Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Rechte Straftaten sind auf einem Höchststand, die Berliner Register schlagen Alarm, und Neonazis treten immer gewaltbereiter und selbstbewusster auf. Ich frage den Senat: Wo sind die Sicherheitsgipfel, die Runden Tische oder die Gesetzesinitiativen dieses Senats, um den Rechtsextremismus in unserer Stadt zurückzudrängen?
Senatorin Cansel Kiziltepe (Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung):
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Abgeordneter, für die Frage! Wenn es um die Registerstellen geht, möchte ich gerne antworten. Jährlich, immer wenn es um neue Zahlen geht, können wir in der Zeitung wieder lesen, dass die AfD die Berliner Registerstellen in den Bezirken angreift. Es ist auch in der jüngeren Vergangenheit dazu gekommen, weil die Berliner Registerstellen die Zahlen für das letzte Jahr im Vergleich zum Vorjahr veröffentlicht haben.
Die Zahlen sind erschreckend; die Sammelstelle Berliner Register warnt vor einem deutlichen Rechtsruck. Die erfassten Vorfälle sind demnach im vergangenen Jahr gegenüber 2023 stark gestiegen, von 5 286 Vorfällen auf 7 720 Vorfälle. Dieser Anstieg geht demnach vor allem auf verstärkte extrem rechte Aktivitäten und auf die Zunahme antisemitischer Bedrohungen zurück. Es ist gut, dass es die Berliner Registerstellen gibt. Ohne hohe Hürden können die Berlinerinnen und Berliner hier ihre Beobachtungen, die sie gemacht haben, melden. Das wird alles anonym behandelt. Die Zahlen sind wichtig, damit wir hier in Berlin auf diese Entwicklungen gut reagieren können. – Danke schön!
Dieser Senat ist mit dem Versprechen angetreten, Berlin sicherer zu machen. Dazu zählt natürlich auch die Sicherheit derer, die von Rechtsextremen bedroht, verfolgt und
angegriffen werden. Sie haben sich gerade zu den Berliner Registern geäußert. Schließe ich daraus, dass die Finanzierung der Berliner Register auch in Zukunft von diesem Senat gesichert wird?
Senatorin Cansel Kiziltepe (Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung):
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Abgeordneter, für die Nachfrage! Wir sind mitten in den Haushaltsverhandlungen und werden diese vor Ostern abschließen. Zum aktuellen Zeitpunkt kann ich Ihnen keine weiteren Informationen geben. Ich möchte hier aber dennoch noch mal sagen, wie wichtig die Berliner Registerstellen sind, weil eine Gesellschaft eben nur gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der Menschenverachtung wie antimuslimischen Rassismus vorgehen kann, wenn diese Phänomene auch sichtbar sind. Das leisten die Registerstellen. Insofern ist das eine wichtige Institution, die wir in Berlin auch erhalten möchten. – Danke schön!
Vielen Dank! – Wird sich der Senat bei dem hier vermuteten Einsatz gegen politischen Extremismus und antidemokratische Tendenzen egal von welcher Seite auch um die linksautonomen Hausbesetzungsszenen zum Beispiel in der Rigaer Straße kümmern, um dort als CDUgeführter Senat dem Rechtsstaat wieder zum Durchbruch zu verhelfen und Recht und Ordnung durchzusetzen?
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr Abgeordneter! Genau diese Frage haben Sie mir schon einmal gestellt hier im Parlament. Ich habe auch schon mal geantwortet: Jede Art von Extremismus gehört nicht in unsere Stadt.
Deshalb habe ich auch vorhin noch mal gesagt: Die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit sind ein hohes Gut, aber einen Missbrauch darf es nicht geben. Wenn es einen Missbrauch gibt, dann gehen wir sowohl von der Seite der Polizei als auch von der Justiz dagegen vor. – Herzlichen Dank!
Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Abgeordneter Cywinski, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die vom nationalsozialistischen Regime während der Besatzung Polens im Zweiten Weltkrieg verübten Verbrechen machen mich als Sohn einer polnischen Mutter auf sehr persönliche Art und Weise betroffen. Zwei Verwandte meiner 1947 in Polen geborenen Mutter, ein Cousin und ein Onkel, fielen dem nationalsozialistischen Terror in Polen zum Opfer. Das Schicksal der Familie meiner Mutter teilen fast alle Polen. Kein anderes Land war so lange dem Schrecken einer deutschen Besatzung ausgesetzt wie Polen. Im Verhältnis zu seiner Bevölkerung hatte Polen im Zweiten Weltkrieg die höchste Zahl an Opfern zu beklagen. Fünf bis sechs Millionen Tote, das entspricht bis zu 17 Prozent der Vorkriegsbevölkerung des Landes.
Getrieben von der Wahnidee einer rassischen Überlegenheit, errichteten die Nationalsozialisten in unserem Nachbarland für über fünf Jahre eine Herrschaft des Sch
reckens. Es verwundert daher nicht, dass nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen beiden Völkern zunächst weitgehende Sprachlosigkeit herrschte. Erstaunen mag allerdings, dass die Polen den ersten Schritt zur Versöhnung unternahm. „Wir vergeben und bitten um Vergebung“, schrieben die polnischen Bischöfe 1965 ihren deutschen Amtskollegen angesichts von Millionen Toten auf beiden Seiten. Vor der Wende intensivierten Willy Brandt nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, dann Helmut Kohl die Bemühungen um eine Aussöhnung. So schloss Kohl mit seinem polnischen Amtskollegen einen wegweisenden Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit.
Wo stehen wir heute? Wissen wir Deutschen um die Verbrechen der deutschen Besatzung in unserem östlichen Nachbarland? Das ist wichtig, denn wie soll ohne diese Kenntnis Aussöhnung erfolgen? Eine Umfrage aus dem vorletzten Jahr ergab, dass junge Deutsche das polnische Volk nicht unbedingt als Opfergruppe der Nationalsozialisten kennen. Diese Unkenntnis beschränkt sich auch nicht nur auf die Jugend. Als der damalige deutsche Außenminister Heiko Maas vor sechs Jahren eine Gedenkveranstaltung zum Warschauer Aufstand aus dem Jahr 1944 besuchte, verwechselte eine deutsche Zeitung in ihrer Berichterstattung diesen mit dem Aufstand im Warschauer Ghetto.
Angesichts der furchtbaren Verbrechen während der deutschen Besatzung hat der Deutsche Bundestag 2020 beschlossen, einen Gedenkort für die polnischen Opfer zu schaffen. Im 2023 geschlossenen Koalitionsvertrag hat sich auch die schwarz-rote Koalition in Berlin für ein entsprechendes Mahnmal ausgesprochen.
Heute möchte ich mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein starkes Zeichen der Zustimmung für dieses Projekt durch das Abgeordnetenhaus setzen. Ein solcher Erinnerungsort ist von herausragender erinnerungskultureller Bedeutung. Ich möchte Sie bitten, gemeinsam den Senat darin zu bestärken, sich auf Bundesebene für eine zügige Realisierung des Deutsch-Polnischen Hauses einzusetzen. Das Haus wird eine historische Ausstellung über die deutsch-polnische Geschichte mit einem Schwerpunkt auf den Zweiten Weltkrieg beherbergen und einen entsprechenden Bezugsrahmen zum noch zu errichtenden Denkmal herstellen. Sprechen wir uns als Ort für dieses Mahnmal für den Standort der ehemaligen KrollOper im Tiergarten aus. Hier hat Adolf Hitler am Vormittag des 1. Septembers seine propagandistische Rede zum Überfall auf Polen gehalten, die den Beginn des Zweiten Weltkriegs markiert. Ein Mahnmal an diesem zentralen Ort wäre von hohem symbolischen Wert. Lassen Sie uns abschließend die Bemühungen des Senates zur zügigen Errichtung eines provisorischen Denkmals am gleichen Standort begrüßen, denn die Bevölkerung in Polen wartet schon seit Jahren auf ein Zeichen aus Deutschland. Ohne die Initiative der Senatskanzlei wäre das Projekt womög
Auch der 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, der im Mai ansteht und bei dem viele und insbesondere auch die polnische Öffentlichkeit ihr Augenmerk auf unsere Stadt legen werden, ist ein bedeutender Anlass. Stimmen Sie dem Antrag zu. Gemeinsam können wir heute zeigen, dass sich unsere Heimatstadt ihrer historischen Verantwortung bewusst ist. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank! – Ich freue mich, heute nochmals Dienstkräfte der Polizeiakademie als Gäste begrüßen zu können. – Willkommen bei uns im Abgeordnetenhaus und herzlichen Dank für Ihren Einsatz!
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren der demokratischen Fraktionen! Das temporäre Denkmal steht seit heute 12 Uhr. Die Einladungen zum Fototermin und zur Enthüllung kommen. Ich freue mich sehr, dass es so weit gekommen ist. Mit dem Überfall auf Polen begann der Expansionskrieg Deutschlands gegen seine Nachbarn im Osten, ein rassistischer Krieg, in dem die als minderwertig eingestuften Polinnen und Polen, Jüdinnen und Juden, Roma, Ukrainerinnen und Ukrainer, schließlich alle Menschen, die zur slawischen Sprachgruppe gehören, vernichtet, radikal dezimiert und enteignet werden sollten, um Platz zu schaffen für Deutsche oder jedenfalls für die Deutschen, die die Nazis als solche gelten ließen.
Wir haben im letzten Jahr am 2. September, am Ort der Kroll-Oper, dieses Überfalls und des Beginns der genozidalen Kriegsführung gegen unsere direkten Nachbarn gedacht. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin: Die Opfer vergessen das Geschehene nie, die Täter vergessen es sofort. – Das sagte Jan Tombiński, Geschäftsträger der polnischen Botschaft. Und Claudia Roth, die damals noch in Verantwortung für das Projekt des Deutsch-Polnischen Hauses war, ergänzte an die deutschen Zuhörerinnen und Zuhörer gewandt – Zitat –, ohne Ehrlichkeit vor uns selbst sei keine neue gute Nachbarschaft möglich.
Die Täter und Täterinnen sowie ihre Nachfahren brauchen dieses Haus, um an die Gräuel des Krieges an der Front, aber auch im Hinterland erinnert zu werden und um bessere Nachbarn zu werden. Der Zeitpunkt für den Start dieses Hauses könnte nicht besser gewählt sein. Die