Ich beglückwünsche ausdrücklich unsere Staatssekretärin im Sozialministerium dazu, dass sie sich trotz dieser Situation mit viel Mut immer wieder für die Frauen einsetzt.
Für alle diejenigen, die erfreut feststellen, dass jetzt hier vorne vier Frauen zu sehen sind: Überlegen Sie einmal, ob man es nicht so einrichten könnte, dass die Vizepräsidentinnen einmal vormittags zu einer Zeit präsidieren, zu der auch die Öffentlichkeit von den Landtagssitzungen Kenntnis nimmt.
Aber nun zum Thema. Der vorliegende Bilanzbericht ist ein wichtiger Zwischenschritt und wird eine gute Basis für die anstehende Weiterentwicklung dieses Gesetzes mit der unaussprechlichen Abkürzung LGlG sein. Noch einmal für das Protokoll zum Mitschreiben – ich buchstabiere –: Großes L, großes G, kleines l, großes G. Ich glaube, wenn wir dieses Gesetz novellieren, sollte man auch einen aussprechbareren Namen finden.
Der erste Schritt bei der Weiterentwicklung ist übrigens bereits erfolgt. Seit Februar gibt es auch bei den Schulämtern Frauenvertreterinnen. Ich glaube, das ist eine wichtige Sache.
Bei den Frauenförderplänen, von denen erstaunlich viele im Bericht genannt sind, wird es nicht nur darum gehen, dass sie aufgestellt werden, sondern – das ist eigentlich der wichtigere Schritt – vor allem darum, dass man kontrolliert, was daraus wird. So einen Plan aufzustellen ist eine relativ einfache Sache, aber man muss auch nachschauen, wie er umgesetzt wird, und diese Kontrolle sollten wir uns in spätestens zwei Jahren vornehmen.
Nicht ganz so erfreulich ist die Situation bei den Frauenbeauftragten. Wenn man sich im Lande umsieht, stellt man fest, dass es ähnlich wie bei der Kernkraft ist. Da gibt es strikte Unterstützer und strikte Gegner. Es gibt selten Leute, für die das Thema völlig neutral ist.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist ein toller Vergleich! Ist Ihnen kein anderer Vergleich einge- fallen?)
Welche Position überwiegt, liegt zum einen an der Region und zum anderen an den handelnden Personen. Ich denke, wir sollten hier eine praktikable Lösung finden, und ich würde diese gerne zusammen mit den kommunalen Landesverbänden entwickeln. Vielleicht nennen wir dieses Amt dann auch nicht mehr „Frauenbeauftragte“, sondern sagen „Gender-Beauftragte“ dazu. Diese sind dann von Fall zu Fall für das jeweils zu gering berücksichtigte Geschlecht zuständig. Das darf man nicht defizitorientiert sehen, sondern das muss man unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Gesellschaft erarbeiten. Es gibt ja durchaus Bereiche mit Männermangel. Die Debatte über die vaterlose Gesellschaft fand nicht etwa zu Kriegs- und Nachkriegszeiten statt, wo man sich das vielleicht noch hätte vorstel
len können, sondern sie fand in den Siebziger- und Achtzigerjahren statt, und auch heute noch treffe ich viele verheiratete Frauen, die sagen, sie seien allein erziehend.
Das nächste Problem stellt sich in der Grundschule – und das wird wirklich ein Problem sein –: dass Kinder erst zehn Jahre alt werden müssen, bis sie einmal einen Lehrer kennen lernen. Daran sollten wir dringend arbeiten.
Wenn als Nebeneffekt dann herauskommt, dass man Grundschullehrer besser besolden muss, soll es mir auch recht sein.
Ein Vorteil wäre auch, wenn Arbeitsplätze für Väter und Mütter familiengerecht gestaltet würden. Wir könnten dann die Diskussion über Zuwanderung vielleicht weniger scharf führen, weil dann, wenn es nicht mehr so schwierig ist, Kinder großzuziehen, in unserem eigenen Land wieder mehr Kinder geboren würden. Auch da ist glücklicherweise etwas in Arbeit.
Zum Beispiel eine verbesserte Kinderbetreuung – meine Vorrednerinnen haben es angesprochen – und die Teilbarkeit von Führungspositionen. Auch dafür gibt es in der Landesregierung erfreulicherweise gute Ansätze, die man weiterführen muss. Daimler-Benz hat jetzt erst eine entsprechende Betriebsvereinbarung beschlossen. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Wege. Wir müssen bloß schauen, dass es nicht wieder rückwärts geht.
Ich bin mit Begeisterung Frau, Ehefrau und Mutter. Aber wir sollten die Chancen dieser Unterschiede nutzen. Wenn jedes Geschlecht seine guten Seiten einbringt, gibt es insgesamt einfach viel bessere Lösungen. Womit wir wieder beim Gender Mainstreaming wären.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde wahnsinnig gerne einen Preis aussetzen für jemanden, der dafür einen besseren Begriff findet. Die andere Seite ist jedoch: Wenn man sich damit beschäftigt, ist dieser Begriff tatsächlich, Frau Kollegin Lösch, gar nicht so schlimm. Und weil der Begriff EU-weit anerkannt ist und man allgemein in breiten Bereichen schon weiß, worum es geht, sollten wir daran arbeiten, dass über diesen Begriff auch bei uns nicht mehr gelästert wird, sondern dass der Inhalt in die Realität umgesetzt und tägliche Praxis wird. Dann darf es künftig auch nicht mehr passieren, dass – wie kürzlich geschehen – ein Projekt für Frauenförderung deshalb abgelehnt wird, weil es nicht gender-gerecht sei. Das kann ja nun wirklich nicht sein. Wenn eine Benachteiligung festgestellt wird, müssen wir daran arbeiten, dass sie behoben wird – egal, ob es um Frauen oder Männer geht. Sie sehen, es gibt noch viel zu tun. Ich freue mich auf diese Arbeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor genau einem Jahr, am 13. Dezember 2000, haben wir in diesem Hause ebenfalls über das Gleichberechtigungsgesetz diskutiert. Daher gilt: The same procedere as last year, Miss Lichy!
Ich wollte Ihnen noch einmal aufzeigen, wie Sie letztes Jahr das Verfahren dargestellt haben: Erst bilanzieren wir die Erfolge und Schwachstellen des Gesetzes, und danach werden wir gemeinsam nach Verbesserungsvorschlägen suchen. Wer tatsächlich etwas für die Frauen in unserem Land tun möchte, sollte heute nicht das Landesgleichberechtigungsgesetz schlechtreden. – So Lichy sinngemäß im Jahr 2000.
Wir wollen das Landesgleichberechtigungsgesetz in der Tat nicht schlechtreden. Aber es nützt den Frauen in Baden-Württemberg auch nichts, wenn man ein Gesetz schönredet oder schönschreibt.
Schauen Sie sich einmal diesen Bilanzbericht an. Darin habe ich überhaupt nichts über Schwachstellen gelesen. Das ist eine einzige Lobhudelei. Deshalb möchte ich kurz nur vier Kritikpunkte an diesem Bilanzbericht benennen.
Der erste Kritikpunkt: In diesem Bilanzbericht wird nicht mit Fakten und Ergebnissen, sondern sehr viel mit Vermutungen gearbeitet.
Zum ersten Punkt, dass er nicht mit Fakten und Ergebnissen arbeitet, sondern sehr viel mit Vermutungen, ein Beispiel aus dem Bilanzbericht. Da heißt es:
Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf dürfte für einen Großteil der Teilzeitbeschäftigten Grund für ihre Arbeitsreduzierung sein.
Diese Aussage stützt sich auf Vermutungen: dürfte, könnte oder sollte. Ich denke, in einem Bilanzbericht darf man sich nicht auf Spekulationen verlassen.
Ein anderes Beispiel dafür ist der Männeranteil bei Teilzeitbeschäftigten, der ja vorhin auch schon positiv genannt worden ist. Der Männeranteil bei Teilzeitbeschäftigten ist gestiegen, der Frauenanteil um 4 % gesunken. Die Landesregierung wertet dies positiv. Solange aber nicht erhoben wird, aus welchen Gründen von Männern Teilzeit bean
sprucht wurde – ob sich die geschlechtsspezifische Rollenverteilung dadurch geändert hat oder ob die im Gesetz vorgeschriebene ausreichende Bereitstellung von Teilzeitarbeitsplätzen tatsächlich umgesetzt wurde –, so lange ist eine eindeutige Bewertung doch überhaupt nicht möglich.
Ein Bilanzbericht, der nicht nach Hintergründen und nicht nach Ursachen fragt, kann nur Vermutungen anstellen. Das reicht uns nicht.
Eine gute Analyse mit Daten und Fakten ist unerlässlich, wenn die Chancengleichheit tatsächlich realisiert werden soll.
Jetzt kommen wir zum zweiten Punkt: Unvollständigkeit. Ein Punkt fehlt total, und zwar der ganze Bereich, der mit Gremien zu tun hat. In einer entsprechenden Regelung in § 11 des Landesgleichstellungsgesetzes wird die gleichberechtigte Mitwirkung der Frauen in den zahlreichen Beratungs- und Entscheidungsgremien verlangt. Der Dritte Gremienbericht wurde – man höre und staune – 1999 vorgelegt mit der Ankündigung, dass mit der Datengrundlage vom 31. Dezember 2000 der Vierte Gremienbericht erhoben wird. Auf diesen warten wir noch heute.
Ich komme zur Auswertung des letzten Gremienberichts, denn der ist ja nach wie vor gültig, solange es keinen aktuelleren gibt. Da ist es der Landesregierung mit ungewöhnlicher Hartnäckigkeit gelungen, die Frauen bei der Einrichtung von neuen Gremien immer wieder zu vergessen. Nach wie vor sind in über 40 % der Gremien keine Frauen vertreten, und nur in 13 von 289 Gremien – das sind genau 4,3 % – beträgt der Frauenanteil 50 % und mehr. Diese Gremien sind also gleichberechtigt besetzt.
Ich meine, man kann sich schon vorstellen, woher die Zurückhaltung kommt, die die Landesregierung auf diesem Gebiet aufweist.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es! Mit nur einer Ministerin in dieser Regierung! Das spricht doch Bände!)
Ich darf Sie daran erinnern, dass sich der Frauenanteil in der Landesregierung sogar noch reduziert hat: von 17 % in der letzten Legislaturperiode auf 10,5 % in dieser Legislaturperiode. Ich finde, damit kann man wahrlich keine Werbung für eine moderne Frauenpolitik machen.
Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum dritten Punkt. Das ist der Bereich des Aufzeigens von Schwachstellen. Da geht es mir auch um die rechtliche Stellung der Frauenvertreterin. Auch dazu zitiere ich wieder aus dem Bilanzbericht, weil er schließlich heute zur Diskussion ansteht. Das gilt beispielsweise im Bereich des Beteiligungsund Beanstandungsrechts. Über 80 % der Frauenvertrete