(Abg. Scheuermann CDU: Sie widersprechen sich doch! Sie widersprechen sich! – Gegenruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Denken Sie an Ihre Gesundheit!)
Sie könnten ein Angebot in Fernverkehrsqualität bereitstellen, wenn Sie nur wollten. Daran haben Sie aber kein Interesse. Stattdessen machen Sie, Herr Scheuermann, Fundamentalopposition.
Sie drohen mit dem Bundesverfassungsgericht und glauben, dass es der Bahn irgendetwas nütze, wenn man in Karlsruhe ein paar Jahre lang eine Warteschleife drehe.
Ihre Bundesratsinitiative hat die PDS jetzt lächerlich gemacht bis dort hinaus – noch schlimmer, als Sie, Herr Kaufmann, es zitiert haben. Am 18. Oktober – vor einer Woche – kam es im Deutschen Bundestag zur Abstimmung. Ich habe das Protokoll dabei und könnte Ihnen zitieren, was dabei herauskam: Das Haus lehnte gegen die Stimmen der PDS – nur die hat anders abgestimmt – Ihre eigene Bundesratsinitiative – die des Landes Baden-Württemberg –, wortwörtlich übernommen, ab.
(Lachen bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Unruhe – Beifall bei den Grünen und Abge- ordneten der SPD)
Diese Qualität haben Ihre Bundesratsinitiativen – Planwirtschaft Marke PDS. Schade, dass Herr Oettinger nicht mehr
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Fleischer CDU: Leiser! Lautstärke er- setzt nicht die Qualität!)
Erinnern Sie sich daran, wie er gestern wieder die PDS als Schreckgespenst aufgebaut hat, und die Einzige, die Ihre Initiativen unterstützt, ist die PDS. Sie machen gemeinsame Sache mit der PDS, aber das merken Sie schon gar nicht mehr.
Kommen wir jetzt einmal auf die wahren Gründe, warum Sie nicht ausschreiben wollen, obwohl gegen die Ausschreibung überhaupt kein Argument greift. Die wahren Gründe sind doch – –
Wer so laut schreit, muss überschrieen werden. Wenn Sie leise sind, bin ich auch leiser; das ist ganz einfach.
(Unruhe und vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Salo- mon GRÜNE: Achtung, der Scheuermann hat Bluthochdruck! – Weitere Zu- und Gegenrufe)
Sie nennen keinen Grund, warum Sie nicht ausschreiben. Sie haben sich gegenüber der Bahn verpflichtet, über zehn Jahre 50 Millionen Kilometer zu bestellen und etwas draufzulegen. Deswegen können Sie denen nichts wegnehmen. Das ist der einzige Grund für Ihr ganzes Verhalten.
Ich habe ja auch eine Vision. – Ich werde die Redezeit nicht doppelt überziehen, Herr Präsident. – Ich habe eine Vision: Mit der Ausschreibung verbinden wir Grüne ja ein Ziel; sie ist für uns nicht Mittel zum Zweck, sondern wir verbinden damit ein Ziel. Ich kann mir vorstellen, dass durch den Schwarzwald einmal wie in der Schweiz Panoramawagen fahren und die Fahrgäste hinausschauen können,
dass sie bei der Fahrt Service genießen, dass sie Kaffee am Tisch serviert bekommen, dass sie das Fahrrad nicht irgendwie reinschieben müssen, sondern dass sie Hilfe bei seiner Unterbringung haben. Das alles kriegen wir aber nur, wenn Sie endlich bereit sind, zu überprüfen, welche Angebote eigentlich auf dem Markt sind.
Unser Ziel ist der bessere Bahnverkehr, und wir haben dafür auch den besseren Weg vorgeschlagen. Ihr Antrag richtet aber wieder ausschließlich Forderungen an den Bund – immer nur auf die andere Seite zeigen und die eigenen Aufgaben nicht erkennen. Der Bund soll dieses und jenes tun.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle – da haben Sie sogar weitgehend Recht –: Wir sind auch der Meinung, dass der Bund möglichst viel Geld für den Nahverkehr zur Verfügung stellen soll.
Wir sind uns bereits einig – der Bund und die Länder. Das Geld für den Interregioverkehr steht zur Verfügung – 200 Millionen DM. Es geht nur noch um die Frage, wie viel Geld es für den Rest gibt, für den eigentlichen Nahverkehr. Nur darum wird gestritten, und in diesem Punkt unterstützen wir Sie.
Da das Geld aber zur Verfügung steht, ist jetzt die logische Konsequenz Ihrer eigenen Argumentation, da Sie Ihre Verhandlungsposition nicht schwächen wollten, sofort auszuschreiben. Es gibt nichts mehr zu verhandeln; die Verhandlungen zu diesem Punkt sind zu Ende. Sie müssen jetzt ausschreiben, weil Sie sonst den Verkehr bis Anfang 2003 nicht auf die Schiene bringen. Das ist das eigentliche Problem. Deswegen fordern wir die sofortige Ausschreibung. Und wir fordern auch von Ihnen, dass Sie so ehrlich sind, einzugestehen, dass Sie dem Bund einen Vorwand geliefert haben, die Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr zu kürzen, indem Sie bis zu 150 Millionen DM pro Jahr für andere Zwecke, zum Beispiel für die Sanierung des Landeshaushalts, abgezweigt haben.
Wir bringen deswegen in Ergänzung einen Antrag ein, der die Landesregierung für die Zukunft verpflichtet, mit diesem unseriösen Ausgabeverhalten Schluss zu machen. Dann hätten wir nämlich dreierlei erreicht: Erstens hätten wir etwas viel Besseres als den alten Interregio auf der Strecke, zweitens würde uns der Bund mehr Geld für den Schienenverkehr zur Verfügung stellen, und drittens würden Sie es sogar für den Schienenverkehr ausgeben. Stimmen Sie also unserem Ergänzungsantrag zu. Wir werden Ihren Antrag dann auch gerne mittragen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin vorhin bewusst etwas auf die Chronologie eingegangen, weil dadurch eigentlich auch Ihnen, Herr Palmer, hätte deutlich werden müssen, dass wir einen größeren Teil unseres Antrags in der damaligen Aktuellen Debatte schon vorberaten haben und dass zum Zweiten ein Teil der Antwort durch die Realität inzwischen bereits überholt ist.
Herr Kollege Kaufmann, Artikel 87 e des Grundgesetzes ist unbestritten, und dass der Interregio Fernverkehr ist, ist auch unbestritten. Das Thema ist, dass die Bahn vom Bund Geld bekommt und dass sie es nicht für den Interregio ver
wendet. Wir sagen: Wenn die Bahn das Geld nicht dafür verwendet, soll der Bund das Geld bitte uns zur Verfügung stellen, weil wir wissen, was wir richtig damit machen.
Vielleicht erinnern Sie sich an den Parlamentarischen Abend. Da hat Herr Schnell ganz locker-flockig gesagt, es könne jeder schon jetzt einsteigen, und hat sich darüber amüsiert, dass Bewerber sogar Unterstützung für Wagenmaterial und Ähnliches verlangen.
Es könne jeder zu den Bedingungen einsteigen, wie sie die DB auch habe. Da habe ich eine ganz konkrete Frage an Herrn Schnell:
Zu welchen Bedingungen macht es die DB denn? Sie hat ihre Wagen doch auch nicht selbst gekauft. Sie bekommt doch Unterstützung vom Bund. Dazu will ich endlich einmal konkrete Zahlen haben. Erst dann, Herr Palmer, kann ich mit potenziellen Übernehmern reden, weil ich ihnen die Konditionen sagen muss.
Wenn Herr Schnell sagt, die Übernehmer könnten zu den gleichen Bedingungen einsteigen wie die Bahn, dann soll er mir diese Bedingungen bitte nennen. Dann kann man in Verhandlungen treten. Man kann aber nicht – das sollten auch Sie inzwischen gelernt haben; deswegen unser konkreter Antrag – eine Ausschreibung machen, solange einem die Aufgabe nicht zugeordnet ist. Deswegen brauchen wir die rechtliche Änderung vom Bund. Bitte besprechen Sie sich einmal mit einem Juristen, der Sie darüber vielleicht noch etwas genauer informieren kann.
Was wir aber jetzt schon tun können und müssen, ist, Gespräche mit potenziellen Übernehmern zu führen. Ich gehe auch davon aus, dass sie inzwischen geführt werden. Da gibt es ein großes Potenzial. Ich habe ganz schnell fünf, sechs auf einer Liste gehabt, als ich mir überlegt habe, wer infrage kommt.
Mir wäre es wichtig, dass man nicht bundesweit einen Großen beauftragt. Sonst haben wir Staat durch Staat ersetzt. Das erfüllt nicht die Zielsetzung von mehr Wettbewerb. Wir sollten vielmehr von Fall zu Fall ausschreiben, und dann sollten diejenigen den Zuschlag bekommen, die es am besten leisten. Dabei geht es mir durchaus auch um Qualität. Wenn Sie noch ein bisschen zusätzliches Geld für den Panoramawagen mitbringen, fahren wir sicher alle gern damit.
Es geht auch darum, Überlegungen zu einer vernünftigen Tarifkonzeption anzustellen, gerade wenn unterschiedliche Anbieter tätig werden. Wir können nicht in die Kleinstaaterei vor Friedrich List zurückfallen, sondern wir müssen ein einheitliches Konzept erstellen, und wir müssen die neuen Anbieter auch zur Übernahme dieses Konzepts verpflichten. Da ist auch das Verkehrsministerium gefordert, Ideen zu entwickeln, wie so etwas aussehen könnte.