Protocol of the Session on December 1, 2005

(Abg. Heike Dederer CDU: Aber in Nordrhein- Westfalen haben wir doch Erfahrungen seit Jah- ren!)

Liebe Kollegin Dederer, der Hinweis auf den Verwaltungsaufwand ist das allerletzte Argument, wenn es um Partizipation und um mehr Demokratierechte für die Menschen im Land geht. Das ist das letzte Argument!

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Deswegen hoffe ich natürlich, dass wir im Ausschuss die Kurve des Kollegen Döring noch einmal hinkriegen und ich in vorweihnachtlicher Zeit schon eine kleine Bescherung erleben darf.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Zeller SPD: Zick- zackkurs!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Sie stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ständigen Ausschuss zu. Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.

Punkt 8 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundesdisziplinargesetzes – Drucksache 13/4765

Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, zu diesem Tagesordnungspunkt keine Aussprache zu führen. – Sie stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ständigen Ausschuss zu. Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zu dem Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags über die Zugehörigkeit der Apotheker, Apothekerassistenten und Pharmaziepraktikanten des Landes Baden-Württemberg zur Bayerischen Apothekerversorgung – Drucksache 13/4816

Auch hierzu ist keine Aussprache vorgesehen. – Sie stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Sozialausschuss zu. Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD – Humanitäre Bleiberechtsregelung für so genannte Altfälle – Drucksache 13/4864

b) Antrag der Fraktion GRÜNE – Altfallregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge – Drucksache 13/4866

dringlich gemäß § 57 Abs. 3 GeschO

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b je fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Frau Abg. Utzt? Frau Abg. Lösch.

Es ist niemand vom Justizministerium da. Deshalb wollen wir den Justizminister herbeizitieren.

(Abg. Birzele SPD: Zustimmung! – Weitere Zuru- fe)

Findet der Antrag die notwendige Unterstützung? –

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Wir stimmen über den Antrag ab. Wer für den Antrag stimmt, den Justizminister herbeizurufen, den bitte ich um

(Stellv. Präsidentin Christa Vossschulte)

das Handzeichen. – Das sind 17 Abgeordnete. Wer stimmt gegen den Antrag? – Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

(Unruhe – Abg. Dr. Christoph Palmer CDU zur Opposition: Was sollen denn die Spielchen?)

Wem darf ich das Wort erteilen? – Bitte schön, Frau Abg. Utzt.

(Abg. Zeller SPD: Der Justizminister ist nicht da! Das ist unglaublich! – Abg. Birzele SPD: Das ist doch ein Skandal! – Zuruf Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich bedauerlich, dass der Ausländerbeauftragte der Landesregierung zu diesem Thema nicht anwesend ist. Wir bedauern das sehr, und wir bedauern auch die Mehrheitsentscheidung.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das zeigt sein En- gagement in dieser Sache! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Der Landwirtschaftsminister ist da! – Ge- genruf des Abg. Stickelberger SPD: Der erledigt das gerade mit!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jedes Gesetz muss sich in der Praxis bewähren. Gegebenenfalls müssen Klarstellungen oder Korrekturen vorgenommen werden. Das neue Zuwanderungsgesetz hat in der Regelung des humanitären Aufenthalts einen Versuch unternommen, langfristig geduldeten Ausländern ein legales Aufenthaltsrecht zu ermöglichen. Leider hat dieser Versuch noch nicht zu dem intendierten Ergebnis geführt, weil die Gesetzesnormen von den Behörden zu restriktiv ausgelegt werden.

Für die meisten der geduldeten Menschen besteht nach wie vor Rechtsunsicherheit. Das ist die Ausgangslage. Nach einer schwierigen Geburt gibt es auch in Baden-Württemberg eine Härtefallkommission. Sie soll nun über das Schicksal dieser Menschen entscheiden. Die Zahl der Fälle, mit denen sich die Härtefallkommission befasst und die kontinuierlich, um nicht zu sagen dramatisch, steigt, spricht ihre eigene Sprache.

Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily hat nun im Juni dieses Jahres ein Bleiberecht für Kinder und Jugendliche gefordert, die länger als sechs Jahre in Deutschland leben – selbstverständlich verbunden mit Auswirkungen auf die Eltern. Dieser Vorschlag wurde – nicht ganz nachvollziehbar – von der Mehrheit der Innenminister abgelehnt.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Angesichts der großen und immer größer werdenden Zahl der Fälle, die der Härtefallkommission vorliegen und weiterhin vorgelegt werden, und angesichts der Tatsache, dass die Kommission bei jedem fünften Ersuchen eine Empfehlung für ein Bleiberecht ausspricht, hat deren Vorsitzender Edgar Wais gefordert, dass es für Altfälle mehr Großzügigkeit in Sachen Bleiberecht geben muss.

Den Mitgliedern des Innenausschusses ist gestern ein Schreiben des Deutschen Anwaltvereins zum Erfordernis

einer Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete zugegangen.

(Zuruf des Abg. Zimmermann CDU)

Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen – meines Wissens FDP-Mitglied – fordert inzwischen ein Bleiberecht für so genannte Altfälle.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Nicht nur er! Es gibt auch CDU-Innenminister, die das fordern! – Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Die verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen fordern das ebenso.

Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass Menschen, die in ihren Heimatländern verfolgt worden sind, die vor Krieg, Bürgerkrieg oder ethnischer Säuberung fliehen mussten, die nach langjährigem Aufenthalt bei uns heimisch geworden sind, die für ihre mittelständischen Arbeitgeber häufig unverzichtbar sind, deren Kinder hier geboren wurden und zur Schule gehen und in der Regel keine Bindung an das Herkunftsland ihrer Eltern haben, sich bei uns endgültig sicher fühlen können, weil sie keine Angst vor einer möglichen Abschiebung mehr haben müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Bauer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die anstehende Innenministerkonferenz in Karlsruhe am 8. und 9. Dezember ist für uns ebenso wie für die Fraktion der SPD der Anlass, einen dringlichen Antrag einzureichen, in dem wir die Landesregierung und Herrn Innenminister Rech, der den Vorsitz in dieser Innenministerkonferenz innehat, auffordern, einer Bleiberechtsregelung für langjährig hier lebende Asylsuchende und geduldete Ausländer beizutreten und diese Regelung zu unterstützen.

Wir brauchen eine Bleiberechtsregelung. Dieser Auffassung sind nicht nur Kolleginnen und Kollegen der SPD und der Grünen. Dieser Auffassung ist auch die Härtefallkommission, die ja vor kurzem nach drei Sitzungen erstmals öffentlich eine Zwischenbilanz gezogen hat und festgestellt hat, dass die Kommmission bislang in jedem fünften Fall, der ihr vorgelegt wurde, dem Innenministerium ein Bleiberecht empfiehlt. Der Vorsitzende Edgar Wais hat der Öffentlichkeit gegenüber erklärt, er fordere die Landesregierung auf, für Altfälle in Sachen Bleiberecht eher Großzügigkeit zu zeigen.

Sie alle wissen: Der Härtefallkommission liegen inzwischen über 700 Fälle vor. Insgesamt sind im Land 2 800 Personen betroffen. Jeden Monat kommen ca. 100 Anträge hinzu. Diese Antragsflut, der die Härtefallkommission ausgesetzt ist, kann sicher nicht der Sinn der Sache sein. Sie ruft danach, für Altfälle eine generelle Lösung, eine Altfallregelung, zu schaffen, damit sich die Härtefallkommission in der Tat und mit der hierfür nötigen Intensität mit Einzelfäl

len auseinander setzen und Einzelfallgerechtigkeit herstellen kann.