Protocol of the Session on April 17, 2002

Der zweite Schwerpunkt ist, dass wir demenzspezifische Qualifizierungen über 65 % der Heimbewohnerinnen und -bewohner sind demenziell erkrankt der bestehenden Heime auf den Weg bringen. Das bedeutet vor allem die Schaffung von ausreichenden Bewegungs- und Gemeinschaftsflächen und von so genannten Nachtcafés und auch von kleineren Wohngruppen für Demenzerkrankte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der notwendige Ausbau der stationären Pflegekapazitäten führt zwangsläufig zu einem höheren Personalbedarf. Ich mache mir wirklich keine Sorgen Sie sehen ja auch die Anstrengungen der Landesregierung, nicht nur die Anstrengungen, sondern auch die Taten der Landesregierung , dass wir dies alles finanziell sauber hinkriegen. Die Plätze kriegen wir. Aber bekommen wir wirklich noch genügend helfende Hände, die nicht nur mit der Hand, sondern auch mit dem Verstand arbeiten, wie Sie so schön gesagt haben, Frau Lösch? Natürlich brauchen wir einen guten Mix von Profis, Angelernten und Hilfskräften oder auch von Freiwilligen. Wir brauchen in den nächsten zehn Jahren auf jeden Fall allein

im stationären Bereich ca. 4 000 zusätzliche Vollzeitstellen. Wir müssen auch die Personalsituation in den Pflegeheimen des Landes noch verbessern.

Ich habe vorhin gesagt, dass der Pflegeschlüssel in den letzten fünf, sechs Jahren trotz einer schwieriger werdenden Klientel schlechter geworden ist. Das heißt, die Rahmenbedingungen wurden schlechter. Wenn die Rahmenbedingungen schlechter werden, wenn die Arbeitsbelastung in den Häusern größer wird, wenn die Pflegekräfte nur noch zur Satt-und-sauber-Pflege kommen und keine ganzheitliche Pflege mehr machen können und sich nicht mehr um den Patienten und den Bewohner kümmern können, wie sie es ganz gern wollten mit ihm sprechen, für ihn Zeit haben , wenn sie nur noch herumrödeln, dann geht die Motivation kaputt, dann sind das so genannte Burn-outSyndrom, eine schnellere Fluktuation und weniger Bereitschaft bei jungen Leuten, den Beruf zu erlernen, die Folge. Damit kommen wir in eine Teufelsspirale, aus der wir kaum mehr herauskommen. Deswegen müssen wir, wenn wir unsere Imagekampagne machen, die Rahmenbedingungen klar und deutlich verbessern. Wir brauchen mehr Qualität in den Häusern, und zwar nicht über Bürokratie, sondern über Menschen artikuliert. Wir brauchen mehr Personal, mehr Pflegekräfte in den Häusern, und zwar ohne Wenn und Aber.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wenn dem so ist und 80 % der Kosten in den Häusern Personalkosten sind so ist es: 80 % , dann müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern klar sagen, dass die Betreuung im stationären Bereich schlichtweg teurer werden wird. Wir müssen auch vor den Wahlen sagen, dass nicht der Staat alles bezahlen kann, sondern dass auf die Bürgerinnen und Bürger mehr Kosten zukommen werden. Auch dies ist nun einmal ein Teil der Wahrheit.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Das hat mit Wahlkampf nichts zu tun. Aber das muss gesagt werden.

Es hat keinen Sinn, mehr Personal und einen besseren Personalschlüssel zu fordern, wie Sie das tun, aber nicht zu sagen, dass das auch mehr kosten wird. Das kennen wir zur Genüge. Das kostet in der Tat mehr.

(Abg. Drexler SPD: Was haben Sie vor der Land- tagswahl gesagt? Zuruf der Abg. Ursula Hauß- mann SPD)

Wir haben in Baden-Württemberg frühzeitig auf die derzeitige Personalsituation hingewiesen

(Abg. Drexler SPD: Das kann jeder sagen!)

und auf den künftigen Personalbedarf in der Pflege reagiert.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Herr Drexler, Sie reden wirklich Dreck raus.

(Unruhe bei der SPD Abg. Drexler SPD: Sie ha- ben doch vor der Wahl Versprechungen gemacht! Reden Sie doch nicht so daher!)

(Minister Dr. Repnik)

Nein, Entschuldigung, meine Versprechungen werden eingehalten.

(Abg. Drexler SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Ich sage: Wir haben frühzeitig darauf hingewiesen. Darauf sagen Sie, das könne jeder tun, aber gleichzeitig wird gesagt Sie haben es nicht gesagt , wir hätten kein Konzept. Da stimmt doch irgendetwas nicht. Es macht doch keinen Sinn, dass hier jemand sagt, ich hätte das getan, und Sie darauf sagen, das könne jeder tun. Herr Drexler, Sie sollten überlegen, was Sie als Fraktionsvorsitzender sagen.

(Beifall bei der CDU Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Von einem Fraktionsvorsitzenden erwarte ich etwas mehr Niveau bei Zwischenrufen. Das ist ganz einfach!

(Unruhe Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Alle Beteiligten, das Land, die Leistungserbringer und die Kostenträger, sind sich über eines im Klaren: Die anstehenden Herausforderungen sind nur gemeinsam und nur dann zu bewältigen, wenn alle Beteiligten bereit sind, dabei ihren Part zu übernehmen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Die Gespräche, die wir führen Moderation Sozialministerium , scheinen zu einem guten Ende zu kommen, auch wenn es im Augenblick noch etwas stockt. Es gibt schon die Übereinkunft, dass man bis zum Jahre 2004 versuchen wird, den alten Personalschlüssel von 2,37 zu erreichen. Aber man weiß schon heute, dass man gerade im Bereich der Demenzerkrankten sehr viel mehr wird tun müssen.

Wir werden darüber hinaus ich sage das, weil auch der Bedarf an Pflegekräften angesprochen worden ist die Imagekampagne auf den Weg bringen eine Imagekampagne nicht isoliert, sondern in Verbindung mit der Verbesserung der Rahmenbedingungen , die Imagekampagne als Dachkampagne, bei der auch die Heimträger, die Krankenhausgesellschaft und alle an der Pflege Beteiligten wie die Liga der freien Wohlfahrtspflege, der Landesseniorenrat und alle Interessierten engagiert mitarbeiten. Natürlich kann man so etwas nicht als Schnellschuss von heute auf morgen machen, sondern so etwas muss gut vorbereitet sein, weil wir die Partner auch vor Ort brauchen.

Wir wollen mit der Imagekampagne Folgendes erreichen: Wir wollen die öffentlichkeitswirksame Vermittlung eines realistischen Bilds der Ausbildungsmöglichkeiten und der Tätigkeitsfelder in der Pflege. Wir wollen das Ansehen der Pflegeberufe in der Gesellschaft steigern, denn nicht nur IT-Berufe sind interessant, sondern auch soziale Berufe in der Pflege. Und wir wollen eine zielgenaue Ansprache und die Motivation potenzieller Pflegekräfte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Großen Anfrage der Fraktion der SPD wird der Vorwurf erhoben, Baden-Württemberg hätte kein Konzept zur Bewältigung der in der Pflege anstehenden Herausforderungen. Das weise ich ganz entschieden zurück.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Mit dem Landespflegeplan 2000 man sollte ihn lesen hat das Sozialministerium ein umfassendes Konzept mit den wesentlichen Eckpunkten zur Weiterentwicklung der Infrastruktur für die stationäre Pflege in Baden-Württemberg vorgelegt.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Der Landespflegeplan beschränkt sich nicht nur auf eine quantitative Wertung des künftigen Bedarfs an Pflegeheimplätzen. Er setzt sich mit ethischen Fragen auseinander, er entwickelt die Grundzüge eines Leitbilds für menschenwürdige Pflege, und er formuliert die Grundziele zur qualitativen Verbesserung der Versorgungsstruktur. Zudem gibt er Impulse für die innovative Weiterentwicklung der stationären Leistungsangebote. Wir haben dieses Konzept mit unseren Partnern, den kommunalen Landesverbänden, den Verbänden der Leistungserbringer, den Pflegekassen, den Pflegeverbänden, dem Landesseniorenrat und mit anderen betroffenen Verbänden gemeinsam erarbeitet. Dieses Konzept wird von uns folgerichtig Schritt für Schritt umgesetzt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden daran arbeiten, eine wohnortnahe Versorgung in BadenWürttemberg auch in den nächsten Jahren zu garantieren und weiter auszubauen. Im Übrigen gilt unser Konzept bundesweit als beispielgebend.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der stationären Pflege fehlt heute nicht nur Geld und Personal, sondern es fehlen auch Anerkennung und Wertschätzung in der Gesellschaft. In den Pflegeheimen des Landes werden tagtäglich äußerst anspruchsvolle Aufgaben übernommen und wertvolle Arbeit geleistet.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Diese Arbeit muss endlich anerkannt werden. Wir brauchen ein besseres Ansehen der Pflegeberufe, wenn wir junge Menschen für diese Berufe gewinnen wollen. Dazu müssen wir mithelfen alle, die Gesellschaft und die Politik. Die Regierung des Landes Baden-Württemberg und die sie tragenden Parteien sind bereit, ihren Part zu leisten. Helfen auch Sie von der Opposition mit, dass wir in den nächsten Jahren in Baden-Württemberg weiterhin eine gute, vorbildliche Pflege garantieren können.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Altpeter.

Herr Minister, ich wundere mich doch sehr, dass Sie heute zu Protokoll geben, die derzeitige Personalsituation in Baden-Württemberg sei bereits frühzeitig bekannt gewesen. Denn einer Pressemitteilung vom November letzten Jahres ist zu entnehmen, dass der Minister in Sachen Personal bis jetzt keinen Handlungs

bedarf sieht und das Personal in den Altenpflegeheimen in Baden-Württemberg ausreichend ist.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Irgendwo stimmt es doch da nicht mehr.

(Beifall bei der SPD)

Die Verbesserungen für demenziell Erkrankte wurden bereits vielfach angesprochen. Sie wissen genau, dass das Pflegeleistungsergänzungsgesetz des Bundes erhebliche Verbesserungen für demenziell Erkrankte vorsieht. Dies wird sicher noch nicht in dem Maß sein können, wie wir, die wir in der Pflege tätig sind und da spreche ich auch für mich persönlich , uns das vorstellen; aber es ist dennoch ein Schritt auf dem richtigen Weg. Das Gleiche gilt für das Pflegequalitätssicherungsgesetz. Hier wird endlich die Möglichkeit geschaffen, einen Landesrichtwert für das Personal einzuführen. Das heißt, es gibt die Möglichkeit, den Personalschlüssel entsprechend zu verbessern, wenn gut verhandelt wird, was wir alle hoffen. Die Verhandlungen laufen ja in der nächsten Woche wieder an.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Die Voraussetzun- gen sind geschaffen! So ist es, Herr Noll!)

Voraussetzung hierfür ist aber auch eine gute Moderation.

(Beifall bei der SPD)