Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 16. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Auf Ihren Tischen finden Sie eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.
Ihnen liegt ferner ein Vorschlag der SPD-Fraktion für Umbesetzungen im Innenausschuss und im Ausschuss für Schule, Jugend und Sport vor. (Anlage) – Sie stimmen auch diesen Umbesetzungsvorschlägen zu.
1. Mitteilung der Landesregierung vom 11. Dezember 2001 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf des Sechsten Staatsvertrages zur Änderung des Rundfunkstaatsvertrages, des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages und des MediendiensteStaatsvertrages (Sechster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) – Drucksache 13/577
2. Mitteilung der Landesregierung vom 11. Dezember 2001 – Positionen zur Zukunft der Europäischen Union; hier: Beschluss der Landesregierung vom 11. Dezember 2001 – Drucksache 13/580
a) des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 (Staatshaushaltsgesetz 2002/03 – StHG 2002/03) – Drucksache 13/550
b) des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes – Drucksache 13/518
Für die Allgemeine Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von 30 Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Haushalt für die beiden nächsten Jahre, in der letzten Woche eingebracht, begegnet unserem Respekt. Wir sagen dem Finanzminister sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseren ausdrücklichen Dank für die gute Vorarbeit, Dank für die gute Zusammenarbeit. Wir haben hohen Respekt vor diesem kompetenten Werk, das die Grundlage für die Beratungen heute und in den nächsten Wochen über die Perspektive und Zukunft Baden-Württembergs bilden wird.
Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, der FDP/DVP, wollen wir dafür sorgen, dass dieser Haushalt unsere Arbeit und unser Land prägt und die Bürger Baden-Württembergs in die Zukunft führt.
Wir beraten diesen Doppelhaushalt in schwieriger Zeit. Wir haben weltweit Rezession – das ist uns Jüngeren kaum in Erinnerung –: in Japan seit Jahren, in Amerika seit einem Vierteljahr. In Europa haben wir Stagnation bis Rezession. Das heißt, das Umfeld für die Haushaltsaufstellung, das Umfeld der Steuereinnahmen, das Umfeld der wirtschaftlichen Entwicklung, das Umfeld der Arbeitsmarktentwicklung ist schwierig, und Deutschland ist davon nicht unberührt. Im Gegenteil: Wir sind in besonderem Maße davon betroffen.
Ich sage ohne jeden Vorwurf: Dass wir Schlusslicht in Europa sind, war so aber nicht angedacht. Dass wir, was die Höhe der Inflationsrate angeht, Mittelmaß sind, dass wir hinsichtlich der Nettoneuverschuldung der öffentlichen Körperschaften Deutschlands das Sorgenkind Europas sind, war bei der Gründung der Europäischen Union, war in den letzten Jahren der europäischen Handelspartnerschaft und war bei der Gründung der europäischen Währung, die in wenigen Tagen Realität wird und mit Sicherheit Erfolg haben wird, von den Vätern und Müttern so nicht angedacht. Wir haben alle Grund zur Nachdenklichkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regierungskoalition von CDU und FDP/DVP hat auf die zu erwartende Steuerentwicklung, die schon im Mai absehbar war und deren Tendenz sich im November verstärkt hat, reagiert. Im Mittelpunkt unseres Haushaltsplanentwurfs steht ein Einsparkonzept. Wir haben die mittelfristige Finanzplanung nicht einfach in Haushalt gegossen, sondern wir haben bei den Ausgaben ganz konkret Abstriche in Höhe von 1,5 Milliarden DM für die beiden nächsten Jahre gemacht.
Nur so wird erreichbar sein, dass Baden-Württemberg in der Schuldenentwicklung seinen zweitbesten Rang halten und eine Nettoneuverschuldung von null weiter ernsthaft anstreben und auch erreichen kann.
Wer bei den Ausgaben sparen muss, wer ein Einsparkonzept erarbeiten will, kommt um die großen Blöcke nicht herum. Wir sind den Beamtinnen und Beamten dankbar, dass die Nichteinführung der Leistungsprämie zwar nicht auf Beifall, aber weitgehend auf Verständnis und Akzeptanz stößt.
Frau Kollegin Dederer, wir halten diese Maßnahme auch für gerechtfertigt und begründbar. Ich begründe sie hier mit einem einzigen Satz. In der freien Wirtschaft – fragen Sie Ihren Mann, Frau Kollegin Dederer – brechen derzeit die Weihnachtsgelder weg.
In der freien Wirtschaft werden die Weihnachtsgelder zum Teil eingefroren, auf jeden Fall aber gekürzt. Wir sorgen dafür, dass wir ein stabiler Arbeitgeber sind. Wir bezahlen unsere Gehälter; wir haben Gehaltssteigerungen. Wenn aber die Leistungsprämie nicht eingeführt werden kann, ist dies ein zumutbarer Solidarbeitrag unserer Beamtinnen und Beamten.
Wir halten dies sehr wohl für gerechtfertigt in dem Prozess der Gratwanderung, ohne mehr Schulden auszukommen und trotzdem ein fairer Arbeitgeber und Dienstherr zu sein.
Wir haben im staatlichen Hochbau gekürzt, ähnlich wie es auch jeder Privatmann täte: Wenn er weniger Einnahmen hat, dann kürzt er dort, wo er kürzen kann. Im staatlichen Hochbau ist nicht ganz so viel möglich, wie vorgesehen war. Wir haben bei den Bewirtschaftungsmitteln gekürzt, und wir kürzen in vielen kleinen Titelgruppen bei den Ressorts. Alles in allem verdient das Deckungskonzept der CDU-FDP/DVP-Koalition in dieser Größenordnung Respekt und ist die Grundlage für einen soliden Haushaltsentwurf.
Ein Kernpunkt unserer Ausgaben sind und bleiben die Personalausgaben mit einem Anteil von über 40 %. Da dem so ist, kommen wir auch in Zukunft um Stellenstreichungen nicht herum.
Wir sind weitgehend im Plan. Die Regierungskoalition von Erwin Teufel befindet sich jetzt im dritten Stellenstreichungsprogramm. Begonnen in den Zeiten der großen Koalition, war unser Grundkonzept, dass man bei steigender Kinderzahl, bei steigender Schülerzahl und bei steigenden Herausforderungen an die innere Sicherheit neue Stellen
Das erste Stellenstreichungsprogramm haben wir 1996 mit dem Wegfall von 3 020 Stellen absolviert. Zwei weitere Stellenstreichungsprogramme mit insgesamt 6 320 Stellen stehen weitgehend vor dem Abschluss. Wir werden noch im vorliegenden Doppelhaushalt, im Jahre 2003, diese 6 320 Stellen gestrichen haben. Daraus entsteht die Möglichkeit, dass ohne Personalausgabenerhöhung die Steigerung der Lehrerzahl und die Steigerung in Schwerpunktbereichen auch den nächsten Doppelhaushalt prägen wird.
Im Zusammenhang mit der mittelfristigen Finanzplanung und zur Gegenfinanzierung der neuen Steuerungsinstrumente und der dafür notwendigen Investitionen kommt die Frage eines weiteren Stellenstreichungsprogramms auf uns zu. Wir gehen diese Frage offen, aber mit Vorsicht an. Meine Vermutung geht dahin, dass die Methode Rasenmäher – ein prozentualer Streichbetrag: kürze 4, kürze 8, kürze 12 weitere Prozent – unserer Fachverwaltung, unseren Fachbehörden und den Aufgaben in denselben nicht mehr gerecht wird. Ich glaube, dass man punktuell weitere Stellen streichen kann, aber in den nächsten Jahren nicht mit pauschalen Vorgaben an die Fachverwaltung herangehen darf.
Die Frage, ob es dann zu 2 000 oder gar zu 3 500 weiteren Stellenstreichungen kommen wird, halte ich für offen. Wir bieten allen Fraktionen, wir bieten den Gewerkschaften und Fachverbänden, wir bieten den Ressorts in den nächsten Monaten zur Vorbereitung der künftigen Haushalte offene Gespräche über die Höhe weiterer Stellenstreichungen und die Zuordnung zu den Fachverwaltungen ausdrücklich an.
Dieser Haushalt liefert ein kleines Detail zum Thema Personalausgaben, das vielleicht von den meisten noch gar nicht gesehen worden ist. Waren früher den Ressorts nur die aktiven Staatsdiener zugeordnet und hat man Pensionskosten und Beihilfen im allgemeinen Haushaltstitel untergebracht, werden jetzt die Versorgungslasten, die Pensionszahlungen für Beamte und Richter, auch für die Hinterbliebenen, und die Beihilfekosten erstmals den Ressorts zugeordnet.
Wir bauen darauf, dass daraus auch in Ressorts und Fachministerien mehr Kostenbewusstsein für die Anforderung von Personalstellen entstehen wird.
Wer mit Einsparkonzepten den Haushalt in geordneten Bahnen hält, wer durch Kürzungen starke Schuldensteigerungen vermeiden kann, tut trotzdem gut daran, wenn er gestaltend in die Landespolitik eingreift. Dieser Haushalt ist nicht nur ein Sparhaushalt; er ist ein Schwerpunkthaus
halt, in dem sich die Handschrift unserer Regierung, wichtige Bestandteile unserer Koalitionsvereinbarung und im Grunde genommen der Wählerauftrag für CDU und FDP/ DVP deutlich repräsentieren.
Der Wählerauftrag für CDU und FDP/DVP ist klar: Die Mehrheit der Bürger will erstens einen Schwerpunkt „Innere Sicherheit“. Die Polizei, auch wenn die Polizeigewerkschaft aus verständlichen Gründen mehr einfordern will, und die innere Sicherheit sind ein Schwerpunkt in diesem Doppelhaushalt. Wenige Stichworte zu nennen sei mir erlaubt.
Erstens: das Antiterrorprogramm, maßgeschneidert als Reaktion auf die schreckliche Entwicklung, die am 11. September sichtbar geworden ist.