Protocol of the Session on November 21, 2024

Ja, ich bin auch dafür, dass wir schauen: Wo können wir das im weitesten Sinne in sozialer Verantwortung zur Verfügung stellen? Da spielen sehr viele Fragen eine Rolle, wenn wir allein über die Frage der Ärzteverteilung und Ärzteausstattung in bestimmten Stadtteilen sprechen, dann gehört auch zur Wahrheit dazu, dass es nicht mal mehr gelingt, Ärzte, Nachwuchs und viele andere Dinge dort zu bekommen. Ich glaube ehrlicherweise, dass das Thema zu ernst ist, um mit den Ideen einer feministischen Stadtpolitik von Frau Gennburg verbunden zu werden. Insofern lassen Sie uns ernsthafte Themen, die möglicherweise in der Überschrift des Antrags stecken, sehr gern im Ausschuss diskutieren! Das können wir gerne tun, aber ich glaube, der Aufschlag hat eigentlich auch schon alles gesagt, wohin Die Linke leider will. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Dann folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Wapler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag spricht ein wichtiges Thema an. Berlin ist die Stadt der Shoppingcenter. Es gibt mehr als 70 solcher Einkaufszentren im ganzen Stadtgebiet. Die meisten von Ihnen werden wohl eines im Wahlkreis haben. Deshalb gestatten Sie mir, Frau Kollegin, dass wir uns hier nicht nur dem Park Center Treptow, sondern der gesamten Shoppingcenterlandschaft in Berlin widmen. Denn jedes dieser Center hat seine eigenen Herausforderungen, je nach Größe und Lage, je nach Anzahl und Vielfalt der Ladengeschäfte, je nach Kundinnen- und Kundenkreis und Kaufkraft, aber alle spielen in ihren Quartieren eine wichtige Rolle für die Nahversorgung, für das soziale Leben im Kiez und als Ort der Begegnung.

Tatsache ist aber auch: Wenn Sie durch die Einkaufszentren laufen, dann sehen Sie den Leerstand. Der Strukturwandel im Einzelhandel mit der wachsenden Konkurrenz durch den Onlinehandel, mit neuen Käuferinnen- und Käuferschichten und geändertem Konsumverhalten ist sichtbar. In den vergangenen Jahrzehnten gab es dann auch einen unkoordinierten Bau von Shoppingcentern, die heute alle um Kundinnen und Kunden kämpfen.

Verschärft wird die Lage nicht zuletzt durch die plan- und ideenlose Politik dieses Senats, denn da veranstalten die Senatorin für Wirtschaft und der Senator für Stadtentwicklung Zentrengipfel mit bunten Prospekten und großangelegten Eröffnungsveranstaltungen, und weiter passiert dann nichts, während sich die Berliner Zentren, gerade auch die Shoppingcenter, neu erfinden müssen. Auch das wird Berlin nicht gerecht. Der Berliner Handel hat wirklich Besseres verdient.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Deshalb ist es gut und richtig, dass wir heute hier über die Zukunft der Einkaufszentren debattieren, wenn dem Senat schon die Ideen fehlen, und da enthält der Antrag gute Ansätze. Man kann viel kritisieren an den Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre, aber die Weiterentwicklung der Center muss hier und jetzt passieren.

Einige haben sich auch tatsächlich schon auf den Weg gemacht, auch im Sinne des Gemeinwohls, und viel von dem, was Sie leider hauptsächlich in der Begründung ansprechen, findet auch schon statt. Ich glaube, wir sind uns einig: In den Shoppingcentern der Zukunft muss und wird weniger Kommerz und mehr Gemeinwohl Platz finden müssen. Die Zentren werden sich auch den geänderten Bedürfnissen der Menschen anpassen müssen, wenn sie den Strukturwandel meistern wollen.

In den Centern der Zukunft wird auch der Einzelhandel nach wie vor eine wichtige Rolle spielen, aber es braucht eben auch neue Angebote, die dezidiert auf die Nahversorgung der Anwohner ausgerichtet sind. Hier wäre tatsächlich wieder der Senat gefragt, ein Flächenmanagement zu unterstützen, das etwa Gesundheitszentren, Arztpraxen, Therapeutinnen, Pflegedienste, Kultur, Bibliotheken, Volkshochschulen, Musikschulen, Kitas, Jugendclubs, Beratungsangebote und, und, und und, ja, auch mal Kleingewerbe und Handwerk in die Center bringt.

Wir wollen eine Stadt der kurzen Wege. Wir wollen, dass alle Kieze lebendige Zentren haben, an denen sich Menschen treffen, einkaufen, zum Arzt gehen, ein Buch ausleihen und am Ende auch noch einen Kaffee trinken können, weil diese Zentren für den sozialen Zusammenhalt unverzichtbar sind. Das ist eine große Aufgabe, an die sich dieser Senat leider nicht gemacht hat. So was ist dann auch weniger Blitzlicht und schöne Veranstaltung, sondern das ist tatsächlich die notwendige Kärrnerarbeit, um die Vielfalt der Berliner Zentren zu erhalten. Ich

(Christian Gräff)

glaube, das ist auch noch viel Stoff für weitere Debatte in den Ausschüssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Nun folgt für die SPD-Fraktion der Kollege Schulz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst einmal bei der Fraktion Die Linke für den Antrag bedanken, denn Sorgearbeit ist eine der zentralen Säulen unserer Gesellschaft. Sie sichert unser soziales Gefüge, bleibt häufig unsichtbar und wird vor allem von Frauen und marginalisierten Gruppen geleistet. Soweit, so einverstanden mit dem Antrag, und diesem Missstand müssen wir auch begegnen, indem wir Sorge sichtbarer machen und die gerechte Verteilung fördern. Die Arbeit muss endlich die Anerkennung erfahren, die sie verdient. Das ist hier, glaube ich, in dem Saal Konsens.

[Katalin Gennburg (LINKE): Nein! Ist es nicht!]

Das ist Seite eins meiner Rede. Danach endet der Konsens, glaube ich.

Wir müssen aber sicherstellen, dass die Lösungen, die angeboten werden, um dafür zu sorgen, praktikabel, wirksam und auch finanziell tragfähig sind, vor allem. Wenn man sich den Antrag von Ihnen anschaut, Frau Gennburg – es ist natürlich erst mal eine sehr wohlgefällige Forderung, die Vergesellschaftung und die Übernahme von Shoppingcentern durch landeseigene Unternehmen in diesem Kontext zu fordern –, muss man schon mal sagen, dass das in der aktuellen Lage, die wir gerade heute Morgen diskutiert haben, etwas absurd wirkt. Das Geld ist momentan nicht dafür da, und Sie bieten auch nichts dafür an – kein tragfähiges Finanzierungskonzept –, wie das am Ende zustande kommen soll.

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Gennburg zulassen möchten.

[Torsten Schneider (SPD): Wir holen uns das KaDeWe zurück!]

Immer gerne!

Vielen Dank, dass Sie die gestatten, Herr Schulz! Ich habe mich gerade gefreut, dass Sie sagen, es sei Konsens, dass wir die Sorgearbeit in den Mittelpunkt stellen und mehr anerkennen, und damit ist das ja auch eine feminis

tische Forderung. Verstehe ich Sie da richtig? Dann widersprechen Sie ja auch dem Kollegen Gräff von der CDU, der gerade erklärt hat, das sei Firlefanz. Wie stehen Sie dazu?

Ich muss die Aussagen von meinem Kollegen, glaube ich, nicht kommentieren. Wir stehen natürlich als SPDFraktion für eine feministische Stadtentwicklung. Die war für uns immer wichtig, und die bereiten wir auch weiter vor.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Katalin Gennburg (LINKE)]

Wir haben auch den Senat im Haushalt damit beauftragt, das mit einer Veranstaltung dazu vorzubereiten, zu der wir Experten einladen, um genau an diesem Projekt weiterzuarbeiten.

[Beifall bei der SPD]

Wir kommen wieder zum Antrag zurück. Die Idee, leerstehende Shoppingcenter umzuwandeln, greift ein reales Problem auf. Das wurde heute auch schon thematisiert. Dem Einzelhandel geht es schlecht, und der Bedarf an neuen Nutzungen für leerstehende Flächen ist offenkundig. Wir sollten aber schon genau prüfen, ob diese großen und oft sehr flexiblen oder großkomplexigen Gebäude wirklich geeignet sind, um die kleinteilige Sorgearbeit zu organisieren, für die Sie jetzt vorschlagen, sie in die Gebäude reinzubringen.

Sie schlagen dabei eine Prüfungsfrist von zwei Monaten vor. Die ist, würde ich mal vorsichtig sagen, ambitioniert und am Ende aber auch wenig realistisch, denn gründliche Analysen für solche großen Gebäude brauchen einfach Zeit.

Und vor allen Dingen – der Kollege Wapler hat gerade erzählt –: Die Koalition handelt bereits. Schon im Juni haben die Senatoren Giffey und Gaebler zum Zentrengipfel eingeladen. Der fand passenderweise im sogenannten Cank statt, in Neukölln, im ehemaligen C&A-Gebäude, das heute leer steht. Im Oktober wurde der Begleitkreis einberufen, der den Stadtentwicklungsplan Zentren fortschreiben soll, der sich unter anderem mit genau diesen Fragen bereits beschäftigt. Da hätte ich Sie gerne auch gesehen, Frau Kollegin Gennburg; ich habe Sie leider vermisst.

[Katalin Gennburg (LINKE): Ich war verhindert!]

Jedes der 80 Zentren will natürlich das wirtschaftliche Rückgrat und soziale Rückgrat für die Kieze, in denen sie stehen, und dessen nachhaltige Entwicklung wollen wir als Koalition auch unterstützen.

Das Augenmerk richten wir dabei nicht nur darauf, nicht kommerzielle Angebote zu integrieren, sondern auch darauf, attraktive Begegnungen zu schaffen, eine Kom

(Christoph Wapler)

bination aus Handel, Wohnen, Bildung und gemeinwohlorientierten Angeboten zu schaffen. Dabei bieten aber eben gerade die kleinen Standorte, die wir heute auch schon haben, oft mehr Potenzial für eine echte Entlastung und echte Nähe, und deswegen sollten wir diese Orte stärker in den Blick nehmen.

Die Frage ist aus unserer Sicht: Viele soziale Einrichtungen kämpfen mit Personalmangel. Vor allem das müssen wir bearbeiten. Wir müssen Strukturen zuerst stärken, anstatt neue Ressourcen auf komplexe Projekte zu verschwenden und hier öffentliches Geld zu verschleudern. Diese Frage ist kein Entweder-oder, sondern eine der Prioritätensetzung.

Die Umnutzung von Centern mag vielleicht im Einzelfall sinnvoll sein, aber sie darf nicht zum Selbstzweck werden. Wir haben gerade besprochen, dass das ein Projekt von Ihrem Wahlkreis ist. Das können Sie sicherlich nachvollziehbarerweise hier vortragen, das tragen wir aber in der Form hier nicht mit.

Wenn Sie sagen, Ihr Center – um es hier noch mal herauszuheben – wird bereits durch die Menschen auch vor Ort in dem Kiez weiterentwickelt, finden wir das gut. Das begrüßen wir auch sehr, und auch der Senat hat das Bezirksamt Treptow-Köpenick morgen sogar zu einem Fokusgespräch beim Zentrengipfel eingeladen, um noch mal ganz genau zu den Standorten zu diskutieren. Es ist auch richtig, dass es bearbeitet wird. Das heißt, da wird derzeit bereits ganz viel gemacht.

Um es auf den Punkt zu bringen: Lassen Sie uns die Debatte im Ausschuss nutzen, um im Grundsatz für das Thema nachvollziehbare und vor allem praktikable Lösungen zu entwickeln. Wir wollen die Umnutzung von Centern unterstützen, das machen wir bereits, aber dafür braucht es auch durchdachte und vor allem realisierbare Konzepte und nicht den ständigen Ruf nach mehr öffentlichem Geld.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Stefan Häntsch (CDU)]

Dann für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Laatsch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon richtig, Frau Gennburg, der entstehenden Ödnis in weitgehend leergefallenen Shoppingcentern etwas entgegenzusetzen. Da stimme ich Ihnen zu. Die von Ihnen vorgeschlagene teilweise Umnutzung ist im Grunde überlegenswert. Warum nicht soziale Einrichtungen und Begegnungsmöglichkeiten in solche Center verlegen?

Aber wie machen wir das mit den Bebauungsplänen, an deren engmaschigen Gestaltung Sie intensiv mitgewirkt haben? Da wird die Nutzungsänderung zum Problem mit den unbeweglichen Berliner Behörden, die im Falle einer Umnutzung ein berlintypisches Getöse veranstalten werden, vielleicht noch mit rot-grünen Bezirksverwaltungen, denen immer sehr kreative Gründe zur Verhinderung einfallen.

Wozu sollten wir jetzt zur sozialistischen Enteignung von Gewerbeflächen greifen, wenn das sicher auch mit denen zu machen wäre, die an einer höheren Auslastung ihrer Gebäude interessiert wären? Und wie muss ich mir so etwas vorstellen? Ein VEB Shoppingcenter, verwaltet vom Bürgerrat, also vom Sowjet für Handelsbetriebe, oder wie soll das werden?

[Heiterkeit bei der AfD]

Und dann noch eins: Wie wollen Sie die Enteignung bezahlen? – Ich wette, das ist bei Ihnen gar nicht vorgesehen. Mir fällt dazu nur eins ein: Kommunisten machen kommunistische Sachen.

[Heiterkeit bei der AfD]

Klar ist, dass die Nutzung bezahlt werden muss. Wenn sich die von Ihnen angedachten Nutzer das nicht leisten können, ist es an den Bezirksverwaltungen, Rahmenverträge zu schließen und Unterstützung zu leisten.

Fazit: Wir stimmen Ihnen zu, dass Leerflächen an zentralen Standorten einen Sinn erhalten und genutzt werden müssen. Das ist im Interesse aller Beteiligten der Stadt, der Eigentümer, der Nutzer und lebendiger Stadtquartiere. Wir bezweifeln aber, dass die zuständigen Behörden in der Lage sind, in angemessener Zeit Bebauungspläne anzupassen und Nutzungsänderungen zu genehmigen, und wir bezweifeln, dass Sie Geld haben, um Ihre Pläne zu finanzieren. Stattdessen raten wir Ihnen, sich mit den Gebäudeeigentümern zusammenzusetzen und nach Möglichkeiten der Nutzung im Sinne aller zu suchen. Enteignung wird es mit uns nicht geben, und wir sind auch nicht bereit, den Berlinern Sand in die Augen zu streuen und den Eindruck zu vermitteln, man müsse Eigentümer nicht entschädigen.

Sie sprechen davon, dass Sie sich vom Kommerz abwenden wollen. Vom Kommerz abwenden kann sich nur, wer Geld hat, denn ohne Kommerz kein Geld, und ohne Geld keine sozialen Wohltätigkeiten. Haben Sie Geld? – Wenn nein, ist Ihr Antrag hier schon ein Sorgencenter. – Danke schön!