Kommunikation und der größte Musikkonzern in Deutschland, Universal Music – an dem Projekt beteiligten. Auch hier meinen großen Dank an die Stadt Mannheim, besonders Herrn Oberbürgermeister Widder, Herrn Intendant Voß, Herrn Schunk von Radio Regenbogen, Herrn Präsident Renner von Universal Music und Herrn Professor Hirschle von der LfK. Ebenso danke ich für die in Aussicht gestellten Projektförderungen durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, die IHK Rhein-Neckar und den Sender MTV.
Public Private Partnership bei der Errichtung der Popakademie wäre aber verkannt, wenn sie nur auf den Finanzierungsaspekt begrenzt wäre. Vielmehr ist sie die Voraussetzung für die Realisierung der Qualifizierungsmethode des Learning by Doing, wie wir sie am Erfolgsmodell der Filmakademie praktizieren. Auch die Popakademie orientiert sich nahtlos an der Filmakademie Ludwigsburg. Dieser Akademiegedanke hat sich für Berufe des Medienbereichs auch zu der Darstellung der medialen Öffentlichkeit bewährt.
Ich nenne die Grundsätze des Praxis- und Projektbezugs und der Drittmittelorientierung, das duale System nach dem Vorbild der Berufsakademien und den starken Businessbezug, die wir in der Ausbildung verfolgen.
Die Praxisorientierung ist in Mannheim hervorragend gegeben, weil dort gleichzeitig mit der Errichtung der Popakademie mit dem Musikpark Mannheim ein Gründercenter für Popmusiker entsteht, sodass sofort Spin-off-Effekte möglich werden. Dieser Vorteil unterscheidet die Errichtung der Popakademie von der damaligen Gründung der Filmakademie, die erst nach und nach Gründerzentren in Ludwigsburg und in Stuttgart nachziehen musste.
Die Stadt Mannheim verfügt überdies über den Vorteil, dass sie als Ziel-2-Gebiet Fördermittel der EU im investiven Teil der Popakademie und des Musikparks einsetzen kann.
Mannheim ist die Mutter zahlreicher Künstler. Xavier Naidoo hat sich von vornherein zu einer beispielhaften Unterstützung und Hilfe für die Popakademie entschlossen. Er gibt für die Popakademie und die Stadt ein jährliches Benefizkonzert.
Die Popakademie bietet grundständige berufsqualifizierende Studiengänge mit einem staatlichen Abschluss an. Die Popakademie ist insoweit ein durch Gesetz mit öffentlichen Aufgaben beliehenes Unternehmen. Sie verbindet – wie die Filmakademie – eine privatrechtliche Gesellschaftsstruktur mit gesetzlichen Vorgaben für die übertragenen öffentlichen Aufgaben. Nach dieser Doppelstruktur werden privatrechtlich geregelt: die Einrichtung der Gesellschaft durch Gesellschaftsvertrag, die gesamte Gesellschafts- und Leitungsstruktur, der Studienbetrieb, die Verträge des Lehrkörpers, die Rechteverwertung und die Ausleih- und Nutzungsordnung.
Eine gesetzliche Grundlage ist erforderlich für Studiengang, Qualitätssicherung des Lehrkörpers, Studium, Prüfung und Abschluss, staatliche Aufsicht und Erhebung von Studiengebühren. Die gesetzliche Grundlage soll durch die Erweiterung und Ergänzung des Filmakademiegesetzes zu einem Akademiengesetz geschaffen werden.
Erstens werden die Regelungen des bisherigen Filmakademiegesetzes über Zugang, Lehrkörper, Studium, Prüfung und Abschluss auf die Popakademie „umgeklappt“. Im Gegensatz zur Filmakademie mit ihrem Diplomabschluss bietet die Popakademie einen in drei Jahren zu erreichenden Bachelor-Abschluss an.
Zweitens sollen bei der Änderung des Filmakademiegesetzes einige neue Regelungen eingeführt werden, die sich aus der Fortentwicklung der baden-württembergischen Hochschulgesetzgebung oder aus der Praxis der Filmakademie als notwendig erwiesen haben. Hierzu gehört die Eröffnung der Möglichkeit einer verbesserten Studienlenkung innerhalb der vorhandenen Studiengänge.
Drittens: Im Gegensatz zur Filmakademie kann im künstlerischen Studiengang der Popakademie die Hochschulreife als Zugangsvoraussetzung durch den Nachweis einer besonderen Begabung und einer hinreichenden Allgemeinbildung ersetzt werden.
Zum Anhörungsverfahren ist zu berichten, dass die Errichtung der Popakademie und damit die Gesetzesinitiative nahezu einhellig begrüßt wurde. Einige konkrete Anregungen wurden berücksichtigt. Allerdings konnte dem Einwand von Gewerkschaftsseite gegen die Erhebung von Studiengebühren nicht gefolgt werden, weil das Land die neue Akademie nicht finanzieren könnte, ohne dass sich die Studierenden in einem angemessenen Verhältnis an den relativ hohen Studienkosten beteiligen. Durch eine entsprechende soziale Abfederung wirkt diese Studiengebühr nicht abschreckend
oder gar prohibitiv. Weder die Hochschulen in der Anhörung noch Studieninteressierte bei dem großen Informationstag der Popakademie in Mannheim mit 500 Teilnehmern haben auch nur mit einem Wort die Erhebung einer angemessenen Studiengebühr kritisiert.
Meine Damen und Herren, mit dieser Erweiterung des Filmakademiegesetzes zum Akademiengesetz errichten wir nicht nur die Popakademie, sondern schaffen auch die Grundlage für die Erweiterung des Akademiegedankens für weitere Ausbildungsfelder im Bereich der Medien und medienstützender Berufe, die in einer Berufswelt der öffentlichen medialen Darstellung möglicherweise auch auf weitere Ausbildungsfelder ausgreifen könnte.