In diesem Zusammenhang würdigen wir ebenfalls ausdrücklich die qualifizierte und warnende Stellungnahme zu den dilettantischen und konzeptionslosen Vorgehensweisen bei den Versuchen zur flächendeckenden Einführung der neuen Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung. Wir halten es auch für notwendig und richtig, wenn sich der Rechnungshof Tabubereichen wie Lehrerdeputaten, Dienstunfähigkeit im Schuldienst sowie Sach- und Personalausstattung der Polizei zuwendet.
Ich will nur andeuten, dass auch die Vertretungen des Landes in Berlin und Brüssel sowie die Aufblähung des Staatsministeriums in offenkundigem Gegentrend zu allen anderen Landesbehörden Anlass für Leistungsnachweise der einzig unabhängigen Kontrollinstanz neben der Parlamentsopposition bieten können.
Hierzu rufen wir ausdrücklich auf und ermuntern den Rechnungshof, in dieser Richtung weitere Untersuchungen anzustellen.
Da ich davon ausgehe, dass alle hier auf Regierungs- und Abgeordnetenbänken noch Anwesenden die Denkschrift mit 264 Seiten und die umfangreichen Drucksachen über die Beratungen in den vier Sitzungen des Finanzausschusses gelesen haben,
will ich mich auf vier Themen beschränken, nämlich die Neuverschuldung, Ferien auf dem Bauernhof, die Organisation des Lehrkräfteeinsatzes und den Einsatz von Kopiergeräten.
Neuverschuldung: Die Nettokreditaufnahme mit 4,4 Milliarden DM im Jahr 2001 gleich 2,25 Milliarden € beendet ganz zweifelsfrei die Konsolidierungsphase der vorangegangenen Jahre. Auch wenn 1,9 Milliarden DM auf den Erwerb einer stillen Beteiligung an der Landesbank BadenWürttemberg entfallen, verbleibt ein gegenüber dem Jahr 2000 um 1,6 Milliarden DM höherer, bedenklicher Kreditbedarf. Die neuesten Zahlen lassen sogar noch Schlimmeres in der weiteren Finanzentwicklung erwarten.
Das Ergebnis ist eine Verschuldung des Landes zum Jahresende 2001 mit 65,7 Milliarden DM und einem Anstieg der Pro-Kopf-Verschuldung von 5 497
DM auf 5 921 DM. Auch der damit immer noch eingenommene zweite Platz unter den alten Flächenländern tröstet nicht darüber hinweg, dass der finanzielle Handlungsspielraum des Landes auch wegen der absehbaren erheblichen Steigerung der Pensionsverpflichtungen mittelfristig durch den immensen Schuldendienst zusätzlich so eingeschränkt wird, dass die Reduzierung der Nettoneuverschuldung per 2006 auf null als ein gemeinsam getragenes wichtiges Ziel mit Sicherheit nicht mehr erreicht werden kann und dass alles, was dazu trotz dieser Entwicklung gesagt wird, als Schall und Rauch zu empfinden ist, wenn nicht den rückläufigen Einnahmen auch Taten im Sinne von erheblichen Einsparungen und Abbau von Aufgaben entsprechend unseren Vorschlägen folgen.
Alle Ausgaben, deren Notwendigkeit nicht belegt ist, müssen unterbleiben. Bei diesem Stichwort fallen mir viele Aktivitäten der Landesregierung und insbesondere auch der Landesstiftung ein, die alles andere als notwendig sind und eher an Verschwendung öffentlicher Mittel denken lassen.
Die Mahnung ist deutlich. Wer sich die Ohren nicht zuhält und auch nicht nach dem Motto des Diebs verfährt, der „Haltet den Dieb“ schreit, muss die eindringliche Warnung des Rechnungshofs ernst nehmen und in die politische Praxis übersetzen. Aus den zahlreichen wichtigen Erkenntnissen will ich nur wenige Komplexe herausgreifen.
Die Förderung landwirtschaftlicher Investitionen im Betriebszweig „Urlaub auf dem Bauernhof“ führte bei der Mehrzahl der geförderten Betriebe nicht zu nennenswerten Einkommensverbesserungen, bei einigen Betrieben sogar zu Einkommensverschlechterungen. Die Voraussetzungen der Förderung wurden von den Bewilligungsbehörden vielfach nur unzureichend geprüft.
Die Empfehlungen des Rechnungshofs auf Seite 174 der Denkschrift belegen, dass öffentliche Mittel in Förderprogrammen nicht ausgegeben werden dürfen – selbst dann nicht, wenn sie teilweise vom Bund oder von der EU stammen –, wenn sie erkennbar nicht die beabsichtigte Wirkung erzielen. Dieser Hinweis gilt im Übrigen für verschiedene weitere Subventionen und Förderprogramme.
Über den zoologisch-botanischen Garten Wilhelma will ich an dieser Stelle ebenso wenig sprechen wie über das Tübinger Gewächshaus, die Rheinbrücke zwischen Kehl und Straßburg, die Organisation des Personaleinsatzes eines Polizeipräsidiums oder die Problematik der Slawistik-Studiengänge.
Ich will mich aber der Organisation des Lehrkräfteeinsatzes an allgemein bildenden Gymnasien zuwenden. Im Rahmen seiner Untersuchung hat der Rechnungshof eine Personalreserve von bis zu 870 Stellen ermittelt. Die Feststellungen zur unzulänglichen Steuerung des Einsatzes der Personalressourcen sowie die Erkenntnisse über die völlig unzulängliche Führung von Kurstage- und Klassenbüchern rechtfer
tigen den vorgeschlagenen Pilotversuch mit einem Schuljahresdeputat. Diese Ansätze werden uns über die Denkschrift 2002 hinaus mit Sicherheit noch länger beschäftigen müssen.
Es würde den Zeitrahmen sprengen, wenn ich alle wichtigen Vorschläge und Ergebnisse der Prüfungen ansprechen wollte. Die eingeforderten Wirtschaftlichkeitsanalysen für die Beschaffung und den Einsatz von Kopiergeräten mit einem Einsparpotenzial von 2,7 Millionen € sprechen ebenso für sich selbst wie die Forderung nach zeitnäherer und konsequenter Umsetzung von Maßnahmen der Verwaltungsreform zur verbesserten Nutzung der Optimierungspotenziale. Auch den Appell des Rechnungshofs, Empfehlungen aufgrund früherer Prüfungen überhaupt und ohne schuldhaftes Zögern umzusetzen, machen wir uns ausdrücklich zu Eigen.
Zimmermann, aufpassen, gleich kommts! – Wir sind zur Weiterführung der bewährten sachlichen Zusammenarbeit bereit. Als Abschlusswunsch hoffe ich aber für die Landesregierung, dass folgende Erkenntnis von Goethe nicht auf sie zutrifft:
Man kann die Nützlichkeit einer Idee anerkennen und doch nicht recht verstehen, sie vollkommen zu nutzen.
Frau Präsidentin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf Sie eingehe, ein paar allgemeine Worte zur Rechnungshofdenkschrift 2002. Sie hat keine Skandale zutage gefördert und offenbart. Sie hat auch – sieht man von dem schon erwähnten überaus aufwendigen Neubau eines Gewächshauses in Tübingen einmal ab –
keine gravierenden Fälle öffentlicher Verschwendung ans Tageslicht gebracht. Aber dennoch waren auch die diesjährigen Anregungen und Hinweise sehr hilfreich für einen sparsameren und effizienteren Umgang mit den öffentlichen Mitteln.
Die Verdienste des Rechnungshofs um eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung sind in diesem Hause unstrittig.
Das Parlament würdigt dies am besten dadurch, dass die Denkschrift des Rechnungshofs zügig beraten wird – ich sage das jedes Jahr aufs Neue –, dass die Anregungen des Rechnungshofs aufgegriffen werden und dass danach genauestens auf die Umsetzung der entsprechenden Beschlüsse des Landtags geachtet wird.
Die besondere Stellung des Rechnungshofs wird auch dadurch deutlich, dass bei der Beratung der Denkschriften des Rechnungshofs fast immer Einstimmigkeit im Finanzausschuss erreicht werden konnte. Von wenigen Ausnahmen abgesehen – ich komme gleich darauf zu sprechen – war dies in gleicher Weise auch bei der Denkschrift 2002 der Fall. Auch dies belegt das Vertrauen, das dem Rechnungshof von allen Fraktionen entgegengebracht wird.
Bevor ich nun aus der Fülle der Anregungen ein paar Beispiele bringe, möchte ich jetzt kurz auf meinen Vorredner eingehen. Es ist in der Tat so, dass es dann und wann auch einmal Mehrheiten links von der CDU gibt. Das gibt es tatsächlich, vor allem wenn wir über Privatisierung reden. Aber Sie werden uns natürlich nicht aus der Ruhe bringen, dass wir hier wechselseitige Mehrheiten machten.
Das ist relativ wenig ergiebig und wenig sinnvoll. Wir sind in einer Koalition. Wenn Sie etwas anregen, heißt das noch lange nicht, dass diese Anregung nicht als solche bei uns aufgenommen würde und dann auch bei uns diskutiert würde.
Dann legen wir unsere Haltung fest. Da werden meist noch etliche Formulierungen geändert. Aber das geschieht im Einvernehmen. Das posaunen wir auch nicht groß hinaus. Warum sollten wir dies tun?