Wenn der Autofahrer aussteigt, kann er trotzdem an Lungenkrebs sterben. Was ist das für ein Irrsinn? Merken Sie eigentlich, in was für einer ideologischen Sackgasse Sie sind?
Also: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist einfach völlig klar: Die Luftqualität in Berlin hat sich in den letzten Jahren wegen zahlreicher Maßnahmen verbessert, und es müssen weitere Handlungen erfolgen. An den viel befahrenen Straßen überschreiten wir noch immer regelmäßig die Grenzwerte für Stickstoffdioxid, und die Feinstaubbelastungen stellen in manchen Bezirken ein Problem dar. Dabei geht es eben nicht nur um abstrakte Zahlen, liebe CDU; es geht um die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner. Die Studien zeigen es auf: Atemwegserkrankungen, Herz-KreislaufProbleme, sogar vorzeitige Todesfälle sind inklusive.
Die Linke setzt sich für Umweltgerechtigkeit ein ‒ an der Silbersteinstraße, dem Tempelhofer Damm und an anderen belasteten Orten der Stadt, wo die noch halbwegs bezahlbare Miete mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko erkauft wird.
Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schneider aus der Grünen-Fraktion zulassen möchten.
Vielen Dank, Herr Präsident! ‒ Frau Gennburg! Kennen Sie auch die Studien über die 2 900 vorzeitigen Todesfälle in Berlin durch Luftverschmutzung? Finden Sie das auch frappierend?
Es ist nur Schlaumeiertum von Ihnen, während Sie wirklich gar nichts vorzulegen haben. Wir reden hier über Luftreinhaltung und Luftqualität und darüber, dass die Luft in der Stadt richtig schlecht ist, dass Menschen, die
an den belastetsten Orten leben, meistens Menschen mit wenig Geld sind. Das ist also auch eine Klassenfrage, wer an diesen Orten lebt,
Seit Jahrzehnten wird gesagt: Lassen Sie uns die Strahlen entlang des Siedlungssterns verbessern, die Lebensqualität verbessern, mehr Grün. Dann kommen Sie jetzt hierher und sagen: Ja, nee, der BaumEntscheid, das kostet alles so viel Geld. ‒ Aber wo soll denn die Reise hingehen? Sie haben überhaupt nichts zu liefern. Jetzt streichen Sie auch noch die größten Posten im Umweltbereich. Die Berlinerinnen und Berliner können sich frisch machen: Die CDU hat richtig die Rasierklinge angesetzt. Es wird in puncto Umweltqualität nichts besser, es wird nur schlechter mit Ihnen, und deswegen gehören Sie einfach abgewählt.
[Beifall von Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE), Vasili Franco (GRÜNE) und Julia Schneider (GRÜNE) ‒ Zurufe von der CDU)]
Tatsächlich habe ich die Frage ‒ weil Sie das so sehr gewichtig darstellen ‒, was die letzten Regierungen womöglich geschafft haben. Lassen Sie uns doch noch mal teilhaben: Was waren denn die großen, ökologischen, umwelt- und klimapolitischen Erfolge Ihrer Zeit?
Ich kann Ihnen sagen: Wir haben in den Luftreinhalteplan genau reingeschrieben, dass es dieses eine Kriterium für die Heruntersetzung des Tempos geben soll. Wir haben einen konkreten Beitrag geleistet, weil Tempo 30 das Leben der Menschen nachweislich verbessert, weil es die Luftreinhaltung verbessert.
[Beifall bei der LINKEN ‒ Beifall von Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE), Vasili Franco (GRÜNE) und Julia Schneider (GRÜNE)]
Wir haben das gemacht, Herr Freymark. Sie machen das Gegenteil: Sie machen das Leben für die Menschen schlechter. Die Luft wird schlechter, und die Menschen können nicht mehr atmen.
Ich habe übrigens auch noch weitere Vorschläge, was wir machen würden, wenn wir hier die Regierung wären, zum Beispiel einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, einschließlich attraktiverer Ticketpreise und einer besseren Taktung. Stattdessen haben Sie das 29-Euro-Ticket ja jetzt erst eingeführt und dann gleich wieder ausgeführt.
Wir sagen auch ganz klar: Förderung des Rad- und Fußverkehrs! ‒ Es ist übrigens auch inakzeptabel, dass Sie die Lastenfahrradflotte jetzt auch noch weggestrichen haben. Das war ein wesentlicher Beitrag, übrigens auch für kleine Gewerbetreibende, die ja gern die letzte Meile mit dem Lastenrad bewerkstelligt haben, in den Außen- und den Innenbezirken. Wir haben also viel vorgehabt.
Das ganze Stichwort Kiezblocks ist sicherlich auch wichtig, natürlich die Verkehrsberuhigung in den Kiezen und den Verkehr herauszuleiten aus den Kiezen. Was machen Sie? ‒ Sie bauen die Autobahn fertig. Es ist einfach alles nicht zu ertragen mit Ihnen.
Die Grünflächen sind natürlich auch noch ein schönes Beispiel, Herr Freymark, Sie haben ja so schön gefragt. Wir haben gesagt: Flächenankauf! Wir wollen Grünflächen sichern, damals sogar noch mit Herrn Kollatz Bahnflächen vom Bund sichern, damit wir die Grünräume auch entlang der Bahnflächen sichern, zum Beispiel Kleingärten. Da sagen Sie jetzt: Nein, also dieser Titel Grünflächenankauf wird heruntergekürzt.
Das ist natürlich wirklich die finale Ansage der Betonkoalition: für den Baufilz in der Stadt, noch mehr Beinfreiheit für Investoren, noch mehr Beton vergießen, noch mehr Zerstörung von Grünräumen. ‒ Alle Politikfelder, die Sie so betreiben, sind am Ende halt einfach wirklich nicht gut für die Stadt. Ich schlage vor, dass diese Betonkoalition aus CDU und SPD abgewählt wird. ‒ Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich glaube, wir müssen alle noch mal ein bisschen durchatmen nach der hitzigen Debatte.
[Heiterkeit bei den GRÜNEN – Vasili Franco (GRÜNE): Aber die schlechte Luft! – Ario Ebrahimpour Mirzaie (GRÜNE): Dicke Luft hier!]
Die guten Nachrichten sind ja tatsächlich: Berlins Luft hat sich verbessert, man kann es wirklich sehen. Die Belastung durch Stickstoffoxide ist zurückgegangen, es gibt weniger Feinstaub – das kann man alles nachlesen, wenn man sich den Luftreinhalteplan anschaut –, auch durch Maßnahmen, die die Stadt ergriffen hat; durch die Umweltzone zum Beispiel, durch Tempo-30-Abschnitte auf Hauptverkehrsstraßen, durch den Ausbau des ÖPNV und natürlich auch, weil Autos inzwischen weniger Emissionen ausstoßen. Diesen Weg müssen wir weitergehen, denn die Gesundheit der Berliner muss uns einfach eine Priorität wert sein.
Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schneider beantworten möchten.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kollegin, denken Sie auch, dass die erfolgreichen Maßnahmen, die Sie auch gerade genannt haben, dringend weitergeführt werden sollten und es nicht passieren sollte, dass Maßnahmen wie Tempo 30 zum Beispiel jetzt zurückgenommen werden?
Ja, ich würde einfach weitermachen in der Rede, dann kann ich genau dazu etwas sagen. Denn tatsächlich ist es so, wie Sie sagen: Der Senat kündigt an, dass die Rücknahme der Tempo-30-Anordnung auf bis zu 34 Straßen erfolgen soll mit der Begründung des Luftreinhalteplans, weil eben die Grenzwerte für Schadstoffbelastung hier inzwischen eingehalten werden; also eine gute Nachricht. Nun gehöre ich zu den Menschen in dieser Stadt, die sich mehr Tempo 30 wünschen,
einmal aus Gründen der Verkehrssicherheit – meine Tochter fährt jeden Tag zur Schule an so einer Hauptverkehrsstraße entlang, das ist leider wirklich ein schlechtes Gefühl –, aber auch wegen der Luftreinhaltung. Denn wenn wir über Hauptverkehrsstraßen reden, dann auch darüber, dass an großen Straßen oft Menschen mit kleinen Geldbeuteln wohnen. Für diese Menschen hat der Luftreinhalteplan eine ganz besondere Bedeutung. Sie erleben die Luftverschmutzung schließlich nicht als Jahresmittelwert, sondern erleben die Tage mit erhöhten Grenzwerten, die es weiterhin gibt, ganz unmittelbar. Luftverschmutzung gehört zu ihrem Alltag. – Sie können sich ja alle mal an die Leipziger Straße stellen und tief einatmen; ich glaube, dann kriegt man schon ganz gut mit, was das heißt.
Für diese Menschen muss man sich die Frage stellen: Wird die Rücknahme von Tempo 30 auf diesen 34 Straßen wieder zu Grenzüberschreitungen führen?