Protocol of the Session on February 1, 2006

In keinem einzigen Punkt des Untersuchungsauftrags konnten die Antragsteller Nachweise für ein Fehlverhalten oder eine pflichtwidrige Unterlassung durch die Landesregierung erbringen.

(Abg. Stickelberger SPD: Sie waren aber doch da- bei!)

Schon nach dem Regierungsbericht, Herr Kollege Stickelberger, war detailliert klar, dass der Vorwurf des Messeraubs abwegig war und ist. Für die Öffentlichkeit war das allerspätestens in dem Augenblick klar, als der Betreiber der Sinsheimer Messen, der Unternehmer Paul Schall, in einer öffentlichen Erklärung in den Medien im Juni und bei uns im Untersuchungsausschuss im September eindeutig ausgesagt hat, dass der eingeleitete Umzug der Sinsheimer Messen nach Stuttgart ausschließlich aus eigenem Entschluss erfolgt ist, und zwar aus klar wirtschaftlichen Erwägungen heraus, die für jeden im Ausschuss nachvollziehbar waren und sich letztendlich als zwingend darstellten. Denn die Teilnehmer an den Messen in Sinsheim selbst drängten Schall, an größere Standorte zu wechseln. Schall hatte im Kern keine Alternative, obwohl ihm die Entscheidung schwer gefallen ist. Wichtige Aussteller wie etwa die Firma Trumpf aus Ditzingen setzten sich mit Nachdruck dafür ein, die Leitmessen wie etwa die Motek an einen größeren Messestandort zu verlegen.

Ich zitiere Paul Schall, der am 19. September 2005 vor dem Ausschuss sagte:

Wäre als Ausweg Stuttgart nicht infrage gekommen, so hätte ich dennoch meine Messen aus Sinsheim abgezogen und einen anderen Standort gewählt, der mit Sicherheit aufgrund der fehlenden Alternativen außerhalb Baden-Württembergs gelegen hätte.

Zahlreiche Zeugen haben dies bestätigt. Der Kernsachverhalt lautet also: Herr Schall hat sich seit dem Zeitpunkt ganz intensiv mit den Umzugsplänen auseinander gesetzt, zu dem der Spatenstich für die neue Messe erfolgt ist. Erst hat er sich, auch angeregt durch verschiedene Seiten, mit dem Gedanken getragen, mit der Messe Stuttgart zu kooperieren und dabei einen Teil der Messen nach Stuttgart zu verlegen. Ende 2004/Anfang 2005 reifte der Entschluss von Herrn Schall, die Messen komplett zu verlagern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war allen klar, dass an der Sache nichts dran ist.

Aber obwohl der Sachverhalt klar war, hat sich die Opposition weiter in Widersprüche verwickelt. Da wurde gesagt, die Regierung habe etwas falsch gemacht. Aber was denn, und wer ist „die Regierung“?

Fangen wir einmal konkret an. Herr Kretschmann, ich lese dazu einmal Ihre Pressemitteilung vor. Darin steht, der frühere Ministerpräsident Erwin Teufel habe die Brisanz des Themas erkannt und seine Mitwirkung an einer Abwerbung abgelehnt. Erwin Teufel war es also nicht.

Aber wie geht es dann weiter? Wer könnte es gewesen sein? Ministerpräsident Oettinger spielte zu diesem Zeitpunkt in der Regierung keine Rolle. Waren es also die Beamten, oder war es vielleicht das Staatsministerium?

Jetzt zitiere ich einmal Sie, Herr Kretschmann. Im Ausschuss haben Sie bei der Befragung von Herrn Staatssekretär Böhmler Folgendes gesagt – ich zitiere –:

Es ist ja nicht Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses, das Verhalten von Beamten zu untersuchen.... Bitte richten Sie Ihren Beamten aus, dass der Untersuchungsausschuss erst mal mit Beamten nichts zu tun hat, sondern sie führen die Weisungen der Spitze aus, und das ist nicht Gegenstand unserer Untersuchung.

Also: Erwin Teufel war es nicht, und auch die Beamten waren es nicht. Wer war es denn dann, Herr Kretschmann? Waren Sie es vielleicht? Spätestens zu diesem Zeitpunkt zeigt sich – Herr Kretschmann, haben Sie den Mut, es zuzugeben –: An der Sache ist nichts dran.

(Zurufe der Abg. Kretschmann GRÜNE und Hofer FDP/DVP)

Sie können ja nachher Stellung nehmen, Herr Kretschmann. Wir freuen uns schon darauf.

Jetzt zur SPD: Die SPD ist von dem Vorwurf ja wohl selbst nicht überzeugt. Jedenfalls hat der Abgeordnete, der in Sinsheim vor Ort Verantwortung trägt, Herr Kollege Göschel, am 22. November 2005 der Presse gegenüber gesagt

die Überschrift des Artikels lautet: „In der SPD rückt man vom ‚Messeraub‘ ab“ –

(Abg. Göschel SPD: Das hat er nie gesagt!)

ich zitiere ihn –:

„Ich sehe bis jetzt keine Belege, die einen Nachweis erbringen, dass die Landesregierung aktiv gehandelt hat“, sagte der Sinsheimer SPD-Landtagsabgeordnete Helmut Göschel gegenüber unserer Zeitung. „Drahtzieherei“ oder „Regieführung“ lasse sich nicht nachweisen.

Lieber Herr Göschel, Sie haben das am 22. November 2005 gesagt. Da hatten wir alle Beamten schon befragt. Danach kam noch die Politik; aber die Politik – Erwin Teufel – ist nach Ihrer Auffassung gar nicht verantwortlich.

Meine Damen und Herren, auch die Presse sieht es so, dass Ihre ganze Linie zusammengebrochen ist. Ich zitiere aus der „Stuttgarter Zeitung“ vom 13. Januar 2006:

Zudem schadete den Genossen außerordentlich, dass sie während der Ausschussarbeit eine argumentative 180-Grad-Drehung vollzogen, die staunen lässt: Erst hieß es, die Stuttgarter Regierung habe die Abwerbung der Schall-Messen aus Sinsheim betrieben. Später, als der „Messeraub“ nicht eindeutig nachzuweisen war, verlegten sie sich auf den Vorwurf, die Regierung habe nichts dafür getan, um das Ausbluten der Messe Sinsheim zu verhindern.

Also: Erst haben Sie behauptet, die Regierung habe zu viel Einfluss auf die Verhandlung genommen. Kurz darauf haben Sie gesagt, es war zu wenig.

(Heiterkeit des Abg. Hofer FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das können Sie hier einmal erklären. Diese Notbehauptung hat die Sache für Sie aber auch nicht besser gemacht, sondern eher noch schlimmer. Zunächst einmal hält sie der Realität nicht stand. Die Wahrheit ist – das haben alle Aussagen im Ausschuss bestätigt –, dass das Staatsministerium über die Entwicklungen in den verschiedenen Stadien von verschiedenen Seiten informiert worden ist.

Zunächst hat Herr Schall im Sinne eines Gebens und Nehmens – das ist auch mehrfach und eindeutig bewiesen – an eine Kooperation zwischen der Messe Sinsheim und der Stuttgarter Messe gedacht. In dem vom Staatsministerium verwendeten Begriff „Kooperation“ einen supergenialen Tarnbegriff für eine Verlagerung der Messen zu sehen ist abwegig. Sie haben dafür auch keinen Beleg hervorgebracht.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Gö- schel SPD: Sie haben nicht zugehört! – Abg. Schmid SPD: Sie haben in der Ausschusssitzung wohl geschlafen!)

Das Staatsministerium hat zu den anfänglichen Plänen von Schall, einige Messen nach Stuttgart und von Stuttgart etwas nach Sinsheim zu verlegen, völlig zu Recht eine kooperative Haltung eingenommen, und das aus einem einzigen

Grund: Den mit der Materie vertrauten Beamten war von Anfang an klar, was zu der Kooperation und später zu der Verlagerung die Alternative war: Die Messen gehen entweder nach Stuttgart oder aber nach Hannover oder Frankfurt. Das ist die Realität; das ist die Wahrheit. Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, nach Ihrer Logik, meine Damen und Herren, dann wären diese Messen jetzt nicht in Richtung Stuttgart, sondern nach Hessen oder Hannover gegangen.

(Abg. Göschel SPD: Das ist durch nichts belegt! – Abg. Schmid SPD: Schutzbehauptung!)

Unsere Verwaltung hat sich stattdessen „pro Baden-Württemberg“ verhalten, als über eine Komplettverlagerung der Schall-Messen entschieden wurde. Für die CDU-Fraktion danke ich der Verwaltung, dass sie sich in dem Augenblick, als es darum ging, ob Messen von Sinsheim nach Stuttgart oder nach Hannover gehen, im Rahmen des Zulässigen und Möglichen verantwortlich verhalten hat.

Ganz zum Schluss möchte ich unserem Ausschussvorsitzenden, der die Beratungen souverän geleitet hat, danken – das habe ich schon getan. Ich möchte Christoph Palmer, unserem Obmann, der erkrankt ist und deshalb heute nicht hier sein kann – sonst hätte er diesen Part übernommen –, danken. Er hat maßgeblichen Anteil daran, dass alle Sachverhalte gut aufgeklärt worden sind.

Sie von der Opposition wollten kurz vor den Landtagswahlen noch einen großen Coup landen. Sie wollten uns eine Grube graben. Aber Sie sind selbst hineingefallen.

(Lachen der Abg. Stickelberger SPD und Kretsch- mann GRÜNE)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut! Das war hervorragend!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Schüle hat jetzt einen neuen Zeugen in die Debatte eingeführt, der im Ausschuss keine Rolle gespielt hat. Wenn das, was Sie gesagt haben, belastbar wäre, wäre das natürlich schon ein echtes Problem für uns. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, das schon ganz am Anfang klarzustellen, und frage den Kollegen:

(Abg. Blenke CDU: Haben wir Fragestunde? – Zu- ruf von der CDU: Machen wir das jetzt umge- kehrt?)

Trifft es zu,

(Abg. Blenke CDU: Haben Sie sich zu einer Frage gemeldet?)

was Herr Kollege Dr. Schüle gesagt hat? Ich frage Sie vor den Augen der Kolleginnen und Kollegen des Landtags und der Öffentlichkeit. Ja oder Nein?

(Abg. Göschel SPD: Nein, eindeutig Nein!)

Sie haben es gehört: Nein. Damit ist dieser Teil der Argumentation schon in sich zusammengebrochen.

Meine Damen und Herren, der Untersuchungsausschuss hat aus unserer Sicht zwei wesentliche Ergebnisse erbracht.

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Das erste Ergebnis: Die Landesregierung hat bei der Messeverlagerung aktiv mitgewirkt. Ohne die direkte und indirekte Unterstützung der Landesregierung wäre es niemals zur Gesamtverlagerung der Messen von Sinsheim nach Stuttgart gekommen. Damit hat sich die Landesregierung aktiv an einem Vertragsbruch beteiligt, und deshalb ist der politische Vorwurf der Komplizenschaft beim Messeraub durchaus angebracht.

(Beifall bei der SPD)

Der Untersuchungsausschuss hat aber noch etwas ergeben. Immer, wenn man mit den Mitteln eines Untersuchungsausschusses hinter die Kulissen der Regierungsarbeit blicken kann, bekommt man auch einen Einblick in den Zustand der Regierung. Das hat mit dem Untersuchungsauftrag natürlich auch wieder etwas zu tun, denn wenn ein miserabler Zustand die Handlungsfähigkeit der Regierung lähmt, dann wird man auch bezüglich der Handlung in Sachen Messen behindert. Deshalb will ich als Zweites auch auf dieses Thema eingehen.

Der Kollege Schüle hat gesagt, wir hätten keine Belege für unsere Aussagen. Deshalb kann ich hier nicht nur interpretieren, sondern muss ich all denen, die nicht an den Ausschussberatungen teilgenommen haben, schon einige Belege für die Behauptung – bei der wir natürlich bleiben –, dass die Landesregierung aktiv beteiligt war und dass es ohne die Landesregierung nie und nimmer so weit gekommen wäre, anführen.

In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit lasse ich jetzt einen ganzen Teil der Vorgeschichte weg und beginne mit einem persönlichen, vertraulichen Schreiben des Geschäftsführers der Messe Stuttgart an den Abteilungsleiter im Staatsministerium. Überschrift: Kooperation P. E. Schall GmbH/Neue Landesmesse.