Auch für die FDP/DVP-Fraktion – ich komme zum Ende – ist beim Thema „Altersteilzeit für Landesbeamte“ für die Zukunft noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Übrigens hat sich auch die Regierung bereit erklärt, im Bündnis noch einmal die Modellrechnungen durchzugehen. Was den gemeinnützigen Fonds anbelangt, kann man außerordentlich viel Sinnvolles für die Berufsbildung machen. Allerdings müsste man einen besonderen Fonds für die Aktivitäten andeuten, die eben nicht gemeinnützig sind. Auch das wurde angesprochen.
Letzter Satz: Wenn die Frage der Vergabe öffentlicher Aufträge weiterhin im Dissens bleibt, dann kann das doch angesichts der Entscheidung des Bundesgerichtshofs gegen das Berliner Vergabegesetz nicht zur Conditio für ein Bündnis gemacht werden.
Deshalb, meine Damen und Herren, kommen Sie von den Gewerkschaften wieder herein. Die Tür steht offen. Ich zitiere den Heidelberger Philosophen Hans-Georg Gadamer, der dieser Tage seinen 100. Geburtstag feiert und der gesagt hat: „Ein Gespräch hat keinen Abschluss!“ Wird das Bündnis ein Erfolg – das muss man ganz offen sagen –, so ist es immer auch ein politischer Erfolg für die jeweilige Regierung. Das ist im Lande nicht anders als beim Bund. Wer das nicht will, auch der Sache zuliebe nicht will, der sollte allerdings die Finger von einem Bündnis lassen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Arbeitslosigkeit ist viel zu wichtig, um mit solch einer billigen, undifferenzierten Polemik wie der Herr Kollege Nagel von der SPD hierher zu kommen. Wer verantwortungsvoll das Thema Arbeitslosigkeit diskutieren
will – wir Republikaner wollen das –, der muss auch gewisse Erfolge der von uns nicht getragenen Landesregierung einräumen. Wir haben immerhin in Baden-Württemberg erreicht, dass in den letzten beiden Jahren über 20 000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Das muss hier auch gesagt werden können. Umso kritischer werde ich nachher einige andere Punkte der Landesregierung angreifen.
Es stellt sich doch für uns hier die zentrale Frage: Inwieweit kann ein Bündnis für Beschäftigung und Bildung beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit helfen? Ich bin der Meinung, dass die SPD diese Möglichkeiten eines Bündnisses bei weitem überschätzt. In unserem Land und in unserer Wirtschaftsordnung ist es nun einmal so, dass die Betriebe die Arbeitsplätze schaffen und die Betriebe so ausgestattet werden müssen, dass sie das auch machen können, meine Damen und Herren.
Keine Verbandsfunktionäre, woher sie auch immer kommen, können Arbeitsplätze schaffen, sondern das tun die Unternehmerinnen und Unternehmer und vor allem der Mittelstand in unserem Land. Dazu ist eine Verbesserung der Rahmenbedingungen notwendig. Warum werden denn zentrale Punkte wie Entlohnung und Arbeitsvertragsbedingungen eigentlich nicht verbindlich diskutiert und festgelegt? Muss nicht auch die Frage einer individuellen Altersteilzeit genauso geregelt werden, meine Damen und Herren? Ich stelle auch die Frage: Kann dies im Bündnis eigentlich geregelt werden, oder sind dazu verbindliche Tarifverträge notwendig? Inwieweit lassen sich denn die Tarifpartner, also die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände, durch ein Bündnis in ihre Tarifautonomie hineinreden? Für wen spricht denn der DGB in dieser Frage? Sind denn Forderungen wie jetzt in Norddeutschland nach 5,5 % Lohnerhöhung in der Metallindustrie eigentlich günstig für ein Bündnis für Arbeit und Beschäftigung, meine Damen und Herren? Das sind doch ganz zentrale Fragen, die hier in diesem Hause auch anzusprechen sind.
Ferner stellt sich die Frage: Kann denn der Flächentarifvertrag unter den Bedingungen der Globalisierung noch gehalten werden? Sie hier von links bis Mitte rechts waren doch für diese Globalisierung und haben diese Bedingungen hier seit Jahren geschaffen, durch die die Arbeitnehmerschaft immer stärker unter Druck kommt, meine Damen und Herren. Da liegt auch mit die Verantwortung der SPD und des DGB.
Natürlich brauchen wir jetzt mehr Spielraum bei der Lohnfindung. Da haben wir Republikaner schon beizeiten gesagt: Wir müssen nach Branche, mehr nach Betrieb und mehr nach Region unterteilen. Wir müssen hier flexibler vorgehen, um diese schlimmen Entwicklungen der Globalisierung aufzufangen.
Wie sieht denn die Situation in Baden-Württemberg auf dem Arbeitsmarkt heute aus? Wir haben doch einen gespaltenen Arbeitsmarkt: Einerseits gibt es eine sehr hohe Nachfrage nach qualifizierten Beschäftigten, andererseits gibt es Arbeitslose, vor allem die Ungelernten, wie Kollege
Hofer vorhin ja auch gesagt hat, gesundheitlich Angeschlagene und leider auch viele Ältere. Der Anteil der Ungelernten an der Gesamtbeschäftigung hat in Baden-Württemberg innerhalb der letzten acht Jahre um 6 % abgenommen. Das ist ja ein Problem, meine Damen und Herren.
Wir haben auch einen starken Beschäftigungsabbau für Menschen ohne Berufsausbildung gehabt. 240 000 Stellen hierfür sind innerhalb der letzten Jahre in Baden-Württemberg abgebaut worden, und dies sowohl in der Produktion als auch bei den einfachen Dienstleistungen. Da das verarbeitende Gewerbe, wie uns die Landesregierung sagt, mit über 220 000 ausländischen Arbeitnehmern der Hauptarbeitgeber für die Zuwanderer war, zeigt dies auch die große Dramatik. Unser Land hat sich, statt ausgebildete Arbeitskräfte ins Land zu holen, eine Sozialhilfezuwanderung geleistet. Das ist mit ein entscheidender Punkt für das Dilemma, meine Damen und Herren.
Dies verschweigt natürlich die antragstellende SPD, dies verschweigt natürlich der DGB aus ideologischen Gründen. Warum machen Sie nicht konkrete Vorschläge, um die Arbeitslosigkeit abzubauen? Welches Konzept hat denn die Landesregierung, Herr Ministerpräsident, zum Abbau der Sockelarbeitslosigkeit?
Welches Konzept haben Sie denn, um im Dienstleistungsbereich, und zwar bei den haushaltsbezogenen, bei den personenbezogenen Dienstleistungen, etwas zu erreichen? Wo bleibt denn Ihr Konzept hierfür? Ich hoffe, Herr Ministerpräsident, dass Sie nachher hier ans Rednerpult kommen und auf die von uns aufgeworfenen zentralen Fragen eine Antwort geben.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Als die Bündnisgespräche im Mai 1999 auf den Weg gekommen sind, haben wir diese Gespräche in dem Konsens vereinbart, dass jeder an den Bündnisgesprächen Beteiligte eigene Beiträge in die Gespräche einzubringen habe. Insgesamt hatten die bisherigen Gespräche einen sehr sachlichen Verlauf. Allein auf die Beiträge des DGB warten wir bis zum heutigen Tag.
Ich möchte Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dafür einmal ein Beispiel nennen. Die von allen anderen Bündnispartnern als notwendig erachteten Modellversuche zur Erprobung spezieller beruflicher Ausbildungsgänge im dualen System für eher praktisch begabte Jugendliche wurden vom DGB von Anfang an abgelehnt. Da drängt sich doch wirklich der Verdacht auf, dass es dem DGB nicht um die Sache, sondern um reine Parteipolitik ging.
Die bisher erzielten Ergebnisse können sich in jeder Hinsicht sehen lassen, auch wenn wir sie mit anderen Bundesländern vergleichen, wenn wir sie mit Nordrhein-Westfalen oder wenn wir sie mit Niedersachsen vergleichen.
Geplant waren 59 Einzelmaßnahmen. Der Kollege Mühlbeyer hat Teile von ihnen erwähnt; ich möchte einmal ein paar andere herausstellen, Herr Nagel. Wir waren bereit, zusätzlich zum Europäischen Sozialfonds Kofinanzierungsmittel bereitzustellen. Wir hätten die Förderung von Lehrgängen in überbetrieblichen Ausbildungsstätten verstetigt, und wir hätten uns zur Modernisierung dieser überbetrieblichen Ausbildungsstätten bekannt. Als weitere Schritte waren zusätzliche Lehrerstellen und Mittel für Nebenlehrer im Bereich der beruflichen Schulen vorgesehen. Wir hätten das Projekt „Jugendberufshilfe“, das wir mit großen Anfangserfolgen auf den Weg gebracht haben, gemeinsam als eine der 59 Einzelempfehlungen im Gesamtprogramm flächendeckend verabschiedet.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es drängt sich der Eindruck auf: Da wollte jemand nicht den Erfolg. Da wollte jemand dem Ministerpräsidenten und der Landesregierung nicht die Unterschrift unter das Papier von 59 Einzelpunkten gönnen. Das ist eine substanzielle Liste, und deshalb hat der DGB rechtzeitig – vielleicht auf politischen Druck hin – die Notbremse gezogen
und ist ausgestiegen, um nicht nachher die tollen Empfehlungen, die wir zusammen erarbeitet haben, unterstützen zu müssen.
Vor einem Abschlussgespräch auszusteigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist umso unverständlicher, wenn man sich überlegt, dass wir am 17. Februar erst einmal über die Gesamtliste sprechen wollten. Am 17. Februar wären auch Korrekturen möglich gewesen. Was hat man eigentlich von Verhandlungspartnern zu halten, die vor der Schlussrunde aussteigen?
Haben sie keine Argumente? Dürfen sie nicht mitmachen? Warum warten sie nicht einmal den letzten Termin ab, an dem man sich unterhalten und dann zu einer Bewertung des gesamten Bündnisses und der 59 Einzelmaßnahmen kommen kann? Es ist doch entlarvend, dass sie vor dem Spitzengespräch am 17. Februar aussteigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind allerdings auch jetzt noch jederzeit zu einem bilateralen Gespräch mit dem DGB bereit. Der DGB muss nur wollen. Er hat den Schlüssel in der Hand, seine Unterschrift unter das Paket zu setzen. Aber wir können ihn dazu nicht zwingen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte gern zwei weitere Überlegungen in die Debatte einbringen. Die erste Überlegung ist bereits vom Kollegen Mühlbeyer angedeutet worden: Will der DGB in Baden-Württemberg vielleicht aus dem Bündnis aussteigen, um vom Totalflop
des Berliner Bündnisses abzulenken? Das Berliner Bündnis hat überhaupt keine substanziellen Ergebnisse erbracht.
Das Berliner Bündnis hatte nach Einschätzung der Wirtschaftssachverständigen und der Wirtschaftsforschungsinstitute ein Nullergebnis. Allerdings war es – das muss man Herrn Schröder und den Seinen zugestehen – showmäßig sehr gut inszeniert.
Zwei Tage nach dem Berliner Bündnis ist Herr Zwickel mit einer Forderung von 5,5 % – 5,5 %! – in die Lohnrunde gegangen, und die Forderung nach der Rente mit 60 ist auch nicht vom Tisch; sie ist am gleichen Tag erneuert worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil Berlin ein Fehlschlag war, darf Stuttgart kein Erfolg werden. So könnte man den DGB interpretieren.
Ich möchte gerne einmal auf einen zweiten Sachverhalt hinweisen. Am gleichen Tag, an dem der DGB-Landesbezirksvorstand tagte und aus dem Bündnis für Arbeit, das weit fortgeschritten war, ausstieg, am 24. Januar 2000, relativierte der bayerische DGB das dort seit drei Jahren vereinbarte Bündnis, siehe „Süddeutsche Zeitung“ vom 26. Januar. Am gleichen Tag also, an dem Herr Bliesener bei uns von der Fahne geht, geht in Bayern Herr Schösser von der Fahne und bezeichnet das bayerische Bündnis als „Treten auf der Stelle“. Er wolle aussteigen, es sei „blutleer“, es habe keine Ergebnisse. Jetzt sagen Sie mir doch einmal hier von diesem Rednerpult aus, ob dahinter nicht eine Strategie steht, wonach man den zwei wirtschaftsstarken und am Arbeitsmarkt erfolgreichen Südländern nicht gönnt, dass sie sehr konkret zu Bündnisempfehlungen kommen. Das ist doch die Absicht, die dahinter steht.