Das gilt auch für das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Sie reden immer nur über die Teilzeit, aber nicht über den Befristungsteil. Sie reden nicht darüber, dass eine neue Regelung eingeführt wird, nach der Arbeitnehmer ab 58 Jahren ohne Begründung befristet eingestellt werden können, damit die älteren arbeitslosen Kollegen eine Chance haben. – Sie nicken. Warum machen Sie dann hier einen so vollständigen Verriss? Das ist doch nicht angemessen.
Ich frage mich wirklich, weshalb – – Sie haben ja auch gesagt: Es vergeht kein Plenartag, an dem Sie hier nicht sozusagen das Bonner Schreckgemälde an die Wand malen.
Wenn die Anfrage der CDU lautet: „Warum ist die badenwürttembergische Wirtschaftspolitik so prima?“, stellt sich der Herr Wirtschaftsminister hin und sagt – das ist ja famos –: „Wir haben Start-ups, und die wachsen. Die Selbstständigenquote steigt. Die Wirtschaft sprudelt und brummt.“
Wenn die Anfrage lautet: „Warum ist es in Berlin so trübsinnig?“, stellt er sich hin und sagt: „Die Start-ups verschwinden. Niemand stellt mehr ein. In die Schweiz wird umgesiedelt.“ Das nenne ich eine gespaltene Zunge, einer Schlange gleich.
Was steckt denn dahinter? Dahinter steckt: Sie haben es bis heute nicht verwunden, dass Sie im Bund abgewählt wurden. Das ist der Kern.
(Abg. Haas CDU: Sie halten es hier in der Opposi- tion nicht aus! Das ist das Problem! – Zuruf des Abg. Hans-Michael Bender CDU)
Sie versuchen, Opposition zu sein, die die Lage madig redet, obwohl der Laden brummt, die Wirtschaft läuft, die Beschäftigung wächst. Die einzige Wachstumsbremse für die Unternehmen besteht noch darin,
Jetzt noch einmal zum Thema Bürokratie. Die Enquetekommission wurde eingesetzt, als die neue Bundesregierung in Berlin kaum im Amt war. Was hat man uns nicht alles erzählt – wo ist Frau Fauser?; sie ist weg –, welche bürokratischen Belastungen es gibt. Das ist natürlich ein Thema. Aber es ist über Jahrzehnte gewachsen. So zu tun, als sei die Bürokratie ein Ergebnis der letzten zwei Jahre, ist doch hanebüchen.
Wenn ich mir einmal anschaue, mit welcher Systematik im Land Baden-Württemberg und in Berlin gegen Bürokratie vorgegangen wird, dann muss ich sagen: Berlin ist erfolgreicher.
Warum? Wir haben hier im Wirtschaftsministerium einen Bürokratie-TÜV, wir haben im Innenministerium einen Bürokratie-TÜV, wir haben im Staatsministerium einen Bürokratie-TÜV.
Was haben Sie denn erreicht? Sie brauchen wahrscheinlich eine Arbeitsgruppe, die die Bürokratie-TÜVs koordiniert und die sozusagen installiert, wer was macht – neue Bürokratie.
In Berlin dagegen können sich Unternehmen anhand ganz konkreter Fälle, die sie für unsinnig halten, beschweren. Die Berliner Bürokratiestelle fragt: Worin bestehen die gesetzlichen Ursachen? Worin bestehen die Verordnungsursachen? Dem geht sie dann nach.
Wir waren nicht wenig überrascht, als der Vertreter dieser Bürokratiestelle in der Enquetekommission aufgetreten ist und die Beispiele aus Baden-Württemberg gebracht hat. Beispielsweise verlangt in Baden-Württemberg das Landesamt für Besoldung und Versorgung von den Zahnärzten ungleich mehr an Bürokratie als alle anderen für Besol
dung und Versorgung zuständigen Landesstellen in der Republik, bevor eine Regulierung an einem Gebiss vorgenommen werden kann.
Seien Sie also nicht so selbstgerecht, reden Sie seriös und ernsthaft darüber. Und vor allem: Bauen Sie gegen Berlin keinen Popanz auf.
Herr Minister, es gibt auch eine andere Art von Politik in der Opposition. Ich nenne einmal Herrn Brüderle. Er ist anders vorgegangen. Er hat gesagt, wie Sie auch – – Da haben Sie geklatscht. Gestern haben Sie „Männle gemacht“, wie schlimm die Steuerreform sei. Heute haben Sie gesagt: „Das ist ja fast wie die Petersberger Beschlüsse“, und alles hat geklatscht. Sie müssen sich einmal entscheiden, was Sie wollen. Herr Brüderle hat keine Fundamentalopposition betrieben, sondern gesagt: „Das ist von der Anlage her gut. Da helfe ich mit. Ich bringe noch ein paar eigene Vorstellungen ein.“
Die Landesregierung von Baden-Württemberg jedoch befindet sich in vielen Punkten in der Sackgasse, weil sie eine Fundamentalopposition betreibt, anstatt sich konstruktiv in die Gestaltung der Bundespolitik – auch als Opposition – einzumischen.
Erstens, Herr Minister, zur „630-DM-Katastrophe“, wie Sie das nennen: Diese Beschäftigungsverhältnisse sind jetzt ja nicht etwa weg, zerstört oder sonst etwas.
Diese Arbeitsverhältnisse sind jetzt in ihrem Umfang und in ihrer Anwendung wieder auf ihrem Platz, dort, wo sie hingehören und sinnvoll sind, und sie wuchern nicht mehr aus. Sagen Sie doch einmal, Herr Minister, um wie viel die Lohnnebenkosten ohne diese Reform, ohne die zusätzli
Auch davon hat der Mittelstand genug. 16 Jahre lang sind die Lohnnebenkosten gestiegen, jetzt sinken sie erstmals. Der Mittelstand ist froh, dass die Regierung das hinbekommen hat.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD – Abg. Keitel CDU: Das Ge- genteil ist eingetreten!)
Zweitens: Bürokratieabbau. Frau Fauser hat gesagt, wir bräuchten im Land zusätzlich zu den drei Stellen, in denen Bürokratieabbau in der Verwaltung bearbeitet wird, noch eine interministerielle Gruppe, damit einmal ein bisschen etwas geht. Was ist der Unterschied zwischen Bürokratieabbau im Land und Bürokratieabbau in Berlin? Die dortige Arbeitsgruppe im Ministerium arbeitet nicht nur, sondern sie hat auch konkrete Ergebnisse vorgelegt
und an vielen Stellen ganz konkret Bürokratie abgebaut. – Herr Minister, Sie rufen: „Zum Beispiel?“ Ich habe Ihre Frage erwartet und deshalb einen Ausdruck der Internetseite mitgebracht.
Die Betriebe beklagen sich zum Beispiel über komplizierte Formulare bei den Krankenkassen. Verhandlungen der Bundesregierung – die dieses Problem aufgegriffen hat – mit den Krankenkassen haben dazu geführt, dass die Leistungsformulare vereinheitlicht worden sind, und derzeit wird in einem Modellprojekt der Einsatz neuer Technologien zwischen Arbeitgeber und Krankenkassen erprobt.