In großen Städten haben wir teilweise eine andere Situation. Aber die Mehrzahl der über 1 000 Gemeinden in BadenWürttemberg sind kleine Gemeinden; das wissen Sie. Für diese Gemeinden – und das ist der Löwenanteil der Gemeinden – trifft das, was ich gesagt habe, sehr wohl zu.
Ich möchte gar nicht auf die Zweifel eingehen, ob eine solche Regelung verfassungskonform wäre. Da hat der Herr Innenminister sicherlich die viel besseren Karten, dieses zu tun.
Einige Rechtswissenschaftler halten es sehr wohl für möglich, dass die Regelung verfassungskonform wäre. Herr Birzele, da gebe ich Ihnen durchaus Recht. Aber die Frage ist doch: Wenn wir Gefahr laufen, mit einem solchen Wahlverfahren in einen langwierigen Rechtsstreit um die Gültigkeit von Kommunalwahlen einzubiegen, dann werden wir, glaube ich, ein großes Problem damit haben. Schon allein deswegen müssen wir den Gesetzentwurf ablehnen; dabei sind wir uns auch mit dem Gemeindetag, dem Städtetag und dem Landkreistag einig. Ich meine, dass wir die vorliegende Frage politisch lösen müssen. Dies sollten wir auch auf politischem Wege tun.
Wie schaffen es zum Beispiel Kommunen wie Schömberg im Zollernalbkreis mit fast 5 000 Einwohnern, Neulußheim im Rhein-Neckar-Kreis mit über 6 000 Einwohnern, Umkirch im Breisgau-Hochschwarzwald mit über 4 000
Einwohnern oder die Landeshauptstadt Stuttgart, einen Frauenanteil von fast 50 % zu erreichen, und zwar ganz ohne gesetzliche Instrumente?
Wir sehen anhand der unterschiedlichen Wahlergebnisse, dass das Wahlrecht nicht die Ursache für die mangelnde Vertretung von Frauen ist.
Wenn ich einige Erfahrungssätze einbringen darf, dann möchte ich zuallererst sagen: Ohne Unterstützung durch Männer wird es nicht gehen, und ohne Unterstützung durch Männer ist das Unternehmen, mehr Frauen in die Kommunalparlamente zu bringen, von vornherein vergebens. Deswegen, liebe Kollegen, unterstützen Sie dieses Anliegen vor Ort. Sonst wird es nicht gehen.
Wir müssen auch mehr Frauen für ein Engagement gewinnen. Herr Birzele, es ist ja unser gemeinsames Problem, dass wir zum Teil auch keine Kandidatinnen finden, die bereit sind. Deswegen brauchen wir natürlich auch Mentorinnen und Mentoren, die Frauen an diese Aufgabe heranführen und sich für sie einsetzen.
Und wir brauchen – das ist mein dritter Erfahrungssatz – eine Gestaltung von Entschädigungen. Es hilft, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Kinderbetreuung separat vergütet wird. Hier hat das Innenministerium eine entsprechende Empfehlung herausgegeben. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Empfehlung in allen Kommunen umgesetzt wird. Dann tun sich Frauen erheblich leichter, die Vereinbarkeit von Politik und Familie zu sichern, und dann tun wir uns leichter, Kandidatinnen zu sagen: Wir sorgen dafür, dass ihr das Mandat auch ausüben könnt.
Es gibt bereits entsprechende Regelungen. In der Landeshauptstadt zum Beispiel gibt es bei Kinderbetreuung doppeltes Sitzungsgeld. In Backnang, Pforzheim und Fellbach gibt es zwischen 5 und 21 € zusätzlich. Das sind Regelungen, die wir für vorbildlich halten und die wir massiv unter die Leute und auch in die Kommunen bringen wollen.
Die CDU will und wird ihre Frauenbilanz bei der nächsten Kommunalwahl verbessern. Das ist unser Ziel, ein Ziel, das wir ohne solche Vorschriften, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, erreichen. Wir sind bereits jetzt dabei, das Erreichen dieses Zieles zu sichern.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ganz klar, dass auch ich für mehr Frauen in Gemeinderäten, Regionalverbänden und ähnlichen Gremien bin. Schließlich war ich maßgebli
che Mitbegründerin der Frauenliste in unserem Ort, die inzwischen den Frauenanteil in allen Gruppierungen im Gemeinderat wesentlich nach oben gebracht hat. Seit ich von dieser Gesetzesinitiative gehört habe, überlege ich mir allerdings immer wieder: Was treibt eigentlich die SPD zu dieser Aktivität?
Denn wenn man die Analyse der letzten Bundestagswahl ansieht, stellt man doch vor allem fest: Die Frauen haben SPD gewählt, weil sie sich dort besser vertreten fühlen. Wenn Sie jetzt mit dieser Initiative erfolgreich sind und überall viele Frauen drin sind, dann haben Sie ein absolutes Prä verspielt.
(Abg. Birzele SPD: So uneigennützig sind wir! – Abg. Marianne Wonnay SPD: Wir wollen Ihnen dieses Erfolgserlebnis auch bescheren!)
Das können Sie nur beantragen, weil Sie davon ausgehen, dass es abgelehnt wird. Die Grünen müssen das aus dem gleichen Grund erst recht ablehnen.
Aber etwas ganz anderes: Dort, wo es, wie bei den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Listen gibt, die von Wählerinnen und Wählern gestaltet werden können, da liegt das in dieser Hinsicht durchaus lobenswerte Ergebnis von Rot-Grün eben nicht an der Quote, sondern vor allem an der Wählerschaft, die halt bei diesem politischen Spektrum in dieser Thematik eine aufgeschlossenere Haltung zeigt und die ich dafür durchaus lobe.
Hoffen jetzt also die Initiatoren des Gesetzentwurfs, dass, wenn man eine solche Quotierung vorschreibt, konservative Gruppen dann halt pflegeleichte Frauen aufstellen, die weniger Stimmen kriegen?
Aber da können Sie sich auch gewaltig täuschen. Die Kollegin Gräßle hat es schon angesprochen: In allen politischen Bereichen sind im Moment Frauen auf dem Vormarsch. Da tut sich etwas.
Besonders „gelungen“ finde ich im Übrigen Ihre Formulierung zum jeweils fünften Platz. Der kann nämlich laut Ihrem Vorschlag – ich zitiere – „entweder mit einer Frau oder einem Mann“ besetzt werden.
Sie wollen mit dem Gesetzentwurf zu einem Anteil von mindestens 40 % je Geschlecht kommen. Das wird, solange
wir das Kumulieren und Panaschieren erlauben, einfach nicht möglich sein. Am allerwenigsten werden Sie das im ländlichen Raum erreichen, denn da kennt man sich doch noch. Da wählt man nicht danach, auf welchem Platz der Liste jemand steht, sondern danach, was man ihm zutraut. Hilfreich ist in diesem Fall wirklich nur, sich dafür einzusetzen, dass kompetente Frauen auf die Listen kommen.
Der Gesetzentwurf ist schlicht und einfach untauglich. Jetzt wollen wir aber nicht Wählerinnen schelten, wie das so oft passiert und wie ich das auch in Zwischenrufen vorhin gehört habe, sondern wir sollten eine Best-Practice-Analyse machen. Die Kollegin Gräßle hat es schon angesprochen. Es gibt Gemeindegremien mit besonders hohen Frauenanteilen. Vielleicht schauen wir da einmal nach: Wie ist es dazu gekommen, dass es dort besonders gut ist? Danach müssen wir sehen, wie wir vom Landtag und von den Parteien aus diese Entwicklung stützen können. Ich stehe dabei jederzeit dahinter und mache mit.
Wir sind auf jeden Fall gegen neue Vorschriften, die Bürgerinnen und Bürger immer mehr gängeln, die uns immer mehr zur „Versicherungsgesellschaft“ werden lassen,
in der wir uns gegen alle möglichen Entwicklungen absichern. Da müssen wir deregulieren. Nein, wir stehen für die Grundregeln der Demokratie: Parteien und Wählerinnenoder Wählervereinigungen stellen Kandidatinnen und Kandidaten auf, die sie für geeignet halten, und die Wählerinnen und Wähler bestimmen bei Kommunalwahlen in Baden-Württemberg ganz gezielt, wen sie in diesem Amt haben wollen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rede der Kollegin Berroth war einfach neben dem Thema, sodass ich darauf gar nicht eingehen werde.
(Abg. Dr. Lasotta CDU: Die Frauen sind immer so giftig! – Abg. Döpper CDU: Jetzt geht es aber rund! – Unruhe)