Protocol of the Session on June 20, 2002

Mein Kollege Hofer wird heute früh haben wir es andersherum gemacht zu diesem für uns zentralen Punkt, wo die Bedingungen für den ersten Arbeitsmarkt zu verbessern sind, nachher einige Ausführungen machen.

(Abg. Rudolf Hausmann SPD: Oh Gott!)

Im Übrigen wäre es mir in der Tat lieber und das betrifft ja auch einen Teil Ihrer Fragen , wenn die Arbeitsmarktpolitik komplett im Wirtschaftsministerium ressortieren würde. Das wäre nämlich ein gutes Zeichen.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Jetzt fragt einmal den Repnik!)

Wenn ich es richtig weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wird der hier nicht ganz unbekannte Lothar Späth

(Abg. Zeller SPD: Wer ist das?)

im Kompetenzteam nicht nur für Wirtschafts-, sondern auch für Arbeitsmarktpolitik zuständig sein eigentlich eine vernünftige Entscheidung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU Abg. Wieser CDU: Sehr gut! Den Möllemann könnte man nicht für alles nehmen!)

Ich habe nur gesagt, dass man ihn für beide Bereiche gleichzeitig benennt. Auch bezüglich seiner Qualität will ich nicht den Lehrer spielen.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Nächster Punkt: Wenn Sie sich über Programme und Gelder, die hineinfließen, beklagen, muss man auch eines klar sehen: Da gibt es natürlich gewaltige regionale Unterschiede. Es spricht gerade für Baden-Württemberg, dass es im Gegensatz zu den Ländern im Osten am ersten Arbeitsmarkt sehr viel erfolgreicher ist ich wage zu sagen: unter anderem deshalb, weil wir hier im Land Baden-Württemberg einen guten Wirtschaftsminister haben.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Das Thema „regionale Differenzierung“ möchte ich Ihnen schon ans Herz legen. Manchmal habe ich das Gefühl es klang auch vorhin bei Herrn Hausmann an , Sie glauben, weil es Programme gibt, müssten wir da auf jeden Fall mitmachen, nach dem Motto: Da gibt es etwas, also sind wir dabei. Ob wir das wirklich brauchen oder nicht, ist dann eine Frage, die Sie gar nicht mehr so sehr interessiert.

(Abg. Rudolf Hausmann SPD: Brauchen wir sie nicht?)

Ich will damit nicht abstreiten, dass wir diese Arbeitsmarktprogramme auch in Baden-Württemberg an der einen oder anderen Stelle brauchen.

(Abg. Wieser CDU: Wir haben doch einen Haufen Projekte!)

Jetzt will ich zu zwei Problembereichen kommen. Zum einen sind das die jugendlichen Arbeitslosen. Wir wissen, dass es da Defizite gibt, die übrigens auch die Wirtschaft beklagt. Manche Arbeitsplätze passen einfach nicht zu den jungen Menschen, wie sie aus der Schule kommen. Nun aber zu behaupten, Baden-Württemberg hätte in diesem Bereich nichts getan, ist schon ziemlich böswillig.

(Abg. Seimetz CDU: Die geringste Jugendarbeits- losigkeit!)

Pikanterweise haben wir heute Morgen über die Landesstiftung diskutiert. Aus welchen Mittel haben wir denn die Zukunftsoffensive „Jugend Arbeit Zukunft“ finanziert? Das war genau aus Mitteln der Landesstiftung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es! Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das ist doch im Haus- halt!)

Wir haben Mittel aus der Landesstiftung in diesen Bereich gesteckt.

Dazu möchte ich sagen: Wenn ich für Jugendliche solche Programme stricken muss, dann zeigt das natürlich auch das muss ich noch einmal sagen , dass wir offensichtlich erst dann eingreifen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.

(Abg. Wieser CDU: So ist es!)

Das ist die Konsequenz aus PISA. Wir wissen genau, wo das Problem liegt: Wenn die jungen Menschen aus der

Schule kommen, sollten sie eigentlich in der Lage sein, die angebotenen Ausbildungsplätze auszufüllen. Dies ist also natürlich auch ein bildungspolitisches Thema. Da sind alle gefordert. Übrigens finde ich es ganz gut, dass sich die Wirtschaft in diese Debatte inzwischen ein Stück weit mehr einklinkt und wir das nicht nur den klassischen Bildungspolitikern überlassen.

Das Thema „ältere Arbeitslose“ haben wir bereits heute Mittag diskutiert. In der Tat muss da ein Umdenken einsetzen, insbesondere auch bei den Betrieben. Heute Mittag ist ganz klar geworden: Wir brauchen lebenslanges Lernen, Qualifizierung und Arbeitsplatzgestaltung entsprechend den Bedürfnissen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist keine Frage.

(Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Es gibt auch welche, die sagen: Weg mit dem zweiten Arbeitsmarkt! Ich stehe dazu: Der zweite Arbeitsmarkt soll nicht mit dem ersten in Konkurrenz treten. Das ist aber seltener der Fall, als man gemeinhin glaubt. Das hören wir immer wieder. Die betreffenden Akteure müssen sich nämlich vorher mit der IHK ins Benehmen setzen, ob ihr Vorhaben nicht vom ersten Arbeitsmarkt abzudecken ist. Das Problem ist also gar nicht so groß.

Wir brauchen aber für eine bestimmte Klientel mit Sicherheit dauerhaft Unterstützung am Arbeitsplatz. Das sind Menschen, die bestimmte Defizite haben. Im Heilbronner Raum ist zum Beispiel aus einer Obdachloseninitiative eine Beschäftigungsgesellschaft entstanden. Frau Kollegin Berroth aus Renningen hat eine ähnliche Initiative mit aus der Taufe gehoben. Es sollte jedem klar sein: Wir werden sicherlich immer, egal wie gut der Arbeitsmarkt funktioniert, diese Programme im zweiten Arbeitsmarkt brauchen.

Trotzdem glaube ich, manchmal wäre es besser, nicht ständig neue Programme für diese Träger stricken zu müssen. Wir sollten klar sagen, dass dieser Bereich wirklich mit dem Sozialministerium zu tun hat, aber im Grunde genommen nichts mehr mit der klassischen Arbeitsverwaltung und deren Geldern. Deshalb empfiehlt sich auch eine klarere Zuordnung.

Wenn ich gerade bei der Arbeitsverwaltung bin: Es ist schon ein Skandal, was in der Arbeitsverwaltung passiert ist. Aber meistens braucht es in der deutschen Politik Skandale, bevor man überhaupt aktiv wird. Wenn man sich einmal klar macht, dass in deren eigentlichen Kernkompetenz, nämlich der Vermittlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den ersten Arbeitsmarkt, gerade einmal 10 % des Personals tätig sind und die restlichen 90 % allerlei Verwaltungsarbeiten und Bürokratie zu bewältigen haben,

(Abg. Capezzuto SPD: Schon vor 1989! Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

dann kommt man zum Ergebnis, dass es höchste Zeit war, aufgrund der gefälschten Vermittlungsdaten endlich zu handeln.

(Zuruf des Abg. Seimetz CDU)

Wir dürfen gespannt sein, was Herr Gerster in dieser Hinsicht zustande bringt.

(Abg. Dr. Birk CDU: Er hat das aber zur Chefsa- che gemacht; das macht mich stutzig!)

Zum Thema private Arbeitsvermittler: Manchmal erfüllt es einen Liberalen schon ein bisschen mit Genugtuung, wenn mit deutlicher Verzögerung und nach langem Nachdenken plötzlich Dinge, die von Ihnen zunächst mit sehr spitzen Fingern angefasst worden sind, selbstverständlich werden. Selbstverständlich muss neben dem staatlichen überbürokratischen Apparat private Konkurrenz zugelassen werden. Darüber freue ich mich sehr. Nur bitte ich jetzt, da auch ein bisschen Geduld zu haben. Die bisherige Entwicklung ist offensichtlich nicht so berauschend. Aber Sie sollten auch bedenken: Wir diskutieren noch nicht sehr lange über dieses Thema. Also lasst die Dinge da durchaus in Konkurrenz wachsen.

Letzte Bemerkung: Es muss natürlich auch möglich sein der Kollege Wieser hat es gesagt , Programme daraufhin zu evaluieren, ob sie dem Ziel, das wir uns vorgenommen haben er hat es ja benannt , dienen, und dann zu entscheiden, ob wir sie weiter durch Landesmittel kofinanzieren wollen. Wenn übrigens was ja auch passieren soll Mittel manchmal schlicht und einfach nicht mehr abgerufen werden, dann ist es überhaupt nichts Illegitimes, einmal zu fragen: Muss das unbedingt mit aller Gewalt am Leben erhalten werden, oder können wir da ein Stück weit zurückfahren? Verfallen Sie da nicht immer gleich in Panikgeschrei, sondern arbeiten Sie mit uns daran, dass die Träger da, wo sie sinnvolle Arbeit leisten ich denke insbesondere an die von mir genannte Klientel, die häufig dauerhaft Unterstützung braucht , Finanzierungssicherheit haben. Ich verlasse mich eigentlich schon auf die Aussage unseres Sozialministers und der Frau Staatssekretärin Lichy, dass in diesen Fällen die Kofinanzierung durch das Land auch künftig gesichert werden wird.

Damit wollte ich eigentlich schließen, um nachher für den Kollegen Hofer noch etwas übrig zu lassen. Jetzt muss ich aber doch dem lieben Kollegen Wieser noch einen Satz sagen: Ich halte es nicht für gut, in dieser Arbeitsmarktdebatte das Thema Arbeitslosigkeit und das Thema Zuwanderung gegeneinander auszuspielen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP und Boris Palmer GRÜNE Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Sehr gut! Abg. Wieser CDU: Das hat doch niemand gemacht! Abg. Fleischer CDU: Nicht auszuspielen, aber zu behandeln! Abg. Hauk CDU: Das hängt doch damit zusammen!)

Selbstverständlich muss unser Bemühen sein, unseren deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Chance der verbesserten Ausbildung und der Qualifizierung zu bieten. Aber wenn Sie heute Morgen über den Fachkräftemangel in verschiedenen Berufen mitdiskutiert haben, dann wissen Sie auch, dass wir zumindest mittel- und langfristig nicht ausschließlich, aber auch zur Finanzierung der umlagefinanzierten Sozialsysteme eine gesteuerte Zuwanderung brauchen. Ich glaube, da sind wir auch gar nicht so sehr weit auseinander.

Ich bitte nur noch einmal herzlich, die Argumentation in dieser Debatte nicht zuzuspitzen nach dem Motto: Wir wollen die Arbeitslosen fördern, und die anderen wollen

die Fremden hereinlassen. So ist es, glaube ich, nicht, und das sollten wir dann auch dem Publikum nicht so vermitteln, sondern wir sollten verantwortlich mit diesem Thema umgehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Boris Pal- mer GRÜNE Abg. Fleischer CDU: Da haben Sie nicht richtig zugehört!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Lösch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meinem Redebeitrag auf die aktive Rolle des Landes Baden-Württemberg in der Arbeitsmarktpolitik Fragezeichen beschränken.

(Abg. Rudolf Hausmann SPD: Aber dann sind Sie ja mit Ihrer Rede schon am Ende!)

Ich sagte ja: Fragezeichen. Im Hinblick auf die Verantwortlichkeiten im Bereich der Arbeitsmarktpolitik konzentriert sich die Landespolitik auf wenige Felder, aber sie konzentriert sich auf Projekte, die landesspezifische Probleme aufgreifen, auf die Kofinanzierung und auf die Verzahnung von Beschäftigungsförderungen mit der Wirtschaftspolitik.

Im Kanon der Länder gehört Baden-Württemberg eher zu den wenig innovativen Regionen. Sichtbarer als die Impulse sind die Bremsspuren, wenn es um neue, innovative Ansätze geht, die es zu erproben gilt. Baden-Württemberg beschränkt sich darauf, bestehende Programme fortzuführen oder, wie wir jetzt gesehen haben, zu reduzieren.

Meine Damen und Herren, wenn man sich anschaut, was mit dem Programm „Jugend Arbeit Zukunft“ und mit dem Programm „Arbeit und Zukunft für Langzeitarbeitslose“ geschehen ist, dann muss man einfach feststellen, dass im Doppelhaushalt 2002/2003 diese Programme um 70 % gekürzt worden sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)