Protocol of the Session on November 10, 2005

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Abg. Capezzuto SPD: Herr Theurer, Pulver ver- schossen!)

Wir sind deshalb in der Ersten Beratung am Ende der Aussprache über die Gesetzentwürfe angelangt. – Sie stimmen der Überweisung der Gesetzentwürfe Drucksachen 13/4792 und 13/4769 zur weiteren Beratung an den Finanzausschuss zu. – Es ist so beschlossen.

Wir kommen nun zu dem Antrag Drucksache 13/4136. Abschnitt I ist ein Berichtsersuchen, das erledigt ist.

Wie soll mit Abschnitt II dieses Antrags verfahren werden?

(Abg. Fischer SPD: Überweisung an den Aus- schuss!)

Abschnitt II des Antrags Drucksache 13/4136 soll an den Finanzausschuss überwiesen werden. – Es erhebt sich kein Widerspruch, es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.

(Stellv. Präsidentin Christa Vossschulte)

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Drucksache 13/4716

Das Präsidium hat für die Aussprache nach der Begründung des Gesetzentwurfs durch die Regierung eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Minister Renner.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, hätte die Landesregierung bei der Zusammenführung der Sozial- und Arbeitslosenhilfe, der so genannten HartzIV-Reform, eine andere Zuständigkeit bevorzugt. Die Zuständigkeit wäre nach unserer Auffassung bei den Kommunen besser aufgehoben gewesen. Das sehen wir auch dort, wo optioniert worden ist.

Gleichwohl haben wir dieser grundsätzlich richtigen Reform – ich möchte betonen, dass wir nach wie vor der Meinung sind, dass die Reform und ihre Ansätze richtig sind – im Ergebnis zugestimmt. Jetzt gilt es, diese konstruktiv umzusetzen. Ende des letzten Jahres hat der Landtag die hierfür notwendigen organisationsrechtlichen Vorschriften beschlossen. Nun beraten wir den Finanzteil. Der vorliegende Gesetzentwurf regelt die finanzielle Umsetzung auf Landesebene, und zwar die Weitergabe von Finanzmitteln des Landes an die Stadt- und Landkreise.

Zum Inhalt des Gesetzentwurfs möchte ich zwei Punkte ansprechen: erstens die Weitergabe des Bundesanteils an den Unterkunftskosten vom Land an die Kreise und zweitens die Weitergabe der Einsparungen des Landes beim Wohngeld an die Landkreise.

Zunächst zum Bundesanteil an den Unterkunftskosten. Der Bund beteiligt sich mit einem bestimmten Prozentsatz an den Kosten für Unterkunft und Heizung, die von den Kommunen zu tragen sind. Hierdurch soll erreicht werden, dass die Kommunen bundesweit, wie vom Bund zugesagt, 2,5 Milliarden € Entlastung bekommen. Diese Bundesbeteiligung wird von den Ländern an die Kreise weitergeleitet. In dem Entwurf des Änderungsgesetzes wird dies noch einmal bestätigt. Das eigentliche Problem ist der Beteiligungssatz des Bundes, der vorläufig auf 29,1 % festgesetzt wurde. Dieser Prozentsatz unterliegt der Revision.

Der Bund meint nun – so jedenfalls ein von der Bundesregierung eingebrachter Gesetzentwurf –, die Bundesbeteiligung sei überhaupt nicht nötig, um die Entlastung zu erreichen. Vielmehr hätten die Kommunen schon ohne Bundeszahlungen einen Gewinn von 2,5 Milliarden € und noch mehr gehabt. Deshalb will der Bund seine Beteiligung mit Rückwirkung zum 1. Januar 2005 auf null stellen.

(Abg. Fleischer CDU: Das ist unglaublich!)

Das geht nicht. Das ist unseriös. Das bringt die Landkreise in riesige Finanzierungsprobleme, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Fleischer CDU – Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Für Baden-Württemberg würde dies bedeuten, dass die Stadt- und Landkreise ungefähr 250 Millionen € – ich möchte noch einmal betonen: eine Viertelmilliarde – aus Geldern des Jahres 2005 zurückbezahlen müssten, und dies, obwohl eine kommunale Datenerhebung ausweist, dass der Beteiligungssatz des Bundes nicht nur bei 29,1 %, sondern bei mehr als 34 % liegen müsste.

Es versteht sich meines Erachtens von selbst, dass sich das Land vehement gegen eine Reduzierung des Beteiligungssatzes wehren muss. Ich zähle auf Unterstützung von Ihnen allen. Wenn wir die 250 Millionen € im Jahr 2005 einplanen müssten – für den Haushalt von 2006 gilt das sowieso –, würde das mindestens einen, wenn nicht zwei Punkte bei der Kreisumlage für die Landkreise in Baden-Württemberg bedeuten.

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Das ist nicht zu verkraften. Sie wissen, dass wir hier im mittleren Neckarraum schon um die 40 % Kreisumlage haben, je nach Landkreis.

Bei Hartz IV hat der Bund mit 2,5 Millionen anspruchsberechtigten Haushalten gerechnet. Tatsächlich sind es aber 3,66 Millionen, das heißt, fast 50 % mehr, Stand September 2005. Der Bund hat 14,6 Milliarden € für seinen Ausgabenbereich vorgesehen. Tatsächlich braucht er mindestens 26,1 Milliarden €. Das ist fast doppelt so viel, rund 80 % mehr als eingeplant. Die Kommunen, die die Kosten für Miete und Heizung zahlen müssen, brauchen nach Ansicht des Bundes aber 3,7 Milliarden € weniger. Wie soll das zusammengehen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Hartz IV bedarf einiger Korrekturen. Das betrifft auch einige Anspruchsgemeinschaften, die aus unserer Sicht nicht ganz seriös angemeldet worden sind. Wenn sich ganze Klassen von Schülern eigene Wohnungen nehmen, um in den Genuss von Leistungen zu kommen, ist das nicht richtig. Dann muss das korrigiert werden.

(Abg. Schmiedel SPD: Das muss geändert werden, genau!)

Es ist vernünftig und richtig, dass dies in den Gesprächen für die große Koalition jetzt nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum zweiten Punkt, der Weitergabe der Wohngeldentlastung, möchte ich Ihnen nur kurz erläutern, warum das Land seine Einsparung netto weitergibt – das ist auch immer wieder ein Streitpunkt –: Durch die im Rahmen von Hartz IV beschlossene Sonderergänzungszuweisung Ost wird das Land mit 99 Millionen € belastet. Wir können deshalb nur das weiterleiten, was uns zur Verfügung steht. Diese Verfahrensweise entspricht der Verständigung zu Hartz IV im Vermittlungsverfahren. Die Länder sollten durch die Reform weder belastet noch entlastet werden. Eine Belastung

(Minister Renner)

würde aber eintreten, wenn das Land den Betrag ohne Abzug weiterleiten würde.

Ich möchte Ihnen dazu auch sagen – das wird immer wieder bestritten –: Alle Länder – das wurde bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz mit 16 : 0 Stimmen beschlossen – leiten netto weiter. Dies gilt im Ergebnis im Übrigen auch für Nordrhein-Westfalen. Nur findet hier eine anderweitige Verrechnung statt. Aber die Nettoentlastung ist genau die gleiche wie bei uns. Alle Finanzminister sowie alle Arbeitsund Sozialminister sind deshalb übereinstimmend der Ansicht, dass nur die Weitergabe der Nettoentlastung infrage kommt. Diese Ansicht wird im Übrigen auch vom Bund geteilt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, wir haben bei Hartz IV viel zu tun, insbesondere auf der Bundesebene. Aber für Baden-Württemberg bitte ich Sie um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Rüeck.

Hochverehrte Frau Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Fischer SPD: Das ist eine Ansprache, mein Lieber! – Abg. Rückert CDU: Was ist jetzt?)

Herr Sozialminister Renner hat schon die wichtigsten Inhalte des Gesetzentwurfs angesprochen. Ich möchte deswegen nicht alles wiederholen, zumal sich die CDU-Fraktion und die Regierung auch bei diesem Gesetzentwurf inhaltlich wieder einmal sehr einig sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Flei- scher CDU: Sehr schön! – Lachen der Abg. Brigit- te Lösch GRÜNE)

Meine Damen und Herren, Hartz IV hat die großen Erwartungen, die in diese Reform gesetzt wurden, noch nicht ganz erfüllt. Das gilt nicht nur in dem Bereich, über den wir heute diskutieren. Die Hartz-Reform steht deswegen nicht zu Unrecht auf dem Prüfstand. Sicherlich wird auch über das Wohngeld und die Wohngeldentlastung zu reden und zu verhandeln sein.

Die aus Hartz IV resultierende Regelung ist für uns unzureichend und kann für alle Beteiligten auch nicht zufriedenstellend sein. Durch die noch amtierende Bundesregierung wurden Erwartungen geweckt. Sie hat für die Kommunen vollmundig eine Entlastung in Höhe von 2,5 Milliarden € versprochen. Dieses Versprechen wurde nicht eingehalten.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Gemeinsam mit der CDU verabschiedet, Herr Kollege! Das wissen Sie noch!)

Ja, ich weiß das, Frau Kollegin Haußmann, und auch, dass wir jetzt bald Freunde in Berlin sein werden.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Genau! Vergessen Sie das nicht!)

Das ist schwer für mich, aber ich werde mich daran gewöhnen müssen,

(Heiterkeit)

obwohl ich Sie persönlich nicht nur wegen Ihres schwarzen Tops, das Sie heute tragen, sehr schätze.

(Heiterkeit – Unruhe)

Meine Damen und Herren, mittlerweile hat selbst der noch amtierende Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement in mehreren Schreiben festgestellt, dass es sich bei der Wohngeldentlastung nur um das Nettoprinzip handeln kann. Der Herr Sozialminister hat das auch schon angesprochen. Die Sozialministerkonferenz, die 2004 in Baden-Württemberg am Bodensee getagt hat,