Protocol of the Session on December 1, 2005

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Ja, weil sie kein Mensch aufklärt! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

In Nordrhein-Westfalen – ich möchte diese Prozentsätze deutlich sagen – stellen 0,005 % der Bevölkerung einen Antrag, und von diesen Anträgen sind 20 % nicht zulässig. Laut letztem Bericht betrafen 60 % eine bestimmte Bausache in Oberhausen.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Das ist die Bestätigung dafür, dass wir das brauchen! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Sollen die Leute jetzt Horoskope lesen?)

Mein Rat an Sie: Wenn Sie von einem schlanken Staat reden, dann dürfen Sie nicht solche Gesetzentwürfe vorlegen und schon gar nicht Gesetzentwürfe zulasten der Kommunen.

Die CDU wird Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jetzt bin ich aber überrascht!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Wichmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines sollte man in einer modernen Verwaltung nicht haben, nämlich Angst vor dem Bürger. Man muss auch einmal die Umkehrsituation darstellen: Die Verwaltung ist für den Bürger da – nicht der Bürger für die Verwaltung.

Wenn Sie sich die Handbücher „Neue Steuerungsinstrumente“ durchlesen, wenn Sie sich anschauen, was im New Public Management läuft, wenn Sie sich über die vielfältigen Möglichkeiten informieren, die in den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien stecken, dann sehen Sie, dass man unter der Vorgabe von Effektivität, Effizienz und Transparenz durch eine Umkehr in der Verwaltung vom Obrigkeitsstaat zum Partner Verwaltung ein neues Miteinander mit dem Bürger hinbekommen kann und dass dies durchaus Synergien nach sich zieht, die zu einem neuen Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung führen.

Frau Dederer hat angeführt, dass sich immer zu ganz bestimmten Themen eine Vielzahl von Anfragen ergibt. Nun, ich kenne auch solche Verwaltungsvorgänge, bei denen der Bürger sehr besorgt und in vielfältiger Art und Weise nachfragt, was denn da passiert. Da besteht einfach die Aufgabe für eine moderne Verwaltung, bei solch strittigen, offenen Themen Informationsplattformen ins Netz zu stellen, um dem Informationsbedürfnis schon von vornherein zu entsprechen.

Herr Oelmayer hat es in die Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE als Möglichkeit auch hineingeschrieben, da Wege zu finden und sich in dieser Richtung auch zu öffnen, sodass eigentlich davon auszugehen ist, dass sich mit einer Übergangszeit – –

(Abg. Heike Dederer CDU: Diese Möglichkeit be- steht auch ohne das Gesetz!)

Ja, das ist die Frage. Wenn ich einen gesetzlichen Anspruch habe, ist es immer ganz gut, dass die andere Seite, das heißt in diesem Fall die Verwaltung, mir ein Stück weit entgegenkommt und auch weiß, dass es so läuft.

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Ich denke, bei den Erosionsprozessen, die wir bei der Verwaltung haben und die wir beim Vertrauen der Bürger gegenüber unserer Verwaltung haben, und auch bei den vielen Vorstellungen vonseiten der Bürger, die das Verwaltungshandeln in Teilen nicht verstehen, nicht nachvollziehen können, und da wir aufgrund der Verwaltungsmodernisierung – –

(Abg. Heike Dederer CDU: Daran ändert aber ein solches Gesetz nichts!)

Ich nenne jetzt nur einmal das Stichwort „gemischte Dienststellen“. Da ist es schon sehr gut, zu wissen, mit wem und womit man es zu tun hat und welche Stelle in der Abfolge zuständig ist, wenn sich ein Verwaltungsakt aufbaut.

Ich stimme zu – an diesem Punkt bin ich auch, in aller Offenheit gesagt, nicht ganz sattelfest – – Ich habe die Informationsfreiheitsgesetze der anderen Bundesländer miteinander verglichen. Frau Dederer, ich kann Ihnen da auch aus der Statistik heraus ein bisschen die Sorge nehmen, dass der Bürger dieses Instrument so über Gebühr in Anspruch nimmt, dass es überbordet. Es wäre allerdings verkehrt, zu sagen: Wenn es niemand in Anspruch nimmt, brauchen wir es nicht. Denn es gibt zum Beispiel bestimmte Sicherungseinrichtungen beim Staat. Ich bin ganz froh, dass es sie gibt. Das gibt mir als Staatsbürger ein Gefühl von Sicherheit, auch im Umgang mit dem Staat. Das heißt dennoch nicht, dass ich sie tagtäglich in Anspruch nehme. Es gibt eine Vielzahl von Einrichtungen. Um es ganz banal zu sagen: Ich bin froh, dass es die Feuerwehr gibt. Ich bin aber auch ganz froh, wenn ich sie nie in Anspruch nehmen muss.

Ähnlich ist es mit einem Informationsfreiheitsgesetz. Der Bürger weiß, dass er einen Anspruch auf etwas hat. Er weiß, dass er im Zweifelsfall immer ein Anrecht auf eine Information hat und dass man ihn als mündigen Staatsbürger behandelt.

(Abg. Heike Dederer CDU: Aber das hat er doch bisher auch, wenn es ihn betrifft!)

Wenn es ihn betrifft. Aber manchmal ist es an der Grenzlinie schwer, zu unterscheiden, ob es ihn betrifft oder ob es zum allgemeinen Bürgerverständnis einer modernen Community gehört.

(Zuruf der Abg. Heike Dederer CDU)

Wie gesagt: Ich für meinen Teil sehe noch Klärungsbedarf in den Ausschussberatungen, was die Grenzziehung angeht, was die Frage angeht, ob der Gesetzentwurf jetzt in Teilen zu restriktiv gefasst ist.

Ich muss Herrn Oelmayer attestieren: Er ist Ihnen mit den Restriktionen, die dieser Entwurf beinhaltet, sehr weit entgegengekommen. Denn er hat, getragen von dem Gedanken, dass Sie da gegebenenfalls bereit sind, auf den Zug aufzuspringen, wirklich einen Gesetzentwurf vorgelegt, der so eng gefasst ist, dass vonseiten der Landtagsfraktionen keinerlei Einwände bestehen, diesen zu unterstützen.

Allerdings, Herr Oelmayer, möchte ich Ihnen jetzt den Vorschlag machen, wenn wir hier wieder, wie schon so oft, wenn es um Informationsfreiheit, um Zugang, um Datenschutz, um sonstige Dinge geht – – Vielleicht sollten wir die Schrauben in diesem Gesetz einfach noch etwas andrehen, damit der Level etwas höher wird. Denn ich bin sicher: Wir werden eines Tages hier ein solches Gesetz mit Mehrheit durch das Parlament bringen.

Ich freue mich, in diesem Punkt mit den Grünen zusammenzuarbeiten,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

weil da der neoliberale Zug noch nicht ganz angesetzt hat. Ich würde mich auch sehr freuen, wenn sich die FDP/DVP an ihre alte Tradition erinnerte und beim Thema Informationsfreiheit mit uns „sozialliberal ampeln“ würde.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Döring.

(Abg. Rückert CDU: Jetzt wird Klartext gespro- chen! – Abg. Stickelberger SPD: Wollen Sie auch „ampeln“?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Vorfreude des SPD-Kollegen wird eine nur geteilte Freude nach sich ziehen.

Aber, verehrter Kollege Oelmayer: Meiner Meinung nach geht Ihr Entwurf in weiten Teilen in die richtige Richtung. Ich denke, dass eine größere Transparenz in beide Richtungen, Frau Dederer, positiv wirken kann und auch positiv wirken wird. Wenn wir auf der einen Seite wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger kompetenter, informierter, erfahrener auch mit der Verwaltung umgehen, ist es doch völlig klar, dass sie dazu auch einen größeren Informationsbedarf haben, mehr Informationen benötigen, die ihnen erteilt werden sollten. Das mögen Sie dann als blauäugig oder als „gelb-blauäugig“ bezeichnen. Ich gehe davon aus, dass es auch für die Verwaltung von Vorteil ist, wenn sie mit Anfragen von besser informierten Bürgerinnen und Bürgern umgeht, bevor es zu Entscheidungen kommt. Wenn man die eine oder andere Verwaltungsentscheidung aufgrund eines besseren Informationsflusses nachvollziehen kann, dann ist das doch zum Vorteil aller Beteiligten und sollte nicht von

vornherein mit der Aussage abgebügelt werden, damit würde dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Dass es zu Missbrauch kommt, ist an verschiedenen Stellen angesichts einer Unzahl von Regelungen und Gesetzen sowie von Rechten, die eingeräumt werden, immer wieder festzustellen. Aber Ihr Kollege hat nicht zu Unrecht gesagt: Eigentum wird auch nicht abgeschafft, nur weil an manchen Stellen geklaut wird. Es ist nun einmal so, dass Rechte an verschiedenen Stellen zu Missbrauch führen können. Aber der positive Grundansatz – mehr Transparenz –, für den man sich immer wieder einsetzt, um dadurch vielleicht ein größeres Bürgerengagement, ein kompetenteres Bürgerengagement zu erreichen, muss nicht immer schlecht sein, sondern kann und wird unserer Überzeugung nach gut sein.

Ich habe beobachtet, dass Sie, Frau Dederer, nach Ihrer Rede sofort beglückwünscht worden sind. Herzlichen Glückwunsch! Sie sind in der CDU voll und ganz angekommen. Dem kann man sich nur anschließen, Frau Dederer.

(Beifall bei der FDP/DVP, Abgeordneten der SPD und der Grünen sowie des Abg. Rüeck CDU – Abg. Heike Dederer CDU: Dieses Lob nehme ich in diesem Fall an!)

So beobachte ich Sie nach wie vor sehr aufmerksam, und ich halte das auch für richtig.

Ich denke, dass der Kollege von der SPD Recht mit seiner Aussage hat, dass man im Ausschuss noch eine ganze Reihe von Punkten besprechen muss. Es ist doch klar, dass wir von unserer Seite zum Beispiel sagen: Der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen darf nur mit Zustimmung des Unternehmens gewährt werden – nicht lediglich nach einer reinen Stellungnahme, wie Sie es vorsehen. Es ist mir schon zu wenig, dass man da einfach eine Stellungnahme abgibt und dann den Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bekommen kann. Sie werden von uns nicht erwarten, dass wir das unterstützen.

(Abg. Birzele SPD: Aber Sie haben doch Zutrauen zur Verwaltung, die den Zugang gewähren muss, dass die richtig entscheidet!)

Trotzdem denke ich, dass es eine, wie wir ausgeführt haben, Zustimmung des Unternehmens geben soll.

Wir haben einen weiteren Punkt: Bekanntwerden der Inhalte der Informationen, die die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung beeinträchtigen. Was ist mit Landkreisen, Städten, Gemeinden, die vorhin zu Recht eine wichtige Rolle gespielt haben? Es gibt also eine Menge Diskussionsbedarf.

Ich möchte mit einem Zitat schließen:

Unsere Fraktion hielte es nicht für sinnvoll, wenn ein solches Gesetz zum Ende dieser Legislaturperiode – das wäre der Fall, weil die Träger der öffentlichen Belange und insbesondere die Kommunen einbezogen werden müssen – in aller Eile durchgezogen würde.

Dieses wichtige Bürgerrechtsthema muss umfassend beraten werden. In der nächsten Legislaturperiode muss ein solches Gesetz hier beschlossen werden.

Ich habe Ihren früheren Kollegen Jacobi zitiert. Dem schließe ich mich heute gerne an.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Fi- scher SPD: Das war eine wunderbare Kurve!)