Protocol of the Session on November 23, 2000

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Wie bitte? Ha- be ich richtig gehört? – Zuruf des Abg. Haas CDU)

Stichwort Auftragsvergaberichtlinien: Sie weigern sich, überhaupt Kriterien aufzunehmen, um dem, was wir anpacken müssen, überhaupt gerecht zu werden, zum Beispiel Langzeitarbeitslose zu berücksichtigen,

(Abg. Haas CDU: Nennen Sie doch bitte mal eine Zahl!)

zum Beispiel Betriebe, die ausbilden, zu berücksichtigen,

(Abg. Haas CDU: Nennen Sie doch bitte mal eine Zahl!)

und zum Beispiel auch Betriebe, die Frauenförderung betreiben. Da weigern Sie sich einfach. Da kommt ein klares „Njet!“.

(Abg. Haas CDU: Nennen Sie doch mal eine Zahl, damit wir wissen, was Sie wollen!)

Ich will mit Folgendem aufhören: Dann sagt der LVI, dessen Vorsitzender ja Ihrer Partei angehört – –

(Abg. Haas CDU: Nein!)

Ist das nicht so?

(Abg. Haas CDU: Nein!)

Dann zitiere ich ihn so: Wir brauchen in Teilbereichen inzwischen wieder qualifizierte Arbeitskräfte. Weiter fragt er: „Wo gibt es die?“ Dann sagt er weiter: „Im Bereich der Frauen.“ „Die kriegen wir aber nicht“, sagt er, „weil die entsprechenden Betreuungsvarianten und -möglichkeiten nicht da sind.“

(Abg. Haas CDU: Aber das kann ja nicht für Ba- den-Württemberg gelten!)

Und dann sehe ich dieses Rumgegurke von Ihnen mit der Halbtagsschule, und dann merke ich, dass Sie überhaupt keine Vorstellung von einem Konzept einer aktiven Arbeitsmarktpolitik haben und dass deswegen die Möglichkeiten, die das Land Baden-Württemberg hätte, überhaupt nicht ausgenutzt werden.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Haas CDU: „Dürftiger Beifall“ steht im Protokoll für den Quatsch! Drei Abgeordnete haben geklatscht!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Hildebrandt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich für meinen Teil muss gestehen, dass ich diese Debatte schwierig finde – nicht, weil Sie uns mit Hinweisen, Tatsachen und Zahlen überfallen hätten, sondern weil Sie dem Thema nicht gerecht werden, sondern das abhaken, was Sie immer schon abhaken können oder wollen. Das macht es ein bisschen schwierig, sachlich darauf einzugehen.

Also, Herr Kollege Wieser – aber der Herr Wirtschaftsingenieur und Oberstudiendirektor ist nicht mehr da –, das will ich nur zur Einleitung sagen: Die Binnennachfrage sinkt, und das ist ein Problem unserer Volkswirtschaft. Es ist ein starkes Problem unserer Volkswirtschaft, dass wir nur auf den Exporterfolg setzen.

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

Das wird auf längere Sicht ein Problem für uns werden. Es war schon 1992/93 das Problem Baden-Württembergs, und man kann vorhersagen, dass es wieder eines wird. Aber bitte schön, Herr Wirtschaftsingenieur, die Binnennachfrage wird nicht durch die Ökosteuer beeinträchtigt oder verringert.

(Abg. Rapp REP: Aber natürlich! – Abg. Rosely Schweizer CDU: Aber ja!)

Das ist eine Grundtatsache, basierend auf volkswirtschaftlichen Daten. – Nein, liebe Kollegin, die Binnennachfrage wird schon prinzipiell nicht, aber in diesem besonderen Fall schon gar nicht berührt, weil die aufgrund der Ökosteuer eingenommenen Mittel umstandslos alle wieder zurückfließen und durch die Senkung der Lohnnebenkosten in der Binnennachfrage mit einer Veränderung der Kaufkraft von null Koma noch was wieder auftauchen. Das ist nun wirklich das Einmaleins der Wirtschaftstheorie.

(Abg. Rosely Schweizer CDU: Das sind doch nicht die alten Leute! – Abg. Hans-Michael Bender CDU: Warum heißt es dann Ökosteuer?)

Verstehen Sie, das ist wirklich das Einmaleins. Das können Sie mit jedem, nicht nur mit Sachverständigen diskutieren.

(Abg. Rosely Schweizer CDU: Der kann nicht ein- mal das Einmaleins!)

Mit so etwas muss man sich jetzt hier auseinander setzen.

(Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Ja!)

Ich meine, Sie spielen ja sowieso das Spiel: Wenn es in Baden-Württemberg regnet, ist die Bundesregierung in Berlin schuld. Wenn die Sonne scheint, ist die Landesregierung in Stuttgart dafür verantwortlich.

(Abg. Ingrid Blank CDU: So ist es halt aufgeteilt! – Abg. Haas CDU: So ist es nun mal!)

Können wir uns darüber einigen, dass auf die tatsächlichen Zahlen und Entwicklungen der Arbeitslosigkeit insgesamt – die konkreten Problembereiche jetzt einmal ausgenommen, also Arbeitslose, schlecht Ausgebildete, gesundheitlich Eingeschränkte oder ausländische Frauen –, dass auf die globalen Zahlen die politischen Entscheidungen und Vorschläge den geringsten Einfluss haben?

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: So ist es!)

Das gilt in besonderem Maße für die Landesregierung. Sie wissen, dass Baden-Württemberg ein Standort mit entscheidenden Vorzügen ist.

(Zuruf von der CDU: Durch die Strukturpolitik der Landesregierung!)

Diese Vorzüge hat man gerade bei der Überwindung der Krise von 1992/93 kennen gelernt. Aber Sie, die Regierungsparteien, haben ein Verhältnis zu den Vorzügen dieses Landes wie die Made zum Speck.

(Abg. Capezzuto SPD: Was? Unglaublich! – Abg. Wieser CDU: Die Maden haben zum Speck ein gu- tes Verhältnis! Das ist doch ein falsches Argu- ment!)

Sie wollen von diesen Vorzügen immer noch mehr profitieren, als das Land selbst von den angeblichen Qualitäten dieser Landesregierung profitiert.

(Abg. Bebber SPD: Ihr seid Abstauber, heißt das! Nutznießer! – Abg. Haas CDU: Die Abgeordneten haben alle die gleichen Diäten hier! Sie haben die gleichen Diäten hier! – Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Ja, natürlich. So habe ich das gar nicht gemeint.

(Abg. Haas CDU: Dann verraten Sie mal, wie Sie es gemeint haben! – Zuruf des Abg. Wieser CDU)

So einfach habe ich das nun auch nicht gemeint.

Nun schauen Sie aber einmal, wo Sie auf Landesebene wirklich etwas hätten machen können und zum Teil auch etwas tun. Ich weise darauf hin, dass die Arbeitsverwaltung selbst für sich in Anspruch nimmt, durch ihre arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in Baden-Württemberg 55 000 Arbeitsplätze neu geschaffen und möglich gemacht zu haben.

(Abg. Wieser CDU: Das ist doch prima! Ich bin für jeden dankbar! – Abg. Haas CDU: Immer aus einem Guss!)

Das ist doch anerkennenswert, völlig richtig. Das ist prima.

Jetzt schauen wir einmal, was Sie als Landesregierung hätten machen können. Sie haben mutwillig das Bündnis für Arbeit aufs Spiel gesetzt.

(Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Ja- wohl! – Abg. Haas CDU: Nein, haben wir nicht! H i e r wird gerade das Bündnis aufs Spiel ge- setzt! – Abg. Haas CDU hält einen Zeitungsartikel in die Höhe.)

Sie haben dort die Möglichkeiten, zum Beispiel für Überstundenreduktion zu sorgen, durch Ihre Politik im Bündnis für Arbeit mutwillig aufs Spiel gesetzt. Sie haben die Altersteilzeit – Herr Kollege Hausmann hat es angesprochen – in diesem Bundesland nicht eingeführt. Sie haben bei den Vergaberichtlinien nichts vorgegeben, was in Baden-Württemberg eine andere Politik zugelassen hätte.

Wir sind seit Jahr und Tag mit der Frage beschäftigt, ob Baden-Württemberg die europäischen Fördermittel wirklich vollständig kofinanziert. Es geht doch nicht bloß darum, dass Sie im Nachhinein sagen, die Mittel seien rechnerisch alle abgerufen worden. Es geht auch darum, dass jetzt, wo mehr europäische Mittel zur Verfügung stehen, auch im Lande die Situation geschaffen wird, sie abzurufen, und dass Beschäftigungsinitiativen mobilisiert werden, die einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass auch Problemarbeitslose Arbeit finden. Sie müssen eine kontinuierliche Rahmenbedingung für ihre Arbeit haben und stärker mobilisiert werden als bisher.

Was ist die Situation? Sie versprechen immer, dass die Kofinanzierungsmittel vollständig zur Verfügung stehen, aber immer noch fehlen die 15 Millionen DM im Bereich des Wirtschaftsministeriums. Sie sind laut Aussage des Sozialministers nicht finanziert. Sie verweisen – und jetzt kommt das homerische Gelächter, lieber Kollege Wieser – auf Privatisierungsmittel aus Verkaufserlösen, die Sie die Delikatesse haben „Erwin“ zu nennen.

(Abg. Rapp REP: Eine Kuhn-Kreation!)

Das sind Vermögen des Landes Baden-Württemberg, die Sie zyklushaft verscherbeln nach dem Zyklus der Landtagswahlen. So muss man das, glaube ich, bezeichnen.