Zweiter Punkt: Mir fällt schon auf, Herr Wieser und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wie Sie in den vergangenen Debatten wir führen eine solche Stellvertreterdebatte ja nicht zum ersten Mal mit großen Forderungen ausgezogen sind. Aber jetzt, wo der Wahltermin näher rückt, wo Sie hoffen, dass sich Licht am Ende des Tunnels auftut, werden Ihre Forderungen immer etwas bescheidener, ein bisschen in Watte gepackt, wird alles in Nebensätze verpackt, und Sie beißen gar nicht mehr zu Herr Wieser, das kenne ich ja gar nicht von Ihnen. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen. Vor Monaten hieß es immer, das Betriebsverfassungsgesetz sei kontraproduktiv; Sie waren dagegen. Was haben wir für starke Worte gehört. Lese ich das Programm, das Sie beschlossen haben, finde ich da zum Beispiel einen Satz zum Betriebsverfassungsgesetz:
Dabei werden wir auch die Größe der Betriebsräte und die herabgesetzten Schwellenwerte für freigestellte Betriebsräte für künftige Wahlperioden überprüfen.
Ich stelle fest: Die CDU ist bereit, sich jetzt mit der Realität auseinander zu setzen, Gesetze auch tatsächlich zu überprüfen. Ende der Fundamentalopposition willkommen in der Realität, Herr Wieser.
Jetzt kommen wir zum nächsten Punkt. In diesen Debatten fehlen ja nie Bemerkungen zum Streitpunkt 630-DM-Jobs/ 325--Jobs. Eines dürfen wir in der Debatte nicht vergessen: Bevor es die rot-grüne Bundesregierung gab, gab es eine verhängnisvolle Tendenz. Da gab es sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen. Viele davon wurden aufgeteilt in drei oder vier 630-DM-Jobs. Damit fielen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze weg. Es wurden keine Beiträge mehr für das soziale Netz geleistet, und die Beschäftigten standen dann ohne Schutz da.
Die Anrechnungszeiten für die Rente fielen weg. Die Rentenbiographie wurde unterbrochen. Das war eine verhängnisvolle Sache, die dazu geführt hätte, dass das soziale Netz, auf das wir alle in der Bundesrepublik stolz sein konnten, zerstört worden wäre.
Das, was jetzt Herr Stoiber und die CDU/CSU wollen, ist: Sie wollen wieder zurück zu dieser alten Regelung.
Sie wollen, dass die Möglichkeit für die einzelnen Beschäftigten, auf diese Weise ihre Rentenbiographie zu flicken und zusammenhängend zu machen, praktisch wieder abgeschafft wird. Das ist ein Einschnitt in das soziale Netz. Da meine ich: Diese Regelung ist aus guten Gründen eingeführt worden.
Herr Wieser, ich gebe Ihnen andererseits natürlich Recht: Die neue Regelung ist noch zu bürokratisch.
Man muss daran arbeiten, das an Details zu vereinfachen und die Bürokratie zu vermindern. Das hat die Regierung ja auch erkannt. Sie hat erste Schritte gemacht: Meldeverfahren wurden vereinfacht, Meldefristen wurden verlängert. Auf diesem Weg sollten wir weitergehen, aber keine Schnitte ins soziale Netz produzieren.
Lassen Sie mich jetzt einen letzten Punkt ansprechen, der immer von Herrn Hofer kommt, auf den man sich verlassen kann wie auf das Amen in der Kirche: Flexibilisierung, Flexibilisierung.
Er nennt es auch Freiheit. In diesem Fall muss ich der CDU danken, dass sie einen Antrag dazu geschrieben hat. Die Landesregierung hat in bemerkenswerter Klarheit darauf geantwortet. Jetzt lese ich einmal nicht aus einem grünen Parteiprogramm vor, sondern aus der Antwort der Landesregierung auf die Frage: Wie sieht es denn mit der Flexibilisierung hier in diesem unseren Lande aus? Da darf ich aus der Drucksache 13/327, Seite 13 unten, zitieren. Da steht ich zitiere :
Das geltende Tarifrecht lässt weitgehende Flexibilisierungen und Differenzierungen zu, um den Betrieben die notwendigen Spielräume zu geben.
Einen Absatz weiter werden Beispiele genannt: Einstiegstarife für Neueinstellungen und Langzeitarbeitslose, Öffnungsklauseln, Härteklauseln, Kleinbetriebsklauseln.
Es gibt keinen starren Tarifvertrag, sondern das Tarifrecht ist schon sehr flexibel und sehr anpassungsbereit an das, was die Unternehmen wollen.
Herr Hofer, wenn Sie jetzt meinen, die Landesregierung habe auch keine Ahnung von der Realität, obwohl Sie jetzt den Wirtschaftsminister stellen, dann darf ich einmal ein Zitat eines erfolgreichen Unternehmers aus Baden-Württemberg bringen. Ich spreche von Porsche-Chef Wiedeking.
Die jetzige Regierung hat einiges getan, um ihn aufzulösen. Die Steuerreform war ein guter Anfang. Der Standort Deutschland ist international wieder wettbewerbsfähiger geworden.
(Beifall des Abg. Oelmayer GRÜNE Unruhe Abg. Fleischer CDU: Deswegen sind wir in Euro- pa am Ende! Glocke der Präsidentin)
Meine Damen und Herren, damit der Standort weiterhin wettbewerbsfähig bleibt, brauchen wir im September weiterhin eine rot-grüne Bundesregierung.
(Beifall bei den Grünen und der SPD Lebhafte Zurufe von der CDU, u. a.: Tata, tata, tata! Das ist aber der Standort mit der roten Laterne! Das müssen Sie sagen! Anhaltende Unruhe Glocke der Präsidentin)
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Großen Anfrage Drucksache 13/248.
Der Antrag Drucksache 13/327 ist ein Berichtsantrag und ist durch die Aussprache ebenfalls erledigt. Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
(Abg. Dr. Witzel GRÜNE zur CDU: Das Gegentor wird doch anerkannt, oder nicht? Gegenruf des Abg. Hofer FDP/DVP: Dann steht es noch immer 2 : 1!)
Wir kommen zum Antrag Drucksache 13/728. Er ist nach der Aussprache erledigt. Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.