Protocol of the Session on February 1, 2006

(Abg. Braun SPD: Das ändert sich auch durch den Leitfaden?)

Aber die breiten Probleme bilden doch diejenigen Fälle, die durch das Fehlen von Bildungsabschlüssen und die damit vorprogrammierte Arbeitslosigkeit vorherbestimmt sind.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Das ist, glaube ich, das, worauf sowohl der Ministerpräsident als auch der Kollege Mappus zu Recht hingewiesen

haben: dass wir nicht nur lyrisch über Integration reden, sondern im Land vieles – auch finanziell – schon geleistet haben. Da stehen wir noch nicht am Ende. Wir befinden uns tatsächlich am Anfang. Dass Spracherwerb ganz zentral im Mittelpunkt von Integration steht – übrigens auch für die Bildungschancen der jungen Menschen –, steht völlig außer Frage.

(Abg. Göschel SPD: Dann tun Sie doch etwas! Wer regiert denn im Moment? – Glocke des Präsiden- ten)

Wir tun ja etwas. – Ich bin dezidiert der Meinung, dass es nicht reicht, beim fünften Lebensjahr zu beginnen, sondern dass das Integrieren von Anfang an passieren muss. Dies glaube ich übrigens auch deshalb, weil wir im Kindergarten ganz besonders leicht an die Eltern herankommen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Noll, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zeller?

Die gestatte ich. – Kommen denn jetzt so viele Zwischenfragen?

Bitte schön, Herr Zeller.

Herr Noll, wie wollen Sie erreichen, dass die Kinder am Schwimmunterricht, am Sportunterricht und – das füge ich noch hinzu – auch an den Schullandheimaufenthalten teilnehmen? Das ist die erste Frage.

Zweitens: Wie wollen Sie erreichen, dass die Migrantenkinder tatsächlich bessere Schulabschlüsse bekommen?

(Abg. Dr. Caroli SPD: Alles mit dem Leitfaden!)

Verstehen Sie: Das ist Ihre typische Schwarz-Weiß-Diskussion.

(Abg. Zeller SPD: Sie haben das gerade eben be- hauptet! Wie wollen Sie das erreichen? – Gegenruf des Abg. Kretschmann GRÜNE: Da hat man einen Fragebogen! – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Das werden wir selbstverständlich nicht durch das Umlegen eines Schalters hinbekommen, sondern da müssen wir Angebote machen. Das tun wir. Deswegen spreche ich den Appell aus, dass die Kinder von Migranten in den Kindergarten kommen sollen. Das Beispiel Mannheim zeigt es. Das ist eine Stadt mit einem hohen Migrantenanteil.

(Abg. Zeller SPD: Wie wollen Sie diese errei- chen?)

Über 95 % aller Kinder besuchen dort einen Kindergarten. Da beginnt doch das Hineinleben in unsere Gesellschaft.

(Abg. Birzele SPD: Ohne Gesprächsleitfaden! – Abg. Dr. Caroli SPD: Nicht ausweichen, sondern antworten!)

Auch da gilt für mich: Wer in diesem sensiblen Bereich toleriert, dass negative Beispiele, die als Symbol für eine an

dere Stellung der Frau gesehen werden, bestehen bleiben, der nimmt billigend in Kauf,

(Abg. Zeller SPD: Wie wollen Sie erreichen, dass die Kinder teilnehmen?)

dass sie solche positiven Entwicklungen der Integration schlicht und einfach unmöglich machen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Ich darf aufnehmen, was der Ministerpräsident – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Noll, gestatten Sie nochmals eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt möchte ich gern einmal den Faden zu Ende spinnen.

(Zurufe: Den Gesprächsleitfaden! – Abg. Kretsch- mann GRÜNE: Sie haben gar keinen Faden! – Un- ruhe)

Einen Zwirn kann man auch spinnen. Dann ist es ein gesponnener Faden.

Ich nehme das Angebot des Ministerpräsidenten sehr ernst, uns einmal darüber zu unterhalten, ob wir das, was von Uli Goll am Beispiel Kanada oder Niederlande in die Diskussion gebracht wurde, aufgreifen sollten und uns überlegen sollten, ob es wirklich mit einer Unterschrift und einem formalen Bekenntnis getan sein soll, wenn jemand die innere Hinwendung zu unserer Verfassung und zu unserer Gesellschaft dokumentiert.

(Abg. Braun SPD: Was haben Sie dazu getan?)

Auch Kollege Theurer hat letzthin darauf hingewiesen, dass man sich zum Beispiel auch vorstellen könnte, dass es so eine Art Citizen-Judge gibt, dass also sozusagen Bürger dieses Gespräch führen. Wir halten sehr viel davon. Dann wird es natürlich nicht darum gehen, irgendwelche Fragen abzuarbeiten. Deswegen bin ich dezidiert der Meinung, dass einige dieser Fragen, die in dem Katalog stehen – denn das wollen Sie ja hören –, so nicht in Ordnung sind. Da bin ich überhaupt nicht anderer Meinung.

(Unruhe bei der SPD – Abg. Braun SPD: Was tun Sie dafür?)

Die müssen überarbeitet werden, zum Beispiel die Fragen zur Homosexualität. Aber andere Fragen sind durchaus sinnvoll.

(Zuruf des Abg. Braun SPD)

Lassen Sie uns deshalb ohne Schaum vor dem Mund einmal über eine Überarbeitung nachdenken. Klar ist: Niemand wird gezwungen, diese Fragen abzuarbeiten. Ein Mitarbeiter eines Ausländeramts kann Fragen, die er nicht für sinnvoll hält, weglassen.

(Unruhe bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Kretschmann GRÜNE)

Deswegen sind wir alle aufgerufen – übrigens sind manche Fragen sogar für Deutsche sehr schwer verständlich formuliert –, dies gemeinsam anzugehen. Wir wollen zeitnah angehen, dass der Leitfaden nicht als sklavisch abzuarbeitender Katalog zu betrachten ist.

(Abg. Drexler SPD: Was heißt denn das? – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Drexler, nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis, dass die Bereitschaft vorhanden ist, die Sinnhaftigkeit mancher Fragen gemeinsam zu überarbeiten, und dass bis dahin niemand gezwungen ist, einem Einbürgerungswilligen in der Diskussion Fragen zu stellen, die er für nicht sinnvoll und für nicht zieldienlich hält.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Braun SPD)

Lassen Sie mich zum Schluss kommen – aber das muss ich noch loswerden –: Wir reden jetzt immer über Zukunft. Ich bin dezidiert auch der Meinung, Kollege Hofer, dass wir für die, die schon integriert sind, bei denen es also gar nicht mehr darum geht, abzufragen, ob sie integrationswillig sind, gemeinsam eine Altfallregelung hinbekommen sollten. Darüber gibt es hier große Einigkeit. Insbesondere sollte die angesprochene Härtefallkommission zunehmend – und dessen habe ich mich extra noch einmal vergewissert – ihre Funktion insofern ausüben können, Menschen, die schon lange und gut integriert sind, auch Kindern – sie müssen ja nicht gerade den Scheffel-Preis gewonnen haben, um Integration zu beweisen –, die in der Schule gut integriert sind, tatsächlich die Einbürgerung und das Bleiben hier bei uns zu ermöglichen.

(Zuruf des Abg. Braun SPD)

Ich höre mit Freude, dass sich anfängliche Probleme, die sich daraus ergeben haben, dass das Innenministerium die Empfehlungen nicht immer umgesetzt hat, zunehmend in dem Sinne regeln, dass es, wenn zwei Drittel dieser Kommission sagen: „Jawohl, das sind klassische Fälle von Menschen, die gut integriert sind, sodass es Unsinn wäre, sie wegzuschicken“, dann auch tatsächlich eine flexible Lösungsmöglichkeit gibt. Langfristig wollen wir natürlich eine Altfallregelung haben. Darüber sind wir uns, glaube ich, einig.

(Abg. Braun SPD: Dann tun Sie doch einmal etwas dafür!)

Die Innenministerkonferenz – und da waren die Innenminister von Ihrer Seite auch dabei – hat sich eben nicht einigen können.

Lassen Sie mich abschließend sagen – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Noll, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Fischer?