Protocol of the Session on February 10, 2000

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf des Abg. Brecht- ken SPD)

Sie sollten sich dieses Argument sehr gut überlegen.

(Beifall der Abg. Seimetz und Hauk CDU – Zurufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weise dies im Übrigen ausdrücklich zurück. Baden-Württemberg hat genügend neue Steuerprüfer eingesetzt. Ich lese Ihnen die Zahlen vor: 1996 1 874 und 1999 2 041 besetzte Stellen; Prüfungsturnus bei den Großbetrieben 4,2 im Land und 4,4 beim Bund. Ähnliche Zahlen sind bei den mittleren und bei den kleinen Betrieben zu verzeichnen. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass wir genügend Steuerprüfer haben und dass wir es richtig gemacht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben insbesondere auf den Vorwurf, der von der Steuerverwaltung gemacht wird, wir hätten dort nicht genügend Stellenhebungen vorgenommen, sehr merkwürdig reagiert. Herr Kollege Moser, das ist das Einzige, was von den Steuerbeamten gefordert wird. Dazu haben Sie im zuständigen Arbeitskreis der SPD noch vor einem halben Jahr gesagt, Strukturverbesserungen werde man im mittleren und im gehobenen Dienst unterstützen. Hier im Landtag dagegen haben Sie am Donnerstag, dem 25. März 1999, gesagt: „Da muss ich die CDU sogar in Schutz nehmen, weil sie wenigstens ein bisschen finanzpolitische Verantwortung gezeigt hat.“ Gemeint war der damalige Vorgang, dass die CDU-Fraktion entsprechenden Stellenhebungen nicht zugestimmt hatte, als der Finanzminister eine gründliche Prüfung zugesagt hatte.

Das sind die Fakten, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das ist bedauerlich.

(Abg. Moser SPD: Heute können wir, damals konnten wir nicht!)

Herr Kollege Puchta, Sie haben sich ja als Vorsitzender des Finanzausschusses in ungewöhnlicher Form hervorgetan. Ich lese da, Sie wollten der Obersparkommissar sein. „Pfad der Haushaltstugend verlassen“ heißt es in der Pressemitteilung. Weiter wird ausgeführt: „Zusätzliche Steuermehreinnahmen sofort zur Absenkung der Nettokreditaufnahme“, „Ausgabewut der Regierungsfraktionen“. Es ist schon merkwürdig: Am letzten Tag der Haushaltsberatungen im Ausschuss hatten Sie noch die Höherstufung von zwei Rektoren von Verbundschulen gefordert.

(Lachen des Abg. Moser SPD – Abg. Dr. Puchta SPD: Jetzt wird es aber primitiv!)

Wir haben dann sämtliche Sachverständigen hinzugezogen, Herr Kollege Puchta. Wir haben Ihnen alles erklärt, und Sie haben trotzdem an dieser Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeit festgehalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg hat sich zum Ziel gesetzt, sparsam zu sein. Aber wir wollen auch dort investieren, wo wir einen Mehrertrag für das Land erwarten. Wir haben hier an dieser Stelle schon häufiger darüber gesprochen, dass wir in die Hochtechnologie investiert haben und dass wir dort zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen haben. Es gibt von Roman Herzog das Zitat, Laptop und Lederhose seien vereinbar. Das Zitat gilt für Bayern. Das kann nicht für Baden-Württemberg gelten. Aber es kann nur deshalb nicht für Baden-Württemberg gelten,

(Zuruf Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen)

weil wir keine Lederhosen haben, Herr Kollege Kuhn. Sie haben das richtig gesehen. Wir haben Laptops, aber keine Lederhosen. Aber es gibt kein Land in ganz Deutschland, das so sehr die Zukunftsfähigkeit und die moderne Technik mit Heimatverbundenheit und Tradition verknüpft wie Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU – Abg. Brechtken SPD: Mein Gott, Walter!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie machen den Menschen Angst vor der Zukunft.

(Abg. Brechtken SPD: Was? – Lachen bei der SPD)

Sie machen den Menschen Angst vor der Globalisierung. Sie reden ihnen die Gefahren der Zukunft ein. Sie sehen in Fusionen wie bei Mannesmann und Vodafone Gefahrenzeichen. Das ist nicht unsere Auffassung. Wir nehmen die Ängste der Menschen ernst, aber wir sagen ihnen auch: In der Globalisierung, in der neuen Technik, in der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und Industrie liegen Chancen, und wir werden sie darin unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, und wir haben Erfolg. Erfolg haben wir auch auf dem Arbeitsmarkt. Ich lese die jüngsten Daten. Das war ja vor wenigen Monaten noch ein großes Thema. Arbeitslosenquote Baden-Württemberg 6,3 %, Bayern 7,1 %. Dann kommen die großen Sprünge: Nordrhein-Westfalen 10,2 %, Bremen 14,2 %, Hamburg 9,9 %. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben nicht nur richtig investiert, wir haben nicht nur die richtigen Entscheidungen getroffen, sondern wir haben auch Erfolg mit unserer Politik.

(Beifall bei der CDU – Abg. Capezzuto SPD: Dank der Bundesregierung!)

Wir werden uns auf diesen Erfolgen nicht ausruhen. Wir bauen unsere Erfolge aus.

(Abg. Brechtken SPD und Abg. Kuhn Bündnis 90/ Die Grünen: Sehr gut!)

Der Verkauf der Anteile an der EnBW wurde von Ihnen heftig kritisiert.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Auch ein Er- folg, oder was?)

Er war notwendig!

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Bei diesem Erfolg hat es die Fraktion schier zerrissen!)

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich geändert. Auf dem Energiemarkt wurde der Wettbewerb gesetzlich eingeführt. Wir waren gezwungen, auch unsere Beteiligung an der EnBW zu überprüfen. Hätten Sie sich doch das Zitat von Gustav Heinemann zu Herzen genommen:

(Abg. Brechtken SPD: Aha!)

„Wer nichts verändern möchte, wird auch das verlieren, was er bewahren wollte.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wäre die entscheidende Weichenstellung gewesen, als es für Sie darum ging, die Veräußerung der Anteile an der EnBW zu überprüfen.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Wann und wo hat Gustav Heinemann das gesagt, Herr Kolle- ge?)

Der Kollege Maurer hat hier noch vor wenigen Tagen gesagt, die Steuerfreiheit von Beteiligungsverkäufen durch Unternehmen werde Realität. Er hat das als völlig problemlos dargestellt. Ich weiß nun, dass das vom Bundeskabinett so beschlossen worden ist. Aber ich weiß auch, welch erheblicher Widerstand dem gerade von SPD-geführten Landesregierungen entgegengebracht wird. Nach einem Bericht des „Spiegels“ will das SPD-regierte NordrheinWestfalen der geplanten Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen bei Beteiligungsverkäufen nicht zustimmen. So heißt es auch in der „Welt“ vom 31. Januar. Und im „Handelsblatt“ heißt es dieser Tage in ähnlicher Weise: Alle Zeichen deuten gegenwärtig darauf hin, dass Hans Eichel mit diesem Eckpunkt seiner Unternehmensteuerreform Schiffbruch erleiden wird.

(Abg. Capezzuto SPD: Haben Sie heute Morgen schon das Frühstücksfernsehen gesehen? Um sechs Uhr aufstehen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin gespannt, wie sich das weiterentwickeln wird. Aber ungeachtet dessen ist es überhaupt nicht verständlich, dass Sie an der Regelung, die wir vorgenommen haben, Kritik üben. Die Aktien der EnBW befinden sich in der Landesholding. Wenn sie verkauft werden, kommt Geld in die Landesholding. Wenn dieses Geld aus der Landesholding ausgeschüttet wird, dann unterliegt es – ob Eichel oder nicht, ob Veränderung oder nicht – weiterhin der Steuerpflicht. Das wären nach unseren Berechnungen 400 Millionen DM. Insofern ist die Lösung, die wir vorgeschlagen und praktiziert haben, nämlich die Einbringung in eine Stiftung, richtig gewesen, und wir unterstützen sie.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Capezzuto SPD: Das ist dann ja Steuerhinterzie- hung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Haushalt liegt nicht nur mit seinen Investitionen richtig, sondern er

ist auch richtig, was die Haushaltsfinanzierung anbelangt. Er ist solide. Die mittelfristige Finanzplanung weist eine stetige Verringerung aus: 1,9 Milliarden DM, 1,8 Milliarden DM und in den Jahren 2002/2003 1,5 Milliarden DM sowie 1,2 Milliarden DM als Vision und Ziel.

(Abg. Brechtken SPD: Welchen Korridor nehmen Sie davon? Sie nehmen den unteren? – Zuruf des Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ein Land die Nettokreditaufnahme einmal auf null zurückführen wird, dann wird es Baden-Württemberg sein, und kein anderes Bundesland wird dies vor uns erreichen.

(Beifall bei der CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Scheffold, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Brechtken?

Selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Abg. Brechtken.

Herr Kollege Scheffold, würden Sie mir zustimmen, dass Sie, wenn Sie künftig bei der mittelfristigen Finanzplanung einen Korridor von null bis 3 Milliarden DM einräumen würden, dann immer in dieser Art sagen könnten, Sie seien bereits auf null?

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Vorsicht, Falle! – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, niemand von uns überlegt, einen solchen Korridor einzuführen. Es ist völlig töricht, so etwas überhaupt zu fragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben auch Vorsorge getroffen für die Haushaltsrisiken, die sich für uns anbahnen. Wir können darüber diskutieren, ob für eine Unternehmensteuerreform die 300 Millionen DM Vorsorge ausreichend sind. Wir können vielleicht auch darüber diskutieren, ob es notwendig ist, sie jetzt auszuweisen. Wir meinen, es ist notwendig.

Im Übrigen meint dies offensichtlich auch Finanzminister Heinrich Aller aus Niedersachsen, ein SPD-Mitglied, wenn ich es richtig weiß. „Das Jahr 2001 wird das Jahr der haushaltspolitischen Wahrheit werden – für uns und für andere Bundesländer“, heißt es im „Handelsblatt“ vom 8. Februar 2000. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sollten sich vielleicht mehr mit Ihren Parteifreunden auseinander setzen. Wir in Baden-Württemberg haben mit Sicherheit eine richtige Entscheidung getroffen, indem wir die Haushaltsrisiken in diesem Haushalt berücksichtigt und dafür Vorsorge getroffen haben.

Ich will mich auch mit Ihnen auseinander setzen, Herr Kollege Kuhn. Sie haben vor wenigen Tagen hier im Landtag gesagt, in der Finanzpolitik stecke die Wahrheit in den Zahlen. Auch das ist im Übrigen eine Behauptung, die – gelinde gesagt – falsch ist. In den Zahlen allein steckt nie die Wahrheit.

(Abg. Brechtken SPD: Ach was!)

Die Wahrheit steckt immer in der Bewertung der Zahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Brechtken SPD – Abg. Brecht- ken SPD: Sehr gut!)

Sie haben gesagt, die Nettoneuverschuldung des Jahres 1992 sei mit 1,95 Milliarden DM genauso hoch gewesen wie die geplante des Jahres 2000 mit 1,9 Milliarden DM. Sie haben aber nicht gesagt, dass es sich bei der genannten Neuverschuldung 1992 um das Haushalts-Istergebnis gehandelt hat. Das Haushaltssoll waren damals noch 2,5 Milliarden DM. Das heißt, im ersten Haushalt, den Ministerpräsident Teufel zu verantworten hatte, wurde bereits gespart.