Es stimmt auch einfach nicht, dass die Mitbestimmung in Deutschland Investoren abhalte und Investitionen verhindere, und es stimmt auch einfach nicht, dass sie nur Kosten verursache.
Niemand, der ein Unternehmen führt, würde zum Beispiel die Fragen danach, dass er für das Marketing bezahlt und etwas für die Corporate Identity seines Unternehmens tut, unter dem Kostengesichtspunkt diskutieren
oder allein oder vordergründig sehen, nur weil er den Erfolg, den er mit dieser Tätigkeit hat, nicht unmittelbar monetarisieren kann.
(Abg. Hofer FDP/DVP: Das bestreitet ja niemand! – Abg. Rosely Schweizer CDU: Natürlich sind das Kosten!)
Ich kann Ihnen einige Untersuchungsinstitute nennen, die sehr wohl in der Lage wären, das zu monetarisieren, was die Mitbestimmung und die Zusammenarbeit – gleichberechtigte Zusammenarbeit fordern die Gewerkschaften; „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ lautet noch die Formulierung dieses Gesetzes – im Betrieb für ein Vorteil des Unternehmensstandorts Deutschland sind.
Das Gesetz selbst ist – und das ist die Frage, die die Handlungsfähigkeit der Regierung ausmacht – um einiges von dem entfernt, was die Gewerkschaften seit Jahr und Tag dazu fordern.
Unumstritten ist, dass es eine Novellierung dieses Gesetzes geben muss. Warum muss es sie geben? Erstens haben wir immer mehr betriebsratsfreie Bereiche in unseren Unternehmen, deren Zahl weiter zunimmt.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist ja fürchterlich! – Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Weltun- tergang! – Abg. Hofer FDP/DVP: Und wen stört es? – Zuruf der Abg. Rosely Schweizer CDU)
Frau Kollegin, nachdem Sie „Gott sei Dank“ sagen: Ich habe zum Beispiel gerade bei uns in der Region sowohl die Auseinandersetzung mit der Firma Schlecker als auch mit der Firma Media-Markt mitgemacht,
wo sich zeigte, wie schwierig es für die Beschäftigten in solchen Unternehmen ist, überhaupt nur einen Betriebsrat
zu installieren. Dabei geht es noch gar nicht einmal darum, was der Betriebsrat dort eigentlich machen kann.
Ich denke, dass gerade die Beschäftigten in solchen Unternehmen wie Schlecker oder Media-Markt allein deshalb dringend eine eigene Vertretung brauchen,
Zweitens haben sich in den letzten 30 Jahren die Betriebsformen und die Unternehmensformen gewandelt.
Die Situationen fallen immer mehr auseinander: Dort, wo Betriebsräte existieren und mitreden sollen, fallen häufig keine Entscheidungen mehr, und dort, wo die Entscheidungen in den Unternehmen fallen, bestehen häufig keine Betriebsräte mehr. Das Gesetz schlägt nun vor, dies relativ flexibel und locker zu organisieren, nämlich Möglichkeiten zu eröffnen – nicht für jeden einzelnen Fall vorzuschreiben –, wie das zwischen den Tarifpartnern, zwischen Betriebsvertretung und Unternehmen im Einzelfall geregelt werden kann. Das erfordert bestimmte Übergangsregelungen für den Fall, dass es zu Betriebsteilungen und Betriebsübernahmen kommt. Das ist eine unmittelbare Reaktion auf die Entwicklung der letzten 30 Jahre, die nötig ist.
Das Nächste ist: Die Betriebe werden im Durchschnitt doch immer kleiner. Also ist es sinnvoll, dort entsprechende Vertretungen einzurichten.
Lassen Sie mich jetzt etwas zum Mittelstand sagen. Sie haben hier Kosten ausgerechnet. Das, was Sie hier vorgetragen haben, hält aber den Grundrechenarten nicht stand. Es hält auch der Realität in den Betrieben nicht stand. Zum Beispiel bedeutet die Vereinfachung des Wahlverfahrens unter Umständen auch eine erhebliche Kostenentlastung.
Unter dem Gesichtspunkt der Kosten verstehe ich überhaupt nicht, warum Teile der Unternehmerverbände sich so dagegen wehren. Von daher ist die von Ihnen hier vorgetragene Kostenbelastung wirklich aus dem Reich der Fantasie.
Hinzu kommt, dass die Betriebsratsarbeit in der letzten Zeit auch durch die Wahlmöglichkeit zwischen Berufstätigkeit und Freistellung gelitten hat. Die Möglichkeit der Teilzeitstellung, die Möglichkeiten, Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen, auch die Möglichkeit, Rat von außen zu holen, stärken die Betriebsratsarbeit und machen sie effizienter. Das alles sind Argumente.
Ich habe jetzt noch nicht einmal versucht, aus Sicht der Interessen der Belegschaft und der Arbeitnehmer zu argumentieren. Ich habe nur versucht, Ihnen klar zu machen,
welche Verbesserungen auch in der Effizienz der Betriebsratsarbeit durch die neue Gesetzesnovelle eintreten sollen.
Wenn Sie auf diese Ebene der Diskussion kommen und wenn auch die Unternehmerverbände auf diese Ebene der Diskussion kommen, werden Sie in die Debatte um die Ausformulierung des Gesetzes einbezogen werden, die ja noch ansteht, weil wir erst einen Referentenentwurf haben. Dann wären Sie dabei, wenn Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert werden.
Wenn Sie aber nur in der ideologisch begründeten Opposition weitermachen, dann wird es zwischen Ihnen und uns nicht zu einer sachlichen Reformarbeit kommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich habe mir Gedanken darüber gemacht, warum die FDP/DVP-Fraktion heute im Grunde genau die gleiche Debatte führt wie vor sechs Wochen zur Deregulierung.
Es könnte zwei Gründe geben: Entweder Ihnen fällt wirklich nichts ein, oder Sie wollen Ihrem Wirtschaftsminister hier in aller Öffentlichkeit eine neue Profilierungschance geben. Frau Fauser, sagen Sie es genau so; dann sind Sie wenigstens ehrlich.
Erstens: Die gesetzliche Mitbestimmung in der bisherigen Form hat sich in Deutschland bewährt. Es hat vor allem in Großbetrieben einen wichtigen, einen notwendigen Ausgleich zwischen den Interessen der Kapitalseite und denen der Arbeitnehmerseite gegeben, und das muss an dieser Stelle gesagt werden. In diesem Sinne ist die bisher praktizierte Mitbestimmung auch kein Standortnachteil. Auch das muss einmal ganz deutlich gesagt werden. Sie hat sehr zum sozialen Frieden in Deutschland und auch zur Produktivität beigetragen.
Die These – und ich habe das aus den Redebeiträgen sowohl von Herrn Kurz als auch von Frau Fauser herausgehört –, dass das bestehende Betriebsverfassungsgesetz auch wegen der Auswirkungen der Globalisierung nicht mehr hier in die Landschaft passe – und das ist ja in der Argumentation durchgeschimmert – und dass deswegen auch Arbeitnehmerrechte – nicht Gewerkschaftsrechte, sondern Arbeitnehmerrechte – zurückgedreht werden müssten, lehnen wir Republikaner ab. Ich sage auch ganz deutlich: Mit
(Beifall bei den Republikanern – Lachen bei Abge- ordneten der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)
Genauso eindeutig, meine Damen und Herren, sagen wir: Eine Weiterentwicklung des Betriebsverfassungsgesetzes über das Bisherige hinaus lehnen wir entschieden ab, Herr Kollege, weil diese Weiterentwicklung nicht sachgerecht wäre.
Hier geht es um eine ganz interessante Frage, nämlich um die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmerrechten und Gewerkschaftsinteressen. Das möchte ich an drei Punkten hier schon einmal klar machen.
Erster Punkt: Die bisherige Trennung im Betriebsrat zwischen Arbeitern und Angestellten soll aufgehoben werden. Jetzt ist es natürlich so: Die Gewerkschaften haben ein Mobilisierungsproblem bei den Angestellten in den Großbetrieben. Im Arbeiterbereich ist es nicht so. Doch statt dass die Gewerkschaften jetzt eine positive Politik machen und auch die Interessen der Angestellten in ihre Strategie einbeziehen, läuft es so, dass durch das neue Gesetz die Interessen der Angestellten untergebuttert werden. Das ist ein echtes Problem.
In den Großbetrieben gibt es zum Teil Angestelltenlisten, auch der IG Metall, die Probleme haben, dort Mehrheiten zu bekommen. Sie wollen sich durch das Gesetz die Mehrheiten, die Sie durch demokratische Abstimmung nicht bekommen, schaffen, und das ist ein entscheidender demokratietheoretischer Kritikpunkt, den wir hier auch sehen müssen.