Ich schließe mit einem Fazit: Tempo brauchen wir für die U-Bahn, für Barrierefreiheit, für die Tunnel und Brücken in dieser Stadt, vor allem aber für die Menschen. Diese CDU-Verkehrspolitik ist eine zutiefst unsoziale Politik. – Und deshalb, liebe Sozialdemokratie, bitten wir euch: Macht diesem Elend ein Ende! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Berlin macht Tempo bei Brücken und Verkehrsfluss“ ist nicht nur der Titel der heutigen Aktuellen Stunde, sondern das ist auch bitter nötig. Denn bei den Brücken sehen wir uns mit einem Sanierungsstau von inzwischen 1 Milliarde Euro konfrontiert. Der Bund legt ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro auf. Das ist ein guter und wichtiger Schritt, der uns in Berlin dann sicherlich auch gut voranbringen wird. Wir werden uns somit auf ein Jahrzehnt der Investitionen und der Bautätigkeiten einstellen müssen, um Straßen, Tunnelanlagen, Brücken zu sanieren, Lücken im Straßen- und Schienennetz zu schließen sowie Wohn- und Gewerbegebiete vernünftig anzubinden.
Diese Baustellen müssen dann auch noch koordiniert und kommuniziert werden. Die Situation an der Ringbahnbrücke hat gezeigt, dass es plötzlich ganz schnell gehen muss und auch, dass es in Berlin dann auch ganz schnell gehen kann. Hier hat die Zusammenarbeit zwischen der Autobahn GmbH des Bundes und der Senatsverkehrsverwaltung hervorragend funktioniert. Auch bei der Brücke An der Wuhlheide wurde schnell reagiert und das Bauwerk zügig abgetragen. Dafür gebührt Ihnen, Frau Senatorin Bonde, und der Tiefbauabteilung Ihres Hauses ein großes Dankeschön.
Wir sehen, Berlin kann reagieren, aber wir müssen besser werden, wenn es darum geht, vor die Lage zu kommen. Ein wichtiger Schritt dabei ist, dass der Weg hin zu Ersatzneubauten für Brücken künftig deutlich verkürzt wird. Ergänzende Ausführungsvorschriften werden ausgesetzt. Prüfschritte werden auf ein Mindestmaß reduziert, und es erfolgt nur noch eine Prüfung und Anerkennung der Planungsphase. In Summe bringt das eine Beschleunigung von ein bis zwei Jahren. Um nicht nur zu reagieren, braucht es aber auch eine vorausschauende Verkehrspolitik. Teil davon ist sicherlich der oft angekündigte Masterplan Brücken, und ich hoffe, dass uns die Senatorin heute noch dahin gehend erhellt, was konkrete Bestandteile dieses Plans sind und wann mit den Umsetzungen gerechnet werden darf. Hierbei ist ebenso wichtig, dass Antworten darauf geliefert werden, wie es uns gelingt,
Ingenieure gut auszubilden und vor allem eines: perspektivisch im Land zu binden. Denn klar ist, dass das ohne Personal alles nicht funktionieren wird. Also: Berlin macht Tempo bei Brücken – das stimmt, auch wenn hier noch ein paar Schritte zu gehen sind.
Nun haben wir aber noch ein anderes Thema, nämlich Tempo beim Verkehrsfluss. Dieses Wording lässt ja Interpretationsspielraum zu. Ich hoffe nicht, dass damit nur die Beschleunigung des privaten Pkw-Verkehrs gemeint ist – angesichts des jüngsten Vorstoßes im Hinblick auf die Abordnung von Tempo-30-Abschnitten. Das wäre ein Thema, bei dem auch die großzügige Redezeit von zehn Minuten für mich nicht ausreichen würde. Weil wir uns einer Verkehrspolitik für alle Menschen in unserer Stadt verschrieben haben, möchte ich voraussetzen, dass hier der Fluss aller Verkehrsarten gemeint ist.
Bei der Beschleunigung von Brückenprozessen sind wir vorangekommen. Aber es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass wir in der Koalition bei einigen wesentlichen Punkten in der Mobilitätspolitik anderer Auffassung sind. Nehmen wir das Thema Bussonderfahrstreifen: Ich sprach gerade von einer vorausschauenden Verkehrspolitik. Hier sagten Sie, Frau Senatorin, dass Sie warten möchten, bis die Verwaltungsvorschrift zur StVO beschlossen ist, um die Fahrstreifen dann rechtssicher anordnen zu können. Wann war die Beschlussfassung noch einmal? – Anfang April. Zeit genug, um die Pläne vorzubereiten, die Maßnahmen anzuordnen und umzusetzen. Geschehen ist aber nichts, gar nichts. Selbst längst angeordnete Bussonderfahrstreifen wurden bisher nicht umgesetzt. Stattdessen erleben wir Übersprunghandlungen wie die beabsichtigte Aufhebung von Tempo-30-Abschnitten und den Stopp von Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und zur Verkehrssicherheit. Das passt nicht zusammen.
Rollt der Verkehr, ist es wichtig, dass er nicht ausgebremst wird. In Bezug auf den ÖPNV verweise ich diesbezüglich auf den großen Nutzen intelligenter Ampelschaltungen mit Vorrang für Bus und Bahn. Damit es gut und zuverlässig rollt, braucht es auch gutes Personal. Damit meine ich nicht, dass wir aktuell jedes Jahr rund 5 Millionen Euro für 100 zusätzliche Fahrerinnen und Fahrer ausgeben, nur um den Status quo aufrechtzuerhalten.
In meiner Rede im März habe ich darauf hingewiesen, was seitens des Senats nötig ist, damit die BVG die verkehrlichen Bedarfe unserer Stadt wieder erfüllen kann: eine Erleichterung beim Erwerb der Berufskraftfahrerqualifikation, die Senkung des Mindestalters für Busfahrerinnen und Busfahrer, eine Digitalisierung bei der Führerscheinausbildung, die Klassifizierung von Fahrerinnen und Fahrern als Mangelberuf. Was ist eigentlich mit der Anerkennung ausländischer Führerscheine? Inwieweit
sind diese Prozesse bereits angeschoben und entsprechende Bundesratsinitiativen hierzu auf den Weg gebracht? Auch das muss laufen, verehrte Senatorin! Sonst brauchen wir hier in diesem Raum nicht über Tempo zu sprechen.
Ich habe ebenso im März den Vergleich zu einem Orchester gezogen, und dieser lässt sich auf die Beschleunigung übertragen. Das Orchester ist vollständig, hat seine Plätze eingenommen, die Instrumente sind gestimmt, und nun liegt es an Ihnen, Frau Bonde, als Senatorin, als Dirigentin, dafür zu sorgen, dass alles ineinandergreift und die Beteiligten gemeinsam spielen. Ich habe im März auch gesagt: Schräge Töne, schiefe Töne können wir uns in den jetzigen Zeiten nicht erlauben. In herausfordernden Zeiten ist es wichtig, in Verantwortung zu handeln und nicht in Zuständigkeiten beziehungsweise Ideologien zu denken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Ihnen einige Maßnahmen aufgezeigt, die wirklich Tempo hineinbringen und die tatsächlich alle Beteiligten mitnehmen. Das verstehe ich unter einer vorausschauenden Verkehrspolitik. Es reicht nicht aus, nur auf aktuelle Ereignisse zu reagieren, sondern es braucht einen klaren strategischen Fahrplan, bei dem die Verkehrsarten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner hat es einmal sehr schön gesagt: „Machen ist wie wollen, nur krasser.“ – Also, Frau Bonde! Lassen Sie uns einfach einmal ordentlich krass machen. – Vielen Dank!
Danke schön! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Koalition hat heute die Aktuelle Stunde zum Thema „Berlin macht Tempo bei
Brücken und Verkehrsfluss“ angemeldet. Ich denke, die Aktuelle Stunde wollte ein bestimmter Koalitionspartner gern haben, damit man eben auch einmal über die wenigen positiven Dinge sprechen kann, die aus dem Verkehrsbereich kommen. – Jetzt läuft die Zeit, danke! – Das sei Ihnen als CDU auch einmal gegönnt, wo Sie sich doch gestern im Mobilitätsausschuss in der Debatte über den Stopp von Kiezblocks so einiges an Kritik in der Ausschusssitzung anhören mussten – wohlgemerkt nicht nur von Grünen und Linken, sondern auch vom Koalitionspartner, der SPD. Diese Kritik bezog sich nicht nur auf die Kommunikation der Senatorin. Es ist auch deutlich geworden: Es gibt hier einen großen fachlichen Dissens über die Notwendigkeit von Verkehrsberuhigung in unserer Stadt und wie wir dort zu den besten Lösungen kommen. Das ist bemerkenswert, und das, füge ich hinzu, trifft genauso auf den 17. Bauabschnitt der A100 zu.
Es gibt also viele Konfliktthemen, die diese Koalition offensichtlich bewältigen muss. Ich darf daran erinnern, liebe SPD: Es gibt in diesem Haus auch noch andere Mehrheiten!
Gemeinsam mit SPD, Grünen und Linken könnten wir eine gemeinsame Mehrheit bilden. Wie man der aktuellen Tagespresse entnehmen kann, haben Sie das auch noch nicht ganz vergessen. Geben Sie sich also insofern vielleicht auch einen Ruck für die Berlinerinnen und Berliner!
Denn damit wird eben deutlich: Es gibt Alternativen zu einem verkehrspolitischen Rollback, Alternativen zu einer Koalition, bei der es am Ende für die Fahrgäste unserer Stadt nicht mehr, sondern weniger Leistungen im Nahverkehr bei BVG und S-Bahn geben wird; zu einer Koalition, die mit fadenscheinigen Argumenten notwendige Investitionen in den Nahverkehr auf den SanktNimmerleins-Tag verschiebt und lieber über Magnetschwebebahnen schwadroniert, sinnvolle Straßenbahnprojekte pausiert, die notwendig wären, damit das Netz weiter wachsen kann, und lieber mutwillig für Verzögerungen sorgt, die andere Regierungen später wieder aufholen müssen; zu einer Koalition, die kein einziges neues Projekt im Fuß- und Radverkehr anschiebt, sondern die Prozesse aufhält, chaotisiert und Mittel kürzt; zu einer Koalition, die keine Strategie für einen bezahlbaren ÖPNV in Berlin hat, sondern stattdessen lieber Steuergeld für zwei Tickets gleichzeitig bezahlt – 29-EuroBerlin-Abo und Deutschlandticket – und die eigene Insellösung dann nach wenigen Monaten wieder aufgeben muss, weil sie gemerkt hat, dass das doch zu teuer geworden ist; und zu einem Senat, der zu Beginn des Arbeitskampfs der Kolleginnen und Kollegen der BVG keine Gelegenheit ausgelassen hat zu erklären, dass das, was die Beschäftigten der BVG in Tarifverhandlungen an zusätzlichem Lohn fordern – weil sie im Vergleich mit
ihren Länderkollegen fast ganz unten waren – nicht bezahlbar wäre. Zum Glück haben sie es trotzdem geschafft, einen ordentlichen neuen Tarifvertrag zu erkämpfen. Diese Regierung, dieser Senat, war da gar keine Hilfe – im Gegenteil!
Nun komme ich zum diplomatischen Teil meiner Rede. Im Verkehrsbereich gibt es wohl kein Thema, bei dem es einen parteiübergreifenden Konsens gibt – aber vielleicht eines, und das sind eben die Brücken. Allen Kolleginnen und Kollegen im Verkehrsbereich ist völlig klar – und das ist unstrittig –, dass unsere Brücken als Teil der kritischen Infrastruktur überlebenswichtig für unsere Stadt, für die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaft und für die Ver- und Entsorgung sind – einfach, dass unsere Stadt funktioniert.
Da ist in den letzten Jahren einiges ins Rutschen geraten. Wir sehen heute die praktischen Auswirkungen unterlassener Hilfeleistung. Gefühlt vergeht mittlerweile kein Tag, an dem nicht darüber berichtet wird, dass eine Brücke plötzlich und unerwartet gesperrt werden muss. Wenn die Standfestigkeit einer Brücke nicht mehr garantiert werden kann, dann sind es die Kolleginnen und Kollegen aus dem Tiefbau um Herrn Adam und Herrn Huhn, die sehr wichtige Entscheidungen für den Senat vorbereiten müssen, damit wir durch Teilsperrungen oder Komplettsperrungen potenziellen Schaden für die Stadt und für die Menschen abwenden, ehe wir dann über Umleitungen, Abrisse, Verkehrsanalysen und Ersatzneubauten sprechen. Sie alle leisten einen tollen Job, und gerade in den letzten Wochen und Monaten waren sie extrem gefordert, wie an der Wuhlheide. Deswegen gebührt an dieser Stelle auch unser großer Dank den Kolleginnen und Kollegen im Tiefbau, die für unsere Sicherheit und für unsere Infrastruktur Sorge tragen!
Ich bin der Letzte, der nicht zugibt, wenn etwas gut läuft. Es war eine richtige Entscheidung der Senatsverwaltung für Mobilität und Verkehr gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung dafür zu sorgen, angesichts dieser riesigen Herausforderungen eine Ausnahmeregelung im Rahmen von Ersatzneubaumaßnahmen für Ingenieurbauwerke im Tiefbau einzuführen. Dafür haben Sie auch die einstimmige Zustimmung des Hauptausschusses bekommen. Wir hoffen, dass das, was sich die Fachebene davon verspricht, die Beschleunigung, dann auch real bei der Ersatzneubautenrealisierung umgesetzt werden kann, das allerdings, natürlich, bei der Gewährleistung von Qualität und Sicherheit.
Um das noch einmal klar zu sagen: Die Fachebene Tiefbau war immer sehr klar, wenn es um die Themen Personal, Finanzen, Ressourcen, Prioritätensetzung bei den Brücken ging. Es ist seit Jahren bekannt, dass der Zustand vieler Ingenieurbauwerke kritisch ist. Eine Ursache
sind unterlassene Investitionen. Erschwerend hinzu kommen der steigende Schwerlastverkehr, der den Brücken zu schaffen macht, veraltete Bauvorschriften und vor allem Baumaterialien wie der mittlerweile berühmt berüchtigte spannungsrisskorrosionsgefährdete Spannstahl – ich kann das nicht so gut aussprechen wie Herr Adam.
Aber wir müssen uns auch mal das größere Bild anschauen. 16 000 Brücken in Bundeshand sind marode. Besonders betroffen sind Stadtstaaten wie Berlin. Allein 70 Prozent der Brücken der A100 sind sanierungsbedürftig. Überall sind Sperrungen, Staus, Unsicherheit und explodierende Kosten die Folge. Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene müssen bis zu 100 Milliarden Euro in den Ersatzneubau von Brücken investiert werden. Die aktuellen Haushaltsmittel reichen dafür bei weitem nicht aus. Die jetzige Bundesregierung kann unter Beweis stellen, dass sie sich dieses Problems wirklich annehmen will.
Wir brauchen, wie es die Linke fordert, ein soziales Brückenprogramm, und das kann auch finanziert werden. Nehmen Sie sich das Dienstwagenprivileg vor. Schaffen Sie das ab. Führen Sie in Deutschland eine Kerosinsteuer für Flugzeuge und eine Vermögensabgabe für die oberen 0,7 Prozent der wachsenden Bevölkerung ein, dann können wir das alles finanzieren.
Wir können damit genau so gute, tarifgebundene Jobs im Baugewerbe sowie Ausbildungsplätze für viele junge Menschen schaffen und einen Kurswechsel einleiten.
Aber in Berlin müssen wir auch unsere Hausaufgaben machen. Diese Veränderung der Verordnung war ein Weg. Der Masterplan Brücken soll folgen. Wir halten es für zwingend, dass der dann auch zu den Haushaltsberatungen vorliegt und unsere fachliche Richtschnur für die Beratungen des nächsten Haushalts dieser Koalition wird.
Sie wollen offensichtlich an dem Sondervermögen für 500 Milliarden Euro partizipieren. Einen Fehler, den will ich ganz kurz anreißen, sollten wir aber nicht begehen. Wir sollten uns nicht allein auf Abriss und Neubau konzentrieren. Diesen Fehler kann man manchmal nicht vermeiden, aber es gibt genug Professoren, die davor warnen, dass wir die Sanierung aus dem Blick verlieren. Das ist auch völlig richtig, wir vernichten damit Werte.
Wenn Sie kein nachvollziehbares Erhaltungsmanagement betreiben und lieber mehr Geld in die Sanierung stecken, dann wird dieses Sondervermögen nie und nimmer ausreichen. Dann bauen wir neue Brücken, und dann werden wir in wenigen Jahren und Jahrzehnten wieder eine ordentliche Schippe drauflegen und wieder investieren müssen. Das heißt, wir müssen klug sanieren. Es ist für Politiker natürlich nicht immer so einfach, da die Priorität drauf zu setzen, denn Neubau klingt immer attraktiver als
Apropos Neubau: Ich habe die Senatorin so verstanden, dass sie einen Ersatzneubau für die Brücke An der Wuhlheide tendenziell eher nicht für notwendig hält.
Frau Senatorin Bonde, bitte ergreifen Sie jetzt die Chance, diesen Knotenpunkt neu zu gestalten! Prüfen Sie ernsthaft, was SPD, Grüne und Linke in TreptowKöpenick vorgeschlagen haben. Prüfen Sie einen Kreisverkehr. Prüfen Sie auch die Priorisierung der Straßenbahn. Wir sollten die Fläche nicht nur freihalten, sondern Sie auch mit Leben und Mobilität füllen. Dazu haben Sie jetzt die Chance, Frau Senatorin Bonde!