Protocol of the Session on November 13, 2002

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Schon wieder eine Seifenblase!)

Gegenstimmen? – Das Letztere war die Mehrheit.

Wir stimmen nun über den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/1486, zum Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 13/1240, ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –

(Abg. Wieser CDU: Was ist denn jetzt los? – Oh- Rufe von der CDU)

Gegenstimmen? –

(Abg. Drexler SPD: Da steht doch nichts drin! – Un- ruhe)

Enthaltungen? – Dem Antrag ist mehrheitlich zugestimmt.

Ich lasse nun über den Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/1499, zum Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 13/1240, abstimmen. Die Fraktion GRÜNE wünscht in diesem Antrag zwei redaktionelle Änderungen: Unter Ziffer 3 sollen die Worte „im Landesgleichberechtigungsgesetz festzuschreiben, dass“ gestrichen werden, sodass die Ziffer 3 lautet:

in die Gemeinde- und Landkreisordnung die Verpflichtung zur Einrichtung der Stelle einer hauptamtlichen kommunalen Frauenbeauftragten aufzunehmen.

(Abg. Capezzuto SPD: Das ist vernünftig!)

Eine zweite Änderung bezieht sich auf Ziffer 4 dieses Antrags. Dort soll es nicht „Gleichverträglichkeitsprüfungen“ heißen, sondern „Gleichstellungsverträglichkeitsprüfungen“.

(Abg. Hauk CDU: Das sind Wortungetüme! Sprachförderung!)

Wer dem Antrag mit diesen Änderungen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –

(Zuruf: Buh!)

Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

„Familienpolitik als Standortfaktor“

a) Große Anfrage der Fraktion GRÜNE und Antwort der Landesregierung – Familienunterstützende Angebote in Baden-Württemberg – Drucksache 13/681

(Stellv. Präsidentin Christa Vossschulte)

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Sozialministeriums – Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts BadenWürttemberg – Drucksache 13/449

c) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Sozialministeriums – Familienpolitik als Standortfaktor in Baden-Württemberg – Drucksache 13/1393

Wem darf ich in der Aussprache das Wort erteilen? – Frau Lösch, sprechen Sie für die Fraktion GRÜNE? – Dann darf ich Ihnen das Wort erteilen.

(Abg. Birzele SPD: Fünf Minuten! – Gegenruf des Abg. Oettinger CDU: Kein Problem!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Familien in Baden-Württemberg stark zu machen hat für uns, die grüne Landtagsfraktion, schon immer eine sehr hohe Priorität gehabt. Familie ist kein Auslaufmodell, sondern eines der zentralen Themen der Zukunft. So weit sind wir uns wahrscheinlich alle einig.

Unterschiedliche Auffassungen gibt es, wenn es um die Definition von Familie geht. Für uns ist Familie da, wo Kinder sind, egal, ob jemand verheiratet oder unverheiratet oder allein erziehend ist. Familienpolitik ist nicht dazu da, den Menschen vorzuschreiben, in welcher Lebensform sie leben sollen; sie soll sich vielmehr an den Interessen und Bedürfnissen der Familien orientieren.

(Beifall bei den Grünen)

Es stimmt nicht mehr, dass Kinder allemal geboren werden, wie Konrad Adenauer noch gesagt hat, und es ist höchste Zeit, dass wir die gesellschaftliche Verantwortung für Kinder neu bedenken, dass wir die Zeit und die Zuwendung, die sie brauchen, die Betreuung und Bildung, die aus ihnen erst vollwertige Mitglieder der Gesellschaft machen, zwischen Männern, Frauen und den Einrichtungen der Gesellschaft anders verteilen.

Familienpolitik betrifft in erster Linie das Zusammenleben mit Kindern. Familienpolitik muss sich an den Lebenswirklichkeiten der Menschen orientieren und darf sich nicht an ideologischen Familienbildern festmachen, wie es in BadenWürttemberg noch oft der Fall ist.

(Abg. Alfred Haas CDU: In Berlin auch!)

Die familienpolitischen Maßnahmen der Landesregierung sind gezeichnet von einer sehr hohen Ambivalenz zwischen traditionellem Familienbild und der Anerkennung der Lebenswirklichkeiten. Beispiele dafür sind die Kinderbetreuungskonzepte für Kinder unter drei Jahren, die Ablehnung der Ganztagsbetreuung sowie auch der geringe Stellenwert der Familienbildung.

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie haben ein Glaubwürdigkeitsdefizit. Sie pflegen Ihr familienfreundliches Image mit Lobpreisungen auf die Familie, ohne aber in der Praxis tatsächlich familienfreundliche Politik zu machen. In Sonntagsreden wird bekräftigt, Kinder seien das Beste, was wir hätten, aber – und das füge ich jetzt hinzu – kosten sollen sie nichts.

Ich darf Sie nur an die 20-prozentige Kürzung im Landesprogramm „Mutter und Kind“ in Höhe von 1,25 Millionen €, auf das Sie so stolz verweisen, sowie an die Kürzungen in den Bereichen Familienerholung und Familienferienstätten erinnern. Da werden die individuellen Hilfen für Familien bis ins Jahr 2003 um 70 % gekürzt, von 639 000 € auf 200 000 €.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das sind doch Peanuts gegenüber der Ökosteuer!)

Dies trifft vor allem kinderreiche Familien, die keine andere Möglichkeit haben, Familienurlaub zu machen. Sie schreiben selbst in Ihrem Antrag, dass das Geld nicht für alle antragstellenden Familien ausreichen wird.

(Abg. Alfred Haas CDU: Schaffen Sie die Ökosteu- er ab!)

Gerade für Familien mit noch nicht schulpflichtigen Kindern ist die Verknüpfung von Familienerholung und Familienbildung ein geeignetes Mittel, in einem familiengerechten Umfeld die für sie auch nötige Stärkung der Erziehungskraft zu erhalten, ohne ihre finanziellen Möglichkeiten zu überfordern. Denn sie können in der Regel keine längeren Bildungsmaßnahmen besuchen.

Auch die Investitionszuschüsse an die Familienferienstätten werden gekürzt. Dadurch können notwendige Baumaßnahmen nicht mehr durchgeführt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich dadurch, weil es sich um anteilige Komplementärmittel handelt, auch die Bundeszuschüsse reduzieren.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Das alles sind Maßnahmen, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Haas, die Familien bestimmt nicht stark machen und auch von keinem familienfreundlichen Klima in Baden-Württemberg zeugen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Klima wird auch nicht dadurch familienfreundlicher, dass auf der anderen Seite im Rahmen der Landesstiftung ein „Aktionsprogramm Familie“ beschlossen wird, das Fördermittel für innovative Projekte zur Familienbildung in Höhe von 750 000 € erhält. Da zeigt sich wieder einmal der Pferdefuß der von der Landesregierung so hoch gelobten, aber nichtsdestotrotz höchst undemokratischen Konstruktion der Landesstiftung:

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Dringend Notwendiges kann nicht mehr finanziert werden, aber für innovative Projekte ist genug Geld da.

(Beifall bei den Grünen)

Im Zusammenhang mit der Landesstiftung möchte ich auch noch einmal an die Elternakademie erinnern. Die Elternakademie, die 600 000 € aus Mitteln der Landesstiftung bekommen hat, um auch die Erziehungskraft der – –

(Die Rednerin hustet und trinkt einen Schluck Was- ser. – Abg. Alfred Haas CDU: Jetzt hätte Werbung drauf gewesen sein müssen! – Gegenruf des Abg. Teßmer SPD: Bei Ihnen wäre Werbung drauf gewe- sen, Herr Haas! – Weitere Zurufe)

Noch einmal: In diesem Zusammenhang möchte ich auf die 600 000 € verweisen, die die Landesstiftung an die Elternakademie gezahlt hat. Die Elternakademie ist eine undemokratisch gewählte Einrichtung,

(Abg. Alfred Haas CDU: „Undemokratisch“!)

auch um die Erziehungskraft der Eltern zu stärken. Andererseits werden die Gelder beim Programm „Mutter und Kind“ gestrichen, wo die Gelder besser aufgehoben gewesen wären, um die Erziehungskraft der Alleinerziehenden zu stärken.