Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Ein kleiner Schritt für die Legehennen, aber ein großer Schritt für den Tierschutz und für den Verbraucherschutz“, so hat die zuständige Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, die mehrheitliche Zustimmung im Bundesrat zu ihrer neuen Legehennenhaltungsverordnung kommentiert.
In der Tat: Diese neue Verordnung stellt einen Meilenstein auf dem Weg zu einem humaneren Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren dar.
Durch diese neue Verordnung wird die Käfigbatteriehaltung von Legehennen in Deutschland abgeschafft. In Zukunft wird es nur noch Bodenhaltung, Volierenhaltung und Freilandhaltung für Legehennen in Deutschland geben. Damit, meine Damen und Herren, werden die Forderungen von 90 % der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland erfüllt, die lange gefordert haben, Legehennen in Deutschland endlich artgerecht zu halten.
An dieser Stelle möchte ich den Tierschutzorganisationen, den Naturschutzverbänden und ihren Mitgliedern, aber auch den Medien danken, die über viele Jahre hinweg die Bevölkerung für die tierquälerischen Produktionsbedingungen des Lebensmittels Ei sensibilisiert und darüber informiert haben. Sie haben das Bewusstsein dafür geschaffen, dass es eine nicht hinnehmbare Tierquälerei darstellt, Vögel – und dazu gehören die Haushühner – mit ihrem ganz spezifischen Verhaltensrepertoire lebenslang in einen engen Gitterkäfig mit einer Grundfläche von weniger als einem DIN-A-4-Blatt pro Huhn, nämlich mit einer Grundfläche von 450 Quadratzentimetern, zu sperren. Dafür haben die Medien und die Tierschutzorganisationen sensibilisiert und ein Bewusstsein geschaffen, und dafür möchte ich mich an dieser Stelle bedanken.
Der politische Durchbruch zur Verordnung zur artgerechten Legehennenhaltung in Deutschland ist einzig und allein
zwei grünen Ministerinnen zu verdanken: Bärbel Höhn, Umwelt- und Landwirtschaftsministerin in NordrheinWestfalen, hat bereits im Jahr 1990 vor dem Bundesverfassungsgericht eine Klage gegen die Käfighaltung erhoben, und das Bundesverfassungsgericht hat ihr 1999 Recht gegeben – ein Riesenerfolg –, und Renate Künast, unsere Bundeslandwirtschaftsministerin, setzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts jetzt konsequent um.
Ich sage an dieser Stelle, meine Damen und Herren: Welch ein Unterschied zwischen diesen beiden grünen Ministerinnen und allen ihren Vorgängern, egal, welcher politischen Couleur, die immer die Interessen der großen Ei-Erzeuger, der Agrarfabriken geschützt haben, aber nicht die Interessen der Tiere und auch nicht die Interessen der Verbraucher.
Nun zu Ihnen, Herr Landwirtschaftsminister Stächele, und zum Abstimmungsverhalten der Landesregierung von Baden-Württemberg im Bundesrat. Ich halte Ihnen, Herr Minister Stächele, zugute, dass Sie gemeinsam mit Bayern im September dieses Jahres im Agrarausschuss des Bundesrats den Antrag der niedersächsischen Landesregierung, die Käfighaltung auch künftig in so genannten strukturierten Käfigen zuzulassen, abgelehnt haben.
Dadurch wurde der Entwurf von Bundesministerin Künast in einem ersten Schritt gerettet – mit knappem Abstimmungsergebnis.
Aber – nun kommt zu dem Lob auch die Kritik – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Landwirtschaftsminister Stächele, hat das Land Niedersachsen in der entscheidenden Bundesratsabstimmung am 19. Oktober dieses Jahres dem KünastEntwurf in unveränderter Form zugestimmt, während Sie die Verordnung abgelehnt haben, weil der Antrag der Länder Baden-Württemberg und Bayern auf Verlängerung der Übergangsfrist für die herkömmliche Käfighaltung um drei Jahre, nämlich bis zum Jahr 2009, keine Zustimmung fand.
Ich sage es ganz deutlich: Dieses Abstimmungsverhalten ist kein Ruhmesblatt für diese Landesregierung. Ich frage Sie: Sieht so der von Ministerpräsident Teufel immer wieder betonte hohe Stellenwert des Tierschutzes aus? Denn das Land Baden-Württemberg fordert, dass für einen Zeitraum von weiteren drei Jahren pro Jahr ca. 35 Millionen Legehennen in Käfigbatterien gehalten werden sollen.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Was? Das ist ja un- glaublich! – Abg. Teßmer SPD: Und dann sollen sie auch noch schwarze Eier legen!)
Ich rechne es der niedersächsischen Landesregierung hoch an, dass sie dem Verordnungsentwurf zugestimmt hat. Sie wissen, dass in Niedersachsen der Druck der Lobby wesentlich höher ist als in Baden-Württemberg. Dort sitzen die großen Hühnerbarone.
Sie wissen, dass in Niedersachsen in diesem Bereich ein ganz anderer wirtschaftlicher Druck vorhanden ist als in Baden-Württemberg. Bei uns im Land finden nur 6,6 % der bundesweiten Eiererzeugung statt, und die Betriebe sind in der Regel auch kleiner.
Mit dem Ausstieg aus der Käfighaltung von Legehennen nimmt die Bundesrepublik Deutschland EU-weit eine Vorreiterrolle ein.
Selbstverständlich wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass diese höheren Standards des Tierschutzes auch europaweit umgesetzt werden.
Es gibt Stimmen, die sagen, diese Verordnung wäre das Ende der Hennenhaltung bzw. der Eierproduktion in Deutschland, die Eiererzeugung würde in andere europäische Länder bzw. in osteuropäische Länder mit niedrigem Tierschutzniveau abwandern.
Aber die Geflügelwirtschaft in Niedersachsen hat eine Studie erstellen lassen, die besagt, dass voraussichtlich lediglich 5 % der Produzenten aus Deutschland abwandern würden. Diese Studie hat allerdings nicht berücksichtigt, dass dieser Wirtschaftszweig auf politischer Ebene durch flankierende Maßnahmen in der Bundesrepublik unterstützt wird, sodass dies nicht zu befürchten ist.
Das zeigt auch das Beispiel der Schweiz. Die Schweiz war weltweit das erste Land, das aus der Käfighaltung ausgestiegen ist. Seit 1992 gibt es in der Schweiz keine Käfighaltung mehr. Die Schweiz hat durch eine Werbe- und Imagekampagne erreicht, dass die Eiererzeugung dort nicht nur gehalten, sondern die Inlandsproduktion sogar gesteigert werden konnte. Das ist durch eine intensive Zusammenarbeit von Politik, Tierschutz, Handel, Erzeuger und Verbraucher erreicht worden. Genau dies ist der Weg, den wir auch in der Bundesrepublik Deutschland einschlagen wollen und einschlagen werden.
Das ist möglich, wenn hier Bund und Länder zusammenwirken. Deswegen liegt Ihnen heute der Antrag vor, dass die Landesregierung alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen soll, dass auch hier der Ausstieg aus der Käfighaltung erfolgreich durchgesetzt werden kann.
Dazu gehört zum Beispiel eine eindeutige Kennzeichnung der Eier, dazu gehört eine Image- und Werbekampagne.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Der Ausstieg aus der Käfighaltung beruht auf einem fairen Ausgleich zwischen den Interessen des Tierschutzes und den Interessen von Tierhaltern und Verbrauchern. Es liegt im Interesse des Landes Baden-Württemberg, dass für alle Betroffenen und Beteiligten dieser Ausstieg ein Erfolg wird und wir damit in Europa die Standards setzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Damen und Herren! Vor kurzem waren meine Familie und ich in Martinsmoos. Das liegt im Wahlkreis Calw, Herr Blenke.
Was meine Familie und mich faszinierte, war eine Gruppe von Hennen, die ungestört die Straße überquerte und sich dann im dörflichen Grün verlustierte und dort scharrte.