Protocol of the Session on July 18, 2002

und da hatten wir das müssen Sie sich ins Stammbuch schreiben lassen 16 Jahre lang in einer Hochkonjunkturphase eine Steigerung der Arbeitslosigkeit wie bei einem Naturgesetz. In einer Hochkonjunkturphase! Das ist Ihre Verantwortung, meine Damen und Herren, und deshalb sehe ich überhaupt keinen Grund dafür, dass Sie mit einer unglaublichen Selbstgefälligkeit und Selbstzufriedenheit hier meinen, alles besser zu wissen und uns kritisieren zu können. Ich verstehe das nicht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen Zuruf des Abg. Dr. Birk CDU)

Wir haben versucht, mit unserer Politik in den dreidreiviertel Jahren, die seit der Regierungsübernahme in Berlin jetzt vergangen sind, einen Paradigmenwechsel in der Frage der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hinzubekommen: aktive Arbeitsmarktpolitik, Jobrotation, Mainzer Modell, MozartProjekte, sofortige Schulung da muss man nicht ein Jahr arbeitslos sein, wie es in der Zeit Ihrer Regierung noch erforderlich war und etliche andere Maßnahmen.

Jetzt sage ich Ihnen eines: Wenn diese Maßnahmen im Ergebnis zu einem Erfolg bei der Bekämpfung der strukturell verfestigten Arbeitslosigkeit führen, nämlich zu einem dra

matischen Rückgang bei Langzeitarbeitslosen, bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, bei Schwerbehinderten

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

und auch JUMP-Programm bei Jugendlichen, dann ist das der Teil, bei dem wir sagen: Unsere Arbeitsmarktpolitik war erfolgreich.

Wenn wir zum anderen auch sagen, wir hätten uns vorgestellt, die Arbeitslosigkeit deutlicher senken zu können die Höhe der Arbeitslosigkeit, fast 4 Millionen Arbeitslose, gefällt uns überhaupt nicht; das ist für uns kein Ruhmesblatt, das behaupten wir nicht , dann will ich Ihnen eines sagen: Wir haben eine Menge Maßnahmen entwickelt. Wir haben versucht, etwas zu bewegen,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Versucht! Es blieb beim Versuch!)

und haben auch etwas bewegt und haben vielen Menschen Perspektiven vermittelt. Das ist etwas, was Sie vorher überhaupt nicht gemacht haben.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wenn man dann erkennt wir haben dies relativ frühzeitig erkannt, verglichen mit den 16 Jahren, in denen Sie regiert haben , dass diese Maßnahmen nicht genügen uns zumindest nicht , um die Arbeitslosigkeit mit der notwendigen Geschwindigkeit, Effektivität und Effizienz zu bekämpfen, dann lässt man sich etwas Neues einfallen. Dann muss man zu unkonventionellen Maßnahmen greifen. Das sage ich Ihnen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Was man vorher immer abgelehnt hat!)

Wer das nicht macht, arbeitet verantwortungslos, und wer es macht wie es zum Beispiel bei der Einsetzung der Hartz-Kommission der Fall ist , der betreibt eine verantwortungsvolle Politik das sage ich Ihnen , und die machen wir mit dieser Maßnahme.

(Beifall bei der SPD Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Jetzt will ich Ihnen, Herr Noll, ein paar Takte sagen: Entweder haben Sie es nicht gelesen oder nicht verstanden oder wieder vergessen.

Herr Birk, ein paar Punkte zur Hartz-Kommission mein zweiter Teil :

Erster Punkt: Schnelle Vermittlung. Also, ich weiß nicht, ob Sie das wissen:

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Natürlich wissen wir das!)

40 % aller, die arbeitslos werden, werden innerhalb von drei Monaten wieder in Arbeit vermittelt.

(Abg. Wieser CDU: Das wissen wir schon lange!)

Herr Wieser, ich weiß nicht, ob Sie es gewusst haben. Ich frage Sie: Ist es eine kluge Maßnahme, zu sagen: „Wir

wollen es zur Pflicht machen, sich ab dem Tag der Kündigung beim Arbeitsamt zu melden“?

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Natürlich ist das klug!)

Ist es eine kluge Maßnahme, zu sagen: „Und dann muss der Arbeitgeber für Vorstellungen freistellen“? Und ist es eine kluge Maßnahme, zu sagen: „Die Vermittlung beginnt am ersten Tag der Kündigung“? Wenn Sie da zustimmen, ist es prima. Wir behaupten, das ist eine richtige Maßnahme, und deshalb werden wir diesen Vorschlag auch unterstützen.

(Beifall bei der SPD Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Birk und Hauk CDU)

Ein weiterer Punkt: Ist es nicht richtig, den Verschiebebahnhof zwischen Arbeitsämtern und Sozialämtern von Ihnen geerbt zu beenden? Ich frage Sie: Ist es richtig, diesen Verschiebebahnhof zu beenden

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Dann tut es doch!)

und zu sagen, wir brauchen Jobcenter, wir brauchen die Leistung aus einer Hand, wir müssen sie auch Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern anbieten, die vorher gar keine Arbeitslosenunterstützung, also BA-Unterstützung, in Anspruch nehmen konnten? Wir müssen denen eine qualitativ gute Arbeit anbieten. Ist das richtig oder falsch? Wir meinen, das ist richtig und eine gute Aktion.

(Beifall bei der SPD Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Nur ein bisschen spät!)

Herr Birk und Herr Noll, jetzt passen Sie auf! Also, wenn Sie meinen, wir machten mit dieser Personalserviceagentur etwas, was Sie früher schon lange eingefordert haben, will ich Ihnen einmal sehr deutlich und unmissverständlich den Unterschied erklären zwischen dem, was wir auf den Weg zu bringen versuchen, und dem, was Sie auf den Weg zu bringen versucht haben. Das Gleiche gilt nachher übrigens für die Ich-AG.

Sie wollen und Sie haben das in Ihrer Regierungszeit demonstriert Arbeitnehmerrechte abbauen, Sie haben dereguliert,

(Widerspruch der Abg. Dr. Birk CDU und Dr. Noll FDP/DVP)

Sie haben aus sicheren Arbeitsplätzen wackelige Arbeitsplätze gemacht und haben die Leute in ihrer Situation verunsichert.

Wir dagegen sagen: Die Leute, die arbeitslos sind und nicht sofort auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können,

(Abg. Dr. Birk CDU: Klassenkampfparolen!)

bekommen über die PSAs, die Personalserviceagenturen, die Chance, hineinzugehen. Wir vermitteln Chancen, Sie aber haben Ängste vermittelt und Unsicherheit erzeugt. Das ist der Unterschied.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sie haben die Ängste geschürt!)

Deshalb ist auch der dritte Punkt richtig, zu sagen: Wir brauchen abgesicherte Leiharbeit, damit die Leute eine vernünftige Perspektive bekommen und die Unternehmen damit umgehen können.

(Beifall bei der SPD Abg. Drexler SPD: Sehr gut!)

Herr Birk und Herr Noll, nun zu diesem Märchen der Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit. Lassen Sie sich einfach sagen: Was Sie mit der Scheinselbstständigkeit gemacht haben, das bestand darin, Leute aus sicheren Arbeitsverhältnissen herauszuholen. Da hat die Frau an der Theke praktisch beim Zapfer Bier eingekauft und hat es am Tisch Nummer 1 wieder verkauft, und der Paketzusteller bei UPS oder bei Hermes ist auf die Straße geschmissen worden und arbeitete als Selbstständiger mit weniger Rechten und weniger Verdienst und mehr Unsicherheit weiter. Das war Ihr Konzept.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt komme ich zu unserem Konzept, und das heißt: Es gibt die Chance, aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen: mit einer Pauschalversteuerung, mit einer Sozialversicherung,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wie? Wie sieht die aus?)

mit einer nur teilweisen Anrechnung des Arbeitslosengeldes, um sich selbstständig zu machen und eine echte Perspektive aufzubauen.

(Zuruf des Abg. Dr. Birk CDU)

Dadurch kann man aus einer miesen Situation eine gute machen. Sie aber haben aus einer guten Situation eine miese gemacht, und deshalb ist auch dieser Punkt, den wir da fordern, genau richtig.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen Abg. Hauk CDU: Vier Jahre Zeit und nichts gelaufen! Weitere Zurufe)

Lassen Sie mich bloß noch als Überschrift sagen: Was haben Sie denn gegen Entbürokratisierung? Sie führen diesen Begriff doch laufend im Mund!

(Abg. Drexler SPD: Nur Sprüche! Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Habe ich doch gesagt! Haben wir ge- sagt! Zuhören!)

Was spricht denn dagegen, zu sagen: „Wir entlasten die Bundesanstalt und die Menschen, die dort arbeiten, von der notwendigen Verwaltungsarbeit