Protocol of the Session on March 7, 2002

Erstens: Wir stimmen nicht Ihrem Antrag zu, sondern die Koalition stimmt ihrem eigenen Antrag zu.

Zweitens, Herr Kollege Palmer: Ich kann mir schlecht vorstellen, dass die Landesregierung dem Gesetzentwurf nicht zustimmen würde, wenn darin stünde, dass 50 % des Aufkommens aus der Maut für den Straßenbau verwendet würden. Allerdings gehöre ich der Landesregierung nicht an, und ich hoffe, dass der Minister hinterher nichts anderes sagt.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Aber Sie stehen ihr nahe, Herr Kollege! Gegenruf des Abg. Dr. Scheffold CDU: Sehr nahe!)

Also, wenn da drinsteht: „50 % für den Straßenbau“, dann glaube ich nicht, dass man deswegen ablehnt.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Scheuermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kretschmann?

Herr Abg. Kretschmann.

Herr Kollege Scheuermann, Sie wissen doch, dass die Lkw-Maut im rechtlichen Sinne eine Steuer ist, und Steuern dienen der Auffüllung der Staatskasse und werden durch die Parlamente verteilt. Man kann doch außer bei Abgaben im rechtlichen Sinne nicht in Gesetze hineinschreiben, wofür das Aufkommen verwendet wird. Sie müssten als „alter Parlamentshase“ doch wirklich wissen, dass das nicht geht.

(Heiterkeit)

Lieber Herr Kollege Kretschmann, ich bin im Moment nicht in der Lage, diese Frage aus der Lamäng zu beantworten. Aber eines ist klar: Eine Maut ist keine Steuer. Ich überlasse es dem Minister er hat noch die Fachleute hinter sich , nachher zu klären, was es ist. Nach meinem Dafürhalten ist die Maut keine Steuer, sondern eine Art Abgabe, und was mit einer Abgabe erfolgen soll, kann man regeln.

(Beifall bei der CDU Abg. Dr. Scheffold CDU: Sehr gut!)

Herr Kollege Palmer, ich stimme Ihnen ja im Prinzip zu, dass eine Verlagerung des Güterverkehrs nur dann erreicht werden kann, wenn man die Disparität der Kosten zwischen Straßenbau und Bahn nivelliert, angleicht. Bloß noch ein Satz zum Straßenbau: Das, was Sie gesagt haben, setzt natürlich voraus, dass es einigermaßen vernünftige Verhältnisse gibt. Aber im Fernstraßenbau gibt es in BadenWürttemberg keine vernünftigen Verhältnisse, sondern einen gewaltigen Nachholbedarf.

Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel mehr will ich gar nicht sagen : Baden-Württemberg hat nicht eine einzige OstWest-Verbindung mit jeweils drei Fahrspuren in eine Richtung, und ich glaube nicht, dass man ohne alle ideologischen Debatten einem Land wie Baden-Württemberg we

nigstens eine ordnungsgemäße Ost-West-Verbindung absprechen kann.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sie wissen, der sechsspurige Ausbau der A 6 ist Bestandteil des Antistauprogramms!)

Frau Präsidentin, zum Schluss: Meine Ausführungen zur Lenkungswirkung, Herr Kollege Palmer, haben Sie, glaube ich, falsch verstanden. Vielleicht habe ich mich auch verkürzt ausgedrückt. Ich habe mit Lenkungswirkung nicht gemeint, dass damit nur Verlagerungen gewollt wären, sondern ich habe mit Lenkungswirkung auch gemeint, dass man mit unterschiedlich hohen Mautgebühren auch zur Entzerrung des Verkehrs beitragen kann, indem man zum Beispiel zur Rushhour eine Maut in einer ganz anderen Höhe erhebt als in verkehrsärmeren Zeiten. Darin liegt für mich so ein Geheimnis, die Maut auch für den Pkw zu wollen. Aber, bitte, das ist meine persönliche Meinung und nicht eine mit der CDU-Fraktion abgestimmte Meinung.

Vielen Dank. Unserem Antrag stimmen wir zu.

(Beifall bei der CDU Heiterkeit des Abg. Fischer SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Palmer, noch kurz zwei Antworten auf Ihre Fragen, die Sie gestellt haben, bzw. auf Ihre Behauptungen, die Sie aufgestellt haben. Sie haben behauptet, durch eine Regelung, nach der für ausländische und für deutsche Lkws die gleiche Maut bezahlt werden müsste, würden die Deutschen besser gestellt. Nach Adam Riese sind die Deutschen nach wie vor gleich schlecht gestellt.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Bisher zahlen nur die Deutschen, die Ausländer nicht, und künftig ist das eine Besserstellung, relativer Fortschritt! Das ist doch logisch!)

Ja, sehr relativ; denn das ist ein „Riesenbetrag“.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: 3,4 Milliarden €!)

Zum anderen meinten Sie, wir könnten doch nicht erwarten, dass das gesamte Aufkommen für den Straßenbau verwendet werde. Ich muss Ihnen eines sagen: Wenn unser Straßensystem hervorragend in Ordnung wäre, würde ich Ihnen sogar zustimmen. So desolat, so hinderlich, umweltschädigend und stauerzeugend es aber im Moment ist,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wie ist der Zustand der Schiene?)

müssen wir das Geld jetzt in den Fernstraßenbau stecken, damit die Situation wieder in Ordnung kommt. Wenn das einmal alles in Ordnung ist, können wir uns über eine neue Geldverteilung unterhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Ich erteile das Wort Herrn Minister Müller.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Jetzt hören wir, was der Minister sagt! Er wird uns aufklären!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich muss sagen, dass der Antrag der Grünen schon etwas merkwürdig ist. Wir haben immerhin ein laufendes Vermittlungsverfahren. Während dieses Vermittlungsverfahren läuft, plädieren die Grünen dafür, dass wir aus diesem laufenden Vermittlungsverfahren aussteigen und uns dem Vorschlag der Bundesregierung stante pede unterwerfen sollen. Ich muss sagen, so etwas geschieht eigentlich relativ selten. Es ist deswegen besonders erstaunlich, weil dieses laufende Vermittlungsverfahren von 16 Bundesländern beantragt worden ist.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wo steht denn das? Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sie sollen nach den Verhandlungen zustimmen, nicht vor den Ver- handlungen!)

Nach den Verhandlungen?

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Bei der Abstimmung im Bundesrat sollen Sie zustimmen! Glocke der Präsidentin)

Herr Palmer, lauschen Sie den Ausführungen des Herrn Ministers.

Mich interessiert jetzt einfach, was Sie denn meinen: „Dürfen“ wir denn verhandeln?

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sie dürfen verhan- deln, natürlich!)

Das ist ja prima.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aber am Ende sollen Sie zustimmen, nicht blockieren! Nur darum geht es!)

Erst jetzt kapiere ich langsam, worum es geht; ich habe mich nämlich die ganze Zeit nach der Logik gefragt, und ich glaube, dass es dem Kollegen Haller von der SPD genauso gegangen ist. Er hat nämlich auf der einen Seite gesagt, das Vermittlungsverfahren werde es schon richten, und auf der anderen Seite hat er dafür plädiert, Ihrem Antrag zuzustimmen. Wenn Ihr Antrag meint, dass wir im Vermittlungsverfahren bleiben sollen, sind wir damit einverstanden, aber dann müssen Sie natürlich die Möglichkeit offen halten, im Vermittlungsverfahren etwas zu erreichen. Wenn wir nichts erreichen, werden wir möglicherweise ablehnen; denn sonst brauche ich nämlich nicht zu verhandeln.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das sollt ihr eben unterlassen! Abg. Boris Palmer GRÜNE: Nicht ablehnen! Weitere Zurufe)

Gut, dann brauche ich eben nicht zu verhandeln; das ist doch klar.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE Gegenruf von der CDU: Remstal-Rebell!)

Stellen Sie sich bitte einmal vor, Herr Palmer, wir würden jetzt genau das machen, was Sie sagen, und das würde im Vermittlungsausschuss bekannt werden. So etwas wird ja

bekannt; darauf ist es ja angelegt. Man würde uns doch als Nonvaleurs ansehen und sagen: Wieso sitzt ihr überhaupt noch da; eure Stimmen haben wir im Sack.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Und dann sagt der andere: Sie machen sowieso, was Sie wollen, egal was wir beschließen! Das ist auch sehr konsistent! Gegenrufe von der CDU)

Vielleicht kriegen Sie irgendwie die Kurve, aber das hörte sich alles ganz anders an. Sie haben ein flammendes Plädoyer für die Lkw-Maut gehalten. Vielleicht war dies der einzige Zweck Ihres Antrags das kann ja sein , das alles loswerden zu können. Sie haben gesagt, es gab die Stoiber’sche Blockadepolitik. Stoiber hat in der Union wirklich Einfluss, aber dass er 16 Bundesländer beeinflusst, in ein Vermittlungsverfahren zu gehen, das glaube ich, ehrlich gesagt, nicht.

Kurz und gut: Wir sind in dem Verfahren. Dieses Verfahren hat sich schon jetzt gelohnt; das muss man sagen. Wir haben jetzt schon Fortschritte erzielt, und wir wollen noch ein paar weitere Fortschritte erzielen.

Wir haben zum Ersten bereits erreicht, dass die Kfz-Steuer nicht mehr herangezogen werden soll, um das Gewerbe in irgendeiner Weise zu befriedigen. Das war für alle Bundesländer ganz wichtig, denn das war eine Absicht, die die Bundesregierung gehabt hat.

Wir haben zum Zweiten erreicht, dass es für verdrängten Verkehr, wofür die Bundesregierung ursprünglich nichts tun wollte das ist der Verkehr, der sich aufgrund der Maut von der Autobahn auf andere Straßen verlagert , eine Regelung geben wird. Das ist bereits ein weiteres Ziel, das wir im Vermittlungsverfahren erreicht haben.

Wir haben zum Dritten erreicht das ist zwar noch nicht in einem Text niedergelegt, aber man hat sich in den Vorverfahren darauf verständigt , dass die Zweckbindung Verkehr in das Gesetz hineingeschrieben werden soll. Wir können uns jetzt also darüber streiten, ob das richtig oder falsch ist. Aber diese Einigung haben wir mit der Bundesregierung schon erreicht.