Protocol of the Session on June 19, 2002

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums Regionalmessekonzept Drucksache 13/228

Das Wort in der Aussprache erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Trotz aller Globalisierung spielen Regionen in der Wirtschaft eine wichtige Rolle. Viele Experten auch das Berger-Gutachten weisen darauf hin, dass sich die Regionen vorteilhaft im Wettbewerb positionieren können, wenn sie die Stärken der Region kombinieren, die wichtigen Akteure zusammenbringen und so regionale Cluster bilden. Zu einer solchen Konzeption gehört es auch, das die Regionen eigene Messen haben, auf denen sie ihre Produkte und Konzeptionen wie in einem Schaufenster präsentieren und andererseits Kontakte auf nationaler und internationaler Ebene anknüpfen können.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Messe Freiburg. Der Raum Freiburg hat sich in den letzten Jahren bekanntlich als Solarregion profiliert. Das wird durch die Intersolar abgerundet. Diese Messe kommt seit zwei Jahren nach Freiburg. Auch nächste Woche wird sie wieder ihre Pforten öffnen und im Mittelpunkt des Interesses aller Solarfreunde stehen. Eine solche in sich schlüssige Konzeption verdient Unterstützung.

Wir Grünen fordern in unserem Antrag daher ein Konzept für die Förderung der Regionalmessen im Lande. Die Landesregierung hat zwar 1997 ein Entwicklungskonzept für Regionalmessen beschlossen. Aus den Zukunftsoffensiven I und II wurden dafür 75 Millionen DM bereitgestellt. Als diese Mittel im Herbst letzten Jahres verbraucht waren, stellte der Wirtschaftsminister die weitere Förderung aber infrage.

Daraufhin haben wir Grünen, als im letzten Herbst diese Ankündigung kam, den vorliegenden Antrag eingebracht und ein Förderkonzept für die Regionalmessen eingefordert; denn es ist kleinkariertes Denken, ein sinnvolles Fördervorhaben nur deshalb einzustellen, weil keine Sondermittel mehr verfügbar sind. Eine solche Sparpolitik, die die Förderung zu einem willkürlichen Zeitpunkt einstellt und damit diejenigen bestraft, die bei der Erarbeitung ihres Messekonzepts etwas länger nachgedacht haben, ein solcher abrupter Stopp ließe sich wirtschaftspolitisch in keiner Weise begründen.

Besonders pikant an den Überlegungen des Wirtschaftsministers ist, dass der Minister die Kürzungen bei den Regionalmessen just zu einem Zeitpunkt ins Gespräch brachte, als ihm oder zumindest in seinem Hause die Kostensteigerung bei der Messe Stuttgart schon bekannt war. Meine Damen und Herren, so kann es nicht gehen: einerseits die Kostensteigerung bei der Messe auf den Fildern stillschweigend akzeptieren und gleichzeitig die Messen draußen im Land als Steinbruch zur Haushaltskonsolidierung freigeben.

(Beifall des Abg. Boris Palmer GRÜNE Abg. Boris Palmer GRÜNE: Skandalöser Zentralismus! Gegenruf des Abg. Dr. Birk CDU: Laienschau- spieler!)

Es ist gut und richtig, dass die Landesregierung diesen Kurs zwischenzeitlich korrigiert hat.

(Abg. Dr. Birk CDU: Ich meinte den Kollegen Bo- ris Palmer! Zuruf des Abg. Döpper CDU)

Jetzt sollen alle Regionen, die bis Mitte 2003 konkrete Pläne für ihre Messe vorlegen, eine 15-prozentige Förderung erhalten. Aus unserer Sicht ist das eine vernünftige Regelung. Ich denke, dass damit auch die Regionen einverstanden sein können, insbesondere auch deshalb, weil ihnen jetzt ein klarer Termin genannt wird, zu dem sie ihre Konzeption vorlegen können.

Wenn Sie die Zeitung gelesen haben, haben Sie sicherlich auch mitbekommen, dass unser Fraktionsvorsitzender Winfried Kretschmann öffentlich infrage gestellt hat, dass das Land Messen überhaupt noch fördern soll, wo doch auf anderen Gebieten großer Finanzierungsbedarf besteht. Ich meine, wir sollten in dieser Sache deshalb einen Zeitpunkt setzen, bis zu dem eine Förderung möglich ist. Danach können wir eine Grundsatzdebatte führen. Eine Regelung, wonach den Regionen bis Mitte 2003 Zeit gegeben wird, ihre Konzepte vorzulegen, steht dem nicht entgegen.

Meine Damen und Herren, eine Diskussion über die Messelandschaft des Landes erfordert natürlich auch spezielle Aussagen zur Messe auf den Fildern. Wir Grünen lehnen diese Messe bekanntlich ab, weil sie zum Beispiel verkehrspolitisch nicht darstellbar ist, weil sie unseriös nämlich nur über neue Schulden finanziert werden soll und weil sie von der Filderregion und auch der Stadt Leinfelden-Echterdingen abgelehnt wird.

Sollte diese Messe trotz der jetzt vorliegenden über 20 000 Einwendungen doch noch genehmigt werden, so ist nicht einsichtig, weshalb die Messe auf den Fildern derartig privilegiert wird zum Beispiel gegenüber dem Messestandort Karlsruhe, der schon jetzt grenzüberschreitende Bedeutung erlangt hat. Sollte die neue Messe Stuttgart tatsächlich und gegen unser Votum kommen, fordern wir, dass sich auch dort die Förderung an den 15 % orientiert, die jetzt den Regionalmessen zugesagt werden.

(Beifall des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Meine Damen und Herren, zur weiteren Behandlung unseres Antrags beantrage ich die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss. In der Stellungnahme der Landesregie

rung fehlen noch Berichte über die Entwicklungen an den einzelnen Messestandorten. Das sollte aber nicht hier im Plenum diskutiert werden, sondern ich denke, diese Beratungsvorlage und die Diskussion darüber gehören richtigerweise in den Wirtschaftsausschuss.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Birk.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Witzel, Sie sind zwar körperlich groß, aber nicht auf der Höhe der Zeit.

(Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU Heiter- keit der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Was Sie hier vorgetragen haben, ist eher Vergangenheitsbewältigung als ein Blick in die Zukunft. Was Sie angesprochen haben, ist aus unserer Sicht mittlerweile erledigt.

Punkt 1: Das Land ist eben nicht aus der Förderung der Regionalmessen ausgestiegen, sondern hat für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 jeweils 5,2 Millionen € zur Verfügung gestellt, mit denen wichtige Regionalmessen gefördert werden können.

(Abg. Schmiedel SPD: Viel zu wenig!)

Unlängst entschied darüber das Landeskabinett, und wir haben es auch über die entsprechende Berichterstattung erfahren: Der Ausbau der Regionalmessen von Karlsruhe, Sinsheim und auch Friedrichshafen wird gefördert. Karlsruhe hat damit immerhin einen Betrag von 22,3 Millionen € bekommen, die Messe Sinsheim einen Betrag von 1,4 Millionen € und die Messe Friedrichshafen nochmals einen Betrag von über 20 Millionen €. Insgesamt ist das ein ordentliches Fördervolumen, um diese Regionalmessen in einem verschärften Wettbewerb um Messestandorte für die Zukunft zu rüsten.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Und wie viel war Stuttgart teurer?)

Deshalb sage ich ganz bewusst: Das Land die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen hat hier nicht nur den Standort Stuttgart als bedeutsamen Landesmessestandort im Auge, sondern auch das dezentrale Konzept der Regionalmessen. Wir wollen eine faire Partnerschaft zwischen dem Land und den Kommunen sowie den Trägern dieser Messen und sind uns auch bewusst, dass diese Messen eine regionale Bedeutung haben, aber dass natürlich das lokale Finanzvolumen vor Ort begrenzt ist. Deshalb ist das Land auch bereit, seinen Beitrag zu leisten.

An dieser Stelle muss man auch einmal feststellen, dass das bisherige Fördervolumen allein für die Regionalmessen im Zeitraum von 1997 bis 2001 die Größenordnung von immerhin 269,7 Millionen € gehabt hat, also eine gute halbe Milliarde DM in den Ausbau der Regionalmessen geflossen ist. Deshalb kann man das nicht so abtun, als ob das nichts sei.

Für die nächsten Jahre wurde ein Verfahren auch auf Bitten der CDU-Fraktion festgelegt, durch das es möglich

wird, die Ausbauvorhaben, die noch anstehen, mit der Unterstützung des Landes zu realisieren. Bis Mitte oder Ende 2002 sollen die Ausbauvorhaben grundsätzlich beim Land, beim Wirtschaftsminister angemeldet werden. 2003 soll dann eine Konkretisierung der Planung erfolgen, sodass über den Förderbeitrag des Landes entschieden werden kann. Auch hier gilt unsere Zusage, dass wir den Regionalmessen auch künftig einen Förderbeitrag von bis zu 15 % der Investitionskosten ermöglichen wollen. Auch hier hält das Land Wort. Insofern kann ich nicht verstehen, weshalb Sie diese Debatte heute in dieser Form führen möchten; denn die Hausaufgaben und die Bringschuld des Landes wurden damit erledigt.

Ich denke, wir müssen aber auch sicherstellen, dass alle Regionalmessestandorte gleich bedient werden. Deshalb wird es auch eine wichtige Aufgabe in den kommenden Monaten und im nächsten Jahr sein, die Kriterien festzulegen, anhand derer die Regionalmessen gefördert werden können. Es ist der Auftrag an das Wirtschaftsministerium, den Katalog der förderfähigen Kosten zu erstellen und dann zu einer abschließenden Liste der förderfähigen Messeinvestitionen zu kommen.

Ich denke, dass die noch ausstehenden Messen Freiburg, Mannheim, Offenburg, Sindelfingen, Ulm und VillingenSchwenningen weiterhin auf das Land vertrauen können. Es liegt jetzt an den Kommunen, an den kommunalen Messeträgern, ihre Investitionen zu beziffern, ihre Planungsvorhaben weiter voranzutreiben und dann auf das Land zuzukommen. Deshalb bin ich auch optimistisch, dass wir ab 2003 ff. weiterhin eine regionale Messeförderung haben werden. Wir wollen damit auch zum Ausdruck bringen das war ja auch bei der Debatte zur Landesmesse ein ganz wesentlicher Punkt , dass wir auch angesichts der Kostensteigerungen bei der Landesmesse die regionalen Standorte nicht benachteiligen wollen, sondern dass wir ihnen eine faire Entwicklungschance einräumen. Denn wir wissen sehr wohl, was es für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg bedeutet, wenn wir eine leistungsfähige Messe Friedrichshafen im Dreiländereck haben oder eine Messe in Karlsruhe, die auch eine Ausstrahlung in Richtung Rheinland-Pfalz und Frankreich hat. Insofern denke ich, dass das Konzept, das derzeit im Regionalmessebereich vorhanden ist, auch in der Zukunft tragfähig ist und dass es uns dadurch gelingt, abgewanderte Messen wieder nach Baden-Württemberg zu holen oder die regionalen Standorte so auszustatten, dass sie ihre Messen behalten können und damit die regionale Wirtschaftskraft entsprechend gefördert wird.

Letzte, abschließende Bemerkung: Die SPD-Fraktion hat seinerzeit einen Vorschlag eingebracht, wie man einen Teil der Mittel der Landesmesse in Mittel für die Regionalmesseförderung umwidmen kann. Ich vermute sehr stark, dass dieser Vorschlag heute auch noch einmal eine Rolle spielen könnte.

(Abg. Schmiedel SPD: Ein guter Vorschlag!)

Wir waren schon damals der Meinung, dass es unseriös ist,

(Abg. Schmiedel SPD: Na!)

die äußeren Erschließungskosten der Landesmesse ab dem Jahr 2007 durch die Betreibergesellschaft dieser Landes

messe zu realisieren, erstens weil es dazu schon eine gewisse Anrechnung in früheren Jahren gegeben hat und zweitens weil wir zunächst einmal diese Betreibergesellschaft in die Lage versetzen müssen, gewinnorientiert zu arbeiten. Insofern halten wir diesen Vorschlag nicht für zielführend. Er ist auch kein Beitrag, um die Regionalmessen zu unterstützen und zu fördern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der letzte Appell geht an die Regionalmessebetreiber, sich stärker abzustimmen und nicht in einen gegenseitigen Verdrängungswettbewerb einzutreten. Da, glaube ich, ist es schon wichtig, dass alle, die jetzt noch Ausbauvorhaben verwirklichen wollen, sich im Klaren sein müssen, dass der Messemarkt in Deutschland und auch in Baden-Württemberg nicht noch stärker wachsen kann, als er in den letzten Jahren gewachsen ist, und dass man deshalb umso stärker darauf bedacht sein muss, nicht in einen gegenseitigen Verdrängungswettbewerb zu gehen, sodass die jeweiligen Infrastrukturen vor Ort nicht optimal genutzt werden können.

Unser Ziel ist es, dass die Landesmesse rasch realisiert wird, aber auch alle Regionalmessen, sofern sie Ausbauvorhaben in den nächsten Jahren durchführen wollen, dies mit dem Land als Partner tun können, gleichzeitig aber auch Sorge dafür getragen ist, dass es zu einer gleichmäßigen Auslastung dieser Regionalmessestandorte kommt. Wir sind optimistisch, dass das Wirtschaftsministerium, das dafür die Federführung hat, in der Lage ist, diesen Prozess weiterhin voranzutreiben.

Insofern, Herr Kollege Witzel, denke ich, dass wir Ihrem Anliegen gerecht geworden sind. Wenn Sie sich heute hier hinstellen und die Regionalmesseförderung in den Vordergrund rücken, dann muss man sich natürlich schon fragen, wie Sie eigentlich mit der Landesmesse in Stuttgart umgehen, die wir auch deshalb einrichten, damit der Messestandort Baden-Württemberg gestärkt wird. Da müssen Sie sich schon fragen lassen, ob Sie auf diesem Gebiet eigentlich noch glaubwürdig sind,

(Beifall bei der CDU)

glaubwürdig eine Regionalmesseförderung vertreten können, wenn Sie gleichzeitig gegen die Landesmesse sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Rivoir.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Es ist ja schon ziemlich spät, aber das Haus ist voll. Das ist wunderbar. Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass es draußen richtig heiß und hier angenehm kühl ist.

(Abg. Zeller SPD: Und jeder hat eine wichtige Messe!)

Genau! Und jeder hat eine wichtige Messe in seinem Wahlkreis.

Meine Damen und Herren, ich möchte ein paar Ausführungen machen, nicht nur rückblickend, sondern auch in die

Zukunft gerichtet. Ich denke, man muss an dieser Stelle schon einmal schauen, wie das im letzten Herbst war, als der Herr Minister angekündigt hat