Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte trotz dieses Wahlkampfgetöses hier versuchen, den Gesetzentwurf einigermaßen objektiv zu beurteilen.
Herr Birzele, davon verstehen Sie jetzt gar nichts. Sie haben sich an der Debatte hier nicht beteiligt, und Sie haben sich im Wirtschaftsausschuss, der federführend war, nicht beteiligt. Hören Sie deshalb erst einmal zu, was ich Ihnen hier kompetent dazu sage.
Der Gesetzentwurf ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, er ist aber nicht konsequent durchdacht. Der Gesetzentwurf wurde sowohl im Innen- als auch im Wirtschaftsausschuss intensiv diskutiert. Dort war es so, dass die Regierungsfraktionen CDU und FDP/DVP leider nicht bereit waren, vernünftige Vorschläge der Opposition zu unterstützen.
Das stimmt doch wohl. Es geschah, wie Sie angedeutet haben, Herr Hofer, wohl aus Gründen der Koalitionsräson. Deshalb wurden in der Ausschussarbeit auch bestimmte Mängel des Gesetzentwurfs nicht behoben. Das möchte ich an zwei konkreten Beispielen klar machen.
Erstens, den großflächigen Einzelhandel betreffend: In der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 1, wo es um die Regionalbedeutsamkeit des großflächigen Einzelhandels geht, wird die Regionalbedeutsamkeit eines Vorhabens in der Regel ab einer Verkaufsfläche von 5 000 Quadratmetern als gegeben angesehen.
Wir Republikaner halten diese Festlegung für nicht akzeptabel, da wir beobachten, dass immer mehr fachbezogene Sortimente des Einzelhandels in spezialisierten Fachmärkten angeboten werden. Uns geht es aber auch darum, dem innerörtlichen Einzelhandel ein Überleben zu ermöglichen. Wir sollten auch dafür sorgen, dass Ausgaben in Millionenhöhe, die die Städte und Gemeinden im innerörtlichen Bereich getätigt haben, nicht in den Sand gesetzt sind. Deswegen muss nach unserer Auffassung bereits bei einer Verkaufsfläche von 1 500 oder höchstens 2 000 Quadratmetern von einer Regionalbedeutsamkeit ausgegangen werden.
Nun zu dem von Ihnen, Herr Fleischer, auch im Ausschuss vorgebrachten Argument, man habe sich am Oberrheinrat orientiert, man habe sich am befreundeten Ausland, also an Frankreich
und der Schweiz, orientiert. Das ist kein stichhaltiges Argument. Selbst wenn dort 5 000 Quadratmeter in etwa die Norm sind, heißt das ja noch nicht, dass wir dies für das gesamte Baden-Württemberg übernehmen müssen.
Zweiter Punkt: Begrenzung der Klagebefugnis. Dazu haben wir ja hier einen Änderungsantrag gestellt. Herr Hofer, ich weiß, dass Sie dies im Grunde auch befürworten. Es gibt ja keinen Grund, die Klagebefugnis auf den Einzelhandel, auf die Factory-Outlet-Centers usw. zu begrenzen und die Klagebefugnis nicht zum Beispiel auch bei einem regionalen Grünzug – sicher auch ein Anliegen der Grünen – zuzulassen. Warum eigentlich begrenzen Sie diese Klagebefugnis? Sie haben aus Ihrer Sicht zu Recht gesagt: aus Gründen der Koalitionsräson, weil Sie mit Ihrem Koalitionspartner wohl nichts Besseres aushandeln könnten. Das kann ich natürlich verstehen. Aber dann müssen Sie das hier doch offen zugeben und sagen: Wir hätten zwar bessere Vorstellungen gehabt, aber es ging halt nicht anders.
Herr Deuschle, würden Sie mir Recht geben, dass das dringendste Problem bei der Klagebefugnis das des großflächigen Einzelhandels ist und dass daneben die anderen Punkte bei weitem nicht so dringend und im Übrigen auch rechtlich nicht unproblematisch sind?
Herr Kollege Hofer, ich gebe Ihnen zum Teil Recht, aber nicht voll, weil ich der Meinung bin, dass wir hier in einem Gebiet leben, wo auch regionale Grünzüge ihre Bedeutung für die Menschen in der Region haben, und dass auch unser Standort mit davon abhängt, dass wir regionale Ausgleichsflächen haben, die angesichts der zubetonierten Landschaft in unserem Land sehr wichtig sind. Deswegen hätten Sie das ja ermöglichen müssen. Wa
rum begrenzen Sie das dann auf den großflächigen Einzelhandel? Vielleicht kann uns der Herr Staatssekretär nachher noch einmal seine Begründung liefern. So einfach kommen Sie mir aus dieser Sackgasse nicht heraus. Sagen Sie meinetwegen: aus koalitionspolitischen Gründen. Das versteht jeder. Aber aus sachpolitischen Gründen ist diese Begrenzung nicht gerechtfertigt.
Ich komme noch kurz, Herr Präsident, zum Regionalzweckverband nach Artikel 1 Nr. 10 § 35 a. Natürlich muss es unterschiedliche Möglichkeiten der regionalen Entwicklung in Baden-Württemberg geben, aber ich sage hier eines: Der Verband Region Stuttgart ist erwiesenermaßen ein erfolgreiches Modell. Wenn es andere Modelle gibt, die besser und effizienter sind, dann muss hierfür der Beweis angetreten werden.
Da müssen innovative, kreative Konzepte von vor Ort kommen, Herr Fleischer. Daran werden wir Sie auch messen.
Ich sage Ihnen, Herr Kollege Fleischer: Wir werden uns hier in zwei, drei Jahren mit dem Thema noch einmal zu beschäftigen haben.
Seien Sie von der CDU nicht so überheblich. Ihr Stimmenanteil geht auf 35 % herunter, und Sie sind vielleicht froh, wenn dann noch eine Fraktion da ist, die 10 oder 12 % hat, damit Sie nicht alleine dastehen, Herr Kollege.
Bei der Gesamtbeurteilung dieses Gesetzentwurfs kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Mängel überwiegen. Deshalb lehnen wir Republikaner diesen Gesetzentwurf ab.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf wird die Weiterentwicklung der Regionen des Landes vorangetrieben.
Zweitens: Die planerischen Kompetenzen der regionalen Ebene müssen maßvoll gestärkt werden. Deshalb haben wir das Planungsgebot zur Einhaltung aller Ziele der Raumordnung zwar allen Regionen eingeräumt, seine Durchsetzung aber bei der Kommunalaufsicht belassen. Deshalb haben wir ein gesetzliches Antragsrecht der regionalen Ebene für die Untersagung raumordnungswidriger Planungen und Maßnahmen durch das Regierungspräsidium vorgesehen, und deshalb gibt es ein Klagerecht der Regionalverbände außerhalb der Region Stuttgart nur insoweit, als es um Standorte des regionalbedeutsamen großflächigen Einzelhandels geht. Das ist in der Tat der zentrale Punkt in der Diskussion zwischen der regionalen und der kommunalen Ebene.
Drittens: Viele Probleme lassen sich heute nur durch eine intensive Kooperation aller regionalen Akteure lösen. Ein Beispiel dafür sind Wirtschaftsförderungsgesellschaften. Wir müssen trennende Grenzen überwinden. Deshalb besteht für die Regionalverbände die Möglichkeit, über die Grenzen der Region hinaus aktiv zu werden. Der Gesetzentwurf enthält auch eine Öffnungsklausel für eine stärker kommunal orientierte Form der Organisation der Träger der Regionalplanung.
Meine Damen und Herren, Herr Abg. Oelmayer, diese Regelung – das sage ich offen – ist innerhalb der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen intensiv nach allen Richtungen besprochen worden, und daraus ist ein Kompromiss entstanden, den ich für gut halte; denn mit dieser Regelung wird ein Wettbewerb der Systeme ermöglicht. Ich verspreche mir sehr viel von diesem Wettbewerb.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Da hat aber der Minister vor einem Jahr noch etwas ganz anderes gesagt!)
(Glocke des Präsidenten – Abg. Oelmayer Bünd- nis 90/Die Grünen: Der Kollege Hofer hat mir das gerade gesagt!)
Solche Kritik verkennt, dass die Akzeptanz einer Regelung durch die regionalen Akteure die Grundlage für den Erfolg ist. Ich kann mich da den Rednern der Koalitionsfraktionen nur anschließen.