Protocol of the Session on December 13, 2001

Ich will Ihnen jetzt den Nachweis erbringen, dass auch ich des Lesens einigermaßen mächtig bin. Mit Genehmigung der Frau Präsidentin – –

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Das glaube ich Ihnen auch so, Herr Döring!)

Nein, Sie picken sich immer ein paar Dinge heraus. Jetzt müssen Sie sich auch einmal drei Zitate von mir anhören. Diese Zitate sind nicht von mir, sondern aus der „Deutschen Handwerkszeitung“ vom 7. Dezember 2001.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Zitieren Sie sich sel- ber?)

Ich glaube, Ihre Zeitungen waren alle ein bisschen älter. Das erste Zitat aus der „Deutschen Handwerkszeitung“ – –

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Die „Süddeutsche Zei- tung“ war von heute, Herr Minister! Aktueller geht es nicht!)

Herr Witzel, hören Sie jetzt doch einmal zu. Ich habe Ihnen doch auch zugehört.

(Abg. Rivoir SPD: Das haben Sie müssen!)

Erstes Zitat:

„Wesentlich mehr Arbeiter und Angestellte, als vom Kanzler versprochen, werden in den nächsten Monaten den Gang zum Arbeitsamt antreten müssen, weil die Bundesregierung den Arbeitsmarkt reguliert statt flexibilisiert“, kritisiert der Zentralverband des Deutschen Handwerks.

(Zuruf des Abg. Pfisterer CDU)

Weiter:

Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Handwerks stellt fest: „Die Bundesregierung hat den Arbeitsmarkt reguliert statt flexibilisiert.“

Jetzt kommen die Auswirkungen Ihrer „handwerkerfreundlichen“ Politik:

Schleyer rechnet damit, dass 2001/2002 bis zu 260 000 Jobs im Handwerk verloren gehen werden.

Durch die verfehlte Regierungspolitik von Rot-Grün.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Abg. Schmiedel SPD: Sie müssen mit den Handwerkern reden! Nicht nur Zitate von Funktionären vorle- sen!)

Meine Damen und Herren, Sie stehen hier hin und sagen, wie der Kollege Rivoir, der mich ja geradezu fertig gemacht hat,

(Abg. Rivoir SPD: Gell, für das erste Mal war es nicht schlecht!)

Ihre Politik sorge für zusätzliche Arbeitsplätze. Fragen Sie einmal die Betroffenen. Diese rechnen mit 260 000 Arbeitsplätzen weniger durch die rot-grüne Bundesregierung. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Deswegen müssen Sie sich auch vorhalten lassen, dass Sie da Fehler machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP– Abg. Ri- voir SPD: Alles bloß Funktionäre, die das sagen! Funktionäre! Die wissen doch nicht, wie es in der Wirtschaft zugeht, die Funktionäre!)

Dann kommt Herr Witzel und zitiert – ich weiß gar nicht, woraus er das zitiert hat; vielleicht aus dem Wahlprogramm der Grünen von vor drei Jahren – und führt ausgerechnet die Ökosteuer an:

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Ich habe doch die Quellen angegeben!)

Die Ökosteuer sei jetzt der Knüller für das Handwerk. Meine Damen und Herren, die „Deutsche Handwerkszeitung“ wiederum spricht hier

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sie haben es nicht verstanden!)

von der „sowohl wirtschaftspolitisch als auch ökologisch kontraproduktiven Ökosteuer“ und sagt weiter:

Die regelmäßige Erhöhung der Energiepreise durch die Ökosteuer hat sich als betriebs- und volkswirtschaftliche Sackgasse offenbart.

(Zurufe von der CDU: So ist es!)

So viel zu Ihren Argumenten und Ihrer „handwerkerfreundlichen“ Politik, meine Damen und Herren.

(Abg. Schmiedel SPD: Schon wieder so ein Funk- tionärsblättle! – Abg. Rivoir SPD: Noch ein Funk- tionärsblättle!)

Lassen Sie mich ein paar Punkte weiter ausführen, die Kollege Witzel angesprochen hat. Ich habe Sie einfach nicht verstanden. Das liegt sicher an mir. Das kann gar nicht an Ihnen liegen, sondern das muss an mir liegen. Sie haben bei Ihrem ersten Auftritt hier drei Punkte angesprochen. Da haben Sie über die ÜBAs gesprochen. Sie haben über Kooperationen gesprochen, und Sie haben über die Übernahmeproblematik gesprochen. Alle drei Punkte sind von dieser Landesregierung besser als in irgendeinem anderen Bundesland angepackt und konkret umgesetzt worden sowie mit finanziellen Mitteln ausgestattet worden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

(Minister Dr. Döring)

Schauen Sie sich das an. Wir haben ja bereits gestern über die ÜBAs gesprochen. Die Regelung ist ja jetzt auch klar. Bei den Richtlinien gibt es keine Änderung. Die Kürzung ist nur halb so groß wie vorgesehen. Ich bin dem Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstags dankbar dafür, dass er ausdrücklich sagt: „Damit kann das Handwerk leben“, weil sie auch zurückgehende Zahlen haben. Das ist also erledigt.

Zweitens: Kooperation. Wir haben erst vor kurzem einen großen Kongress zu dem Thema „Kooperation in Handwerk und Mittelstand“ gehabt. Das Thema wird von uns angegangen. Wir hatten 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Interessierten waren da. Von Ihnen habe ich bei diesem Kongress niemanden gesehen.

(Zuruf des Abg. Rivoir SPD)

Wir setzen das um, was Sie lange anmahnen, was Sie allerdings immer dann anmahnen, wenn Sie lesen, dass die Landesregierung es angepackt hat. Dann meinen Sie, das könnte ein Thema sein, und sagen irgendetwas dazu. Wir machen das, weil die Kooperation natürlich ganz zentral wichtig ist. Wir greifen die Anregungen, die aus dem Handwerk und aus den mittelständischen Betrieben kommen, auf und setzen sie um. Das ist bei den Kooperationen gewährleistet.

Übernahme: Meine Damen und Herren, jetzt stehen Sie hin und tun so, als ob das Thema „Übernahmeförderung/Regelung der Nachfolge“ etwas ganz Neues wäre. Seit 1996, seit dem ersten Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP/ DVP in Baden-Württemberg, sind die Themen Existenzgründung und Übernahme gleich behandelt worden. Von 16 400 geförderten Gründungen sind mittlerweile 30 % Übernahme- und Nachfolgeunterstützungen aus diesem Programm. Seit fünf Jahren wird das konkret umgesetzt.

Jetzt realisieren wir, dass wir pro Jahr 11 000 Betriebe haben werden, bei denen die Nachfolge nicht geregelt ist. Dieses Thema nimmt also an Bedeutung deutlich zu. Deswegen machen wir dieses Zwölfpunkteprogramm, um die Übernahmeregelung und die Nachfolgeregelung zu erleichtern. Dazu brauchen Sie die Kammern, die Verbände, die Bürgschaftsbank, die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft, die L-Bank und viele weitere zur Vergünstigung der Kredite und zur Vergünstigung der Bürgschaften. Das regeln Sie nicht von heute auf morgen.

Wir haben ein bestehendes Programm weiter optimiert, und ich sage Ihnen voraus: Mittelfristig werden wir beim Existenzgründungsprogramm etwa 50 % klassische Gründer und 50 % Übernehmer haben. Das ist konkrete Politik in Baden-Württemberg, um etwas gegen die bestehende Problematik zu tun.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Sie brauchen offensichtlich auch noch ein paar Zahlen. Meine Damen und Herren, im Rahmen der Zukunftsoffensive III werden uns in den nächsten drei Jahren insgesamt 84,5 Millionen DM für Bildungsprojekte im Mittelstand zur Verfügung stehen. Das sind 30 Millionen DM für Bauund Modernisierungsmaßnahmen in den überbetrieblichen

Bildungszentren der Wirtschaft. Davon fließen nach jetzigem Projektstand ca. 20 Millionen DM in Bildungszentren des Handwerks. Herr Witzel, Sie haben anerkannt: ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Natürlich gibt es einen viel höheren Antragstau, als er jetzt abgebaut werden kann; das ist das Normalste von der Welt. Klar ist jedoch, dass wir in den vergangenen fünf Jahren sukzessive alles aufgegriffen und umgesetzt haben, was im Zusammenhang mit den überbetrieblichen Bildungszentren anstand. Dasselbe gilt für die nächsten fünf Jahre.

Wir haben 29,5 Millionen DM für Maßnahmen im Bereich der beruflichen Qualifizierung und 25 Millionen DM zur Förderung von Existenzgründungen und zur Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen bei der Anpassung an den strukturellen Wandel. Davon werden mit Sicherheit 10 Millionen DM ins Handwerk fließen.

Allein in diesem Jahr stehen 40 Millionen DM für entsprechende Projekte im Land aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. Der Landesanteil daran betrug immerhin 15 Millionen DM. Die Hälfte der 40 Millionen DM, also 20 Millionen DM, ging in Bildungsprojekte des Handwerks. In den nächsten fünf Jahren stehen für Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich der beruflichen Bildung jährlich durchschnittlich 30 Millionen DM aus dem ESF zur Verfügung.

Jetzt sagen Sie mir einmal, an welchen Stellen Sie wofür noch mehr Mittel brauchen! Sagen Sie mir konkret, an welchen Stellen Sie tatsächlich mehr Mittel bräuchten! Die Mittel werden eingesetzt, um die Qualifizierung der jungen Bürgerinnen und Bürger zu sichern und um die Zukunftsfähigkeit des Mittelstands und des Handwerks zu gewährleisten. Das ist mit diesen Programmen gewährleistet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir haben festgestellt, dass die Zahl der Auszubildenden zurückgeht; ich glaube, Herr Rivoir hat das angesprochen. Das macht uns Sorge, weil wir Teilbereiche haben, in denen junge Menschen heute einfach keinen Ausbildungsplatz mehr antreten. Das Handwerk bietet weit mehr Ausbildungsplätze an, als von den jungen Menschen nachgefragt werden.

Deswegen machen wir im Zusammenhang mit einzelnen Handwerkssparten Marketingprojekte, um für Ausbildung zu werben. Zum Beispiel wird Hoga-Media, die multimediale Weiterbildung in allen Bereichen des Hotel- und Gaststättenwesens, gefördert. Wir machen zusammen mit Handwerksgruppen Imagekampagnen, um junge Menschen dafür zu gewinnen, sich im Bereich des Handwerks ausbilden zu lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir alles zusammenfassen, haben wir ein breit gefächertes Angebotsspektrum vonseiten der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, um die Qualifizierung so optimal wie nur irgend möglich zu gestalten und um dem Handwerk die Rahmenbedingungen zu geben, die notwendig sind. Freundliche Grüße an die Bundesregierung!